Gesetzestext

 

Vereinbarungen, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 ausgeschlossen oder beschränkt wird, sind unwirksam.

Bisherige gesetzliche Regelungen

 

§ 53 VerglO Unabdingbarkeit der §§ 50 bis 52

Auf eine Abrede, durch die im voraus die Anwendung der §§ 50 bis 52 ausgeschlossen oder beschränkt wird, können sich die Vertragsteile nicht berufen.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift erklärt die §§ 103 ff. zum Wahlrecht des Insolvenzverwalters bei gegenseitigen Verträgen, zu den Kündigungsrechten bei Dauerschuldverhältnissen und zur Beendigung von Aufträgen und ähnlichen Rechtsverhältnissen im Insolvenzverfahren zum zwingenden, nicht der vorherigen Disposition der Vertragsparteien unterliegenden Recht.

Die Norm statuiert nach ihrem Wortlaut die generelle Unabdingbarkeit der Regelungen der §§ 103118, ohne zu differenzieren, ob der Ausschluss oder die Einschränkung der Rechtsfolgen unmittelbar oder mittelbar aus entsprechenden vorgängigen Abreden zwischen dem Schuldner und dem Vertragspartner folgt.

 

Rn 2

Ein unmittelbarer Ausschluss insbesondere des Wahlrechts des Insolvenzverwalters ist aufgrund der Regelung des § 119 unwirksam, umstritten ist indes die Wirksamkeit sog. vertraglicher Lösungsklauseln, die mittelbar den Entfall des Wahlrechts des Insolvenzverwalters bewirken, da das Vertragsverhältnis bereits vor oder mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Schuldner und Vertragspartner beendet wird.

Derartige Lösungsklauseln geben einer Vertragspartei das Recht, sich unter bestimmten, im Vertrag näher bezeichneten Umständen von ihrer Leistungspflicht zu lösen (vgl. § 10 Nr. 3 AGBG a.F.). Die Leistungspflicht kann je nach Inhalt der Abrede durch einseitige Erklärung, wie Kündigung, Rücktritt, Widerruf, oder durch den Eintritt einer in der Vereinbarung bestimmten auflösenden Bedingung beendet werden.

 

Rn 3

Im hier anstehenden Problemzusammenhang sind insbesondere Klauseln relevant, die ein entsprechendes Lösungsrecht an eine Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners anknüpfen, indem für den Eintritt des Lösungsrechts auf den Eintritt eines Insolvenzgrunds, die Stellung eines Insolvenzantrags oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens abgestellt wird.

Ist die Leistungspflicht des anderen Teils aufgrund der Klausel bereits vor Verfahrenseröffnung oder spätestens mit der Eröffnung des Verfahrens entfallen, geht das Wahlrecht des Verwalters, die Vertragserfüllung zu verlangen, ins Leere.

2. Gesetzgebungsverfahren

 

Rn 4

Der vordergründig umfassende und klare Wortlaut der Bestimmung, der auch die geschilderten Lösungsklauseln erfassen kann, muss jedoch angesichts des Verlaufs des Gesetzgebungsverfahrens relativiert werden, da die ursprüngliche Fassung des Regierungsentwurfs nur eingeschränkt in das Gesetz übernommen worden ist.

§ 137 des Regierungsentwurfs zur InsO sah neben Abs. 1, der dem jetzigen § 119 entspricht, einen weiteren Abs. 2 vor, der explizit auch vertraglich vereinbarte Lösungsrechte für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens für unwirksam erklärte und weiter bestimmte, dass vertraglich vereinbarte Lösungsrechte, die allgemein an eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse einer Vertragspartei anknüpfen, nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht mehr geltend gemacht werden konnten.

In einem weiteren Abs. 3 des Entwurfs wurde klargestellt, dass vertraglich vereinbarte Lösungsrechte wegen Verzugs oder anderer Vertragsverletzungen von den Regelungen der Abs. 1 und 2 unberührt bleiben sollten.

Im Verlauf der Beratungen des Rechtsausschusses wurden die Abs. 2 und 3 des Entwurfs ersatzlos gestrichen, da vertragliche Vereinbarungen über die Auflösung eines gegenseitigen Vertrags im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse einer Vertragspartei durch die InsO nicht in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt werden sollten.

Die mit diesen Lösungsklauseln verbundene mittelbare Einschränkung bzw. Beseitigung insbesondere des Wahlrechts des Insolvenzverwalters sollte keinen ausreichenden Grund für einen schwerwiegenden Eingriff in die Vertragsfreiheit bilden.

Ergänzend wurde angeführt, dass eine Unwirksamkeit vertraglicher Lösungsrechte sanierungsfeindliche Wirkung habe, da potenzielle Vertragspartner eines sanierungsbedürftigen Unternehmens das Risiko einer Bindung nicht eingehen würden, sofern auch bei drohender oder eingetretener Insolvenz keine Lösungsmöglichkeit bliebe. Des Weiteren wurde angeführt, dass auch im internationalen Geschäftsverkehr Wert darauf gelegt werde, bei Insolvenz eines Vertragspartners die Vertragsauflösung herbeizuführen.[1]

[1] BegrRechtsA, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S 315.

3. Wirksamkeit von Lösungsklauseln

 

Rn 5

Wegen des geschilderten Verlaufs des Gesetzgebungsverfahrens wird nunmehr z.T. die Auffassung vertreten, dass lediglich unmittelbare Einschränkungen des Verwalterwahlrechts und der sonstigen Rechtsfolgen der §§ 103 ff. gemäß § 119 unwirksam sind, mittelbare Beschränkungen als Folge einseitiger Lösungsrechte jedoch uneingeschränkt wirksam sein soll...

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