Tz. 51

Stand: EL 109 – ET: 03/2023

Um dieses unerwünschte Ergebnis zu verhindern, macht § 36a EStG bei bestimmten Kap-Erträgen die Anrechnung von KapSt vom Vorliegen mehrerer Voraussetzungen abhängig, die kumulativ erfüllt sein müssen. Betroffen von der Vorschrift sind nur Kap-Erträge iSd § 43 Abs 1 S 1 Nr 1a EStG, dh inl Dividenden und sonstige GA aus im Inl girosammelverwahrten Aktien und beteiligungsähnlichen Genussrechten, sowie inl Kap-Erträge iSd § 43 Abs 3 S 1 EStG aus Anteilen oder Genussscheinen, die im Ausl girosammelverwahrt werden.

Bei diesen Kap-Erträgen wird die volle Anrechnung von KapSt (neben der Erfüllung der in § 36 EStG genannten Voraussetzungen; hierzu s Tz 42ff) nach § 36a Abs 1 EStG nur gewährt, wenn der Stpfl, der die Kap-Erträge erzielt,

  • während einer Mindesthaltedauer von 45 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 45 Tagen vor und 45 Tagen nach der Fälligkeit der Kap-Erträge
  • ununterbrochen wirtsch Eigentümer der diesen Kap-Erträgen zugrundeliegenden Anteile oder Genussscheine ist,
  • während dieser Mindesthaltedauer ununterbrochen das Mindestwertänderungsrisiko trägt (hierzu s § 36a Abs 3 EStG) und
  • nicht verpflichtet ist, die Kap-Erträge ganz oder überwiegend, unmittelbar oder mittelbar anderen Pers zu vergüten.

Die FinVerw hat ein umfangreiches Anwendungsschr (s Schr des BMF v 03.04.2017, BStBl I 2017, 726) zu § 36a EStG erlassen.

§ 36a enthält keine spezielle Bescheinigungspflicht für das Vorliegen seiner Voraussetzungen, zB hinsichtlich der Mindesthaltedauer oder der Risikotragung; eine besondere "Berufsträgerbescheinigung" ist nicht vorgesehen (s BT-Drs 18/8739, 94; zur – von der FinVerw geforderten – Notwendigkeit einer solchen Bescheinigung bei "Cum-/Ex-Geschäften" s Tz 62). Vielmehr wird in der St-Erklärung (nur) eine Eigenerklärung des Stpfl abgefragt, ob die Voraussetzungen zur vollen St-Anrechnung vorliegen. Der Stpfl trägt insoweit jedoch die Nachw-Pflicht (s Schr des BMF v 03.04.2017, BStBl I 2017, 726 Rn 103) und hat daher uE – für eine im Einzelfall ggf durchzuführende Überprüfung – Beweisvorsorge zu treffen.

Der Ges-Geber sieht § 36a EStG als eine Vorschrift, die Geschäfte zur Umgehung der Dividendenbesteuerung so unattraktiv macht, dass diese im Regelfall unterlassen werden. Mit der Einführung der Regelung zur Verhinderung der Cum-/Cum-Geschäfte ist keine rechtliche Anerkennung derartiger Gestaltungsmodelle in der Vergangenheit verbunden; vielmehr ist in dem jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob ein Übergang des wirtsch Eigentums iSd § 39 Abs 2 Nr 1 S 1 AO vorliegt (s BT-Drs 18/8739, 94). Das Hess FG (s Urt v 28.01.2020, EFG 2020, 1160) ist der Auff, dass durch die Einführung des § 36a EStG als typisierte Regelung zur Missbrauchsvermeidung für die Anrechnung der KapSt ab 2016 die Anwendung des § 42 AO vor Geltung des § 36a EStG nicht ausgeschlossen sei. Krit hierzu s Hörner/Schreiner (FR 2020, 908, 912). Fehlt es an dem Übergang des wirtsch Eigentums, dann ist derjenige, der lediglich das zivilrechtliche Eigentum an den Aktien erworben hat, nicht zur Anrechnung der auf die Dividende erhobenen KapSt berechtigt (s Urt des Hess FG v 28.01.2020, EFG 2020, 1160; s Höring, DStZ 2016, 727; und s Fiand, NWB 2016, 344). Zum Übergang des wirtsch Eigentums an Aktien in Fällen der Wertpapierleihe s Urt des BFH v 16.04.2014 (BFH/NV 2014, 1813) und v 18.08.2015 (BStBl II 2016, 961); s Urt des Nds FG v 17.11.2016 (Az 6 K 230/15; die NZB wurde mit Beschl v 12.12.2017 als unbegründet zurückgewiesen, Az I B 2/17); s Urt des Hess FG v 28.01.2020 (EFG 2020, 1160) und s Schr des BMF v 11.11.2016 (BStBl I 2016, 1324; ersetzt durch das BMF-Schreiben v 09.07.2021, BStBl I 2021, 1002; zu Streitpunkten innerhalb der FinVerw in Zusammenhang mit diesem Schr – insbes zur Frage, ob durch dieses BMF-Schr der Aufgriff rechtlich bedenklicher "Cum-/Cum-Geschäfte" für die Vergangenheit ausgeschlossen wird – s Spengel, DB 2016, 2988).

Zur stlichen Behandlung von "Cum/Cum-Transaktionen" s BMF-Schreiben v 17.07.2017 (BStBl I 2017, 986; ersetzt durch das BMF-Schreiben v 09.07.2021, BStBl I 2021, 995). Spilker/Kremer (s BB 2018, 2775) stehen der vorgenannten Rspr und der Verw-Auff krit ggü, da diese ergebnisorientiert sei und lehnen eine Strafbarkeit von Cum/Cum-Geschäften nach § 370 AO ab. Krit zu den BMF-Schreiben v 11.11.2016 und v 17.07.2017 s auch Spengel (DB 2020, 1919, 1922). Link/Tschatsch fordern eine Anpassung der Verw-Auff an das Urt des BFH v 29.09.2021 (BFH/NV 2022, 528) oder zumindest dessen Veröffentlichung im BStBl (s FR 2022, 521, 530). Die FinVerw vertritt die Auff, dass der Verfahrensgegenstand des BFH-Urt v 29.09.2021 sich vom Anwendungsbereich der beiden BMF-Schr v 09.07.2021 unterscheidet und demnach keine Anpassung der BMF-Schr notwendig sei.

 

Tz. 52

Stand: EL 109 – ET: 03/2023

vorläufig frei

 

Tz. 53

Stand: EL 109 – ET: 03/2023

§ 36a EStG ist nach dessen Abs 5 nicht anzuwenden, wenn die in seinen Anwendungsbereich grds fallenden Kap-Erträge (s Tz 51) im VZ nicht mehr als 20 000 EUR ("Schwellenwert") be...

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