Leitsatz

Die Berichtigung eines unrichtig oder unberechtigt berechneten Steuerbetrags setzt nach richtlinienkonformer Beurteilung voraus, dass das Steueraufkommen nicht gefährdet wird. Das Steueraufkommen wäre gefährdet, wenn eine Berichtigung der Steuer ohne den Nachweis des Ausstellers der Rechnung zugelassen würde, dass der Rechnungsempfänger die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen hat, dass ihm der Vorsteuerabzug versagt worden ist oder dass ein etwaiger Vorsteuerabzug durch Rückzahlung oder Verrechnung der abgezogenen Vorsteuer rückgängig gemacht worden ist.

 

Normenkette

§ 14 Abs. 2 und 3 UStG 1993 , Art. 17 EG-RL , Art. 21 Nr. 1 Buchst. C 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin erbrachte als Gesamtrechtsnachfolgerin einer Bau-GmbH wie diese Bauleistungen. Nach der Wertung des Finanzgerichts rechnete sie in einer zweiten Schlussrechnung über tatsächlich ausgeführte Bauleistungen mehrfach ab. Das Finanzgericht verweigerte die Annahme einer § 14 Abs. 2 UStG-Schuld, weil die Klägerin diese zweite Schlussrechnung storniert hatte.

 

Entscheidung

Entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung (BFH, Urteile vom 25.2.1993, V R 112/91 und V R 78/88) lässt der BFH nunmehr auch für die Wirksamkeit einer Rechnungsberichtigung alleine zu, dass die Gefährdung des Steueraufkommens nachweislich rechtzeitig und vollständig beseitigt worden ist. Unter Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 19.9.2000 (Rs. C-454/98, Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel) gilt der Aspekt einer Rechnungsberichtigung nur im Fall einer nicht vorhandenen Gefährdung des Steueraufkommens nicht nur in den Fällen des § 14 Abs. 3 UStG, sondern auch in den Fällen des § 14 Abs. 2 UStG.

Das Steueraufkommen werde bei zu Unrecht in Rechnung gestellter Steuer dadurch gefährdet, dass dieser Steuerbetrag als Vorsteuer abgezogen werden könnte. Daher verlange der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, dass zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer nur berichtigt werden könne, wenn der Nachweis erbracht werden könne, dass der Rechnungsempfänger die in der streitbefangenen Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen habe, ihm der Vorsteuerabzug daraus versagt worden sei oder ein etwaiger Vorsteuerabzug durch Rückzahlung oder Verrechnung der abgezogenen Vorsteuer rückgängig gemacht worden sei.

 

Hinweis

Das vorliegende Besprechungsurteil ist ein weiterer Beleg dafür, dass eine vermeintlich für den Steuerpflichtigen günstige Rechtsauslegung der Bestimmungen der 6. EG-RL durch den EuGH stets im Gesamtgefüge des Umsatzsteuersystems gesehen werden muss und hierbei auch nachteilige Konsequenzen entfalten muss. Während bislang der BFH in den Fällen des § 14 Abs. 2 UStG eine Rechnungsberichtigung unabhängig davon zuließ, ob die Finanzbehörde die Ansprüche gegen den Leistungsempfänger aus der gebotenen Berichtigung des Vorsteuerabzugs durchsetzen kann oder nicht, verlangt er nunmehr – wie im Verfahren für § 14 Abs. 3 UStG entschieden – auch die Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens für eine Rechnungsberichtigung im Sinn des § 14 Abs. 2 UStG.

War diese Forderung für einen Fall nach § 14 Abs. 3 UStG stets unumstritten und hat der EuGH in den Fällen des § 14 Abs. 3 UStG unter Hinweis auf die allgemeine Berichtigungsmöglichkeit nach den Bestimmungen der 6. EG-RL dies konkretisiert, so muss aber eben wegen der allgemeinen Bestimmung zur Rechnungsberichtigung in der 6. EG-RL dieser Aspekt auch für eine Rechnungsberichtigung nach § 14 Abs. 2 UStG gelten. Der Steuerpflichtige kann sich nicht die Rosinen herauspicken und in den Fällen des § 14 Abs. 2 UStG den bei § 14 Abs. 3 UStG angemahnten Blick nach Europa negieren.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.3.2001, V R 11/98

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