Gesetzestext

 

1Der Insolvenzverwalter kann zur Sicherung der Sachen, die zur Insolvenzmasse gehören, durch den Gerichtsvollzieher oder eine andere dazu gesetzlich ermächtigte Person Siegel anbringen lassen. 2Das Protokoll über eine Siegelung oder Entsiegelung hat der Verwalter auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Siegelung dient – mittels ihrer strafrechtlichen Bewehrung – der Sicherung von Massegegenständen, die sich noch im Machtbereich und damit der Zugriffsmöglichkeit des Schuldners befinden. Hat der Verwalter den Gegenstand bereits so in seinen Gewahrsam genommen, dass dem Schuldner oder Dritten der Zugriff darauf verwehrt ist, scheidet eine Siegelung zwangsläufig aus.

 

Rn 2

Eine Siegelung kommt in der Praxis kaum vor, da sie einerseits einen relativ hohen Aufwand erfordert, andererseits nur bei wenigen Massegegenständen Erleichterungen gegenüber der umfassenden Inbesitznahme durch den Verwalter bietet. Sie ist kein Vollstreckungsakt, denn die Beschlagnahme des schuldnerischen Vermögens (soweit es in die Masse fällt) tritt bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein (§ 80 Abs. 1). Die Siegelung ist vielmehr eine Sicherungsmaßnahme zur äußerlichen Kenntlichmachung der Massezugehörigkeit von Gegenständen.[1]

 

Rn 3

Auch der vorläufige Verwalter kann in entsprechender Anwendung von § 150 Gegenstände im Gewahrsam des Schuldners (d.h. nicht nur prospektive Massegegenstände) siegeln lassen.[2] Voraussetzung ist allerdings, dass der vorläufige Verwalter zur Sicherung und Erhaltung des schuldnerischen Vermögens bestimmt worden ist (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1). Das setzt entweder ein vorläufiges allgemeines Verfügungsverbot zulasten des Schuldners nach § 21 Abs. 2 Nr. 2, § 22 Abs. 1 Satz 1 ("starker vorläufiger Verwalter") oder ein gegenständlich beschränktes besonderes Verfügungsverbot hinsichtlich einzelner Gegenstände oder aber die Einzelermächtigung zur Inbesitznahme und Verwaltung bestimmter Gegenstände des Schuldners (§ 21 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 2 Satz 1) voraus.[3]

[1] LG Baden-Baden, ZIP 1983, 345 (346); LG Berlin, KTS 1963, 58 (58); MünchKomm-Füchsl/Weishäupl, § 150 Rn. 2; Kübler/Prütting-Holzer, § 150 Rn. 2; Nerlich/Römermann-Andres, § 150 Rn. 2.
[2] So für den Sequester LG Baden-Baden, ZIP 1983, 345 (345 f.); MünchKomm-Füchsl/Weishäupl, § 150 Rn. 5.
[3] Eingehend zu Arten und Wirkungen von Zustimmungsvorbehalten, Verfügungsverboten und sonstigen richterlichen Anordnungen zulasten des Schuldners in der vorläufigen Insolvenz s. Kießling/Singhof, DZWiR 2000, 353.

2. Durchführung der Siegelung

2.1 Voraussetzungen

 

Rn 4

Bei der Siegelung geht es um Sicherung. Erforderlich ist deshalb, dass der Schuldner noch Zugriffsmöglichkeiten auf die betreffenden Massegegenstände hat; nach Inbesitznahme der Masse durch den Verwalter Zugriffsmöglichkeiten insbesondere in Form von Mitbesitz oder Besitzdienerschaft (Einzelheiten unter § 148). Es genügen aber auch rein faktische Zugriffsmöglichkeiten, die es dem Schuldner ermöglichen, Massegegenstände beiseite zu schaffen. Aus der Natur der Sache ergibt sich, dass leicht verderbliche und schnell an Wert verlierende Sachen von einer Siegelung ausgeschlossen sind; hier hat der Verwalter bereits vor dem ersten Berichtstermin eine Verwertung herbeizuführen (Einzelheiten unter § 148).

 

Rn 5

Allein der Insolvenzverwalter entscheidet über die Art und Weise der Inbesitznahme des schuldnerischen Vermögens (Einzelheiten unter § 148). Maßstab seiner Entscheidungen ist vor allem die Höhe des Risikos, dass Massegegenstände beiseite geschafft werden: Je höher das Risiko ist, desto intensiver muss die tatsächliche Sachherrschaft des Verwalters ausgestaltet und der Schuldner (als Mitbesitzer, Besitzdiener oder auch nur faktisch Zugriffsbefähigter) ausgeschlossen werden.[4] Maßgeblich ist aber auch die Höhe der Kosten, die der Masse durch die Sicherungsmaßnahme entstehen.[5] Eine Siegelung von Massegegenständen kommt daher nur in Betracht, wenn auf der einen Seite freie Zugriffsmöglichkeiten des Schuldners auf Massegegenstände zu riskant sind, auf der anderen Seite aber die alleinige Obhut des Verwalters an diesen Gegenständen nicht zweckmäßiger ist.

[4] LG Baden-Baden, ZIP 1983, 345 (345 f.); Kübler/Prütting-Holzer, § 150 Rn. 4; allgemein bei Inbesitznahme nach § 148 Abs. 1 MünchKomm-Füchsl/Weishäupl, § 148 Rn. 25.
[5] FK-Wegener, § 148 Rn. 7.

2.2 Verfahren, Protokoll

 

Rn 6

Nach § 150 Satz 1 besteht kein Zwang zur Siegelung. Der Verwalter muss aber sein dahingehendes Ermessen pflichtgemäß, d.h. risiko- und kostenbewusst ausüben (siehe Rn. 5), andernfalls kann er sich haftbar machen (§ 60 Abs. 1). Bei pflichtwidrigem Unterlassen kann das Insolvenzgericht den Verwalter zur Siegelung anhalten (§ 58).[6]

 

Rn 7

Zuständig für die Siegelung ist der Gerichtsvollzieher und darüber hinaus diejenige Person, die durch Landesrecht dazu bestimmt ist.[7] Zur Vornahme bedarf es keiner dahingehenden Anordnung des Insolvenzgerichts,[8] sondern allein der Beauftragung durch den Insolvenzverwalter. Da es sich bei der Siegelung nur um Sicherung handelt, wird der Gerich...

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