Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Orts- und Betriebskrankenkassen. Mitgliedschaft. BKK. Beseitigung. An-. Anschlußerrichtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Rechtswidrigkeit der Genehmigung zur Anschlußerrichtung einer Betriebskrankenkasse kann nach Eintritt der Wirksamkeit der Anschlußerrichtung nur noch im Wege der Fortsetzungs-Feststellungsklage geltend gemacht werden (Anschluß an und Fortführung von BSG 13.11.1985 1/8 RR 5/83 = BSGE 59, 122 = SozR 2200 § 253 Nr 2).

2. Versicherungspflichtige und von der Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse befreite Ersatzkassenmitglieder gehören nicht zu den iS des § 225a Abs 1 S 1 RVO beteiligten Arbeitnehmern.

 

Orientierungssatz

1. Wurde durch den Arbeitgeber für einen Betrieb eine BKK errichtet, so kann die Zuständigkeit der BKK für einen in das Unternehmen des Arbeitgebers hinzugekommenen weiteren selbständigen Betrieb nur begründet werden, wenn die Errichtungsvoraussetzungen des § 248 RVO erfüllt sind und die nach § 225a RVO erforderliche Zustimmung der Mehrheit der abstimmenden beteiligten Arbeitgeber und die Mehrheit der abstimmenden beteiligten volljährigen Arbeitnehmer vorliegen.

2. Die von der Mitgliedschaft bei der AOK befreiten Mitglieder einer Ersatzkasse (§ 517 RVO) werden nicht Mitglied der für ihren Beschäftigungsbetrieb neu errichteten BKK.

3. Einer rechtswidrigen BKK-Anschlußerrichtung kann nur mit Wirkung ex nunc beseitigt werden.

 

Normenkette

SGG §§ 54, 131 Abs 1 S 3; RVO § 225a Abs 1 S 1, § 517 Abs 2, § 273 Abs 1 Nr 3, § 253 Abs 1, § 248

 

Verfahrensgang

LSG Bremen (Entscheidung vom 30.08.1984; Aktenzeichen L 1 Kr 1/84)

SG Bremen (Entscheidung vom 20.10.1983; Aktenzeichen S 7 Kr 18/82)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Genehmigung einer sogen "Anschlußerrichtung" einer Betriebskrankenkasse (BKK).

Die zu 1) beigeladene BKK D.-B. besteht für die Werke B., H.-H. und K. der zu 4) beigeladenen D.-B. Aktiengesellschaft. Diese unterhält in B. neben dem dortigen Werk als Produktionsstätte für Kraftfahrzeuge eine organisatorisch, räumlich und personell selbständige Niederlassung mit dem Betriebszweck Verkauf, Kundendienst und Kraftfahrzeugreparatur.

Am 24. August 1981 beantragte die Beigeladene zu 4) bei der durch das Bundesversicherungsamt (BVA) vertretenen Bundesrepublik Deutschland (Beklagte) den Anschluß ihrer Niederlassung B. an die Beigeladene zu 1). Auf Veranlassung der Beklagten führte das Versicherungsamt der F. H. B. (VA) das vorbereitende Verfahren durch. Es hörte die klagende Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) der F. H. B. (Klägerin) sowie den zu 2) beigeladenen Landesverband der Betriebskrankenkassen im Lande B. und den zu 3) beigeladenen Landesverband der Ortskrankenkassen im Lande B. an. Außerdem führte es gemäß § 225a der Reichsversicherungsordnung (RVO) eine Abstimmung der volljährigen Arbeitnehmer der Niederlassung B. der Beigeladenen zu 4) durch. Hieran beteiligte es lediglich die bei einer gesetzlichen Krankenkasse (§ 225 RVO) pflichtversicherten Arbeitnehmer, nicht hingegen die versicherungspflichtigen Mitglieder von Ersatzkassen (ErsKn). Von 194 gültigen Stimmen wurden 136 für und 58 gegen den Anschluß der Niederlassung B. an die Beigeladene zu 1) abgegeben.

Mit Bescheid vom 22. März 1982 genehmigte die Beklagte den Anschluß der Niederlassung B. der Beigeladenen zu 4) an die Beigeladene zu 1) im Wege der Anschlußerrichtung und bestimmte als Zeitpunkt des Anschlusses den 1. April 1982. Der Bescheid wurde der Klägerin am 26. März 1982 zugestellt.

Diese erhob am 29. März 1982 beim Sozialgericht (SG) Bremen Klage mit dem schriftsätzlichen Antrag festzustellen, daß sie (Klägerin) die für die bei der Niederlassung der Beigeladenen zu 4) in Bremen Beschäftigten auch über den 31. März 1982 hinaus zuständige Krankenkasse (KK) sei. In ihrem Schriftsatz vom 1. Juni 1982 beantragte sie daneben und zusätzlich die Aufhebung des Verwaltungsaktes der Beklagten vom 22. März 1982.

Nach Beiladung der Beigeladenen zu 1) bis 4) wies das SG Bremen mit Urteil vom 20. Oktober 1983 die Klage ab. Zur Begründung führte es ua aus, die Klage sei zulässig. Der Übergang von der Feststellungsklage zur Anfechtungsklage sei eine sachdienliche Klageänderung und damit zulässig gewesen. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die Beklagte habe den Anschluß der Niederlassung B. der Beigeladenen zu 4) an die Beigeladene zu 1) zu Recht genehmigt. Die Verfahrensweise des VA sei Rechtens gewesen. Es habe zutreffend die Abstimmung ohne Beteiligung der versicherungspflichtigen volljährigen Arbeitnehmer der Niederlassung B., die Mitglieder einer ErsK gewesen seien, durchgeführt.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Bremen nach Beiladung der Beigeladenen zu 5) und 6) mit Urteil vom 30. August 1984 das Urteil des SG Bremen vom 20. Oktober 1983 dahin abgeändert, daß die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Die von der Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG allein noch verfolgte, auf Aufhebung des Bescheides vom 22. März 1982 gerichtete Anfechtungsklage sei erst mit dem Schriftsatz vom 1. Juni 1982 und damit nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist erhoben worden. Die mit dem Schriftsatz vom 29. März 1982 erhobene Klage stelle keine Anfechtungs- bzw Aufhebungsklage dar. Die Klägerin habe eindeutig nur eine Feststellungsklage erhoben. Das ergebe sich aus dem in der Klageschrift enthaltenen Antrag sowie aus dem Fehlen von Ausführungen der Klägerin, daß der Bescheid vom 22. März 1982 aufgehoben werden müsse. Derartige Ausführungen seien erstmals im Schriftsatz vom 1. Juni 1982 enthalten. Die innerhalb der einmonatigen Klagefrist erhobene Feststellungsklage könne nicht in eine Anfechtungsklage umgedeutet werden. Beide Klagen deckten sich, wie dies insbesondere im vorliegenden Fall in den Anträgen zum Ausdruck komme, in den mit ihnen verfolgten Zielen nicht. Außerdem sei maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtslage bei der Anfechtungsklage der Erlaß des Verwaltungsaktes, bei der Feststellungsklage hingegen die letzte mündliche Verhandlung. Die versäumte Klagefrist könne auch nicht dadurch als gewahrt angesehen werden, daß die Klägerin von der innerhalb der Frist erhobenen Feststellungs- zur Anfechtungsklage übergegangen sei. Dabei könne dahinstehen, ob in dem Antragswechsel eine Klageänderung, eine Erweiterung oder Beschränkung des Antrages oder lediglich ein Wechsel der Klageart zu sehen sei. In allen Fällen müßten im Zeitpunkt des Antragswechsels die allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben und insbesondere die Klage innerhalb der einmonatigen Klagefrist erhoben worden sein. Sei bei Änderung des Antrags die Klagefrist für eine Anfechtungsklage bereits abgelaufen, so sei die entsprechende Klage unzulässig. Der Klägerin könne nicht wegen der Versäumung der Klagefrist für die Anfechtungsklage Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Dies scheitere jedenfalls daran, daß sie nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der gesetzlichen Verfahrensfrist verhindert gewesen sei. Angesichts der Vorgeschichte, des Verhaltens der Klägerin sowie ihrer Sachkunde und Erfahrung lägen die Voraussetzungen für die Annahme eines unverschuldeten Rechtsirrtums als Ursache dafür, daß die Klägerin von der Erhebung einer Anfechtungsklage zunächst abgesehen habe, nicht vor.

Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und der Beigeladene zu 5) die vom erkennenden Senat nachträglich zugelassene Revision eingelegt.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision Verletzungen der §§ 123, 106 und 54 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Das LSG habe zu Unrecht angenommen, sie (Klägerin) habe sich mit ihrer Klage nicht gegen den Genehmigungsbescheid vom 22. März 1982 gewandt. Zwar habe sie in ihrer Klageschrift vom 29. März 1982 einen Feststellungsantrag gestellt und Ausführungen zur Feststellungsklage gemacht. Nach ihrem wirklichen und ohne enge formalistische Bindung an den Wortlaut des Antrags aus dem gesamten Vorbringen erkennbaren Klageziel habe sie sich jedoch gegen den Genehmigungsbescheid über die Anschlußerrichtung wenden und dessen Beseitigung erreichen wollen. Das ergebe sich ua daraus, daß sie in der Begründung ihrer "Feststellungsklage" auf die nach ihrer Ansicht unzutreffenden Ausführungen des Bescheides zur Frage der Abstimmungsberechtigung der ErsK-Mitglieder eingegangen sei und daß sie zumindest nach ihren Ausführungen zum gleichzeitig gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gesehen habe, daß der jedenfalls vorläufig wirksame Bescheid ihrer Zuständigkeit für die Beschäftigten der Niederlassung B. der Beigeladenen zu 4) entgegengestanden habe. Deswegen hätte das LSG unabhängig von der späteren Berichtigung des Antrages in Anwendung des § 123 SGG bei verständiger Würdigung von der Erhebung einer Anfechtungsklage ausgehen und die Klage unter diesem Gesichtspunkt beurteilen müssen. Zumindest hätte es die Klage in eine Anfechtungsklage umdeuten müssen. Die Annahme des LSG, Anfechtungs- und Feststellungsklage seien auf unterschiedliche Ziele gerichtet gewesen und letztere sei mit dem Ziel einer Feststellung ihrer (der Klägerin) Zuständigkeit auch für ErsK-Mitglieder über die Anfechtungsklage hinausgegangen, sei abwegig und unterstelle ihr (Klägerin) ein offensichtlich unsinniges Begehren. Auch sei unerheblich, daß für die Beurteilung der Rechtslage bei Anfechtungs- und Feststellungsklage grundsätzlich unterschiedliche Zeitpunkte maßgebend seien. Das LSG habe nach alledem das Klagebegehren fehlerhaft ausgelegt und die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Bei der gebotenen Sachentscheidung hätte das LSG der Klage stattgeben und den angefochtenen Bescheid aufheben müssen. Dieser sei rechtswidrig. Die Rechtsauffassung der Beklagten, daß die bei der Niederlassung B. der Beigeladenen zu 4) beschäftigten ErsK-Mitglieder nicht beteiligt iS des § 225a RVO und deswegen nicht abstimmungsberechtigt gewesen seien, treffe nicht zu. Durch die Errichtung einer neuen BKK könne auch die Mitgliedschaft der ErsK-Mitglieder beeinflußt werden, weil die neu entstehende BKK die für sie zuständige "Pflichtkrankenkasse" werde und der für sie zu zahlende Beitragsanteil des Arbeitgebers sich nach dem Beitrag der an sich zuständigen RVO-KK bemesse. Demgemäß seien nach ganz herrschender Meinung ErsK-Mitglieder an der Abstimmung über die Errichtung einer BKK zu beteiligen. Im vorliegenden Fall hätte diese Beteiligung auch das Ergebnis des Abstimmungsverfahrens beeinflussen können.

Der Beigeladene zu 5) macht mit seiner Revision ebenfalls Verletzungen der §§ 123, 106 und 54 Abs 1 SGG geltend. Nach dem Vorbringen der Klägerin sei die Rechtswidrigkeit bzw Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheides von Beginn des Verfahrens an Streitgegenstand gewesen. Dementsprechend habe das SG auf den Übergang von der Feststellungs- zur Anfechtungsklage hingewirkt und sodann die Klageänderung für sachdienlich gehalten. Darauf komme es jedoch nicht an. Vielmehr hätte das LSG den formal auf Feststellung gerichteten Klageantrag in einen Antrag auf Aufhebung des von Anfang an als rechtswidrig bezeichneten Bescheides umdeuten müssen. Eine solche Umdeutung müsse als zulässig angesehen werden. In materieller Hinsicht sei der angefochtene Bescheid deshalb rechtswidrig, weil die bei der Beigeladenen zu 4) beschäftigten ErsK-Mitglieder an der Abstimmung nicht beteiligt worden seien. Für den Begriff der Beteiligung iS des § 225a RVO reiche aus, daß die ErsK-Mitglieder von der Errichtung der BKK betroffen würden. Das sei zu bejahen, weil mit ihrer Errichtung die BKK diejenige Pflichtkasse werde, nach deren Beitragssatz sich die Höhe des Anspruchs der ErsK-Mitglieder auf Beteiligung ihres Arbeitgebers an ihrem Beitrag richte und die bei Aufgabe der ErsK-Mitgliedschaft die zuständige Kasse für das ehemalige ErsK-Mitglied werde.

Die Klägerin und der Beigeladene zu 5) beantragen übereinstimmend, die Urteile des Landessozialgerichts Bremen vom 30. August 1984 und des Sozialgerichts Bremen vom 20. Oktober 1983 aufzuheben und festzustellen, daß der Bescheid der Beklagten vom 22. März 1982 rechtswidrig gewesen ist.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen, die Revisionen zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, grundsätzlich müsse die Umdeutung einer Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nrn 1 oder 2 SGG in eine Anfechtungsklage als zulässig erachtet werden. Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles erlaubten jedoch eine solche Umdeutung nicht. Die Revisionen könnten aber jedenfalls aus sachlichen Gründen nicht zum Erfolg führen. Beteiligt iS des § 225a Abs 1 Satz 1 RVO seien nur diejenigen Arbeitnehmer, die im Falle der Errichtung der neuen BKK dieser als Mitglied angehören müßten. Dazu gehörten weder die freiwillig noch die bei einer ErsK versicherten Arbeitnehmer des betreffenden Betriebes. Weder aus § 307 RVO noch aus dem sogen Ersatzcharakter der Mitgliedschaft in einer ErsK könne die Entstehung einer Mitgliedschaft in der neu errichteten BKK hergeleitet werden. Diese entstehe erst mit Austritt oder Ausschluß aus der ErsK. Bis zu diesem Zeitpunkt trete die ErsK-Mitgliedschaft vollwertig an die Stelle der Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Kasse. Im übrigen könne eine Beteiligung der ErsK-Mitglieder an der Abstimmung zu widersinnigen Ergebnissen führen und auch nicht mit dem rein finanziellen Interesse der ErsK-Mitglieder gerechtfertigt werden, sich durch Beibehaltung der Zuständigkeit der AOK einen höheren Arbeitgeberanteil zu ihrem ErsK-Beitrag zu erhalten.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) machen ebenfalls geltend, daß eine ErsK-Mitgliedschaft vom Wechsel der Pflichtkasse unberührt bleibe und somit die ErsK-Mitglieder durch die Anschlußerrichtung nicht Mitglieder der BKK würden. Eine allgemeine Betroffenheit der ErsK-Mitglieder durch Errichtung oder Anschlußerrichtung einer BKK oder ihre bloß finanziellen Interessen ohne jeglichen Bezug zum Organisationsrecht reichten nicht aus, um sie zu iS des § 225a RVO beteiligten Arbeitnehmern werden zu lassen.

Die Beigeladenen zu 3) und 4) sowie der Beigeladene zu 6), dessen Geschäfte vom Beigeladenen zu 5) geführt werden, haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Die durch nachträgliche Zulassung statthaften Revisionen der Klägerin und des Beigeladenen zu 5) sind zulässig, aber mit der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Maßgabe unbegründet.

Das LSG hat im rechtlichen Ergebnis zutreffend die vom SG ausgesprochene Abweisung der Klage bestätigt. Soweit es diese hingegen als unzulässig angesehen und das durch eine entsprechende Formulierung des Tenors des angefochtenen Urteils zum Ausdruck gebracht hat, kann ihm nicht gefolgt werden.

Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist mit dem durch Auslegung des Klageantrages ermittelten Ziel, die Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 22. März 1982 festzustellen, zulässig gewesen. Hingegen hat für eine auf die Aufhebung des genannten Bescheides gerichtete Anfechtungsklage ungeachtet der Frage ihrer rechtzeitigen Erhebung bereits im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung des Rechtsstreits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis gefehlt. Diese prozessuale Lage ist eine Konsequenz der materiell-rechtlichen Besonderheiten im Zusammenhang mit der Genehmigung der Errichtung oder Anschlußerrichtung einer BKK.

Bei Erfüllung der allgemeinen Errichtungsvoraussetzungen (vgl § 245 RVO) darf eine BKK nur errichtet werden, wenn sie den Bestand oder die Leistungsfähigkeit vorhandener AOK'n nicht gefährdet, ihre satzungsmäßigen Leistungen denen der maßgebenden KK mindestens gleichwertig sind und ihre Leistungsfähigkeit für die Dauer sicher ist (§ 248 RVO). BKKn können nur mit Genehmigung der nach Landesrecht bestimmten Behörden oder der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder bzw - soweit es sich um bundesunmittelbare Sozialversicherungsträger handelt - mit Genehmigung des BVA errichtet werden (§ 253 Abs 1 RVO iVm § 6 des Bundesversicherungsamtsgesetzes -BVAG-). Die Genehmigung darf für BKKn vorbehaltlich des § 273 Abs 1 Nr 2 RVO nur versagt werden, wenn die Kasse nicht die vorgeschriebene Mitgliederzahl hat oder nicht den Anforderungen des § 248 RVO entspricht oder wenn die beteiligten Arbeitgeber und volljährigen Arbeitnehmer nicht gemäß § 225a RVO zugestimmt haben (§ 253 Abs 2 RVO).

Hat ein Arbeitgeber für einen Betrieb eine BKK oder für mehrere Betriebe eine gemeinsame BKK errichtet, so umfaßt deren Zuständigkeitsbereich auch einen in das Unternehmen neu eingegliederten unselbständigen Betriebsteil, selbst wenn sich dieser in der Folgezeit zu einem selbständigen Betrieb entwickelt (BSGE 32, 177, 178 = SozR Nr 6 zu § 245 RVO). Eine derartige Erweiterung des Zuständigkeitsbereiches kann ohne Durchführung eines besonderen Errichtungsverfahrens allein durch eine Ergänzung der Satzung der BKK klargestellt werden (BSG SozR 2200 § 245 Nr 2 S 6). Die Satzungsänderung hat lediglich eine deklaratorische und nicht eine konstitutive Wirkung (BSG SozR 2200 § 245 Nr 3 S 14). Ungeachtet dessen unterliegt sie den gleichen formellen Erfordernissen wie eine konstitutive Satzungsänderung. Insbesondere bedarf sie der Genehmigung durch die nach § 324 Abs 1 RVO zuständige Stelle (BSGE 29, 21, 27 = SozR Nr 4 zu § 345 RVO). Die Genehmigung berührt jedoch weder als hoheitliche Anordnung im Einzelfall (Verwaltungsakt) noch als formaler Mitwirkungsakt im Satzungsentstehungsverfahren die Rechte anderer KKn. Diesen fehlt deswegen für eine Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid das Rechtsschutzbedürfnis. Ein solches kann erst für einen aus der Satzungsänderung entstehenden Zuständigkeitskonflikt zwischen den beteiligten KKn nach § 55 Abs 1 Nr 2 SGG hergeleitet werden. Eine betroffene KK kann somit zulässigerweise allein Klage auf Feststellung ihrer Zuständigkeit für die von der Satzungsänderung erfaßten versicherungspflichtig Beschäftigten gegen die BKK erheben (BSG SozR 2200 § 245 Nr 2 S 6).

Anders ist die Rechtslage in dem - hier gegebenen - Fall der Ausdehnung des Zuständigkeitsbereiches einer BKK auf einen selbständigen Betrieb des Arbeitgebers. Für diesen Betrieb kann die BKK ihre Zuständigkeit nicht einfach im Wege der Satzungsänderung in Anspruch nehmen. Nach Hinzutreten eines weiteren selbständigen Betriebes zum Unternehmen des Arbeitgebers kann die Zuständigkeit der BKK hierfür nur im Wege des sogen "Anschlußerrichtungsverfahrens" begründet werden. Das Verfahren folgt im wesentlichen den Regeln über die Neuerrichtung einer BKK. Insbesondere müssen die Errichtungsvoraussetzungen des § 248 RVO erfüllt sein und die nach § 225a RVO erforderliche Zustimmung der Mehrheiten der abstimmenden beteiligten Arbeitgeber und der abstimmenden beteiligten volljährigen Arbeitnehmer vorliegen (vgl BSGE 32, 177, 178 = SozR Nr 6 zu § 245 RVO; BSGE 42, 24, 26 = SozR 2200 § 245 Nr 1 S 2; BSG SozR aaO Nr 2 S 7 f und Nr 3 S 13; BSGE 59, 87, 89 = SozR aa0 Nr 4 S 18). Auch bedarf die Anschlußerrichtung einer BKK ebenso wie deren Neuerrichtung der Genehmigung durch die zuständige Stelle (§ 253 Abs 1 RVO).

Der erkennende Senat hat sich in seinem Urteil vom 13. November 1985 (BSGE 59, 122, 126 ff = SozR 2200 § 253 Nr 2 S 5 ff) mit der Frage befaßt, ob die Genehmigung einer inzwischen errichteten und ins Leben getretenen BKK von den betroffenen AOK'n mit einer auf die Aufhebung des Genehmigungsbescheides gerichteten Anfechtungsklage angegriffen werden kann, und die Zulässigkeit einer solchen Klage mit folgenden Erwägungen verneint: Die Anfechtung staatlicher Hoheitsakte, durch welche Körperschaften des öffentlichen Rechts ihre Rechtspersönlichkeit verliehen wird und zu denen die Genehmigung nach § 253 RVO gehört, unterliegt besonderen Regeln. Derartige gestaltende Verwaltungsakte werden nicht vollstreckt und nicht vollzogen. Sofern und solange nicht ihr Vollzug im Wege des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes vorläufig ausgesetzt werden kann und worden ist, gestalten sie kraft ihrer Wirksamkeit, wobei sich ihre Wirkung in dieser Gestaltung - hier der Errichtung der BKK - erschöpft. Die Wirksamkeit der Errichtungsgenehmigung tritt zu dem Zeitpunkt ein, in welchem sie dem Adressaten oder Betroffenen bekanntgegeben wird (§ 37 Abs 1 des Sozialgesetzbuchs, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren -SGB 10- vom 18. August 1980; BGBl I S 1469). Eine fristgerecht erhobene Anfechtungsklage beeinträchtigt diese Wirksamkeit nicht und hat auch keine aufschiebende Wirkung, sofern nicht von vornherein die Nichtigkeit des Genehmigungsbescheides geltend gemacht worden ist. Ist aber die BKK wirksam errichtet worden und rechtlich ins Leben getreten, so kann sie entweder nur aufgelöst (§ 272 RVO) oder geschlossen werden (§§ 273, 274 RVO). Ihre Schließung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn sich herausstellt, daß sie nicht hätte errichtet oder zugelassen werden dürfen; § 273 Abs 1 Nr 3 RVO. Diese Vorschrift regelt abschließend, wie und unter welchen Voraussetzungen die Folgen einer rechtswidrigen Errichtungsgenehmigung zu beseitigen sind. Sie gilt nicht nur in den Fällen, in denen der Errichtungsakt bereits bindend, sondern auch dann, wenn er noch nicht verbindlich geworden ist. Ferner greift sie nicht nur dann ein, wenn die zuständige Behörde von sich aus zu der Überzeugung gelangt, daß die BKK nicht hätte errichtet werden dürfen, sondern auch dann, wenn sich dies aufgrund gerichtlicher Überprüfung der Errichtungsgenehmigung herausstellt. § 273 Abs 1 Nr 3 RVO ist somit immer dann anzuwenden, wenn der Bestand einer bereits errichteten BKK angetastet werden soll, also auch, wenn die "vollzogene" Errichtungsgenehmigung angefochten wird. Deshalb müssen im Anfechtungsprozeß die Regeln über die Schließung der Kasse anstatt derjenigen über ihre Errichtung durchgreifen. Mit der Klage kann nicht mehr eine Vernichtung der Rechtspersönlichkeit der BKK für die Vergangenheit begehrt werden. In Betracht kommt nur noch eine Schließung der Kasse mit Wirkung ex nunc nach § 273 Abs 1 Nr 3 RVO. In prozessualer Hinsicht bedeutet dies, daß nach Eintritt der Wirksamkeit einer Errichtungsgenehmigung eine dagegen gerichtete Anfechtungsklage unzulässig ist und das Anfechtungsbegehren nur noch im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheides - gegebenenfalls kombiniert mit einer Klage auf Verpflichtung der zuständigen Behörde zur Schließung der BKK - weiter verfolgt werden kann.

Diese Erwägungen haben entsprechend in einem Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit der Genehmigung der sogen "Anschlußerrichtung" einer BKK zu gelten. Wie erwähnt, folgt das Verfahren der Anschlußerrichtung im wesentlichen den Regeln über die Neuerrichtung einer BKK. Die Anschlußerrichtung bedarf insbesondere gemäß § 253 Abs 1 RVO der Genehmigung. Sie ist ebenso wie die Errichtungsgenehmigung ein gestaltender Verwaltungsakt, dessen Wirkung sich in einer einmaligen Gestaltung erschöpft. Mit der Wirksamkeit der Anschlußerrichtungsgenehmigung als des eigentlich rechtsgestaltenden Verwaltungsaktes ist die Anschlußerrichtung vollzogen und der neu hinzugekommene Betrieb in den Zuständigkeitsbereich der BKK eingegliedert. Von diesem Zeitpunkt an kommen selbst im Falle einer von Beginn an bestehenden Rechtswidrigkeit der Anschlußerrichtungsgenehmigung deren Aufhebung und eine Beseitigung der Anschlußerrichtung mit Wirkung ex tunc nicht mehr in Betracht. Die Folgen einer rechtswidrigen Anschlußerrichtungsgenehmigung können dann nur in entsprechender Anwendung des § 273 Abs 1 Nr 3 RVO mit Wirkung ex nunc beseitigt werden. Allerdings kann diese Folgenbeseitigung nicht in einer Schließung der BKK bestehen. Deren ordnungsgemäße Errichtung und Zulassung und damit ihr "Kernbestand" werden durch die Rechtswidrigkeit der Anschlußerrichtungsgenehmigung nicht berührt. Zu beseitigen sind ausschließlich die Folgen der rechtswidrigen Anschlußerrichtungsgenehmigung und damit die Anschlußerrichtung als solche. Auch dies kann nicht mit Wirkung ex tunc geschehen. Hierfür steht allein das spezielle Verfahren bei Auflösung und Schließung von KKn (§§ 280 bis 284, 299 bis 304 RVO) zur Verfügung. Diese Vorschriften sind bei der infolge der Rechtswidrigkeit der Anschlußerrichtungsgenehmigung erforderlichen Rückabwicklung einer Anschlußerrichtung entsprechend anzuwenden. Danach ist vom VA von Amts wegen (§ 282 Abs 3 Satz 1 RVO) ein vorbereitendes Verfahren durchzuführen (§ 283 RVO), sodann von der nach § 6 BVAG zuständigen Stelle über die Aufhebung der Anschlußerrichtung zu entscheiden (§ 280 RVO) und der dafür maßgebende Zeitpunkt festzusetzen (§ 284 Abs 1 RVO) und schließlich eine Abwicklung nach näherer Maßgabe der §§ 299 ff RVO vorzunehmen, soweit diese Vorschriften einer entsprechenden Anwendung auf den Fall der Beseitigung der Folgen einer Anschlußerrichtung zugänglich sind.

Diese materielle Rechtslage hat prozessuale Folgewirkungen. Wird im Rechtsstreit von einer betroffenen KK die Rechtswidrigkeit einer Anschlußerrichtungsgenehmigung geltend gemacht, so ist jedenfalls dann, wenn der Vollzug der Genehmigung nicht oder nicht mehr im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig ausgesetzt worden und sie damit wirksam geworden ist, eine Anfechtungsklage mit dem Ziel der Aufhebung des Genehmigungsbescheides nicht zulässig. Dieses Ziel kann zulässigerweise nur noch mit der Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 SGG verfolgt werden. Ob daneben eine Klage auf Verpflichtung der zuständigen Behörde zur Rückabwicklung der Anschlußerrichtung erhoben werden muß oder kann, kann hier auf sich beruhen. Die Klägerin hat einen hierauf gerichteten Antrag im Verlauf des Rechtsstreits nicht gestellt.

Hiernach ist die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage zumindest von dem Zeitpunkt an (1. Juli 1982), ab welchem das SG Bremen durch seinen Beschluß vom 14. Juni 1982 eine weitere Aussetzung des Vollzuges des Bescheides der Beklagten vom 22. März 1982 abgelehnt hat, als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig gewesen, während die auf Aufhebung des Bescheides gerichtete Anfechtungsklage ungeachtet der Frage ihrer rechtzeitigen Erhebung unzulässig gewesen ist. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht entgegen, daß die Klägerin die Feststellung nicht der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 22. März 1982, sondern des Fortbestehens ihrer Zuständigkeit für die bei der Niederlassung B. der Beigeladenen zu 4) Beschäftigten auch über den 31. März bzw 30. Juni 1982 hinaus begehrt hat. Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (§ 123 SGG). Zur Bestimmung des Streitgegenstandes ist in erster Linie das vom Kläger verfolgte sachliche Ziel, das auf Bestimmung einer Rechtsfolge gerichtete Begehren festzustellen (vgl BSGE 45, 49, 51 f = SozR 1500 § 96 Nr 6 S 12 mwN). Nach dem sachlichen Inhalt ihres Klagebegehrens hat die Klägerin eine Feststellung der sich nach ihrer Auffassung aus einer Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheides vom 22. März 1982 ergebenden Rechtsfolgen erstrebt. Der Antrag auf Feststellung der Folgen der Rechtswidrigkeit eines Bescheides schließt notwendigerweise und als essentielle Vorfrage das sachliche Ziel einer Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides als solcher in sich ein. Damit ist der von der Klägerin in erster Instanz gestellte Feststellungsantrag einer Auslegung dahingehend zugänglich, daß sie nach dem sachlichen Ziel ihrer Klage unter Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Besonderheiten im Zusammenhang mit der Anfechtung einer Anschlußerrichtungsgenehmigung eine Feststellung der Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheides vom 22. März 1982 begehrt hat.

Das LSG hätte somit die mit diesem Ziel erhobene Feststellungsklage der Klägerin nicht als unzulässig ansehen dürfen, sondern über die Berufung der Klägerin sachlich entscheiden müssen. Hieran ist es nicht dadurch gehindert gewesen, daß die Klägerin - ersichtlich veranlaßt durch die prozeßleitende Verfügung des LSG vom 17. August 1984 - anders als noch in ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 6. August 1984 ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 30. August 1984 einen Feststellungsantrag nicht mehr gestellt und nur noch eine Aufhebung des Bescheides vom 22. März 1982 beantragt hat. Das schließt nicht aus, in einem solchen Antrag zugleich einen Antrag nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG zu erblicken, wenn - was nach den vorstehenden Ausführungen hier zu bejahen ist - der Vortrag des Klägers dies rechtfertigt. Demgemäß ist die Klage als zulässigerweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sogar noch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen, ohne daß dem das dort geltende Verbot der Klageänderung (§ 168 SGG) entgegenstünde (vgl Urteil des erkennenden Senats in BSGE 56, 45, 50 = SozR 2100 § 70 Nr 1 S 6). Dem trägt die Neufassung der Sachanträge der Revisionskläger Rechnung.

Das LSG hat nach alledem unzutreffend die Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheids ungeprüft gelassen und die Berufung der Klägerin allein mit der Begründung zurückgewiesen, daß bereits die Klage unzulässig gewesen sei. Das nötigt den Senat aber nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz. Er kann in der Revisionsinstanz abschließend entschieden werden. Die Revisionen der Klägerin und des Beigeladenen zu 5) sind unbegründet. Das angefochtene Urteil stellt sich wenn auch nicht aus den darin angeführten, so doch aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 170 Abs 1 Satz 2 SGG).

Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 22. März 1982 ist nicht rechtswidrig gewesen. Gründe für eine Versagung der Anschlußerrichtungsgenehmigung iS des § 253 Abs 2 RVO haben nicht vorgelegen. Das gilt insbesondere hinsichtlich der unter den Beteiligten allein streitigen Voraussetzung, daß gemäß § 225a Abs 1 Satz 1 RVO die Mehrheit der beteiligten volljährigen Arbeitnehmer der Niederlassung Bremen der Beigeladenen zu 4) der Anschlußerrichtung zugestimmt hat.

Nach § 225a Abs 1 Satz 1 RVO dürfen KKn nur errichtet werden, wenn die Mehrheit der abstimmenden beteiligten Arbeitgeber und die Mehrheit der abstimmenden beteiligten volljährigen Arbeitnehmer zustimmen. Der Vorschrift selbst läßt sich zu der Frage, welche volljährigen Arbeitnehmer "beteiligt" sind, aufgrund der kumulativen Verwendung der Begriffe "abstimmend" und "beteiligt" nur so viel entnehmen, daß der Begriff "beteiligt" ersichtlich im Gegensatz zum Begriff "abstimmend" und somit im Sinne von "abstimmungsberechtigt" gemeint ist. Indes ist hiermit nichts gewonnen. Es stellt sich dann die Frage, welche volljährigen Arbeitnehmer "abstimmungsberechtigt" sind. Das ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz nicht. In der Rechtsprechung insbesondere des 3. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) hingegen ist der Begriff der "Beteiligung" wiederholt erörtert worden. So ist im Urteil vom 21. November 1961 (BSGE 15, 264, 266 = SozR Nr 1 zu § 225a RVO) unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des § 225a RVO ausgeführt worden, die Vorschrift solle die von der Neuerrichtung einer BKK "betroffenen" Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor einer immerhin möglichen Verschlechterung ihrer Rechtsstellung schützen. Nach dem in einem Rechtsstreit zwischen KKn über die Zugehörigkeit der Arbeitnehmer eines Betriebes zu einer BKK ergangenen Urteil vom 20. Dezember 1962 (BSGE 18, 190, 193 = SozR Nr 1 zu § 245 RVO) kann eine Entscheidung über die Kassenzugehörigkeit der Versicherungspflichtigen des Unternehmens, "soweit sie nicht bei einer Ersatzkasse versichert sind, vgl §§ 517 ff RVO", nur einheitlich ergehen. Gemäß dem Urteil vom 19. Januar 1971 (BSGE 32, 177, 178 = SozR Nr 6 zu § 245 RVO) erfordert ein Anschlußerrichtungsverfahren eine Abstimmung der "neu in die BKK aufzunehmenden" Arbeitnehmer, weil nur so deren Selbstbestimmungsrecht gewahrt ist. Schließlich hat der 8. Senat des BSG in seinem Urteil vom 13. Juli 1978 (BSG SozR 2200 § 245 Nr 2 S 7) ausgeführt, bei der Errichtung einer BKK müsse das Mitbestimmungsrecht der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer des Betriebes in der Frage beachtet werden, ob "weiterhin die AOK zuständig bleiben" oder aber für die Zukunft nach § 225a Abs 1 RVO mit Zustimmung der versicherungspflichtigen Beschäftigten des Betriebes eine BKK "für sie zuständig" sein solle. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG sind somit diejenigen volljährigen Arbeitnehmer "beteiligt" iS des § 225a Abs 1 Satz 1 RVO, die von der Errichtung oder Anschlußerrichtung einer BKK dergestalt betroffen werden, daß sie - ein positives Ergebnis der Abstimmung und die Erfüllung der übrigen Voraussetzungen der (Anschluß-) Errichtung der BKK unterstellt - zukünftig als Versicherungspflichtige Mitglieder der BKK wären. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an.

Auf ihrer Grundlage zählen versicherungspflichtige Mitglieder einer ErsK, soweit sie von ihrem Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen KK in der dafür allein zulässigen Form der Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung der ErsK an ihren Arbeitgeber gemäß § 517 Abs 2 RVO (vgl BSGE 11, 218, 225; 57, 179, 181 = SozR 2200 § 517 Nr 8 S 22) Gebrauch gemacht haben, nicht zu den nach § 225a Abs 1 Satz 1 RVO "beteiligten" Arbeitnehmern. Diese in dem betroffenen Betrieb beschäftigten, befreiten versicherungspflichtigen ErsK-Mitglieder werden mit der Errichtung oder Anschlußerrichtung weder unter Erlöschen ihrer ErsK-Mitgliedschaft noch unter deren Aufrechterhaltung im Wege der sogen "Doppelversicherung" Mitglieder der BKK. Nach § 307 RVO beginnt die Mitgliedschaft bei einer neu errichteten BKK für alle in dem Betrieb beschäftigten Versicherungspflichtigen mit dem Tag, an dem die Kasse ins Leben tritt. Damit zugleich erlischt nach § 312 Abs 1 RVO die Mitgliedschaft in einer anderen Kasse. Es kann auf sich beruhen, ob durch die Begründung der Mitgliedschaft in einer neu errichteten BKK auch eine bisherige Mitgliedschaft in einer ErsK erlischt oder diese Mitgliedschaft weiterhin bestehen bleibt (vgl hierzu BSGE 49, 19, 21 = SozR 2200 § 517 Nr 4 S 8 f). Voraussetzung wäre in dem einen wie im anderen Fall, daß das bisherige ErsK-Mitglied durch die Neuerrichtung einer BKK für seinen Beschäftigungsbetrieb auch deren Mitglied geworden wäre. Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der befreiten versicherungspflichtigen ErsK-Mitglieder des Betriebes nicht erfüllt. Sie werden nicht Mitglied der für ihren Beschäftigungsbetrieb neu errichteten BKK. Das ist die Folge ihrer Befreiung von der Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen KK (§ 517 Abs 1 RVO). Diese Befreiung bezieht sich nicht nur auf die Mitgliedschaft in derjenigen gesetzlichen KK, welcher der Versicherte ohne diese Befreiung von deren Zeitpunkt an hätte angehören müssen. Vielmehr bewirkt sie eine Befreiung von der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) schlechthin ohne Rücksicht darauf, welcher Träger der GKV ohne die Befreiung zuständig wäre. Dies beruht auf der Dauerwirkung der Vorlage der Befreiungsbescheinigung nach § 517 Abs 2 RVO. Das Befreiungsrecht ist ein in die Zukunft wirkendes Gestaltungsrecht, dessen Ausübung unter den Voraussetzungen, daß der Arbeitgeber inzwischen nicht gewechselt hat und die Mitgliedschaft bei der ErsK fortbesteht, nicht nur zum Ruhen, sondern zum Erlöschen der Mitgliedschaft in der GKV und damit zur Befreiung von der Zugehörigkeit zur jeweiligen und nicht nur zu einer bestimmten Pflichtkrankenkasse führt (BSG SozR 2200 § 517 Nr 5 S 12 f). Jedenfalls für im Zeitpunkt der Befreiung versicherungspflichtige ErsK-Mitglieder gilt der Grundsatz der Kontinuität der Mitgliedschaft trotz stärkster Veränderungen in ihrem Berufsleben (vgl BSGE 55, 185, 188 = SozR 2200 § 517 Nr 6 S 16). So ändern sich etwa die ErsK-Mitgliedschaft eines im Zeitpunkt des Beitritts versicherungspflichtig Beschäftigten und die von ihm daraufhin ausgeübte Befreiung von der Mitgliedschaft in der GKV nicht dadurch, daß er während des weiteren Verlaufs seiner Beschäftigung wegen Überschreitung der Versicherungspflichtgrenze aus der Krankenversicherungspflicht ausscheidet und zu einem späteren Zeitpunkt erneut versicherungspflichtig wird. Die Befreiungsbescheinigung hat hier aufgrund ihrer Dauerwirkung zur Folge, daß bei Wiedereintritt der Versicherungspflicht eine Mitgliedschaft bei der zuständigen Pflichtkrankenkasse nicht neu entstehen kann (BSG SozR 2200 § 517 Nr 5 S 12 f). Sinngemäß dasselbe gilt, wenn eine Befreiungsbescheinigung iS des § 517 Abs 2 RVO bereits zu einem Zeitpunkt ausgestellt und dem Arbeitgeber vorgelegt worden ist, in welchem der Beschäftigte noch nicht versicherungspflichtig gewesen ist, und die Versicherungspflicht erst zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten ist (vgl BSG SozR 2200 § 517 Nr 9 S 26). In derartigen Fällen bleibt die ErsK-Mitgliedschaft des Beschäftigten mit der sich daraus ergebenden Folge einer Befreiung von der Mitgliedschaft in der GKV unberührt und wird letztere Mitgliedschaft nicht erneut begründet. Das muß dann aber erst recht für befreite versicherungspflichtige ErsK-Mitglieder gelten, für deren Beschäftigungsbetrieb eine BKK errichtet worden ist. Es wäre in einem solchen Fall ein unnötiger Formalismus anzunehmen, daß auch diese ErsK-Mitglieder, obgleich noch nicht einmal in ihrem Beschäftigungsverhältnis oder in ihren für die Versicherungspflicht maßgebenden persönlichen Verhältnissen irgendeine Änderung eingetreten ist, zunächst gemäß § 307 RVO Mitglieder der neu errichteten BKK werden und sich danach erneut gemäß § 517 RVO von dieser Mitgliedschaft befreien lassen müßten. Eine solche Annahme würde die Dauerwirkung der Befreiung von der Mitgliedschaft in der GKV ignorieren. Diese muß zur Folge haben, daß durch die Errichtung oder Anschlußerrichtung einer BKK für den Beschäftigungsbetrieb eines befreiten versicherungspflichtigen ErsK-Mitgliedes dessen Mitgliedschaft in der ErsK unverändert fortbesteht und nicht (erneut) eine Mitgliedschaft in der GKV und damit in der BKK als deren nunmehriger Träger begründet wird.

Befreite versicherungspflichtige ErsK-Mitglieder werden demnach durch die Errichtung oder Anschlußerrichtung einer BKK für den Beschäftigungsbetrieb nicht in ihrer mitgliedschaftlichen Rechtsstellung betroffen. Das schließt es aus, sie als iS des § 225 Abs 1 Satz 1 RVO "beteiligte Arbeitnehmer" anzusehen (ebenso LSG Hamburg Breithaupt 1959, 101, 105 f mit zustimmender Anmerkung Paetzold in DOK 1958, 426, 427 ff).

Diese Auslegung entspricht dem aus den Motiven ersichtlichen Sinn und Zweck des § 225a RVO. Die Vorschrift ist durch Art 1 Nr 27 des Zweiten Titels des Vierten Abschnitts der Verordnung des Reichspräsidenten zur Behebung finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Notstände vom 26. Juli 1930 (RGBl I S 311, 323) in die RVO eingefügt worden. Dadurch hat nach der Begründung des der Verordnung zugrundeliegenden Regierungsentwurfs eines Gesetzes über Änderungen in der Krankenversicherung (Fundstellenangabe in BSGE 15, 264, 266 = SozR Nr 1 zu § 225a RVO) die Bestimmung des Art 161 der Reichsverfassung durchgeführt werden sollen; "sie verlangt für die Errichtung von Kassen die Zustimmung der Mehrheit der Arbeitnehmer, die gegebenenfalls Mitglieder der neuzugründenden Kasse werden, und ihrer Arbeitgeber". Art 161 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 (RGBl S 1383; = Weimarer Reichsverfassung) hat vorgesehen, daß zur Erhaltung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit, zum Schutze der Mutterschaft und zur Vorsorge gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Schwäche und Wechselfällen des Lebens das Reich ein umfassendes Versicherungswesen unter maßgebender Mitwirkung der Versicherten schafft. Auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage hat die Einfügung des § 225a RVO vornehmlich der Realisierung des Selbstverwaltungsgedankens gedient. Zu diesem Gedanken und seiner Ausformung im geltenden Recht stünde es im Widerspruch, als "beteiligt" iS des § 225a Abs 1 Satz 1 RVO auch befreite versicherungspflichtige ErsK-Mitglieder anzusehen. Diese sind weder an der Selbstverwaltung der für die Arbeitnehmer ihres Beschäftigungsbetriebes zuständigen "Pflichtkasse" beteiligt, noch würden sie nach Errichtung einer neuen oder nach Anschlußerrichtung einer bestehenden BKK an deren Selbstverwaltung beteiligt werden. Bei den Trägern der GKV setzen sich - mit einer für BKKn geltenden, hier aber nicht erheblichen Besonderheit - die Selbstverwaltungsorgane je zur Hälfte aus Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber zusammen (§ 44 Abs 1 Nr 1, Abs 2 des Sozialgesetzbuchs, Viertes Buch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -SGB 4- vom 23. Dezember 1976; BGBl I S 3845). Zur Gruppe der Versicherten gehören bei den Trägern der Krankenversicherung mit Einschluß der ErsKn (zur Zusammensetzung ihrer Selbstverwaltungsorgane vgl § 44 Abs 1 Nr 4 SGB 4) die Mitglieder (§ 47 Abs 1 Nr 1 SGB 4). Befreite versicherungspflichtige ErsK-Versicherte sind Mitglieder allein ihrer ErsK. Ihre Mitgliedschaft in der GKV schlechthin und damit bei jedem ohne die Befreiung "an sich" zuständigen Träger der GKV ist erloschen. Sie sind dadurch von der Mitwirkung an der Selbstverwaltung dieses Trägers ausgeschlossen. Der dem § 225a RVO zugrundeliegende Gedanke der Verwirklichung und Konkretisierung des Selbstverwaltungsrechts verbietet deswegen ebenfalls, befreite versicherungspflichtige ErsK-Mitglieder in den Kreis der iS des § 225a Abs 1 Satz 1 RVO "beteiligten" Arbeitnehmer einzubeziehen.

Das gilt allerdings nur unter der bereits mehrfach betonten Voraussetzung, daß die ErsK-Mitglieder von ihrem Befreiungsrecht nach § 517 RVO tatsächlich Gebrauch gemacht haben und nicht mangels Ausübung dieses Befreiungsrechts zugleich Mitglieder der GKV geblieben sind. Dazu, ob dies bei den in der Niederlassung B. der Beigeladenen zu 4) zur Zeit der Abstimmung am 4. November 1981 beschäftigten ErsK-Mitgliedern der Fall gewesen ist, hat das LSG - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zutreffend - tatsächliche Feststellungen nicht getroffen. Das bedarf aber nicht der Nachholung. Die Erhaltung einer doppelten Mitgliedschaft sowohl bei einer ErsK als auch bei der gesetzlichen Pflichtkasse ist wegen der damit verbundenen Beitragsbelastung höchst unwirtschaftlich und entspricht im Regelfall nicht den Interessen des Versicherten. Sie ist regelmäßig die Folge eines Versehens oder einer außergewöhnlichen Interessenlage (BSG SozR Nr 2 zu § 507 RVO; BSGE 57, 179, 180, 182 = SozR 2200 § 517 Nr 8 S 21, 23). Für den Regelfall ist deswegen davon auszugehen, daß das versicherungspflichtige ErsK-Mitglied sich von der Mitgliedschaft in der GKV hat befreien lassen. Das bedarf nur dann der näheren Aufklärung, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Annahme des Gegenteils bestehen. Das ist vorliegend nicht der Fall.

Der Genehmigungsbescheid der Beklagten vom 22. März 1982 erweist sich als rechtmäßig. Damit sind die Revisionen der Klägerin und des Beigeladenen zu 5) unbegründet und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 244

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