Rn 27

Der Insolvenzverwalter kann bestehende Konten des Schuldners grundsätzlich fortführen (siehe im Einzelnen zu § 148). In der Praxis werden allerdings (spätestens) mit der Verfahrenseröffnung ganz überwiegend neue Konten begründet. Das hat gegenüber der Fortführung von – regelmäßig debitorischen – Schuldnerkonten jedenfalls den Vorteil der besseren Nachvollziehbarkeit und Abrechenbarkeit aller folgenden Kontobewegungen. Hinzu kommt, dass mit der Vermögensverwaltung über neue Konten der Zugriff des Verwalters auf Gutschriften faktisch erleichtert wird.

4.1 (Neue) Fremdkonten des Insolvenzverwalters (Ermächtigungstreuhand)

 

Rn 28

Der Verwalter kann neue Konten auf den Namen des Insolvenzschuldners errichten und über diese die laufende Verwaltung abwickeln.[31] Es handelt sich dabei um eine Verwaltungstreuhand in Form der Ermächtigungstreuhand. Rechtsverhältnisse bestehen grundsätzlich nur zwischen der Bank und dem Insolvenzschuldner; der Verwalter verfügt wie auch sonst über fremdes Vermögen. Eine Haftung des Verwalters wegen eines passiven Saldos kann sich allein aus den §§ 60, 61 ergeben. Wegen § 80 Abs. 1 bedarf es keiner Mitwirkung des Schuldners bei der Kontoführung. Auch eine Auflösung des Kontos ist dem Insolvenzschuldner verwehrt. Das Konto muss allerdings ausdrücklich als Insolvenzsonderkonto bezeichnet werden, um offen zu legen, dass der Schuldner von der Verwaltung und Verfügung (kraft Gesetzes) vollständig ausgeschlossen ist – bei der "normalen" Ermächtigungstreuhand besteht diese Rechtsmacht des Treugebers neben der des Treuhänders regelmäßig fort.[32]

[31] BGH, NJW 1995, 1484 (1484) [BGH 15.12.1994 - IX ZR 252/93]; BGH, NJW 1988, 1260 (1260); Kießling, NZI 2006, 440 (441 f.); Hintzen/Förster, Rpfleger 2001, 399 (400); MünchKomm-Füchsl/Weishäupl, § 149 Rn. 29; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 149 Rn. 11; Kübler/Prütting-Holzer, § 149 Rn. 9; HambKomm-Jarchow, § 149 Rn. 11; Obermüller, Rn. 2.149.
[32] Bankrechtshandbuch-Hadding/Häuser, § 37 Rn. 36.

4.2 Eigenkonten des Insolvenzverwalters (Vollrechtstreuhand)

4.2.1 Zulässigkeit des Vollrechts-Treuhandkontos

 

Rn 29

Statt Fremdkonten auf den Namen des Schuldners kann der Verwalter auch eigene Konten als Vollrechts-Treuhandkonten führen.[33] Das hat den erheblichen praktischen Vorteil, dass es der Mithilfe des Insolvenzschuldners schon bei der Eröffnung nicht bedarf. Durch die Führung von Treuhandkonten wird der Insolvenzschuldner zudem nicht nur von der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, sondern auch von der Rechtsinhaberschaft am Kontensaldo ausgeschlossen, was masseschädigende Verfügungen durch diesen auch faktisch unmöglich macht. Außerdem wird mit Eigenkonten des Verwalters umfassend verhindert, dass Massegläubiger in das Schuldnervermögen vollstrecken können.[34]

 

Rn 30

Dass dem Verwalter – über seine eigentliche Rechtsstellung nach § 80 Abs. 1 hinausgehend – auch das Vollrecht eingeräumt wird, schafft kein zusätzliches, der Zulässigkeit eines Vollrechts-Treuhandkontos entgegenstehendes Risiko für die Masse, denn der zweckwidrige Zugriff auf nicht verkörperte Gegenstände wird im Wesentlichen schon durch die Begründung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis darüber geschaffen. Hinzu kommt, dass Missbrauch schon durch die Haftungsregelung von § 60 Abs. 1 ganz erheblich vermieden wird; ganz ausschließen lässt er sich aber auch nicht bei Ermächtigungs-Treuhandkonten. Letztlich liegt bei der Einrichtung und Führung eines Vollrechts-Treuhandkontos auch kein Verstoß gegen § 181 BGB vor. Zwar handelt es sich bei der Treuhandabrede zwischen Insolvenzschuldner und Verwalter formal um ein Insichgeschäft – dieses dient allerdings nicht den Interessen des Insolvenzverwalters, und wirtschaftlich geht das Treuhandvermögen dem Schuldner (und damit seinen Gläubigern) nicht verloren.[35]

[33] BGH, NJW 1995, 1484 (1484) [BGH 15.12.1994 - IX ZR 252/93]; Kießling, NZI 2006, 440 (442 ff.); Hintzen/Förster, Rpfleger 2001, 399 (400); Kreft, FS Merz, S. 313 (327); MünchKomm- Füchsl/Weishäupl, § 149 Rn. 27 ff; Braun-Dithmar, § 149 Rn. 7; Obermüller, Rn. 2.151; a.A. Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 149 Rn. 11; FK-Wegener, § 249 Rn. 6; skeptisch auch Kübler/Prütting-Holzer, § 149 Rn. 9; HambKomm-Jarchow, § 149 Rn. 10 f.
[34] Eingehend dazu Hinzen/Förster, Rpfleger 2001, 399 (400 f.).
[35] S. dazu Kreft, FS Merz, S. 313 (327); im Ergebnis auch MünchKomm-Füchsl/Weishäupl, § 149 Rn. 15; a.A. die sog. "Hamburger Leitlinien" (ZInsO 2004, 24).

4.2.2 Rechtliche Ausgestaltung des Vollrechts-Treuhandkontos

 

Rn 31

Eröffnet der Verwalter ohne nähere Bezeichnung ein Treuhandkonto, ist im Zweifel nicht von einer Ermächtigungstreuhand, sondern von einer Vollrechtstreuhand auszugehen.[36] Nicht erforderlich ist, dass der Verwalter bei Kontoerrichtung eine Kopie des Eröffnungsbeschlusses und der Bestallungsurkunde vorlegt.[37] Allerdings muss der Verwalter sich und nach gängiger Praxis auch den Insolvenzschuldner bei Kontoeröffnung und bestimmten Geschäftsvorfällen identifizieren (§ 2 Abs. 1, § 8 GewG), da er zwar in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung tätig wird.[38]

 

Rn 32

Zum Schutz der Masse ist es zudem erforderlich, dass der Insolvenzverwalter die Verwaltungstreuhand gegenüber der Bank ausdrücklich bezeichnet (offenes Treuhandkonto). Zwar wi...

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