Leitsatz

Das Hauptzollamt ist als für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer zuständige Behörde nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 KraftStG an die von den Zulassungsbehörden vorgenommene und in den Fahrzeugpapieren dokumentierte Beurteilung der Schadstoff-, Kohlendioxid- und Geräuschemissionen, anderer Bemessungsgrundlagen technischer Art sowie der Fahrzeugklassen und Aufbauarten gebunden, soweit das Kraftfahrzeugsteuergesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt. Hierbei macht der Senat deutlich, dass nach allgemeiner Auffassung auch ein (materiell) rechtswidriger Grundlagenbescheid umzusetzen ist.

 

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall betreibt der Steuerpflichtige einen landwirtschaftlichen Betrieb. Er ist Halter von zwei Sattelzugmaschinen des gleichen Typs, die ausschließlich in seinem landwirtschaftlichen Betrieb zum Transport landwirtschaftlicher Produkte einsetzt werden. Aus den Fahrzeugpapieren (Zulassungsbescheinigung Teil I, § 11 FZV) ergibt sich jeweils der Fahrzeugklassenschlüssel 89 und der Aufbauschlüssel 1000. Ausweislich Tz. 5.1 des seinerzeit gültigen Verzeichnisses zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern des Kraftfahrtbundesamts (KBA-Verzeichnis), Stand Mai 2016 (siehe www.kba.de), handelt es sich dabei um Ackerschlepper, welche in den Zulassungsdokumenten als "LOF.Zugm.Ackerschlepper" ausgewiesen werden.

Antragsgemäß gewährte das Hauptzollamt nach § 3 Nr. 7 KraftStG eine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für das Halten der beiden Fahrzeuge und setze die Kraftfahrzeugsteuer jeweils auf jährlich 0 EUR fest. Im weiteren Verlauf teilte das Hauptzollamt dem Halter der Fahrzeuge mit, eine Steuerbefreiung komme nicht (mehr) in Betracht, da es sich bei den Fahrzeugen um Sattelzugmaschinen handele; Sattelzugmaschinen seien jedoch ausdrücklich von der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 7 KraftStG ausgenommen. Das Hauptzollamt erließ entsprechend nach den Vorschriften der AO und des KraftStG geänderte Bescheide in denen die Kraftfahrzeugsteuer für die Fahrzeuge auf jährlich 1.681 EUR und 556 EUR festgesetzt wurde. Die hiergegen erhobenen Einsprüche wies das Hauptzollamt mit der Begründung zurück, es handele sich bei den Fahrzeugen um Sattelzugmaschinen, die ausdrücklich von der Begünstigung nach § 3 Nr. 7 KraftStG ausgenommen seien. Die Tatsache, dass es sich bei den beiden Fahrzeugen um Sattelzugmaschinen handelt ist im Übrigen unstreitig.

 

Entscheidung

In seinem Urteil hat sich der Senat intensiv mit der Einstufung der Fahrzeuge in das KBA-Verzeichnis auseinandergesetzt und hierbei festgestellt, dass die Vorgaben der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen (FZV) zum Straßenverkehr folgerichtig umgesetzt seien. Die FZV unterscheidet dabei strikt zwischen Zugmaschinen (§ 2 Nr. 14 FZV), also Kraftfahrzeugen, die nach ihrer Bauart überwiegend zum Ziehen von Anhängern bestimmt und geeignet sind und Sattelzugmaschinen (§ 2 Nr. 15 FZV), welche als Zugmaschinen für Sattelanhänger definiert sind. Vor dem Hintergrund dieser Unterscheidbarkeit folgt aus Sicht des Senats, dass durch die Einstufung eines Kraftfahrzeugs als Zugmaschine "LOF.Zugm.Ackerschlepper" gleichsam, dass es sich nicht um den spezielleren Fall einer Sattelzugmaschine handelt. Dementsprechend ließ das KBA-Verzeichnis schon zum Zeitpunkt der geänderten Zulassung der Fahrzeuge unter den Fahrzeugklassenschlüsseln 87 und 88 eine Einordnung als Zugmaschine oder als Sattelzugmaschine zu. Die Unterscheidung zwischen Zugmaschinen und Sattelzugmaschinen setzt § 2 Nr. 16 FZV für land- oder forstwirtschaftlich genutzten Fahrzeuge nicht fort. Diese in der FZV nicht vorgesehene Unterscheidung setzt sich aufgrund der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG für den Bereich der Kraftfahrzeugsteuer fort. Eine landwirtschaftliche Zugmaschine ist daher keine Sattelzugmaschine. Damit steht zwar fest, dass die in der Zulassung festgehaltenen Feststellungen unzutreffend sind. Jedoch hat dies für die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids keine Bedeutung.

 

Hinweis

Der Senat folgt mit seiner Entscheidung der Linie, die durch Art. 2 Nr. 1 des Verkehrsteueränderungsgesetzes v. 5.12.2012 (BGBl 2012 S. 2431) Eingang in das Kraftfahrzeugsteuergesetz gefunden hat. Dies hat zur Folge, dass für die Beurteilung der Schadstoff-, Kohlendioxid- und Geräuschemissionen, anderer Bemessungsgrundlagen technischer Art sowie der Fahrzeugklassen und Aufbauarten die Feststellungen der Zulassungsbehörden verbindlich sind. Durch diese Formulierung bleibt kein Raum für eine eigene Auslegung des Verkehrsrechts durch die für die Festsetzung und Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer zuständigen Behörden; dies sind seit 1.7.2014 die Hauptzollämter. Für die Praxis, insbesondere in Fällen, in denen der Fahrzeughalter Einspruch gegen einen Kraftfahrzeugsteuerbescheid erhebt und diesen mit fehlerhaften Besteuerungsgrundlagen technischer Art (§ 2 Abs. 1 KraftStG) begründet, wäre der Weg Widerspruch bei der Zulassungsbehörde wegen fehlerhafter Angaben in den Zulassungsdokumenten (§§ 11, 12 FZV: Z...

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