2.1 Vollständige Verwertung der Insolvenzmasse (§ 196 Abs. 1)

 

Rn 2

Die Schlussverteilung darf nach § 196 Abs. 1 erst vorgenommen werden, wenn die Insolvenzmasse vollständig verwertet, mithin der letzte verwertbare Massegegenstand in Geld umgesetzt ist.[3] Unberücksichtigt bleiben unverwertbare Massegegenstände, da diese die Masse ohnehin nicht vergrößern können. Über das Schicksal solcher Gegenstände entscheiden nach § 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 die Gläubiger.

[3] Kilger/K. Schmidt, KO § 161 Anm. 1.

2.1.1 Anhängige Prozesse um einzelne Massegegenstände

 

Rn 3

Allerdings hindert ein Rechtsstreit um einen Massegegenstand die Schlussverteilung nicht.[4] Der Schuldner und ggf. auch die Gläubiger haben ein Interesse an der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, so dass – wie bisher § 166 Abs. 2 KO[5] – die Vorschrift des § 203 Abs. 1 Nr. 3 dahin auszulegen ist, dass hierunter auch Vermögensgegenstände fallen, die im Wege eines Rechtsstreits nach Abschluss des Verfahrens zur Masse fließen. So kann die Schlussverteilung ungehindert durchgeführt werden, und im Falle eines Obsiegens in dem Rechtsstreit erfolgt eine Nachtragsverteilung.[6] Der Verwalter bleibt insoweit auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens zur Führung des Rechtsstreits legitimiert.[7] Für den Fall eines Unterliegens sollte der Verwalter einen Betrag in Höhe des Prozesskostenrisikos zurückbehalten.[8]

[4] a.A. (anhängiger Aktivprozess hindert die Einstellung) Nerlich/Römermann-Westphal, § 196 Rn. 7 f. und 26.
[5] Kuhn/Uhlenbruck, § 161 Rn. 3; Jaeger-Weber, § 161 Rn. 3 m.w.N.
[6] Hess/Weis/Wienberg-Weis, § 196 Rn. 5; HK-Irschlinger, § 196 Rn. 1; Kübler/Prütting-Holzer, § 196 Rn. 6.
[7] RGZ 28, 68 (70).
[8] HK-Irschlinger, § 196 Rn. 1.

2.1.2 Laufendes Einkommen des Schuldners

 

Rn 4

Von der Pflicht zur vollständigen Verwertung ausgenommen ist das laufende Einkommen des Schuldners. Mit dieser Klarstellung des Gesetzgebers wird der Problematik Rechnung getragen, dass bei einem laufenden Einkommen der als Neuerwerb gemäß §§ 35 f. zur Insolvenzmasse gehörende pfändbare Teil des schuldnerischen Einkommens[9] kontinuierlich die Masse anreichert (siehe dazu auch § 35 Rn. 50 und § 36 Rn. 3).[10] In der Praxis hat dies zu Abgrenzungsproblemen geführt, wann ein Verfahren endgültig abgeschlossen werden kann, wenn ein permanenter Massezufluss erfolgt.

 

Rn 5

Die bis zur Gesetzesänderung zu diesem Problemkreis vorgeschlagenen Lösungswege waren nicht einheitlich. Zum einen existierte die Auffassung, dass dem Verwalter/Treuhänder eine Zustimmung zur Schlussverteilung nicht erteilt werden könne, da diese die vollständige Verwertung der Insolvenzmasse voraussetzt.[11] Andererseits wurde danach differenziert, ob für den Schuldner die Voraussetzungen für die Ankündigung der Restschuldbefreiung vorliegen oder nicht. Liegen die Voraussetzungen der Ankündigung der Restschuldbefreiung (§ 291) vor, sei die Vorschrift des § 196 Abs. 1 entsprechend dem Gesetzeszweck mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Schlussverteilung zu erfolgen habe, sobald die Verwertung der Insolvenzmasse mit Ausnahme eines laufenden Einkommens beendet sei. Eine andere Beurteilung ergebe sich dann, wenn die Voraussetzungen für die Ankündigung der Restschuldbefreiung nicht vorliegen. In diesem Fall sei das laufende Einkommen des Schuldners für die Dauer von sieben Jahren zur Insolvenzmasse zu ziehen.[12] Ferner sollte eine Schlussverteilung stattfinden, sobald das zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens vorhandene Vermögen verwertet ist.[13]

 

Rn 6

Nach der ausdrücklichen Klarstellung des Gesetzgebers hat die Schlussverteilung zu erfolgen, sobald, abgesehen vom laufenden Einkommen, alle Gegenstände der Insolvenzmasse verwertet sind bzw. der Schuldner den Betrag nach § 314 entrichtet hat.[14] Im Hinblick auf die in der Praxis entstandenen Unsicherheiten ist die Klarstellung des Gesetzgebers zu begrüßen. Bei der Wahl des Verteilungstermins sollte der Verwalter/Treuhänder darauf achten, dass im Zeitraum bis zur Aufhebung des Verfahrens keine weiteren Einkünfte in die Masse fließen.[15]

[9] Contra legem gegen eine Einbeziehung Keller NZI 2001, 449 (455).
[10] BegrRegE BT-Drs. 14/5680, S. 28; Henning, ZInsO 1999, 333 (333 f.).
[11] AG Düsseldorf ZInsO 2001, 572 m. abl. Anm. Haarmeyer.
[12] AG Duisburg NZI 2001, 106 (107) [AG Duisburg 06.11.2000 - 43 IK 16/99] = RPfleger 2001, 261 m. abl. Anm. Fuchs = ZInsO 2001, 273; m. zust. Anm. Erdmann, ZInsO 2001, 742.
[13] Henning, ZInsO 2001, 333 (335); Grub/Smid, DZWiR 1999, 2 (5 bis 7).
[14] BegrRegE BT-Drs. 14/5680, S. 28; ebenso schon für die Zeit vor der Änderung des Gesetzes BGH ZInsO 2001, 1009 (1011).
[15] Anderenfalls schlägt Vallender, ZInsO 2001, 1011, vor, diese Beträge wieder an den Schuldner auszuhändigen.

2.2 Zustimmung des Insolvenzgerichts (§ 196 Abs. 2)

 

Rn 7

§ 196 Abs. 2 bestimmt, dass die Schlussverteilung – anders als Abschlagsverteilungen – nur erfolgen darf, wenn die Zustimmung des Insolvenzgerichts vorliegt, wobei hier – anders als nach der in §§ 183, 184 BGB gewählten Terminologie[16] – die Zustimmung vorher eingeholt werden muss. Die Zustimmung ist vom Insolvenzverwalter unter Beifügung des Schlussverzeichnisses (§ 188) bei dem Insolvenzgericht zu beantragen.[17] Außerdem hat...

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