Gesetzestext

 

(1) 1Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. 2Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend.

(2) 1Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. 2Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muss, dass die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) 1Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. 2Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. 3Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

1. Allgemeines

1.1 Rechtsquellen

 

Rn 1

§ 143 Abs. 1 Satz 1 übernimmt § 37 Abs. 1 KO.[1] Neu im Vergleich zur KO ist demgegenüber § 143 Abs. 1 Satz 2. Mit Einführung dieser Vorschrift sollte der Umfang der Rückgewährpflicht beschränkt werden.[2] Nach der noch zur KO herrschenden Ansicht haftete nämlich der Anfechtungsgegner bei Unmöglichkeit der Rückgewähr grundsätzlich auch für Zufall. Nunmehr verweist § 143 Abs. 1 Satz 2 auf die Rechtsfolgen des Bereicherungsrechts, die wiederum eine Haftung nur bei schuldhaft verursachter Unmöglichkeit der Herausgabe oder Verschlechterung vorsehen (§ 819 Abs. 1 BGB i. V. m. § 818 Abs. 3, § 292 Abs. 1, § 989 BGB). Zugleich dient der Verweis auf das Bereicherungsrecht dazu, einen sachgerechten Ausgleich für die Herausgabe von Nutzungen und den Ersatz von Verwendungen zu schaffen (§ 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 2, § 987, § 994 Abs. 2 BGB).[3]

 

Rn 2

§ 143 Abs. 2 beschränkt – wie bereits § 37 Abs. 2 KO – die Rückgewährpflicht des gutgläubigen Empfängers einer unentgeltlichen Leistung auf die noch vorhandene Bereicherung (§ 818 Abs. 1-3 BGB). Darüber hinaus enthält Satz 2 nunmehr eine Beweislastumkehr.[4] Unter der KO oblag demgegenüber – h. M. nach – dem Zuwendungsempfänger die Beweislast hinsichtlich seiner Gutgläubigkeit.[5] Dieser Beweis gelang – mangels Beweisbarkeit einer Negativtatsache – häufig nicht. Nach der InsO wird nunmehr die Gutgläubigkeit des Empfängers widerleglich vermutet.[6]

 

Rn 2a

Neu durch das MoMiG mit Wirkung zum 01.11.2008 eingefügt hat der Gesetzgeben § 143 Abs. 3. Die Vorschrift ergänzt insbesondere §§ 44a, 135 Abs. 2, gehört systematisch zum "Kapitalersatzrecht" und regelt die Rechtsfolgen im Zusammenhang mit gesellschafterbesicherten Drittdarlehen und gleichgestellten Forderungen.

[1] Henckel, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 813 Rn. 82.
[2] Begr. zu § 162 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 167; Henckel, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 813 Rn. 83; kritisch zur Rechtlage nach der KO Jaeger-Henckel, KO § 37 Rn. 98 ff.; Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 162 ff., 238 ff.
[3] Begr. zu § 162 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 167; Gerhardt, in: FS-Brandner, 1996, S. 605 (607); Nerlich/Römermann-Nerlich, § 143 Rn. 82.
[4] Begr. zu § 162 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 168; HK-Kreft, § 143 Rn. 3; Nerlich/Römermann-Nerlich, § 143 Rn. 64.
[5] RGZ 92, 227 (229); Kuhn-Uhlenbruck, § 37 Rn. 38; Jaeger-Henckel, § 37 Rn. 130.
[6] Begr. zu § 162 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 168; MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 2; HK-Kreft, § 143 Rn. 3, 33; Nerlich/Römermann-Nerlich, § 143 Rn. 64.

1.2 Regelungszweck

 

Rn 3

§ 143 regelt (zusammen mit § 144) die Rechtsfolgen einer – dem Grunde nach berechtigten – Insolvenzanfechtung. Die Vorschriften bezwecken einen angemessenen Ausgleich zwischen den Belangen der Insolvenzgläubiger an einer möglichst umfassenden Haftungsmasse und den schutzwürdigen Interessen der Anfechtungsgegner, die erlangte Rechtsposition behalten zu dürfen.[7] Zu diesem Zweck treffen die §§ 143 f. detaillierte Anordnungen für die Rückabwicklung des Leistungsaustauschs zwischen Insolvenzschuldner und Anfechtungsgegner in beiden Leistungsrichtungen. § 143 betrifft die Rückholung des dem Anfechtungsgegner zugewandten Leistungsgegenstands in die Insolvenzmasse sowie damit im Zusammenhang stehende Nebenansprüche (einschließlich Verwendungsersatzansprüche des Anfechtungsgegners). § 144 regelt hingegen die Rückgewähr der vom Anfechtungsgegner erbrachten Gegenleistung.

[7] MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 1; Nerlich/Römermann-Nerlich, § 143 Rn. 2; Schmidt-Rogge, § 143 Rn. 1.

2. Der Rückgewähranspruch

 

Rn 4

Mit der Verwirklichung des Anfechtungstatbestandes entsteht zwischen den Beteiligten ein Schuldverhältnis, das auf Wiederherstellung der vermögensrechtlichen Zuordnung gerichtet ist, wie sie vor der anfechtbaren Rechtshandlung bestand. Jede selbständig anfechtbare Rechtshandlung begrü...

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