OFD Chemnitz, 4.8.2004, S 2411 - 23/7 - St 22

Der Schuldner von Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 EStG darf grundsätzlich nur vom Steuerabzug absehen, wenn ihm eine entsprechende Bescheinigung des Bundesamtes für Finanzen (BfF) vorliegt (§ 50d Abs. 2 EStG). Die Geltungsdauer beginnt frühestens an dem Tag, an dem der Antrag auf Freistellung beim Bundesamt für Finanzen eingeht (§ 50a Abs. 2 Satz 4 EStG).

Aufgrund der langen Bearbeitungszeit im Bundesamt für Finanzen kann es vorkommen, dass eine Freistellungsbescheinigung nach § 50d EStG, die vor Zahlung der Vergütung an den beschränkt Steuerpflichtigen beantragt wurde, erst nach dem Fälligkeitszeitpunkt der Anmeldung nach § 50a EStG – mit Wirkung auf den Tag der Antragstellung – erteilt wird.

In diesen Fällen sind im Hinblick auf die Erstattung der Abzugsteuer folgende Fallkonstellationen zu unterscheiden:

Fall 1 (Freistellungsbescheinigung „mit Rückwirkung”):

Die Vergütung wurde am Auftrittstag (1.3.) an den ausländischen Künstler gezahlt.

Der Antrag des Künstlers auf Freistellung ging bereits am 1.2. beim BfF ein. Das BfF erteilte am 20.6. die beantragte Freistellungsbescheinigung mit (rückwirkender) Gültigkeit ab 1.2.

  1. Der Vergütungsschuldner hat Abzugsteuer einbehalten, angemeldet und abgeführt.
  2. Der Vergütungsschuldner wurde wegen Unterlassens des Steuerabzugs als Haftungsschuldner in Anspruch genommen.

Die auf den Zeitpunkt des Antragseingangs (= vor Zufluss der Vergütung) erteilte Freistellungsbescheinigung wirkt auf den Zeitpunkt des Zuflusses zurück.

zu a) Hat der Vergütungsschuldner zunächst den Steuerabzug vorgenommen und die Abzugsteuer angemeldet, kann er die Steueranmeldung entsprechend berichtigen. Die gezahlte Abzugsteuer ist ihm zu erstatten.

Da der ausländische Vergütungsgläubiger in derartigen Fällen – aus Praktikabilitätsgründen – auch einen Erstattungsantrag nach § 50d Abs. 1 EStG stellen kann, besteht u.U. die Möglichkeit von Doppelerstattungen.

Aus diesem Grund sind Beträge aufgrund berichtigter Anmeldungen nur dann zu erstatten, wenn der Vergütungsschuldner die von ihm ausgestellte Originalsteuerbescheinigung (§ 50a Abs. 5 Satz 7 EStG) vom Vergütungsgläubiger zurückgefordert hat und diese dem FA vorlegt. Kann der Vergütungsschuldner die Steuerbescheinigung nicht vorlegen, z.B. weil er eine solche nicht erteilt hat, darf die Steuerfestsetzung erst nach Rückfrage beim BfF geändert werden.

zu b) Wurde der Vergütungsschuldner wegen Unterlassens des Steuerabzugs als Haftungsschuldner in Anspruch genommen, ist der Haftungsbescheid nach § 130 Abs. 1 AO zurückzunehmen. Geleistete Zahlungen sind an den Vergütungsschuldner zu erstatten.

Fall 2 (Freistellungsbescheinigung „ohne Rückwirkung”)

Die Vergütung wurde am Auftrittstag (1.3.) an den ausländischen Künstler gezahlt.

Der Antrag des Künstlers auf Freistellung ging (erst) am 5.5. beim BfF ein. Das BfF erteilte die Freistellungsbescheinigung am 1.6. (mit Gültigkeit ab 5.5.).

  1. Der Vergütungsschuldner hat Abzugsteuer einbehalten, angemeldet und abgeführt.
  2. Das FA hat einen Haftungsbescheid (§ 191 AO) erlassen, weil der Vergütungsschuldner keine Abzugsteuer einbehalten hat.

Die auf den Zeitpunkt des Antragseingangs (= nach Zufluss der Vergütung) erteilte Freistellungsbescheinigung wirkt nicht auf den Zeitpunkt des Zuflusses der Vergütung zurück.

zu a) Hat der Vergütungsschuldner zunächst den Steuerabzug vorgenommen und die Abzugsteuer angemeldet, kann er die Steueranmeldung nicht berichtigen. Der Vergütungsschuldner hat keinen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO, da die Steueranmeldung wirksam bleibt. Eine Erstattung kann nur der Vergütungsgläubiger (= Steuerschuldner) im Wege der Steuerfreistellung nach § 50d Abs. 1 EStG erreichen. Zuständig ist das BfF.

zu b) Hat der Vergütungsschuldner keinen Steuerabzug vorgenommen, ist er als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Auch nach Erteilung der verspätet beantragten Freistellungsbescheinigung ist der Haftungsbescheid nicht zurückzunehmen oder zu widerrufen.

Der Vergütungsgläubiger nach § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG (gilt nach § 52 Abs. 59a Satz 4 EStG i.d.F. des StÄndG 2003 rückwirkend ab 1.1.2002) kann die Erstattung der im Haftungsweg entrichteten Steuer beim BfF beantragen. Der Haftungsschuldner seinerseits hat keinen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO, da der Haftungsbescheid wirksam bleibt.

 

Normenkette

EStG § 50d

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