Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Anforderungen an die Begründung einer Revision, mit der eine Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts gerügt wird

 

Orientierungssatz

Wendet sich eine Revision gegen die Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts, ist in der Begründung darzulegen, weshalb die Norm in der angefochtenen Entscheidung nicht oder nicht richtig angewendet wird. Der Revisionsführer muss sich - zumindest kurz - mit den Gründen der Vorinstanz rechtlich auseinandersetzen sowie erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG vom 2.1.1979 - 11 RA 54/78 = SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17, vom 16.12.1981 - 11 RA 86/80 = SozR 1500 § 164 Nr 20 S 33 f, vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R = juris RdNr 14 sowie vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R = juris RdNr 10). Dafür bedarf es der Darlegung, in welchen Punkten und aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung angegriffen wird (vgl BSG vom 11.11.1993 - 7 RAr 94/92 = juris RdNr 15 sowie vom 19.3.1992 - 7 RAr 26/91 = BSGE 70, 186, 187 f = SozR 3-1200 § 53 Nr 4 S 17).

 

Normenkette

SGG § 164 Abs. 2, § 169; SGB I §§ 13-14; ZRBG

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 02.08.2013; Aktenzeichen L 14 R 633/12)

SG Düsseldorf (Urteil vom 05.07.2012; Aktenzeichen S 27 R 147/11)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2. August 2013 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt eine Regelaltersrente aufgrund von Ghetto-Beitragszeiten bereits mit Wirkung ab 1.7.1997.

Die 1922 in Ungarn geborene Klägerin ist Verfolgte iS des § 1 Bundesentschädigungsgesetz und lebt seit 1948 in Israel. Ihren 1995 gestellten Rentenantrag hat die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte im Jahre 1996 bestandskräftig abgelehnt.

Im Dezember 2009 beantragte sie bei der Beklagten eine Rente aufgrund von Ghetto-Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG), die ihr mit Bescheid vom 27.7.2010 mit Wirkung ab 1.12.2009 iHv ca 212 Euro/Monat nebst einer Nachzahlung iHv ca 1696 Euro gewährt wurde. Das Begehren der Klägerin, Rente bereits mit Wirkung ab 1.7.1997 zu erhalten, hat im Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren keinen Erfolg gehabt (Widerspruchsbescheid vom 13.1.2011, SG-Urteil vom 5.7.2012, LSG-Urteil vom 2.8.2013).

Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der Klägerin stehe ein früherer Rentenbeginn auch auf der Grundlage des von ihr geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht zu. Die Beklagte habe der Klägerin gegenüber keine Haupt- oder Nebenpflichten verletzt, insbesondere nicht die allgemeine Aufklärungspflicht nach § 13 SGB I, die Pflicht zur individuellen Beratung oder Auskunft nach §§ 14, 15 SGB I oder die Hinweispflicht nach § 115 Abs 6 S 1 SGB VI. Wenn die Klägerin geltend mache, dass die Beklagte bis 2009 - auch bereits vor Juli 2003 - unstrittig in größerer Zahl Anträge nach dem ZRBG negativ beschieden habe und dass ein Großteil der Antragsteller erst aufgrund der Urteile des BSG vom Juni 2009 ihre Ansprüche hätten durchsetzen können, so liege hierin keine allgemeine Information iS des § 13 SGB I. Selbst wenn die nur inter partes wirkenden negativen Bescheidungen aus heutiger Sicht nicht mehr haltbar erschienen, hätten sie doch bei ihrem Erlass im Einklang mit der bis 2009 geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung gestanden. Eine etwaige, der Klägerin im Frühjahr 2003 von der israelischen Nationalversicherung erteilte Auskunft, dass die (deutschen) Rentenversicherungen sehr hohe Anforderungen (an Freiwilligkeit/Entlohnung/Alter des Ghetto-Beschäftigten) stellten, habe der Bevollmächtigte der Klägerin selbst und in der Sache zutreffend als sachlich richtige Auskunft bezeichnet. Ein konkreter Informationsbedarf der Klägerin iS des § 14 oder § 15 SGB I sei der Beklagten vor ihrer Antragstellung im "November 2010" nicht erkennbar gewesen. Eine Hinweispflicht nach § 115 Abs 6 S 1 SGB VI habe schon deshalb nicht bestanden, weil die Klägerin erstmals infolge ihrer Antragstellung im "Dezember 2009" im Datenbestand der Beklagten gespeichert worden sei.

Die von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen, aus denen sie herleite, dass das Handeln der Beklagten bis zum Jahr 2009 einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründe, ohne dass es insoweit auf ein Verschulden der Beklagten ankomme, seien auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Vielmehr fordere das BSG für einen Herstellungsanspruch, dass das gerügte Verhalten - etwa eine fehlerhafte Gesetzesanwendung - bereits im Zeitpunkt der Ausübung fehlerhaft gewesen sei, wozu die spätere Erkenntnis der Fehlerhaftigkeit aus der Rückschau nicht ausreiche. Der Klägerin stehe ein früherer Rentenbeginn auch nicht aufgrund einer Verlängerung der Rentenantragsfrist entsprechend der von ihr angeführten Rechtsprechung des BSG zur Verlängerung von Nachversicherungsfristen zu. Dies gelte schon deshalb, weil der verspätete Rentenantrag der Klägerin nicht die Folge habe, dass sie von einem Rentenanspruch nach dem ZRBG vollständig und auf Dauer ausgeschlossen sei, sondern lediglich zu einer eingeschränkten Rückwirkung führe.

Ein früherer Rentenbeginn komme ferner nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass die Klägerin bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, also noch unter Geltung der RVO, ihr 65. Lebensjahr vollendet habe, sodass bereits damals (1987) ein Stammrecht auf Altersrente entstanden sei. Denn die Klägerin habe jedenfalls bis zum 31.12.1991 noch nicht die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten erfüllt. Insbesondere hätten ihr keine Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach §§ 15, 16 FRG zugestanden, weil nicht erkennbar sei, dass sie die entsprechenden Voraussetzungen erfülle. Eine Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis behaupte sie auch selbst nicht. Zu einer Änderung der bis zum 31.12.1991 bestehenden Rechtslage habe das ZRBG nicht geführt. Schließlich führten weder entschädigungsrechtliche Grundsätze noch die Regelung des § 2 Abs 2 Halbs 2 SGB I zu einem abweichenden Ergebnis.

Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und trägt vor, ihr stehe der geltend gemachte Herstellungsanspruch zu. Das LSG habe aus der ex-ante-Sicht ein objektives Fehlverhalten sowie ein Verschulden der Beklagten bis zum Jahre 2009 verneint und stelle sich damit gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung, die analog zu § 44 SGB X immer eine Rechtswidrigkeit aus heutiger Sicht und ohne Verschuldensprüfung fordere. Soweit sich das LSG auf die BSG-Entscheidungen vom 8.11.1995 ("B 13 RJJ 5/95" ≪richtig: 13 RJ 5/95≫) und vom 25.1.1996 ("B Rar 60/94" ≪richtig: 7 RAr 60/94≫) stütze, so habe bei beiden Urteilen eine Gesetzesänderung vorgelegen, während es sich im vorliegenden Verfahren um eine Auslegung und Anwendung des ZRBG durch die Beklagte drehe; die Verwaltung trage stets das Risiko für die Richtigkeit der von ihr vertretenen Rechtsauffassung (BSG vom 12.10.1979 - 12 RK 47/77). Aus dem Normzweck des § 44 SGB X sei zu entnehmen, dass ein Bürger auf rechtmäßiges Verwaltungshandeln vertrauen und durch fehlerhaftes Verhalten keinen Nachteil in seiner sozialen Rechtsstellung erleiden dürfe.

Allgemeinkundig sei, dass die Beklagte in ihrer Arbeitsanweisung vom 6.9.2002 ua solche Verfolgten ausgeschlossen habe, die sich in einem Ghetto ua in Ungarn aufgehalten hätten.

Die Klägerin macht im Anschluss daran Ausführungen zum tatsächlichen, jedoch vom LSG nicht festgestellten Ablauf, der zu ihrer Antragstellung erst im Dezember 2009 geführt habe, und sodann zu einem Treffen der deutsch-israelischen Verbindungsstellen sowie zu einer Besprechung unter Beteiligung ua ihres Prozessbevollmächtigten im Hause der Beklagten, beide im Jahre 2003. Im Anschluss daran referiert sie Teilinhalte der BSG-Urteile vom 12.10.1979 (12 RK 47/77), vom 24.10.1985 (12 RK 48/84), vom 25.10.1985 (SozR 5070 § 10 Nr 30), vom 21.6.1990 (12 RK 27/88), vom 8.11.1995 (13 RJ 5/95) sowie die Rechtspraxis der gesetzlichen Rentenversicherung im Anschluss an die Entscheidung des BSG vom 2.5.2005 (wohl gemeint: 3.5.2005 - B 13 RJ 34/04 R - BSGE 94, 294) und die Entscheidungen des BSG vom Juni 2009.

Hinsichtlich der Kausalität des durch eine fehlerhafte Interpretation des Gesetzes geschaffenen Vertrauensschutzes für eine vorgenommene oder unterlassene Disposition des Berechtigten wendet sich die Klägerin dagegen, ihr die Beweislast dafür aufzubürden, dass sie die vorgenommene Fehldisposition ohne ihr Vertrauen auf die behördliche Rechtsauffassung nicht vorgenommen "oder … die relevante Disposition unterlassen hätte". Zur Frage der Bewertung des pflichtwidrigen Verhaltens des Trägers weist sie insbesondere auf die in § 44 Abs 1 bzw 4 SGB X enthaltenen normativen Wertungen hin, die entsprechend im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu beachten seien (Hinweise auf BSG vom 9.9.1986 - BSGE 60, 245, 247- und BSG vom 21.1.1987 - SozR 1300 § 44 Nr 25 S 68). Entscheidend sei allein die Tatsache, dass eine aus heutiger Sicht zu enge Interpretation der "Berechtigten" bei Anwendung des ZRBG rechtswidrig gewesen sei, was die Beklagte im Rahmen des § 44 SGB X bereits grundsätzlich anerkannt habe. Aus "Abs 2" folge auch die positive Verpflichtung der Rechtsanwender, Ansprüche der besonderen Teile möglichst zur Entstehung zu bringen oder "wiederherzustellen"; dabei müsse die Tatsache, dass ein Anspruch nicht entstanden oder eine Leistung nicht erbracht worden sei, nicht stets auf fehlerhaftes Verhalten der Verwaltung zurückzuführen sein. Schließlich sei für die Klägerin mit Vollendung des 65. Lebensjahres im Jahr 1987 ein Stammrecht entstanden; nach der Mitteilung des Korrespondenzbüros habe die Klägerin auch dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört. Die Revisionsbegründung schließt mit der Formulierung zweier "klärungsbedürftiger Rechtsfragen".

Die Klägerin hat weder bei Einlegung der Revision noch in ihrer Begründung einen konkreten Antrag zur Entscheidung gestellt.

Die Beklagte beantragt,

die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält die Revision für unzulässig. Es mangele schon an dem Erfordernis eines bestimmtes Antrags iS des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Zudem sei keine konkrete Rechtsnorm benannt, die durch das angefochtene Urteil verletzt worden sein solle. Auch mangele es an einer Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der LSG-Entscheidung. Im Übrigen sei die Revision aber auch unbegründet. Die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lägen nicht vor. Selbst wenn man der Rechtsauffassung der Klägerin zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch folgen würde, sei die Revision für die begehrten Rentenzahlungen für den Zeitraum vom 1.7.1997 bis 31.12.2004 unbegründet, da auch im Rahmen dieses Rechtsinstituts die Ausschlussfrist des § 44 Abs 4 SGB X analog anzuwenden sei. Entgegen der Ansicht der Klägerin könne auch aus der "Stammrechtsrechtsprechung" des BSG kein Anspruch bereits ab 1.7.1997 hergeleitet werden, da sie erst mit dem Inkrafttreten des ZRBG im Jahre 2002 die Anspruchsvoraussetzungen für eine Regelaltersrente erfüllt habe.

II. Die Revision ist unzulässig (§ 169 SGG). Die Klägerin hat ihr Rechtsmittel nicht ausreichend begründet (§ 164 Abs 2 SGG).

Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision fristgerecht zu begründen. Nach S 3 dieser Vorschrift muss die Begründung "einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Diese gesetzlichen Anforderungen hat das BSG in ständiger Rechtsprechung präzisiert (vgl BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 12 S 22; BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 9 f, jeweils mwN; zustimmend bereits BVerfG SozR 1500 § 164 Nr 17).

Wendet sich die Revision gegen die Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts, ist in der Begründung darzulegen, weshalb die Norm in der angefochtenen Entscheidung nicht oder nicht richtig angewendet wird. Der Revisionsführer muss sich - zumindest kurz - mit den Gründen der Vorinstanz rechtlich auseinandersetzen sowie erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17 und Nr 20 S 33 f; BSG vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 14; BSG vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 10). Dafür bedarf es der Darlegung, in welchen Punkten und aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung angegriffen wird (vgl BSG vom 11.11.1993 - 7 RAr 94/92 - Juris RdNr 15; BSGE 70, 186, 187 f = SozR 3-1200 § 53 Nr 4 S 17).

Dieses Formerfordernis soll im Interesse der Entlastung des Revisionsgerichts sicherstellen, dass der Revisionsführer bzw sein Prozessbevollmächtigter das angefochtene Urteil im Hinblick auf einen Erfolg des Rechtsmittels überprüft und hierzu die Rechtslage genau durchdacht hat (vgl BSG vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 10; BSG vom 3.7.2002 - B 5 RJ 30/01 R - Juris RdNr 10), bevor er durch seine Unterschrift die volle Verantwortung für die Revision übernimmt, und so ggf von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (BSG vom 20.1.2005 - B 3 KR 22/03 R - Juris RdNr 16 mwN).

Die vorliegende, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revisionsbegründung genügt den gestellten Anforderungen nicht.

Das LSG hat seine die Berufung zurückweisende Entscheidung vor allem damit begründet, dass sich die Klägerin in keinerlei Hinsicht auf einen Herstellungsanspruch stützen könne, und zwar weder auf die negativen Bescheidungen von anderen Antragstellern als der Klägerin (1) noch auf eine etwaige, der Klägerin im Frühjahr 2003 von der israelischen Nationalversicherung erteilte Auskunft, dass die (deutschen) Rentenversicherungen sehr hohe Anforderungen an die Anerkennung von Ghetto-Beitragszeiten stellten (2). Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf ein noch unter Geltung der RVO entstandenes "Stammrecht" auf Rente berufen (3).

Die Revisionsbegründung hat das Berufungsurteil unter allen drei Gesichtspunkten nicht in beachtlicher Weise angegriffen:

(1) Auf die im Ergebnis unrichtigen Bescheide der Beklagten gegenüber anderen Antragstellern als der Klägerin als Grundlage des Herstellungsanspruchs geht die Revisionsbegründung nicht ein. Zwar befasst sie sich mit der Erwägung des LSG, die Erteilung aus heutiger Sicht unrichtiger Bescheide könne einen Herstellungsanspruch nicht begründen, weil dieses Verhalten damals nicht fehlerhaft gewesen sei. Mit der Argumentation, dass die fehlerhaften Bescheide keine allgemeine Information darstellten, vielmehr lediglich inter partes gewirkt hätten (LSG-Urteil S 18 Mitte), setzt sie sich aber nicht auseinander. Es bleibt daher unklar, wie eine den Herstellungsanspruch auslösende Verletzung einer der Beklagten gegenüber der Klägerin obliegenden Pflicht begründet werden soll (vgl BSG vom 13.11.2001 - B 11 AL 47/01 R - Juris RdNr 13).

(2) Auch wird der Vortrag der Klägerin nicht aufrechterhalten, sie selbst habe sich im Jahre 2003 von der israelischen Nationalversicherung beraten lassen.

Den Vortrag erster Instanz (in der Revisionsbegründung durch die Übernahme des Tatbestands des Berufungsurteils auf S 3 unten erwähnt), wonach die Klägerin im Frühjahr 2003 bei der israelischen Nationalversicherung um nähere Informationen über die Voraussetzungen einer Antragstellung zur Anerkennung von Ghetto-Zeiten gebeten und die Antwort erhalten habe, dass die Rentenversicherungen sehr hohe Anforderungen stellten, wiederholt die Revisionsbegründung nicht. Damit aber entfällt jeglicher auch vom LSG diskutierter Ansatz für eine zur Kenntnis der Klägerin gelangte Information der Beklagten im Rahmen der §§ 13, 14 SGB I. Vielmehr stützt sie sich nunmehr darauf, dass sie sich im Jahre 1998 im Rahmen eines Antrags bei der Zwangsarbeiterstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" an das israelische Korrespondenzbüro "Yaffa Golan" in Tel Aviv gewandt habe und von dort im Jahre 2003 über die Rechtsansicht der Verwaltung zur Antragstellung nach dem ZRBG informiert worden sei. Daraufhin habe sie keine hinreichenden Erfolgsaussichten für einen Antrag gesehen. Erst im Dezember 2009 habe sie von der Änderung der Rechtsauffassung erfahren und sich wieder an das Korrespondenzbüro zur Antragstellung gewandt.

Dieser neue tatsächliche Vortrag ist jedoch in der Revisionsinstanz von vornherein unbeachtlich (s bereits BSGE 9, 266, 271; ferner zB BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24 S 123). Der nunmehr vorgetragene Sachverhalt wirft zudem ganz andere (auch Kausalitäts-)Fragen auf als der vom LSG geprüfte.

Nichts anderes gilt für die Berufung der Revisionsbegründung auf die - im LSG-Urteil nicht erwähnten - angeblich allgemeinkundigen Arbeitsanweisungen der Beklagten vom 6.9.2002, ferner auf die vom LSG ebenfalls nicht erwähnten Besprechungen des Jahres 2003 und einen Brief von Herrn J. (Bediensteter der Beklagten) an die Leiterin des die Klägerin betreuenden "Korrespondenzbüros" in Israel, der "derzeit nicht auffindbar" sei.

All dieses tatsächliche Vorbringen hat das LSG nicht festgestellt. Damit aber ist jeglicher Argumentation der Boden entzogen, entgegen dem Berufungsurteil stehe der Klägerin ein Herstellungsanspruch zu.

(3) Neben dem Herstellungsanspruch stützt die Klägerin ihren Anspruch lediglich noch auf die "Stammrechtsprechung" (S 27 f der Revisionsbegründung). Insoweit macht die Klägerin nunmehr geltend, dass sie ("nach der Mitteilung des Korrespondenzbüros") dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört habe. Das LSG hat jedoch ausdrücklich das Gegenteil festgestellt, indem es ausgeführt hat, dass hierfür keine Anhaltspunkte vorlägen (Bl 29 LSG-Urteil). Diese Feststellung ist aber für das BSG bindend (§ 163 SGG).

Die nicht formgerecht begründete Revision ist nach § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14285383

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