Die Grundregel der Bw-Übertragung in den Fällen des § 6 Abs 5 S 3 EStG wird gem § 6 Abs 5 S 4 EStG für den Fall der Veräußerung oder Entnahme des übertragenen WG innerhalb einer dreijährigen "Sperrfrist" durchbrochen. Die sog Sperrfrist hindert nicht die Veräußerung oder Entnahme der WG. Sie führt aber im Fall einer Sperrfristverletzung zum rückwirkenden Ansatz des Tw zum Zeitpunkt der Übertragung (s Tz 46a) und somit zu einem (Übertragungs-)Gewinn im abgebenden (Sonder-)BV (oder Verlust, wenn der Tw niedriger als der Bw ist; s Tz 52a; dh Änderung der St-Festsetzung bzw Gewinnfeststellung für das Übertragungsjahr ggf gem § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, s Tz 52a). Der rückwirkende Tw-Ansatz unterbleibt,

  • wenn die stillen Reserven dem übertragenden MU durch eine Ergänzungsbil zugeordnet werden (s § 6 Abs 5 S 4 EStG). Eine Sperrfristverletzung führt folglich nicht zu einer geänderten Bewertung (Rückausnahme), wenn die bis zur gewinnrealisierenden Entnahme/Veräußerung des WG entstandenen stillen Reserven allein dem an der Übernehmerin beteiligten MU zuzurechnen sind, der das WG zu Bw nach § 6 Abs 5 S 3 EStG übertragen hat (s Tz 53d) und
  • wenn ein WG zu Bw nach § 6 Abs 5 S 3 EStG in das Gesamthandsvermögen einer MU-Schaft übertragen wird, an deren Vermögen der Übertragende zu 100 % beteiligt ("Einmann-GmbH & Co KG") ist; und umgekehrt (mangels Anwendung von § 6 Abs 5 S 4 EStG, s Tz 53e).
 

Tz. 53a

Stand: EL 109 – ET: 03/2023

Die Regelung dient der Einhaltung des Subjektsteuerprinzips durch Verhinderung der Verlagerung stiller Reserven auf andere St-Subjekte in den von § 6 Abs 5 S 4 EStG erfassten Fällen; die Bw-Verknüpfung soll nur zum Zweck der Umstrukturierung und nicht auch zum Zweck der Vorbereitung einer nachfolgenden Veräußerung oder Entnahme erfolgen (Missbrauchsverhinderungsvorschrift; s Beschl des BFH v 27.10.2015, BStBl II 2016, 81 unter Rn 70 mwNachw). Die Sperrfrist beginnt mit der Abgabe der ESt-, KSt- oder Gewinnfeststellungserklärung des übertragenden MU (je nach Pers des Übertragenden) für den VZ, in den die Übertragung des wirtsch Eigentums auf die Übernehmerin fällt. Die Sperrfrist endet (genau) drei Jahre nach der Abgabe der St-Erklärung des Übertragenden (ohne Abgabe einer St-/Feststellungserklärung endet die Sperrfrist mit Ablauf des sechsten Jahres, das auf den VZ der Übertragung folgt).

§ 6 Abs 5 S 4 EStG ist nicht als (subjektive) Missbrauchsregelung ausgestaltet. Daraus folgt, dass jede Entnahme oder Veräußerung, die (objektiv) den Tatbestand des § 6 Abs 5 S 4 EStG erfüllen, (unwiderlegbar) zum nachträglichen Tw-Ansatz der urspr Übertragung führt. Bei der Sperrfristverletzung spielt keine Rolle, ob diese zB in Missbrauchsabsicht erfolgt, ob die Entnahme durch den Einbringenden oder andere MU erfolgt (zu Recht krit: s Crezelius, FR 2002, 805) oder ob die Veräußerung aus einer rechtlichen oder wirtsch Notlage heraus veranlasst ist (Ausnahme: Zerstörung oder Untergang des WG aufgr höherer Gewalt, s Schr des BMF v 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279 Rn 23).

 

Tz. 53b

Stand: EL 109 – ET: 03/2023

Eine Entnahme des zum Bw übertragenen WG ist gegeben, wenn es im Wj für betriebsfremde Zwecke verwendet wird (s § 4 Abs 1 S 2 EStG); Veräußerung ist die entgeltliche Übertragung des wirtsch Eigentums an dem WG auf einen anderen Rechtsträger (wie bei § 16 EStG). Eine Veräußerung oder Entnahme iSd § 6 Abs 5 S 4 EStG ist auch die fiktive Entnahme gem § 4 Abs 1 S 3 EStG oder die fiktive Veräußerung gem § 12 Abs 1 KStG (s Schr des BMF v 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279 Rn 23; s Micker, Ubg 2019, 504 unter II.3a); aA s Förster/Hölscher, Ubg 2012, 729 unter 3.2.1.2; s § 12 KStG Tz 362). Hierbei ist nach dem Sinn und Zweck des § 6 Abs 5 S 4 EStG – nämlich Einhaltung des Subjektsteuerprinzips (s Tz 53a) – allein ausschlaggebend, dass infolge der fiktiven Entnahme/Veräußerung stille Reserven realisiert werden, die dem sperrfristverletzenden St-Subjekt zugeordnet werden. Wer die Entnahme tätigt (übertragende Pers oder andere MU), ist ohne Relevanz für den Tatbestand des § 6 Abs 5 S 4 EStG.

Kein sperrfristschädliches Ereignis ist gegeben, wenn das WG innerhalb der Behaltefrist untergeht (nach Verw-Auff nur durch höhere Gewalt, s o) oder zum Bw gem § 6 Abs 5 S 3 EStG unter Auslösung einer neuen Sperrfrist weiter übertragen wird oder gem § 6 Abs 5 S 1 und 2 EStG zum Bw weiter überführt wird und die bisherige Frist weiterläuft (s Ehmcke/Krumm, in Brandis/Heuermann, § 6 EStG Rn 1352; s Niehus/Wilke, in H/H/R, § 6 EStG Rn 1625; ebenso s Schr des BMF v 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279 Rn 23).

 

Tz. 53c

Stand: EL 109 – ET: 03/2023

Ein Fall der Sperrfristverletzung ist die Veräußerung des nach § 6 Abs 5 S 3 EStG übertragenen WG auf der Ebene der Pers-Ges (dh Veräußerung des WG oder Teilen davon durch die Pers-Ges und uE zB auch die Veräußerung eines Teilbetriebs der Pers-Ges inkl des übertragenen WG). Fraglich ist, ob auch die Veräußerung eines MU-Anteils an der aufnehmenden Pers-Ges von § 6 Abs 5 S 4 EStG erfasst wird. Das übertragene WG bleibt zwar in ...

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