Leitsatz

1. Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebskapitalgesellschaft faktisch beherrscht. Dazu ist eine Einwirkung des Erblassers oder Schenkers mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts auf die zur Beherrschung führenden Stimmrechte notwendig. Ein Einfluss nur auf die kaufmännische oder technische Betriebsführung ohne Möglichkeit der Erlangung einer Stimmenmehrheit reicht nicht aus.

2. Wird ein Grundstück an eine Kapitalgesellschaft verpachtet, ist auch dann von einer steuerschädlichen Nutzungsüberlassung an Dritte auszugehen, wenn Erwerber des Betriebsvermögens der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist.

3. Zwei Betriebe bilden keinen Gleichordnungskonzern, wenn sie durch mehrere Personen beherrscht werden.

 

Normenkette

§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG a.F., § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb durch den Tod seines Vaters, des Erblassers, im Jahr 2012 den in der Form eines Einzelunternehmens geführten A‐Betrieb. Der A‐Betrieb war ursprünglich ein Autohaus und wurde auf einem eigenen Betriebsgrundstück betrieben.

Der A‐Betrieb verpachtete das Betriebsgrundstück ab 1.1.1985 mit sämtlichen Betriebsräumen an die J‐GmbH zu deren Betrieb als Autohaus. Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der J‐GmbH ist der Kläger. Die J‐GmbH erteilte dem Erblasser Einzelprokura. Dieser erteilte dem Kläger eine frei widerrufliche Generalvollmacht.

Das FA behandelte das Betriebsgrundstück im Feststellungsbescheid nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG und nach § 13b Abs. 2a ErbStG a.F. als Verwaltungsvermögen. Einspruch und Klage blieben erfolglos (Hessisches FG, Urteil vom 25.4.2018, 9 K 1857/15, Haufe-Index 12728937, EFG 2018, 2047).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück. Das FG habe zu Recht entschieden, dass es sich bei dem Betriebsgrundstück um Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F. handle und keiner der Rückausnahmetatbestände nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a, Buchst. b Doppelbuchst. aa oder Buchst. c ErbStG a.F. vorliege.

 

Hinweis

Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Grundstück im Betriebsvermögen bei Nutzungsüberlassung an Dritte ausnahmsweise nicht zum Verwaltungsvermögen rechnet.

1. Nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.d.F. bis 29.6.2013 (ErbStG a.F.) gehört zum begünstigten Vermögen vorbehaltlich § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 BewG) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs. Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. bleibt ausgenommen Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 ErbStG a.F., wenn das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht.

2. Die Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens sind in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. abschließend aufgezählt. Maßgebend für die Einordnung von Wirtschaftsgütern als Verwaltungsvermögen sind die Verhältnisse am Stichtag der Entstehung der Steuer (§ 9 Abs. 1 ErbStG). Zum Verwaltungsvermögen gehören Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F.). "Dritter" i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F. ist jede Person, die nicht mit dem Nutzungsüberlassenden identisch ist. Dritte können natürliche Personen – auch Angehörige –, Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften sein.

3. Eine Nutzungsüberlassung eines Grundstücks an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a Alternative 1 ErbStG a.F.).

a) Diese Vorschrift nimmt mit dem Beherrschungserfordernis das zur ertragsteuerrechtlichen Betriebsaufspaltung begründete Merkmal der personellen Verflechtung auf. Ob mit der Finanzverwaltung davon auszugehen ist, dass die gesamten Voraussetzungen der ertragsteuerrechtlichen Betriebsaufspaltung erfüllt sein müssen (RE 13b.10 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 ErbStR 2011; RE 13b.14 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 ErbStR 2019), darunter die sachliche Verflechtung sowie im Rahmen der personellen Verflechtung die "unmittelbare" Durchsetzung des Betätigungswillens, konnte in dem vom BFH entschiedenen Fall dahinstehen.

b) Ertragsteuerrechtlich liegt eine personelle Verflechtung vor, wenn eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen. Dies ist anzunehmen, wenn die Person oder Personen, die das Besitz­unternehmen tatsächlich beherrscht/beherrschen, in der Lage ist/sind, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen. Ob diese Voraussetzung...

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