(s. dazu auch die Beiträge von Schermann, Überblick über die erbrechtliche Rechtsprechung, ErbStB 2023, 159 und ErbStB 2023, 337)

1. Schenkungen

 
Achtung bei Verwendung des Begriffs "Vorweggenommene Erbfolge"

In der unentgeltlichen Zuwendung eines Vermögenswertes in einem notariellen Überlassungsvertrag, die in "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich" erfolgt, kann zugleich eine Enterbung mit bloßer Pflichtteilsberechtigung liegen (vgl. BGH v. 27.1.2010 – IV ZR 91/09).

OLG Brandenburg v. 31.8.2022 – 3 W 55/22
ErbStB 2023, 209
Familienrechtliche Genehmigung einer gesellschaftlichen Beteiligung von Minderjährigen

Für die Genehmigung einer gesellschaftlichen Beteiligung von Minderjährigen nach §§ 1643, 1697a BGB ist nicht in jedem Fall die Vertragskonstruktion mit dem geringsten Risiko zu wählen. Vielmehr ist eine Abwägung der Risiken und Vorteile vorzunehmen.

OLG Karlsruhe v. 9.11.2022 – 5 WF 77/22
ErbStB 2023, 236
Wertermittlung für ein unter Einräumung eines Wohnungsrechts übertragenen Grundstücks

1. Bei der Bewertung einer Grundstücksübertragung gegen Einräumung eines Wohnungsrechts ist der Jahresnutzungswert des Wohnungsrechts als künftig wiederkehrende Leistung mit dem sich nach § 14 BewG ergebenden Faktor in der bei Vertragsschluss maßgeblichen Fassung zu kapitalisieren.

2. Wegen des einer Grundstücksübertragung gegen Einräumung eines Wohnungsrechts innewohnenden Risikos der künftigen Entwicklung bleibt der spätere tatsächliche Verlauf zwischen Vertragsschluss und Erlöschung des Wohnungsrechts aufgrund einer Erkrankung oder des Versterbens des Wohnungsrechtsinhabers unberücksichtigt. Ein angemessener Abschlag von dem sich nach § 14 BewG ergebenden Kapitalisierungsfaktor ist ausnahmsweise dann vorzunehmen, wenn der Wohnungsrechtsinhaber bereits bei Vertragsschluss schwer erkrankt war, daher mit dem baldigen Erlöschen des Wohnungsrechts gerechnet werden musste, dieser Umstand beiden Vertragsschließenden bekannt war, und das Wohnungsrecht auch tatsächlich kurze Zeit nach Vertragsschluss erloschen ist.

OLG Celle v. 24.10.2022 – 6 U 11/22
ErbStB 2023, 291

2. Letztwillige Verfügungen/Erbfall

 
Verhältnis von Pflichtteilsstrafklauseln und Schlusserbeneinsetzung

An einer ernsthaften Geltendmachung des Pflichtteils fehlt es, wenn der Berechtigte den Pflichtteil nicht durch anwaltliches Schreiben anmahnt, sondern alsbald erklärt, die Ansprüche zurückzuziehen, nachdem ihm eine Kopie des die Pflichtteilsstrafklauseln enthaltenen Testament übersandt worden war.

OLG Hamm v. 29.3.2022 – 10 W 91/20
ErbStB 2023, 14
Auslegung des Begriffs "Bargeld" als Vermächtnisanordnung i.R. einer letztwilligen Verfügung

1. Wendet der Erblasser im Wege des Vermächtnisses mehreren Vermächtnisnehmern das bei seinem Tode vorhandene Bargeld zu, ist eine Auslegung wonach dieses Bargeld auch leicht verfügbares Bankguthaben erfasst möglich aber nicht zwingend.

2. Es gibt keine Regel, nach dem unter dem Begriff Bargeld zwangsläufig auf den Bankkonten verbliebende Geld umfasst wird.

OLG München v. 5.4.2022 – 33 U 1473/21
ErbStB 2023, 36
Testamentsauslegung: Verhältnis von postmortaler Vollmacht zu einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung

Das Verhältnis von postmortaler Vollmacht zu einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung kann nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall aufgrund einer Auslegung der Vollmachtsurkunde und der letztwilligen Verfügung unter Berücksichtigung des Erblasserwillens ermittelt werden.

BGH v. 13.9.2022 – IV ZB 34/21
ErbStB 2023, 76
Ausschluss der Teilungsversteigerung aufgrund eines letztwillig verfügten Teilungsverbots

1. Sofern der Erblasser die Auseinandersetzung von Nachlassgrundstücken im Wege der Teilungsversteigerung in Bezug auf den Nachlass oder den einzelnen Nachlassgegenständen eine Verfügung von Todes wegen für immer oder auf Zeit ausgeschlossen hat, kann diese nur verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

2. Im Rahmen der Testamentsauslegung ist festzustellen, ob es sich bei der Anordnung des Erblassers nur um einen rechtlich unverbindlichen Wunsch oder ein Teilungsverbot handelt.

3. Eine testamentarische Regelung nach der die Töchter und Enkel den Grundbesitz bei Einstimmigkeit jederzeit beleihen oder verkaufen können, lässt die Vorstellung des Erblassers erkennen, dass Grundbesitz, der nicht verkauft wird, über die Generationen der Enkel hinaus in der Familie verbleiben soll.

OLG Karlsruhe v. 9.2.2022 – 11 U 7/21
ErbStB 2023, 109
Änderungsvorbehalt bei Ehegattentestament

Bestimmen die Eheleute in einem gemeinsamen Testament, "dass der letztversterbende berechtigt ist, dass das Testament noch einseitig abzuändern, jedoch nur in dem die Verteilung dessen Nachlasses unter den Kindern anders geregelt wird" kann diese Abänderungsbefugnis dahingehend ausgelegt werden, dass eines der Kinder das gesamte Erbe enthält. Denn dabei handelt es sich strenggenommen auch um einen "andere Verteilung" des Nachlasses.

OLG Hamm v. 5.5.2022 – 10 W 40/21
ErbStB 2023, 146
Hemmung der Abschmelzungsfrist bei vorbehaltenem Wohnungsrecht

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