Tz. 94b

Stand: EL 112 – ET: 12/2023

Ab 2022 (§ 52 Abs 45a S 4 EStG) soll die durch ATADUmsG eingeführte Nr 11 (dazu ausführlich Krechel/Strüder, FR 2021, 884) sog weiße Eink vermeiden, die durch Einsatz "umgekehrt hybrider" Rechtsformen generiert werden können. So werden Rechtsformen bezeichnet, wenn und soweit

  • diese Rechtsform in dem Staat, in dem sie eingesetzt wird (hier: D), stlich "transparent" ist und daher selbst keiner Ertragsbesteuerung unterliegt, und
  • auch im Wohnsitzstaat des Anteilseigners bei diesem für diese Rechtsform und diese Eink keine Besteuerung stattfindet, weil die Rechtsform dort stlich intransparent behandelt wird.

Nach Art 9a ATAD (Anti-Tax-Avoidance-Directive) soll dann derjenige Staat, in dem die Rechtsform eingetragen bzw niedergelassen ist, eine Besteuerung durchführen. Dies wurde im Ges-Gebungsverfahren erst durch eine Empfehlung des FinAussch (s BT-Drs 19/29848 S 62) aufgegriffen und umgesetzt. Dabei wurde bewusst eine Besteuerung der Anteilseigner ggü einer ebenfalls denkbaren Besteuerung der Rechtsform als solcher favorisiert (s FinAussch aaO, zur diesbzgl. Diskussion s Krechel/Strüder, FR 2021, 884, 885 mwNachw; zur ebenfalls ab 2022 freiwillig möglichen Option hierzu gem § 1a idF KöMoG, s Tz 1a).

 

Tz. 94c

Stand: EL 104 – ET: 12/2021

Die Tatbestandsvoraussetzungen orientieren sich ansonsten eng an den ATAD-Vorgaben. In Präzisierung der bereits oa Grundvoraussetzungen muss

  • eine Pers-Ges oder Gemeinschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inl oder mit Eintragung in ein inl Reg existieren (Inl-Bezug, § 49 Abs 1 Nr 11 S 1 erster Hs).
  • Zur Besteuerung der Eink, die mittels einer solchen Rechtsform bezogen werden, kann es kommen, wenn diese Eink nicht bereits anderweitig unter § 49 EStG (ggf iVm § 2 KStG) fallen (Subsidiarität, S 1 Buchst b) und
  • sie beim Anteilseigner weder in dessen Heimatstaat (S 1 Buchst a) noch sonstwo (S 1 Buchst c) einer Besteuerung unterliegen, also ohne Nr 11 sog weiße Eink vorliegen würden.
  • Die Anwendung der Nr 11 scheidet aber aus, wenn der Anteilseigner mit diesen Eink auch dann in seinem Wohnsitzstaat nicht besteuert würde, falls die Rechtsform (auch) dort stlich transparent behandelt würde (Kausalität, S 3 zweiter Hs). Denn in diesem Fall wäre die transparente Besteuerung in D nicht die entscheidende (gestalterische) Ursache für die weißen Eink.
  • Weitere Voraussetzung ist, dass Anteilseigner, bei welchen dies erfüllt ist, auch die Mehrheit der Stimmrechte oder der Anteile am Kap oder am Gewinn oder am Liquidationserlös zusteht, wofür Anteilseigner und nahestehende Pers iSd § 1 Abs 2 AStG zusammen betrachtet werden (S 2). Ausgenommen sind Altersvorsorgevermögensfonds iSd § 53 InvestmStG (S 3 erster Hs).

Der Besteuerung gem Nr 11 stehen im Übrigen DBA nicht entgegen (S 4). Auch das stimmt mit ATAD überein und ist folgerichtig, denn die Gestaltungen, auf die sich die Vorschrift richtet, basieren häufig gerade auch auf der Nutzung von DBA-Regelungen.

In den Einzelheiten ist zu alledem vieles unklar, was auch daran liegt, dass schon die ATAD-Regelungen unterschiedlichen Interpretationen zugänglich sind (vgl Krechel/Strüder, FR 2021, 884 mwNachw). Unklar ist inbes, ob es einer Anwendung der Nr 11 entgegen steht, wenn damit zu rechnen ist, dass der Anteilseigner aus der in seinem Wohnsitzstaat intransparenten Rechtsform später aus dortiger Sicht Dividenden (aus dt Sicht: Entnahmen) aus dieser Gesellschaft bezieht und diese dann – namentlich wenn dieser Staat kein Schachtelprivileg kennt – dort besteuert würden. Das kann man als dortige Besteuerung der "Eink aus der Beteiligung" ansehen oder auch nicht; einen sicheren Rückschluss darauf lässt der Wortlaut nicht zu.

 

Tz. 94d

Stand: EL 104 – ET: 12/2021

Auch die Rechtsfolgenseite bedarf weiterer Klärung. Eindeutig ist, dass die Anteilseigner als solche besteuert werden (s Tz 94b), und zwar mangels Abzug-St durch Veranlagung als beschr Stpfl. Für die Durchführung einer einheitlichen und gesonderten Feststellung ist in diesen Fällen kein Grund erkennbar. Klar dürfte zudem sein, dass darunter nur diejenigen Anteilseigner fallen, die sämtliche oa Voraussetzungen selbst erfüllen. Gibt es also auch (Minderheits-)Gesellschafter, bei denen die Voraussetzungen des S 2 nicht gegeben sind, fallen diese nicht auch unter Nr 11. Ob allerdings eine Anwendung der Nr 11 auf Seiten des Eink-Empfängers Vorrang gegenüber der Anwendung des § 4k EStG auf Seiten des Zahlenden hat, um eine "Doppelberichtigung" zu vermeiden, erscheint zweifelhaft, nicht nur weil eine solche Verknüpfung zwischen mehreren Stpfl kaum administrierbar wäre.

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