Notfallordner: Bestandteile

Ein Notfallordner enthält alle wichtigen Vorsorgedokumente und Unterlagen, welche Angehörige, Vertrauenspersonen oder Bevollmächtigte z. B. bei Tod oder längerem Ausfall benötigen.

Zu den Vorsorgedokumenten gehören neben wichtigen Adressen und Verfügungen auch Aufgabenbeschreibungen und Vollmachten sowie wichtige Passwörter und Übersichten über Unternehmensabläufe.

Notfallordner für den Ausfall der Geschäftsführung: Grundsatzentscheidungen

Vor Erstellung des Ordners müssen einige Grundsatzentscheidungen getroffen werden, etwa:

  • Soll der Notfallordner in digitaler oder Papierform erstellt werden?
  • Sollen Dokumente (z. B. Verträge, Vollmachten) im Ordner aufbewahrt werden oder soll es Verweise auf Fundstellen gehen?
  • Wenn Dokumente aufbewahrt werden sollen: Als Originale oder Kopien?
  • Und: Was passiert mit den Originalen?
  • Ein Notfallordner ist ein Dokument mit hoch sensiblem Inhalt: Wie kann er sicher aufbewahrt werden, z. B. Safe, externes Speichermedium, bei einem Anwalt oder Notar?
  • Wie kann der Zugriff bei Notfällen kurzfristig sichergestellt werden, auch am Wochenende oder an Feiertagen?
  • Wem kann man vertrauen und wer ist verfügbar?
  • Sind diese Personen informiert und wollen sie überhaupt aktiv werden?
  • Wer soll bei welchem Ereignis Zugriff auf welche Daten haben, wer nicht?
  • Gibt es Personen, die grds. ausgeschlossen werden sollen, z. B. wegen früherer Streitigkeiten oder grundlegend anderer Ansichten?
  • Wann und wie sollen die Beschäftigten informiert und eingebunden werden?
  • Wie wird kommuniziert, welcher Mitarbeiter im Notfall wem ggü. weisungsbefugt ist?
  • Bis wann soll der Notfallordner erstellt sein?

Übersicht: Mindestinhalte eines Notfallordners

Hier eine Aufstellung über die Mindestinhalte, die ein Notfallordner enthalten sollte.

Thema/Sachverhalt

Mögliche Inhalte

Notfalladressen

Informationen über Vorfälle (Tod, Ausfall, Krankheit) mindestens an Angehörige (Welche? Konkret mit Namen benennen), Anwalt, Steuerberater, Mitarbeiter, Krankenkasse, Unfallversicherung, bei Tod Bestatter (evtl. mit Bestattungsverfügung), ggf. Bank und andere wichtige Partner.

Adressen mit Telefon, E-Mail, Anschrift; ggf. Regelung, wer in welcher Reihenfolge informiert wird.

Verfügungen

U. a. Testament, Vorsorgevollmacht, Patienten- und Betreuungsverfügungen, Bestattungsverfügung, ggf. Gesellschafter-, Ehe- und Erbvertrag, Organspendeausweis, Übersicht über Krankheiten und Behandlungen mit Medikamentenplan.

Notfallanweisungen

Wer soll was in welchem Fall tun, z. B. bei vorübergehendem Ausfall oder Tod? Wer bekommt Zugang zu welchen Dokumenten und Vollmachten, z. B. Angehörige, Mitarbeiter, andere Dritte (Wer genau? Mit Namen und Adressdaten, mind. Mobilnummer und E-Mail, benennen)?

Unternehmensplanungen

Welche Umsätze, Kosten Gewinne sind geplant? Welche Investitionen und großen Auszahlungen stehen an? Die Planung sollte einen Zeitraum von 3 Jahren umfassen, um Käufer Perspektiven aufzuzeigen. Sie können Grundlage zur Unternehmenswert- und Kaufpreisberechnung sein.

Aufgabenbeschreibungen Mitarbeiter

Übersicht wesentlicher Aufgaben und Arbeitsinhalte sowie Berechtigungen und Vollmachten von Führungskräften und Mitarbeitern "in Schlüsselpositionen", ggf. auch "Rückgriff" auf Verträge und Arbeitsanweisungen möglich.

Qualifikationsbedarf Mitarbeiter

Welche Mitarbeiter können zentrale Aufgaben des Inhabers erfüllen (Wer, was)? Welche noch nicht, welche sollen dies künftig können? Wie kann sichergestellt werden, dass Betroffene qualifiziert werden, die Aufgaben künftig zu erfüllen? Was muss getan werden, damit bisherige Arbeiten von anderen Personen übernommen werden können?

Vertretungsplan

Übersicht von Personen, die den Mandanten im Notfall vertreten sollen. Wenn mehrere Personen in Betracht kommen, sollten Aufgaben jeder Person individuell zugewiesen werden. Der Plan kann zudem für Aufgabenverteilung bei Nachfolge genutzt werden.


Aufgabenverteilung im Notfall

Übersicht mit Namen der Mitarbeiter, Funktion (Einkauf, Vertrieb, Produktion), Aufgabenschwerpunkten, sowie ggf. Übertragung notwendiger Vollmachten, um die Aufgaben tatsächlich erfüllen zu können.

Vollmachten

Wer hat aktuell welche Vollmachten? Wer soll was ab wann in welchem Fall dürfen? Wer soll Aufgaben nicht erledigen dürfen? Übersicht mit Namen und Adressdaten sowie Arten der Vollmachten, Inhalten, Umfang, Begrenzungen, Ausschlüsse. Dieser Punkt ist bei einer Übergabe wichtig, um den Nachfolger gut in den Betrieb einführen zu können.

Passwörter u. ä.

Passwörter, Pins, Schlüssel z. B. für Bank, Schließfächer, Safe, Online-Dienste (ausführliche Liste erstellen, hier kommen heute schnell mehr als 20 Dienste und Passwörter zusammen), für Zugriff auf verschlüsselte E-Mails. Auch an eine Zugriffsmöglichkeit für die Homepage sollte gedacht werden, wenn hier regelmäßige Änderungen oder eine "Bedienung" des Online-Shops notwendig sind.

Kontoübersicht und -zugänge

Übersicht bestehender Konten und Institute, mit Ansprechpartnern bei der Bank. Soweit gewünscht Bankvollmachten an bestimmte Personen – auch über den Tod hinaus.

Vertragsübersicht

Z. B. Gesellschafter-, Geschäftsführungs-, Lieferanten-, Leasing-, Kredit-, Beratungs-, Versicherungs-, Kauf- Miet-, Pachtverträge, Ansprechpartner, Vertragsnummern, Stichworte Inhalte, Fundstellen der Originale.

Versicherungsübersicht

Z. B. Betriebshaftpflicht, Vermögensschaden, Gebäude, Rechtsschutz, Betriebsinhalte, Betriebsunterbrechnung, Directors & Officers Liability Insurance (D&O)

Übersicht Geschäftspartner

Z. B. Kunden, Lieferanten, Forschungspartner mit Kontaktpersonen und -daten

Projekt- und Aufgabenübersicht

Wichtig, wenn es Projekte mit hohem Volumen / großer Bedeutung gibt, ggf. mit Nummern und Fundstellen

Rechteübersicht

Z. B. Patente, Lizenzen, Marken- oder Designschutz mit Inhalten, Laufzeiten sowie ggf. Fundstellen

Vermögensaufstellung (Firma und Privat)

Privat: z. B. Bar- und Aktienvermögen, Immobilien, Fahrzeuge

Geschäftlich: Hier genügt Verweis auf Jahresabschluss

Sonstiges

Z. B. Steuer- und Sozialversicherungsnummern, Handelsregisterauszüge, Mitgliedschaften, Beteiligungen, Kooperationen, Bürgschaften, Beteiligungen, Abonnement, etc.

Wiedervorlage/Überarbeitungsübersicht

Überprüfung und Ergänzung des Notfallordners zu festem Termin, z. B. Jahresende.

Je Thema sollte ein eigenes Kapitel bzw. eine eigene Datei angelegt werden, um die Übersichtlichkeit und Nutzbarkeit zu verbessern. Für eine Gliederung kann auch die Übersicht verwendet werden. Zusätzlich empfiehlt sich ein Inhaltsverzeichnis.

Notfallordner kann Netzwerke nicht kurzfristig ersetzen

Was kein Notfallordner leisten kann, ist, einen Unternehmer kurzfristig in seinem Netzwerk zu ersetzen. Strukturen und Beziehungen zu Geschäftspartnern sind in den meisten Fällen über Jahre gewachsen und basieren auf persönlichen Kontakten. Allerdings ist es sowohl im Notfall als auch beim Verkauf essentiell, dass Vertreter oder Nachfolger schnell in der Lage sind, sich im Netzwerk zurecht zu finden. Daher sollte man die ausgewählten Mitarbeiter sukzessive mit Aufgaben betrauen, die bisher der Inhaber übernommen hat. Mit der Übertragung sollte zeitnah mit der Erstellung des Notfallordners und der Entscheidung für ein oder mehrere Mitarbeiter begonnen werden. Wo immer möglich, können die Beschäftigten zu Partnern mitgenommen werden, damit sich auch hier eine persönliche Beziehung entwickeln kann.

Praxis-Tipp: Urlaub als Funktionstest nutzen

Eine gute Möglichkeit, zu prüfen, ob der Notfallordner funktioniert und vollständig ist, ist ein längerer Urlaub der Geschäftsführung, bei dem die benannten Mitarbeiter ihre Vertretungsaufgaben wahrnehmen müssen. Dadurch zeigt sich, ob an alles gedacht wurde, oder ob und wo es noch Lücken im Konzept gibt.