Leitsatz

Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft gegen eine Zuzahlung des Veräußerers erworben, kann beim Erwerber ein passiver Ausgleichsposten auszuweisen sein.

 

Normenkette

§ 249 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 250 Abs. 2, § 251, § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2, § 255 Abs. 1, § 265 Abs. 5 Satz 2, § 301 Abs. 3, § 309 Abs. 2 HGB

 

Sachverhalt

Klägerin war eine GmbH, die Waren exportierte und handelte. Mit Kaufvertrag vom 15.12.1989 erwarb sie von der P-GmbH (P) alle Anteile an der B-GmbH (B). Der Kaufpreis war aufgrund der Bilanz der B zum 31.12.1989 zu ermitteln; er bestand in der Differenz zwischen den Aktiv- und Passivposten (ohne Ansatz von Kapital- bzw. Jahresfehlbeträgen) zuzüglich eines Betrags für stille Reserven/Firmenwert von 50.000 DM. Bei Vertragsabschluss war von der Klägerin "Akonto des Kaufpreises" eine Summe von 75.000 DM zu entrichten. Die Abrechnung des Kaufpreises hatte zum 30.6.1990 zu erfolgen. Im Fall einer Überzahlung war die P verpflichtet, der Klägerin den entsprechenden Betrag zu erstatten.

Zwei Gesellschafter der Klägerin verpflichteten sich, Sicherheiten zugunsten einer Bank für die Einräumung von Krediten an die B durch Begebung neuer Sicherheiten abzulösen. Insoweit war eine selbstschuldnerische Bürgschaft gegenüber der Bank abzugeben. Weder aus den Sicherheiten noch der Bürgschaft ergaben sich in der Folgezeit Inanspruchnahmen.

Die Bilanz der B zum 31.12.1989 wies für das Jahr 1989 einen Verlust i.H.v. rd. 795.000 DM aus. Die Summe der Aktiva – im Wesentlichen Vorräte und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen – belief sich auf rd. 2.346.000 DM, die Summe der Passiva – im Wesentlichen bestehend aus Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und Lieferantenverbindlichkeiten – betrug rd. 2.886.000 DM. Hieraus errechnete sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag (negatives Kapital) laut Bilanz von rd. 540.000 DM.

Im Hinblick auf den festgestellten Verlust der B im Jahr 1989 führten die Klägerin und P im Verlauf des Jahres 1990 erneut Verhandlungen über die Höhe des Kaufpreises für die Geschäftsanteile an der B. Am 5.12.1990 einigten sie sich hierüber wie folgt: "P hat Akonto des Kaufpreises am 15.12.1989 eine Zahlung von 75.000 DM erhalten. P verpflichtet sich, diesen Betrag bis zum 30.11.1990 an die Klägerin zurückzuzahlen. Zur Abgeltung der Ansprüche der Klägerin aus dem Vertrag vom 15.12.1989 verpflichtet sich P zur Zahlung von DM 160.000 (in monatlichen Raten von 10.000 DM)."

Die Klägerin verbürgte sich im Hinblick auf die Überschuldung der B selbstschuldnerisch für Bankverbindlichkeiten der B.

Im Jahr 1990 erzielte die B einen Überschuss i.H.v. ca. 23.000 DM, das negative Kapital belief sich zum 31.12.1990 auf rd. 513.000 DM. 1991 erzielte B einen Jahresüberschuss von ca. 8.500 DM, das negative Kapital betrug rd. 508.000 DM. 1991 wurde das Stammkapital der B um 550.000 DM auf 220.000 DM herabgesetzt.

In ihrer Bilanz zum 31.12.1989 wies die Klägerin die erworbene Beteiligung an der B mit den vorläufigen Anschaffungskosten von 75.000 DM aus. In der Bilanz zum 31.12.1990 als Grundlage für die streitigen Steuerbescheide 1990 berichtigte sie den Ansatz dieser Beteiligung auf 1 DM. Die sich aus der Vereinbarung vom 5.12.1990 ergebende Forderung gegen P i.H.v. 160.000 DM führte die Klägerin erfolgsneutral einer Kapitalrücklage zu.

Das FA behandelte den Zugang der Forderung über 160.000 DM demgegenüber erfolgswirksam und erließ entsprechende Bescheide.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg (EFG 2004, 1324, 1315).

 

Entscheidung

Der BFH verwies die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das FG zurück. Zwar komme die Bildung eines passiven Ausgleichspostens aufgrund der geleisteten Zuzahlung prinzipiell in Betracht, um der Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs zu entsprechen.

Allerdings setze das voraus, dass die streitige Zuzahlung i.H.v. 160.000 DM aus dem Kaufvertrag über die Anteile an der B und insbesondere dessen Bestimmungen zur Bemessung des Kaufpreises auf der Grundlage eines positiven oder negativen Kapitals der B folge, sich somit als "negativer Kaufpreis" für diese Anteile selbst darstelle. Alternativ käme in Betracht, dass es sich um Entgelt für die Risikoübernahme durch die Klägerin im Zusammenhang mit deren selbstschuldnerischen Verbürgung handle.

 

Hinweis

1. Anschaffungsvorgänge sind nach den GoB prinzipiell erfolgsneutral auszuweisen. Es liegt eine bloße Bilanzumschichtung in Höhe der Anschaffungskosten vor. Zu den Letzteren gehören alle Folge- und Nebenkosten ebenso wie nachträgliche Minderungen des Anschaffungspreises.

2. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Verkäufer vom Erwerber nicht einen (positiven) Kaufpreis erhält, sondern stattdessen seinerseits an den Erwerber eine Zuzahlung leistet, etwa wegen ungünstiger Ertragserwartungen beim Unternehmenskauf, und zwar auch des Erwerbs eines Anteils von Sachgesamtheiten in Form eines Unternehmens und eines gesamthänderischen Anteils an einer Personengesellschaft (asset deal) oder einer Beteiligung a...

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