Rn 30

Mit dem MoMiG ist Abs. 2 ergänzt worden. Diese Ergänzung enthält eine Legaldefinition der Führungslosigkeit einer juristischen Person, die dann gegeben ist, wenn die Gesellschaft keinen organschaftlichen Vertreter mehr hat, des Weiteren wird der Kreis derjenigen Personen festgelegt, die anstelle des (nicht mehr vorhandenen) organschaftlichen Vertreters angehört werden können. Führungslosigkeit einer juristischen Person ist demnach nur dann gegeben, wenn kein einziger organschaftlicher Vertreter mehr vorhanden ist. Die bloße Nichterreichbarkeit oder ein unbekannter Aufenthalt des organschaftlichen Vertreters stellt keine Führungslosigkeit dar.[18] Einen Fall der Führungslosigkeit kann man auch nicht damit begründen, dass man in einem Untertauchen eine konkludente Amtsniederlegung des Geschäftsführers sieht.[19] Das faktische Nichterreichen eines Geschäftsführers der sich auf einer Forschungsreise befindet, reicht ebenfalls nicht für die Bejahung einer Führungslosigkeit im Sinne des Abs. 2 Satz 2.[20]

Ist eine juristische Person führungslos, können einzelne Gesellschafter (bei der AG also auch Aktionäre, bei der Genossenschaft auch einzelne Genossen) angehört werden, wobei die tatsächliche Durchführung einer Anhörung im Ermessen des Insolvenzgerichtes steht. Grundsätzlich regeln die spezialgesetzlichen Vorgaben die Vertretung der juristischen Personen. Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gemäß § 99, 101 treffen diese Personen indes als solche nicht.

Im Falle der Bejahung der Führungslosigkeit der juristischen Person steht dem Gericht ein Ermessen zu, ob es die an der schuldnerischen juristischen Person beteiligten Personen anhört. Dazu gehören nicht nur die Gesellschafter, sondern auch die Mitglieder des Aufsichtsrates bei AG oder Genossenschaften.[21]

Sind diese beteiligten Personen ihrerseits im Ausland oder der Aufenthalt unbekannt, würde die Anhörung insgesamt verzögert, sodass sie unterbleiben kann. Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 verweist ausdrücklich auf Abs. 1 Satz 1.

[18] AG Hamburg, Beschl. v. 27.11.2008 – 67c IN 478/08, ZInsO 2008, 1331; Römermann, NZI 2008, 641 (645); HambKomm-Rüther, § 10 Rn. 11; a.A. Gehrlein, BB 2008, 846 (848).
[19] AG Hamburg, Beschl. v. 27.11.2008 – 67c IN 478/08, ZInsO 2008, 1331; Römermann, NZI 2008, 641 (645); HambKomm-Rüther, § 10 Rn. 11; a.A. Gehrlein, BB 2008, 846 (848).
[20] AG Potsdam, Beschl. v. 24.01.2013 – 35 IN 978/12, ZInsO 2013, 515.
[21] HambKomm-Rüther, § 10 Rn. 12.

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