Leitsatz

1. Auch nach der ab 2006 geltenden Rechtslage können Leistungen aus dem Vermögen von in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaften, für die kein steuerliches Einlagekonto i.S. des § 27 KStG geführt wird, als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sein (Bestätigung des BFH-Urteils vom 13. Juli 2016 – VIII R 47/13, BFHE 254, 390).

2. Zwar ist die Höhe des ausschüttbaren Gewinns einer Drittstaatengesellschaft nach dem jeweiligen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht zu ermitteln (Bestätigung der Rechtsprechung; Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 – I R 117/08, BFHE 232, 15; BFH-Urteil vom 13. Juli 2016 – VIII R 73/13, BFHE 254, 404); seine Verwendung und damit auch die (nachrangige) Rückgewähr von Einlagen unterliegt jedoch der gesetzlichen Verwendungsfiktion des § 27 Abs. 1 Satz 3 und 5 KStG (insoweit Fortentwicklung der Rechtsprechung).

 

Normenkette

§ 8b Abs. 1, Abs. 5 Satz 1, § 27 KStG, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, Art. 63, Art. 64 Abs. 1 AEUV, Art. 56, Art. 57 Abs. 1 EG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft, war im Streitjahr zu 100 % an der in den USA ansässigen B Inc. beteiligt. Bis 2004 leistete die Klägerin Einlagen in US-$ in die B Inc. Im Streitjahr 2008 erhielt die Klägerin von der B Inc. Leistungen. Das FA nahm diese Bezüge gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG von der Bemessungsgrundlage aus, setzte jedoch im Körperschaftsteuerbescheid 2008 nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG steuererhöhend 5 % als nicht abziehbare Betriebsausgaben an. Nach Ansicht des FA können in einem Drittstaat ansässige Kapitalgesellschaften an ihre inländischen Gesellschafter keine steuerneutralen Leistungen erbringen. Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg (FG Münster, Urteil vom 19.11.2015, 9 K 1900/12 K, Haufe-Index 9305856, EFG 2016, 756). Bei der Leistung der B Inc. habe es sich – so das FG – um die Rückzahlung nicht in das Nennkapital geleisteter Einlagen und nicht um eine Ausschüttung laufender oder thesaurierter Gewinne gehandelt.

 

Entscheidung

Der BFH hat die gegen das stattgebende Urteil gerichtete Revision des FA, die vom beigetretenen BMF unterstützt wurde, als unbegründet zurückgewiesen. Der BFH konnte durchentscheiden, weil das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt hatte, dass die US-Gesellschaft über keine ausschüttungsfähigen Gewinne, keine Gewinnvorträge und keine aus Gewinnen gebildete Kapitalrücklagen verfügt hat.

 

Hinweis

1. Mit der Besprechungsentscheidung hat der BFH seine Rechtsprechung auf dem praktisch wichtigen Gebiet der Einlagenrückgewähr in grenzüberschreitenden Sachverhalten bestätigt und zugleich in bedeutsamer Weise fortentwickelt. Danach können auch von Drittstaatengesellschaften erbrachte Leistungen als nicht steuerbare Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sein. Mit seinem Urteil hat sich der BFH gegen die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt.

2."Normale" Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft stellen beim Empfänger steuerbare Einkünfte dar. Werden sie von einer anderen Körperschaft bezogen, so sind sie gemäß § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei, 5 % der Leistung gelten allerdings als nicht abziehbare Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 5 Satz 1 KStG). Von diesem Regelmechanismus werden allerdings solche Leistungen nicht erfasst für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto als verwendet gelten (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i. V. m. § 27 KStG). Diese sog. Einlagenrückgewähr ist nicht steuerbar und kann deswegen auch nicht zum Ansatz der sog. Schachtelstrafe gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG führen. Allerdings hängt die Qualifizierung einer Leistung als Einlagenrückgewähr von recht restriktiven gesetzlichen Rahmenbedingungen ab (insbesondere: kein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto, sondern Verwendungsfiktion gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG; gesonderte ­Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos mit bescheinigungsabhängigen Verwendungsfestschreibungen gemäß § 27 Abs. 2 bis 5 KStG, vgl. hierzu etwa BFH, Urteil vom 11.2.2015, I R 3/14, BFH/NV 2015, 1204, BStBl II 2015, 816; BFH, Beschluss vom 11.7.2018, I R 30/16, BFH/NV 2019, 171, BStBl II 2019, 283).

3. Ist die leistende Gesellschaft im EU-Ausland ansässig, so eröffnet § 27 Abs. 8 KStG die grundsätzliche Möglichkeit einer Einlagenrückgewähr.

4. Für Gesellschaften, die in Drittstaaten ansässig sind, fehlen indes gesetzliche Regelungen, sodass sich dem BFH in der Besprechungsentscheidung zunächst die Frage gestellt hat, ob eine Einlagenrückgewähr durch eine Drittstaatengesellschaft überhaupt möglich ist oder deren Leistungen – wie vom FA angenommen – stets als Gewinnausschüttungen zu qualifizieren sind, was im Regelungssystem des § 8b KStG zum Ansatz nicht abziehbarer Betriebsausgaben führen muss. Der BFH lässt im Anschluss an seine Rechtsprechung unter der Geltung des ­Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens die Einlagenrückgewähr durch eine Drittstaatengesellschaft grundsätzlich zu. Zwar kann die gesetzliche Regelung der Einlagenrückgewähr "nur" für EU-Gesellschaften in § 27 Abs. 8 KStG durc...

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