Leitsatz

1. Ob eine Zuwendung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer durch das Dienstverhältnis veranlasst ist und zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit führt oder ob sie aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG.

2. Werden einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber oder einem Dritten im Hinblick auf das Dienstverhältnis Aktienankaufs- oder Vorkaufsrechte eingeräumt, fließt dem Arbeitnehmer nicht zum Zeitpunkt der Rechtseinräumung, sondern erst zum Zeitpunkt des entgeltlichen Verzichts hierauf ein geldwerter Vorteil zu (Fortführung der Senatsrechtsprechung in den Senatsurteilen vom 03.05.2007, VI R 36/05, BStBl II 2007, 647; vom 23.06.2005, VI R 124/99, BStBl II 2005, 766; vom 23.06.2005, VI R 10/03, BStBl II 2005, 770).

 

Normenkette

§ 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3 EStG, § 118 Abs. 2 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 1998 Vorstandsmitglied einer durch formwechselnde Umwandlung aus einer GmbH hervorgegangenen AG und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Zugleich war er als Aktionär an der AG beteiligt. Vor der Umwandlung war der Kläger Geschäftsführer der GmbH.

1997 hatte die GmbH u.a. eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln sowie die Umwandlung der GmbH in eine AG beschlossen. Im Zuge dieser Maßnahmen wurde dem Kläger unter bestimmten Bedingungen ein Ankaufsrecht auf Bezug von Altaktien angedient. Ende 1998 verzichtete der Kläger gegen eine Vergütung auf dieses (befristete) Recht. Der Kläger beurteilte den Verzicht auf das Andienungsrecht als ein nach Ablauf der Spekulationsfrist gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b (jetzt Nr. 2) EStG steuerfreies Spekulationsgeschäft.

Das FA sah dagegen die Einräumung des Vorkaufsrechts als durch das Dienstverhältnis des Klägers veranlasst und qualifizierte die Einnahmen für die Aufgabe des Rechts als einkommensteuerpflichtigen Arbeitslohn.

Die Klage hatte keinen Erfolg (FG Köln, Urteil vom 21.01.2004, 4 K 5303/01, Haufe-Index 1373016, EFG 2005, 1103).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Die Zuweisung des Verzichts auf das Ankaufsrecht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Würdigung des FG sei möglich und vertretbar. Die anderweitige Beurteilung der Rechtslage durch den Kläger könne die verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommene Würdigung des FG nicht ersetzen. Das FG habe auch den Zuflusszeitpunkt des Vorteils zutreffend bestimmt. Es sei unerheblich, ob auch Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG gegeben seien.

 

Hinweis

1. Das Besprechungsurteil befasst sich u.a. mit der Frage, ob eine Vergütung als Arbeitslohn zu beurteilen ist, wenn ein geschäftsführendes Vorstandsmitglied und Aktionär eine Leistung dafür erhält, dass er auf ein Aktien-Andienungsrecht (Vorkaufsrecht) verzichtet.

Der BFH wiederholt abermals die rechtlichen Maßstäbe, wann Arbeitslohn oder ein Vorteil vorliegt, der aufgrund einer sonstigen, nicht mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden und damit Arbeitslohn ausschließender Beziehung (Sonderrechtsbeziehung) beruht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit z.B. auf die BFH-Urteile vom 19.08.2004, VI R 33/97, BFH/PR 2004, 472 und vom 01.02.2007, VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898 verwiesen.

2. Wie häufig – so auch hier – spielen die tatsächlichen Umstände und deren Würdigung durch das FG eine entscheidende Rolle. Denn die Frage, ob eine Zuwendung ihre Ursache im Dienstverhältnis hat, kann nur anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Diese Gesamtwürdigung obliegt in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz. Was von den Beteiligten vor dem FG insoweit versäumt wird, lässt sich in der Revisionsinstanz häufig nicht mehr "reparieren".

Das FG hatte die einschlägigen rechtlichen Maßstäbe angewendet. Unter Einbeziehung aller maßgeblichen Einzelumstände gelangte das FG rechtsfehlerfrei zu dem – revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden – Ergebnis, dass dem Kläger das Ankaufsrecht mit Rücksicht auf seine Geschäftsführertätigkeit eingeräumt worden war und das Entgelt für den Verzicht auf dieses Recht beim Kläger daher zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit führt.

3. Schon früher hatte der BFH entschieden: Wird einem Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses ein Recht zum späteren Erwerb von Aktien eingeräumt, so kommt eine vermögenswerte Sachzuwendung erst bei Ausübung der Option in Betracht (sog. Endbesteuerung; vgl. u.a. BFH, Urteil vom 03.05.2007, VI R 36/05, BFH/PR 2007, 333). Gleiches muss für den entgeltlichen Verzicht auf die Ausübung einer Option gelten. Auch insoweit ist erst der Zeitpunkt der Verfügung entscheidend.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.06.2008, VI R 4/05

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