Steuerfreie Einnahmen und Entnahmen: § 3 Nr. 72 EStG stellt rückwirkend Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb bestimmter Photovoltaikanlagen steuerfrei, wenn diese nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden (§ 52 Abs. 4 S. 27 EStG). Begünstigt sind Photovoltaikanlagen

  • mit einer installierten Gesamtbruttoleistung von bis zu 30 kWp, die auf, an oder in einem Einfamilienhaus (einschließlich Dächern von Garagen und Carports oder anderweitiger Nebengebäude) vorhanden sind;
  • mit einer installierten Gesamtbruttoleistung von bis zu 30 kWp, die auf, an oder in nicht zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden (z.B. Gewerbeimmobilie oder Garagenhof) vorhanden sind;
  • auf Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Gebäuden mit Wohn- und Gewerbeeinheiten mit überwiegender Nutzung zu Wohnzwecken bis zu einer Größe von 15 kWp pro Wohn- und Gewerbeeinheit.

Leistungsgrenze: Steuerfrei sind insgesamt die Einnahmen und Entnahmen, die höchstens auf 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen (Stpfl.) oder Mitunternehmerschaft entfallen. Hinsichtlich der installierten Gesamtbruttoleistung ist auf die jeweiligen Angaben im Marktstammdatenregister[1] abzustellen.

Beraterhinweis Die unterschiedlichen Leistungsgrenzen für einzelne Stpfl. und Mitunternehmerschaften sind bei der Sachverhaltsgestaltung zu berücksichtigen.

 

Beispiel 1

(nach Bundesrechnungshof [BRH]-Bericht nach § 88 Abs. 2 BHO v. 27.10.2022, Gz.: VIII 3 – 0000777, S. 6, im Internet unter: https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Berichte/2022/regierungsentwurf-jstg2022-volltext.pdf?__blob=publicationFile&v= 2 [Stand: 10.1.2023]):

Die Eigentümergemeinschaft einer Reihenhausanlage mit 7 gleich großen Häusern betreibt auf den verbundenen Dachflächen der Wohnhäuser eine Photovoltaikanlage mit 105 kWp. Dies entspricht einer Gesamtleistung von 7 mal 15 kWp pro Wohneinheit.

Lösung: Durch die Leistungsbeschränkung auf insgesamt 100 kWp für Mitunternehmerschaften erzielt die Eigentümergemeinschaft insgesamt steuerpflichtige Einkünfte. Diese Einkünfte sind einheitlich festzustellen und dem jeweiligen Stpfl. zu 1/7 gesondert zuzurechnen. Im Ergebnis versteuert jeder Stpfl. Einnahmen und Entnahmen aus einer anteiligen Stromerzeugungsleistung von 15 kWp.

 

Beispiel 2

(nach BRH-Bericht nach § 88 Abs. 2 BHO v. 27.10.2022, Gz.: VIII 3 – 0000777, S. 6, s.o.)

Die jeweiligen Eigentümer von 7 gleich großen Häusern einer Reihenhausanlage betreiben auf den verbundenen Dachflächen der Wohnhäuser jeweils eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 15 kWp. Die auf der Dachfläche installierten Anlagen haben eine Gesamtleistung von 105 kWp.

Lösung: Die jeweiligen Eigentümer unterschreiten als einzelne Stpfl. die Leistungsgrenze von 100 kWp. Ihre Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb der Stromerzeugung mit einer Leistung von jeweils 15 kWp sind steuerfrei.

Beachten Sie: Die Steuerbefreiung gilt unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms. Damit sind auch Einnahmen aus Photovoltaikanlagen, bei denen der erzeugte Strom

  • vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist,
  • zum Aufladen eines privaten oder betrieblich genutzten E-Autos verbraucht oder
  • von Mietern genutzt wird,

steuerfrei.[2]

Keine Gewinnermittlung: § 3 Nr. 72 S. 2 EStG befreit die Anlagenbetreiber, die insgesamt nur steuerfreie Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen haben, von der Pflicht, einen Gewinn zu ermitteln.

Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs (BA-Abzugs): Nach § 3c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als BA abgezogen werden. Damit entfällt ab dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2022 der BA-Abzug für den Betrieb der von der Besteuerung freigestellten Photovoltaikanlagen.

Beraterhinweis Falls möglich, sind BA-Potentiale noch im VZ 2021 zu nutzen. In Betracht zu ziehen sind etwa noch ungenutzte Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG.

Beachten Sie: Unzulässig ist hingegen der Abzug von vorgezogenen BA im VZ 2021 (z.B. Zinsvorauszahlungen). Denn § 3c Abs. 1 EStG begrenzt auch den Abzug von Aufwendungen, die erst in Zukunft zu erwartenden steuerfreien Einnahmen führen.[3]

Wartungsleistungen als begünstigte Handwerkerleistung? Nach § 35a Abs. 3 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer (ESt) um 20 % der Aufwendungen des Stpfl. für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Voraussetzung hierfür ist u.a., dass die Aufwendungen keine BA darstellen (§ 35a Abs. 5 S. 1 EStG). Die Kosten für die Wartung oder Reparatur der steuerfreigestellten Photovoltaikanlagen sind BA, deren Abzug nach § 3c EStG begrenzt ist. Diese Einschränkung ändert ihren Charakter als BA nicht. Im Ergebnis sind Aufwendungen für die Wartung oder Reparatur der steuerfreigestellten Photovoltaikanlagen m.E. nicht nach § 35a EStG begünstigt.

Keine Abfärbung durch gewerbliche Stromerzeugung: Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften führt der Betrieb von Photovoltaikanlagen, die die be...

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