OFD Frankfurt, 1.8.2019, S 1310 A - 005 - St 62

 

1. Vorbemerkung

Bedienstete fremder diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen genießen während ihres (dienstlichen) Aufenthalts in Deutschland bestimmte Vorrechte und Immunitäten, die sich insbesondere aus den folgenden Übereinkommen ergeben:

  • Für Diplomaten und deren Gefolge das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD) vom 18.4.1961, BGBl 1964 II, 957 (Auszüge in Anlage 1)
  • Für Berufskonsuln und deren Gefolge das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK) vom 24.4.1963, BGBl 1969 II, 1585 (Auszüge in Anlage 2)

Die Vorschriften des WÜD/WÜK gehen als allgemeine Regelungen des Völkerrechts gemäß § 2 AO den nationalen Vorschriften vor. Unter den Voraussetzungen des WÜD/WÜK sind die Diplomaten und Berufskonsuln von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder -abgaben befreit (Art. 34 WÜD, Art. 49 Abs. 1 WÜK). Nach der Rechtsprechung des BFH ist der Befreiungsregelung des WÜD/WÜK für die Diplomaten und Berufskonsuln der Gedanke der sog. „Exterritorialität” zu entnehmen (BFH-Urteil vom 13.11.1996, I R 119/95). Sie sind damit auch dann nach § 1 Abs. 1 EStG nicht unbeschränkt steuerpflichtig bzw. im Sinne der DBA in Deutschland ansässig, wenn sie zur Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit in Deutschland wohnen oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Damit unterliegen die Diplomaten und Berufskonsuln im Inland der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 EStG. Die Dienstbezüge sind jedoch allgemein von der Besteuerung ausgenommen.

Die Befreiungsregelung im WÜD/WÜK gilt u.a. nicht für Steuern und sonstige Abgaben von privaten Einkünften, deren Quelle sich im Empfangsstaat befindet (z.B. Vermietungseinkünfte von in Deutschland belegenem Grundbesitz), H 3.29 „Wiener Übereinkommen” Tz. 2 EStH. Solche Einkünfte unterliegen – mit Ausnahme der Dienstbezüge – nach Maßgabe des § 49 EStG der beschränkten Steuerpflicht.

Für dienstliches Hauspersonal der Diplomaten und Konsuln sowie für private Hausangestellte der Diplomaten bezieht sich die Steuerbefreiung im WÜD/WÜK nur auf die Dienstbezüge (s.u.); diese Personen bleiben dann weiterhin unbeschränkt steuerpflichtig.

Deutsche Staatsangehörige, die in den Diensten deutscher diplomatischer oder konsularischer Vertretungen im Ausland stehen, sind umgekehrt stets unbeschränkt steuerpflichtig, § 1 Abs. 2 EStG. Unter den Voraussetzungen des § 1a Abs. 2 EStG ist eine Zusammenveranlagung mit dem im Ausland (Staat des ausländischen Dienstorts) lebenden Ehegatten möglich.

Die Regelungen des WÜD/WÜK gehen den DBA vor. Wenn die Voraussetzungen für die Freistellung nach dem WÜD/WÜK nicht erfüllt sind, kann es durch die DBA oder § 3 Nr. 29 EStG noch zu Steuerfreistellungen für die bezeichneten Personen kommen.

WÜD/WÜK sind anwendbar, soweit die beteiligten Staaten diesen Abkommen beigetreten sind. Die Verwaltungsanordnung der Bundesregierung über die steuerliche Behandlung der diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen auswärtiger Staaten in der Bundesrepublik Deutschland vom 13.10.1950 (MinBlFin 1950, 631) ist nach dem Inkrafttreten des WÜD/WÜK nur anzuwenden, wenn der Entsendestaat den genannten Abkommen noch nicht rechtswirksam beigetreten ist. Eine aktuelle Liste der dem WÜD/WÜK beigetretenen Staaten findet sich unter den folgenden Links:

Zur generellen Behandlung von Diplomaten und anderen bevorrechtigten Personen verweise ich auf das Rundschreiben des Auswärtigen Amtes vom 15.9.2015 (https://www.auswaertiges-amt.de/blob/259366/95fb05e9a6a89de129f15d27f92f00aa/rundschreiben-beh-diplomaten-data.pdf).

Nach § 16 der Verordnung über die Zuständigkeiten der hessischen Finanzämter (ZustVOFÄ) ist das Finanzamt Frankfurt am Main I für die Vorermittlung steuerlich relevanter Sachverhalte bezüglich der Beschäftigten ausländischer Konsulate für alle hessischen Finanzämter zuständig.

Der privilegierte Status der Mitglieder von ausländischen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen ist durch die vom Auswärtigen Amt bzw. den Staats- und Senatskanzleien der Länder ausgestellten Ausweise nachzuweisen (vgl. Rundvfg. ofix: Dipl/2).

 

2. WÜD

Für die folgenden Personen ist eine Steuerbefreiung der Bezüge durch den Gedanken der Exterritorialität nach dem WÜD vorgesehen (es besteht im Empfangsstaat keine unbeschränkte Steuerpflicht):

  • Diplomaten (Art. 34 WÜD) sowie die zum Haushalt eines Diplomaten gehörenden Familienmitglieder, wenn die Familienmitglieder nicht (Staats-)Angehörige des Empfangsstaats sind (Art. 37 Abs. 1 WÜD). Zu den Diplomaten im Sinne dieser Bestimmung gehören nach Art. 1 Buchst. e WÜD der Missionschef und die Mitglieder des diplomatischen Personals der Mission (Gesandte, Räte, Sekretäre, Attachés, Sonderattachés, Botschaftsseelsorger und -ärzte). Die begünstigt...

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