Tz. 620

Stand: EL 102 – ET: 06/2021

Nach § 1 Abs 1 S 1 AStG sind Eink unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären, wenn Eink eines Stpfl aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausl mit einer ihm nahe stehenden Pers dadurch gemindert werden, dass er seiner Eink-Ermittlung andere Bedingungen (insbes Preise) zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz). Wie bei § 8 Abs 3 S 2 KStG ist also auch nach § 1 Abs 1 AStG ein Fremdvergleich durchzuführen. Dieser unterscheidet sich vom vGA-Begriff aber bereits dadurch, dass im Ges spezifische tatbestandliche Vorgaben gemacht werden (= Ausprägung des sog Arm's-length-Prinzips). § 1 Abs 1 AStG ist allerdings nur auf grenzüberschreitende Sachverhalte anwendbar, während § 8 Abs 3 S 2 KStG auch in reinen Inl-Fällen gilt.

 

Tz. 621

Stand: EL 102 – ET: 06/2021

Im Einzelnen zeigen sich zwischen den beiden Vorschriften folgende Unterschiede:

 
§ 8 Abs 3 S 2 KStG § 1 AStG
Anwendbar sowohl in Inl- als auch in grenzüberschreitenden Fällen Nur für Ausl-Beziehungen anwendbar
Nahe stehende Pers nicht ges definiert (s H 8.5 III "Nahe stehende Person" KStH 2015) Eigenständiger Begriff der nahe stehenden Pers in § 1 Abs 2 AStG
Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis zu prüfen, dh Gesellschaftsverhältnis ist erforderlich (aber ohne Mindestbeteiligungshöhe) Anwendung der Regelung unabhängig vom Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses (zB auch bei tats Beherrschung); liegt ein Gesellschaftsverhältnis vor, muss allerdings eine wes Beteiligung vorliegen (mind 25 %)
Auch rein tats Handlungen können eine vGA bewirken Vereinbarung zwischen den nahe stehenden Pers erforderlich
Sonderrecht für beherrschende Gesellschafter (Rückwirkungsverbot) Keine besonderen Regeln für Beherrschungsfälle; das Rückwirkungsverbot ist also nicht anwendbar
Eine vGA hat idR auch Auswirkungen auf AE-Ebene (Besteuerung als Dividende) Keine Dividendeneinkünfte beim AE; somit auch keine KapSt-Pflicht, aber auch keine Begünstigungen nach § 3 Nr 40 EStG bzw § 8b KStG auf Empfängerebene
Vorteilsausgleich nur unter engen Voraussetzungen (vor allem bei beherrschenden Gesellschaftern) Einbeziehung der gesamten Geschäftsbeziehung in die Prüfung; somit größere Möglichkeit eines Vorteilsausgleichs
Wirkung der Rechtsfolge in alle Richtungen (zB auch St-Freistellung für überhöhte Vergütungen aus einer ausl Tochter-Kap-Ges) Die Rechtsfolge beschr sich auf Eink-Minderungen bei inl Stpfl
 

Tz. 622

Stand: EL 102 – ET: 06/2021

Nach der bisherigen Verw-Auff in Tz. 1.1.2 der Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verw-Grds; s Schr des BMF v 23.02.1983, BStBl I 1983, 218) sollten die Abgrenzungsregelungen des nationalen St-Rechts über

nach ihren Rechtsvoraussetzungen voneinander unabhängig und nebeneinander anwendbar sein. Sind die Voraussetzungen der vGA oder der verdeckten Einlage und des § 1 AStG gleichzeitig gegeben, so war der sich ergebende Berichtigungsbetrag nach den ertragstlichen Grundsätzen über die vGA oder die verdeckte Einlage zu behandeln. VGA und verdeckte Einlage gingen nach dieser Verw-Auff also der Anwendung des § 1 AStG grds vor. Dies ließ sich durchaus mit dem Wortlaut des Ges begründen, weil § 1 Abs 1 AStG nur "unbeschadet anderer Vorschriften" anzuwenden ist (ebenso noch s Gosch, § 8 KStG, 4. Aufl Rn 187, der von einer fiskal-meistbegünstigenden Neujustierung durch S 4 ausgeht). In § 1 Abs 1 S 4 AStG ist ausdrücklich geregelt, dass Berichtigungen nach S 1 andere Regelungen (vor allem vGA, verdeckte Einlage, Entnahme, Einlage) ergänzen. Daraus wurde ein Vorrang dieser anderen Regelungen vor der Anwendung von § 1 Abs 1 AStG abgeleitet; die Gewinnberichtigung des § 1 AStG wurde also als subsidiär zur vGA angesehen (= sog "Idealkonkurrenz").

 

Tz. 623

Stand: EL 102 – ET: 06/2021

Zwischenzeitlich hat der BFH allerdings eine andere Richtung eingeschlagen. Nach dem Urt des BFH v 27.11.2019 (DStR 2020, 2012) soll sich nach Auff des BFH aus der Formulierung "unbeschadet anderer Vorschriften" in § 1 Abs 1 AStG kein Vorrang des § 8 Abs 3 S 2 KStG (mehr) ergeben. Beide Vorschriften sollen sich einander vielmehr idS überlagern, dass sich eine Gewinnkorrektur nach der einen Vorschrift erübrigt, wenn sie bereits nach der anderen vollzogen wurde. Soweit die Rechtsfolgen der beiden Vorschriften nicht voneinander abw, soll der Rechtsanwender wählen können, welche von ihnen er vorrangig prüft. In Rz 46 des Urteils führt der BFH aus, dass diese grundlegenden Feststellungen selbst nach der Neufassung des § 1 AStG in der Fassung des UntStRefG 2008 gelten: "Führt danach die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu weitergehenden Berichtigung...

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