OFD Nordrhein-Westfalen, 25.3.2021, S 4518 - 2014/0006 - St 255

Zum gleich lautenden Erlass der Länder vom 22.9.2020 (BStBl 2020 I S. 960) zur Anwendung des § 6a GrEStG gebe ich die nachstehend aufgeführten ergänzenden Bearbeitungshinweise. Allgemein weise ich darauf hin, dass die Voraussetzungen des § 6a GrEStG im Zeitpunkt der Verwirklichung des steuerbaren Erwerbsvorgangs gemeinsam vorliegen müssen (Stichtagsprinzip).

Ergänzende Hinweise zum gleich lautenden Erlass der Länder vom 22.9.2020

 

1 zu Tz. 3.1 („Herrschendes Unternehmen”)

 

1.1 Definition

Der Begriff des herrschenden Unternehmens leitet sich nicht aus den §§ 15-18 AktG ab, sondern stellt eine eigenständige Begrifflichkeit i.S.d. § 6a GrEStG dar. Hiernach definiert sich das herrschende Unternehmen i.S.d. § 6a GrEStG als der oberste Rechtsträger, der die Voraussetzungen des § 6a Satz 4 GrEStG erfüllt und wirtschaftlich tätig ist. Die Voraussetzungen müssen dabei während der gesamten Vorbehaltens- und Nachbehaltensfrist bestehen. Der oberste Rechtsträger ist demnach derjenige in einer Kette, der als letztes Glied in seiner Person die Mindestbeteiligungshöhe von 95%, die wirtschaftliche Tätigkeit und die Vorbesitzzeit zu den an der Umwandlung beteiligten Gesellschaften erfüllt.

An den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des herrschenden Unternehmens sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn das herrschende Unternehmen über eine Beteiligung an einer abhängigen Gesellschaft am Markt teilnimmt (BFH-Urteil vom 21.8.2019, II R 19/19, BStBl 2020 II S. 337). Hierfür ist erforderlich, dass mindestens eine am Umwandlungsvorgang beteiligte abhängige Gesellschaft am Markt wirtschaftlich tätig ist.

Bei Zweifelsfragen in Bezug auf die wirtschaftliche Tätigkeit des herrschenden Unternehmens kann an die Oberfinanzdirektion NRW berichtet werden.

Beispiel 1

Die M-GmbH hält seit min. 5 Jahren 95% am Kapital der T-GmbH. Die T-GmbH wiederum hält seit min. 5 Jahren sowohl 95% am Kapital der grundbesitzenden E1-GmbH als auch an der E2-GmbH. Die E1-GmbH wird auf die E2-GmbH verschmolzen. An der M-GmbH ist niemand zu min. 95% am Kapital beteiligt.

Alle dargestellten Gesellschaften sind originär wirtschaftlich tätig.

Herrschendes Unternehmen ist die M-GmbH, da sie das letzte Glied in der Kette ist, in deren Person die Mindestbeteiligungshöhe von 95%, die wirtschaftliche Tätigkeit und die Vorbesitzzeit zu den an der Umwandlung beteiligten Gesellschaften erfüllt wird:

  • Die M-GmbH ist zu mind. 95% am Kapital der an der Umwandlung beteiligten Gesellschaften E1-GmbH und E2-GmbH beteiligt.
  • Die M-GmbH ist wirtschaftlich tätig und erfüllt die Vorbesitzzeit.

Eine andere Beurteilung würde sich auch nicht ergeben, wenn die T-GmbH innerhalb der Vorbesitzzeit zwischen die M-GmbH und die E1-GmbH und E2-GmbH geschoben worden wäre oder die T-GmbH nicht wirtschaftlich tätig wäre.

§ 6a GrEStG ist zu gewähren, da die Voraussetzungen im Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs erfüllt sind.

Während der Nachbehaltensfrist muss das herrschende Unternehmen (M-GmbH) weiterhin ununterbrochen unmittelbar, mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu min. 95% am Kapital der abhängigen Gesellschaft (E2-GmbH) beteiligt und wirtschaftlich tätig bleiben.

Beispiel 2

Wie Beispiel 1, jedoch ist die M-GmbH nur zu 80% an der T GmbH beteiligt. Die restlichen 20% an der T-GmbH werden von der D-GmbH in Höhe von 15% und einem fremden Dritten in Höhe von 5% gehalten. Die M-GmbH und D-GmbH gehören zu 100% der C-GmbH, an der wiederum keiner zu 95% beteiligt ist. Die Beteiligungen bestehen seit min. 5 Jahren unverändert. Auch hier sind alle dargestellten Gesellschaften originär wirtschaftlich tätig.

Herrschendes Unternehmen ist die C-GmbH, da sie das letzte Glied in der Kette ist, in deren Person die Mindestbeteiligungshöhe von 95%, die wirtschaftliche Tätigkeit und die Vorbesitzzeit zu den an der Umwandlung beteiligten Gesellschaften erfüllt wird. Die Mindestbeteiligung des herrschenden Unternehmens an den am Umwandlungsvorgang beteiligten Gesellschaften ist gegeben, da der C-GmbH mittelbar 95% am Kapital der E1-GmbH und E2-GmbH zugerechnet werden. Diese wäre im Übrigen auch gewahrt, wenn die C-GmbH nur 95% an der M-GmbH und D-GmbH gehalten hätte.

§ 6a GrEStG ist zu gewähren, da die Voraussetzungen im Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs erfüllt sind.

Während der Nachbehaltensfrist muss das herrschende Unternehmen (C-GmbH) weiterhin ununterbrochen unmittelbar, mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu min. 95% am Kapital der abhängigen Gesellschaft (E2-GmbH) beteiligt und wirtschaftlich tätig bleiben.

Beispiel 3

Wie Beispiel 2, nur dass die Beteiligung an der T-GmbH anstatt von der D-GmbH von einer Personengesellschaft gehalten wird.

Eine Personengesellschaft kann auch eine abhängige Gesellschaft i.S.d. § 6a GrEStG sein. Demzufolge ist auch eine Beteiligung über eine Personengesellschaft zu berücksichtigen, wenn an dieser eine Mindestbeteiligung i.H.v. 95% am Vermögen gehalten wir...

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