Aussetzung der Vollziehung gem. § 69 FGO, einstweilige Anordnung

[Ohne Titel]

RD’in Ann-Erika Jörißen, LL.M Köln-Paris[*]

Im steuerrechtlichen Bereich werden die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes insb. durch die Antragsverfahren nach § 361 AO und § 69 FGO geregelt. Daneben besteht gem. § 114 FGO die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung zu beantragen.

Im Teil 1 des Beitrags (Jörißen, AO-StB 2021, 296) werden folgende Themen behandelt:

I. Formen des vorläugen Rechtsschutzes

II. Aussetzung der Vollziehung gem. § 361 AO

Im Teil 2 folgen nun Ausführungen zur Aussetzung der Vollziehung gem. § 69 FGO und zur einstweiligen anordnung gem. § 114 FGO.

[*] Die Autorin ist im Höheren Dienst der Finanzverwaltung NRW tätig. Der Beitrag spiegelt ihre private Auffassung wider.

III. Aussetzung der Vollziehung gem. § 69 FGO

1. § 69 FGO als Pendent zu § 361 AO im Klageverfahren

Grundsätzlich keine Hemmungswirkung durch Klageergebung: In § 69 Abs. 1 FGO wird zunächst klargestellt, dass durch die Erhebung der Klage die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts grundsätzlich nicht gehemmt wird (als Ausnahme gibt hier ebenfalls, die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung gem. § 69 Abs. 5 FGO).

Aussetzung der Vollziehung im FG-Verfahren: § 69 Abs. 2 FGO erlaubt es der Finanzbehörde, während des finanzgerichtlichen Verfahrens die Vollziehung ganz oder teilweise auszusetzen, stellt also das Pendant zu § 361 AO dar, welcher die Aussetzung der Vollziehung durch die Finanzbehörde während des Einspruchsverfahrens regelt. Da sowohl die Voraussetzungen als auch die Rechtsfolgen der Aussetzung durch die Finanzbehörde während des Einspruchsverfahrens und während des Klageverfahrens die gleichen sind, wird insoweit auf die obigen Ausführungen zu § 361 AO verwiesen.

Aber auch das FG kann die Vollziehung auf Antrag ganz oder teilweise aussetzen, der Antrag hierauf kann schon vor Klageerhebung gestellt werden.

(Grafik: Jörißen in Schmider/Wagner/Loritz, Handbuch der Bauinvestitionen und Immobilienkapitalanlagen (HdB), Fach 1714 m.w.A.)

2. Voraussetzungen

Eine Aussetzung der Vollziehung gem. § 69 Abs. 3 FGO ist nur zulässig, wenn gegen den zugrunde liegenden Verwaltungsakt ein Rechtsbehelf eingelegt wurde, ein entsprechender Antrag vorliegt und die Sachentscheidungsvoraussetzungen sowie die Einhaltung der besonderen Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 FGO.erfüllt sind.

  • Einlegung eines Rechtsbehelfs: Gegen den Verwaltungsakt muss ein Rechtsbehelf eingelegt worden sein, d.h. es muss ein Klageverfahren oder ein Einspruchsverfahren anhängig sein. § 69 Abs. 3 S. 2 FGO stellt klar, dass der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung auch schon vor Erhebung der finanzgerichtlichen Klage gestellt werden kann.
  • Antrag: Das Gericht wird nur auf Antrag tätig, § 69 Abs. 3 S. 1 FGO. In sinngemäßer Anwendung des § 64 FGO bedarf der Antrag der Schriftform, ersatzweise kann er mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder in elektronischer Form i.S.d. § 52a FGO gestellt werden
  • Antragsbefugnis: Antragsbefugt ist, wer in der Hauptsache klagebefugt ist oder wäre. Somit kann der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung grundsätzlich jeder vom Verwaltungsakt Betroffene stellen, d.h. auch ein Dritter, sofern er geltend macht, in seinen Rechten verletzt zu sein (Einzelheiten vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Rz. 60).
  • Rechtsschutzbedürfnis: Das Bedürfnis nach vorläufigem Rechtsschutz liegt vor, wenn auf der Grundlage des schlüssigen Vorbringens des Antragstellers die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts ernstlich bezweifelt werden kann (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Rz. 61). Es fehlt bzw. entfällt, wenn dem Aussetzungsbegehren durch die Finanzbehörde entsprochen wird, wenn der zugrunde liegende Hauptsachenstreit sich erledigt hat oder wenn der angefochtene Verwaltungsakt nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.
  • Ablehnung der Aussetzung durch die Finanzbehörde, § 69 Abs. 4 FGO: Die Zulässigkeit des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung durch das FG ist nach § 69 Abs. 4 FGO von der Ablehnung eines zuvor gestellten Antrags auf Vollziehungsaussetzung durch die Finanzbehörde abhängig oder davon, dass die Finanzbehörde ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist nicht entschieden hat oder, dass Vollstreckung droht. § 69 Abs. 4 FGO ist keine "gewöhnliche" Sachentscheidungsvoraussetzung, sondern eine besondere Zugangsvoraussetzung, die im Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht gegeben sein muss, damit der Antrag überhaupt erfüllt sein kann – dagegen kann eine bei Antragstellung zunächst fehlende Sachentscheidungsvoraussetzung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch nachgeholt werden (vgl. BFH v. 12.3.2013, BStBl. II 2013, 390; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Rz. 68).

Beraterhinweis Unbeachtlich ist, ob die Ablehnung nach § 69 Abs. 2 FGO während des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens oder noch während des Vorverfahrens nach § 361 Abs. 2 AO erfolgt ist. Sie kann grundsätzlich schriftlich oder mündlich erfolgen; jedoch trägt der Antragsteller die Darleg...

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