Bedauerlicherweise garantiert auch die optimale (erb-)rechtliche Vorsorge i.R.d. Abwicklung von digitalen Nachlässen nicht, dass der Zugriff auf die Daten des Erblassers ohne Widerstände gelingt.

 

Beispiel

Der Erblasser E hat nach vorheriger Beratung entspr. den obigen Empfehlungen Rechtsanwalt R testamentarisch zu seinem Testamentsvollstrecker ernannt und diesem i. R.v. Verwaltungsanordnungen klar vorgegeben, welche Daten zu löschen sind und wie mit dem digitalen Nachlass i.Ü. zu verfahren ist. Darüber hinaus hat er R mit einer transmortalen Vollmacht ausgestattet, welche auch die Abwicklung des digitalen Nachlasses umfasst. Sein damals verwendetes Passwort hat er dem R mitgeteilt, welcher dieses sicher in seinem Safe verwahrte. Als E zwei Jahre nach der Testierung verstirbt, schreitet R zur Tat, öffnet den Laptop, welcher ihn zur Eingabe eines Passwortes auffordert und gibt das ihm damals benannte Passwort ein. Leider muss R feststellen, dass E sein Passwort seit der Testierung geändert und ihn nicht in Kenntnis gesetzt hat.

Im besten Fall wird es R unter erheblichen Zeit- und Kostenaufwand gelingen, dass Passwort durch den ihm zustehenden Auskunftsanspruch (s.o.) wiederherzustellen. Dabei ist ein zügiger Zugriff auf den Nachlass regelmäßig äußerst wichtig. Durch einen zeitnahen Zugriff können bspw. etwaige Online-Vertragsbeziehungen gekündigt, im E-Mail-Postfach befindliche Rechnungen beglichen, Werte in Online-Depots bzw. Kryptowährungen gesichert oder schlicht die Freunde des E in dessen sozialen Netzwerken über dessen Tod informiert werden.

Die stetige Übermittlung der aktuellen Passwörter ist also ein weiterer zentraler Aspekt im Wege einer optimalen digitalen Vorsorge. Dabei kommen grundsätzlich verschiedene – mehr oder weniger praktikable – Möglichkeiten in Betracht:

a) Führung einer privatschriftlichen Liste unpraktikabel

Als das Internet noch in seinen ersten Zügen steckte und ein einziger Mail-Account die Grenze des Vorstellbaren war, hätte die Führung einer privatschriftlichen Liste ggf. noch eine adäquate Lösung dargestellt. Ungeachtet des Risikos des Auffindens durch unbefugte Dritte, ist eine solche Liste in der aktuellen Zeit schlicht nicht mehr praktikabel. Die Mandanten sind auf zahlreichen Internetseiten registriert, welche häufig unterschiedliche Anforderungen an Passwörter haben. Selbst wenn der Mandant zunächst höchstmotiviert sämtliche Passwörter niederschreibt und diese Liste sogar aktualisiert, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies auch über Jahre fortgeführt wird. Die Führung einer privatschriftlichen Liste bietet sich lediglich in Fällen mit überschaubaren Online-Beziehungen an. Auch dort ist die unter c) beschriebene Vorgehensweise jedoch vorzugswürdig.

b) Keine Niederschrift in der letztwilligen Verfügung

Keinesfalls sollten die Zugangsdaten in der letztwilligen Verfügung oder der Vorsorgevollmacht niedergeschrieben werden. Es besteht die Gefahr, dass neben den Erben (oder dem Testamentsvollstrecker) auch weitere, nichtberechtigte Personen Kenntnis vom Inhalt der Verfügung und sodann Zugriff auf die Nutzerkonten des Erblassers erhalten. Die letztwillige Verfügung wird vom Nachlassgericht eröffnet werden. Darüber hinaus wird dies infolge des Ablebens häufig zur Legitimation im Rechtsverkehr an Dritte überlassen werden.

Zudem ist davon auszugehen, dass die jeweiligen Passwörter in der Zeit zwischen der Errichtung der letztwilligen Verfügung und dem Tode diverse Male ändern. Es können jederzeit neue Nutzerkonten hinzukommen bzw. gelöscht werden. Dieser Schnelllebigkeit könnte in keiner Weise Rechnung getragen werden. Im Extremfall würden sogar durch jede Änderung eines Passworts in einem notariellen Testament eine neue Notargebühr ausgelöst werden.

c) Einführung eines Passwort-Managers mit einem sog. Masterpasswort

Empfehlenswert ist die Einführung eines sog. Passwort-Managers, in dem die Passwörter sämtliche Nutzerkonten aufgeführt und sodann in der Zukunft automatisch und ohne Zutun des Erblassers aktualisiert werden. Der Passwort-Manager wird mit einem sog. Masterpasswort geschützt. Allein dieses muss dem Testamentsvollstrecker bekannt sein, so dass dieser unmittelbar nach dem Ableben Zugriff zu sämtlichen Zugangskonten erhält. Der Mandant kann im Folgenden sämtliche übrigen Passwörter regelmäßig ändern, ohne dass eine Information des Testamentsvollstreckers nötig ist.

Beraterhinweis Bestenfalls wird dieser Service durch einen technisch versierten Fachmann angeboten, so dass die ordnungsgemäße technische Einrichtung aus einer Hand sichergestellt ist. Gleichermaßen trägt ein entspr. Fachmann dafür Sorge, dass die technische Vorsorge auch in der Zukunft dem Stand der Technik entspricht.

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