Rn 33

Jede verschuldete, überschuldete, zahlungsunfähige oder in ganz erheblichen Zahlungsschwierigkeiten befindliche Person kann sich frei entscheiden, ob sie zusammen mit einem Eröffnungsantrag einen Restschuldbefreiungsantrag stellen will. Ein staatlicher Zwang wird nicht ausgeübt; es besteht lediglich die Chance der Restschuldbefreiung. Ist aber durch Fremd- oder Eigeneröffnungsantrag ein Insolvenzverfahren anhängig, ist das Insolvenzgericht gemäß § 20 Abs. 2 verpflichtet dem Schuldner einen Hinweis zu erteilen, dass er (nur verbunden mit einem eigenen Eröffnungsantrag) auch einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen und damit auch die Befreiung der nach Abschluss des Insolvenzverfahrens verbleibenden Schulden erlangen kann.

 

Rn 33a

Ist nach einem Gläubigerantrag dem Schuldner der Hinweis gem. § 20 Abs. 2 erteilt worden und reagiert er nicht mit eigenen Anträgen auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Restschuldbefreiung bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag des Gläubigers, kann er erst nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Jahren nach der Verfahrenseröffnung einen eigenen Eröffnungsantrag verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung stellen. Das Verfahren über den vorangegangenen Gläubigerantrag muss auch zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen und aufgehoben sein. Wie bei § 290 Abs. 1 Nr. 3 und 4 soll hier in Analogie zu § 290 Abs. 1 Nr. 3 eine Sperrfrist gelten, die entsprechend der Sperrfrist des § 290 Abs. 1 Nr. 2 angemessen sei.[33]

 

Rn 34

Das Restschuldbefreiungsverfahren bildet neben dem Schuldenbereinigungsplanverfahren (Verbraucherinsolvenzverfahren), dem Eröffnungsverfahren und dem eröffneten Insolvenzverfahren einen besonderen Verfahrensabschnitt.[34]

 

Rn 35

Das bis 30.6.2014 geltende Restschuldbefreiungsverfahren gemäß §§ 287 bis 303 a. F. sah grundsätzlich die nachfolgenden Verfahrensschritte vor:

  • Antrag des Schuldners (natürliche Person);
  • Eröffnung und Durchführung eines Insolvenzverfahrens;
  • Abhaltung des Schlusstermins am Ende eines Insolvenzverfahren oder mit Abschluss und Fristsetzung im schriftlichen Verfahren (§ 5 Abs. 2, § 312 Abs. 2) bzw. Abhaltung einer Gläubigerversammlung vor Erlass eines Beschlusses zur Einstellung des Verfahrens wegen Masseunzulänglichkeit (§ 289 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 211);
  • Ankündigung der Restschuldbefreiung und Einsetzung eines Treuhänders (§ 291);
  • Entscheidung über die Restschuldbefreiung nach beanstandungsfreiem Ablauf der sog. Wohlverhaltensperiode (§ 300).
 

Rn 36

Für Altverfahren

ab 1.7.2014

 

Rn 36a

Durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 soll bewirkt werden:[35]

  • Verkürzung und Umgestaltung des Restschuldbefreiungsverfahrens:

    Möglichkeit, die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von derzeit sechs Jahren auf drei Jahre, wenn es dem Schuldner (alle natürlichen Personen) gelingt, innerhalb der ersten drei Jahre des Verfahrens mindestens 35 % der Gläubigerforderungen und die Verfahrenskosten zu begleichen, und Verkürzung von sechs auf fünf Jahre, wenn zumindest die Verfahrenskosten beglichen werden. Allen Verbrauchern soll auch das Insolvenzplanverfahren eröffnet werden, um jedem Schuldner während des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit einer flexiblen Entschuldung in Einvernehmen mit seinen Gläubigern zu geben.

  • Stärkung der Gläubigerrechte:

    Künftig soll verhindert werden, dass die Restschuldbefreiung erteilt wird, obwohl Versagungsgründe vorliegen. Gläubiger sollen einen Versagungsantrag auf Restschuldbefreiung sowohl im Regelfall des schriftlichen Verfahrens, wie auch im mündlichen Verfahren jederzeit bis spätestens im Schlusstermin auch schriftlich stellen können.

Es ergibt sich nun folgender Verfahrensablauf:

 

Rn 36b

Nach dem vor dem 1.7.2014 geltenden Verfahrensschema wurde erstmals nach dem Schlusstermin, also am Ende des Insolvenzverfahrens, über den Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung befunden. Dies hatte den Nachteil, dass ein Insolvenzverfahren selbst dann durchgeführt wurde, wenn von Anfang an feststand, dass die Restschuldbefreiung wegen einer bereits früher erteilten oder einer in jüngerer Vergangenheit versagten Restschuldbefreiung nicht erteilt werden konnte. In der Folge wurde ein für den Schuldner kostenintensives und möglicherweise überflüssiges Insolvenzverfahren betrieben.[36]

 

Rn 36c

Nach dem neuen Konzept entscheidet das Insolvenzgericht bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Zul...

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