Rn 5

Wegen des geschilderten Verlaufs des Gesetzgebungsverfahrens wird nunmehr z.T. die Auffassung vertreten, dass lediglich unmittelbare Einschränkungen des Verwalterwahlrechts und der sonstigen Rechtsfolgen der §§ 103 ff. gemäß § 119 unwirksam sind, mittelbare Beschränkungen als Folge einseitiger Lösungsrechte jedoch uneingeschränkt wirksam sein sollen.[2]

Die vom Rechtsausschuss angeführten Argumente für die Streichung insbesondere des Abs. 2 des Regierungsentwurfs vermögen indes kaum zu überzeugen.

 

Rn 6

Dass die zwingende Geltung der §§ 103 ff. und die damit verbundene Unwirksamkeit vertraglich vereinbarter Lösungsklauseln zu einem Eingriff in die Vertragsfreiheit führt, ist nicht zu bestreiten. Insgesamt stellt das Insolvenzverfahren als ein Verfahren der Gesamtvollstreckung per se einen Eingriff in die Vertragsfreiheit dar und soll gerade durch die Beseitigung bzw. maßgebliche Beschränkung privatautonomer Befugnisse der Verfahrensbeteiligten eine ordnungsgemäße Abwicklung des Schuldnervermögens unter Beachtung der Gleichbehandlung der Gläubiger gewährleisten.

Mit dem Argument des Rechtsausschusses, ein weitgehender Eingriff in die Privatautonomie sei nicht geboten, lässt sich letztlich der gesamte Regelungsgehalt der §§ 103 ff. ad absurdum führen.

 

Rn 7

Dass die Unabdingbarkeit der §§ 103 ff. auch durch mittelbare Beeinträchtigung sanierungsfeindlich sein soll, erstaunt schon deshalb, weil die Bestimmungen teilweise gerade der Erhaltung der Einheit des Unternehmens des Schuldners nach Antragstellung bzw. Eröffnung des Verfahrens für einen zumindest vorübergehenden Zeitraum dienen sollen, um Fortführungs- und Gesamtveräußerungsmöglichkeiten zu erkunden[3] und es allgemeines Ziel der Insolvenzordnung ist, eine Gläubigerbefriedigung ggf. auch durch Sanierung des Schuldnerunternehmens zu erreichen (§ 1).

 

Rn 8

Weshalb außergerichtliche Sanierungsversuche vor verfahrensmäßigen Versuchen privilegiert werden sollen mit der weiteren Konsequenz, dass bei Scheitern solcher außergerichtlicher Sanierungsversuche verfahrensmäßige Sanierungen regelmäßig nicht mehr in Betracht kommen, da die maßgeblichen Verträge schon durch Stellung des Antrags auf Eröffnung des Verfahrens oder durch die Verfahrenseröffnung aufgelöst sind oder einseitig aufgelöst werden können, ist nicht einsichtig.[4]

 

Rn 9

Ebenso wenig vermag der weitere Begründungsansatz zu überzeugen, dass einseitige Lösungsklauseln vom internationalen Rechtsverkehr gefordert werden, da in ausländischen Rechtsordnungen die Unwirksamkeit von Lösungsrechten für den Insolvenzfall ebenfalls bekannt ist.[5]

 

Rn 10

Schon zum bisherigen Recht der KO war die Rechtswirksamkeit von Lösungsklauseln, die die Anwendbarkeit des § 17 KO einschränkten oder ausschlossen, umstritten, einschlägige Rechtsprechung zu dieser Problematik ist nur in geringem Umfang vorhanden.[6] Die Rechtsprechung des BGH lässt insoweit zwar für die Vergangenheit eine Tendenz zur Zulassung von Lösungsklauseln erkennen, dies muss jedoch für die Rechtslage nach Geltung der InsO nicht präjudizierend sein.

In einer von den Befürwortern der Wirksamkeit von Lösungsklauseln angeführten Entscheidung[7] wurden zwar Ausführungen zur Rechtswirksamkeit einer Lösungsklausel gemacht, andererseits aber verdeutlicht, dass im Hinblick auf (den nicht Gesetz gewordenen) § 137 Abs. 2 Satz 1 EInsO die Wirksamkeit von Lösungsklauseln zu verneinen sei.

 

Rn 11

Aufgrund des umfassenden Wortlauts der jetzigen Fassung der Vorschrift und des maßgeblichen Ziels des Gesetzgebers, eine vorzeitige Zerschlagung des Schuldnerunternehmens zu vermeiden, kann auch aus der jetzigen Gesetzesfassung die Unzulässigkeit von Lösungsklauseln gefolgert werden, die an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners anknüpfen und damit mittelbar zu einer Beeinträchtigung des Verwalterwahlrechts gemäß § 103 oder zum Unterlaufen von Kündigungsbeschränkungen für den anderen Teil gemäß §§ 108 ff., insbesondere § 112 führen.

 

Rn 12

Soweit sich der Schuldner bislang vertragstreu verhalten hat, greifen Vertragsklauseln nicht, die im Falle der Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners, der Stellung eines Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens das Recht für den Vertragspartner begründen, sich von der Leistungspflicht zu lösen, sei es durch einseitige Erklärung oder durch Formulierung einer entsprechenden auflösenden Bedingung. Sie sind regelmäßig wegen Verstoßes gegen § 119 unwirksam.

 

Rn 13

Für die Wirksamkeit solcher Lösungsklauseln kann nicht darauf abgestellt werden, dass diese lediglich eine Rechtsfolge der Verfahrenseröffnung antizipieren,[8] da nach der neueren Rechtsprechung des BGH[9] die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum Erlöschen der wechselseitigen Leistungsverpflichtungen führt. Mit dieser Argumentation wird missachtet, dass bei vorzeitiger Lösung gerade das Wahlrecht des Insolvenzverwalters entfällt, das die Möglichkeit der Neubegründung der bisheri...

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