Leitsatz

1. Der Steuerpflichtige kann innerhalb des Begünstigungszeitraums von fünf Jahren frei wählen, in welcher Höhe er die Sonderabschreibungen nach § 4 FördG im einzelnen Kalenderjahr in Anspruch nimmt.

2. Im Rahmen einer zulässigen Bilanzänderung kann der Steuerpflichtige ihm zustehende, im Jahr der Bilanzänderung aber noch nicht oder nicht in voller Höhe geltend gemachte Sonderabschreibungen erstmals oder mit einem höheren Betrag in Anspruch nehmen. Dies gilt auch dann, wenn er die im Jahr der Bilanzänderung noch nicht ausgeschöpften Sonderabschreibungen in den Bilanzen der Folgejahre schon beansprucht hat.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erhielt für die Sanierung ihres Betriebshofs öffentliche Zuschüsse und nahm für die Streitjahre 1996 bis 1998 auch für die bezuschussten Herstellungskos­ten (zu Unrecht) Sonderabschreibungen nach § 4 FördG in Anspruch. Das FA korrigierte dies im Rahmen einer Betriebsprüfung und ließ Sonderabschreibungen nur von dem um die Zuschüsse geminderten Buchwert zu. Die Klägerin beantragte daraufhin, die durch die Streichung der Sonderabschreibungen eingetretenen Gewinnerhöhungen 1996 und 1997 durch Inanspruchnahme bisher nicht ausgenutzter Sonderabschreibungen auszugleichen.

Dem widersprach das FA mit der Begründung, das in diesen Jahren nicht ausgenutzte Sonderabschreibungsvolumen sei durch den Einsatz in der Bilanz 1998 verbraucht worden. Das FG wies die Klage ab (EFG 2004, 1878).

 

Entscheidung

Durch die Übernahme der vom FA vorgenommenen Korrekturen hat die Klägerin Bilanzberichtigungen vorgenommen, die sie durch die anderweitige Verteilung der Sonderabschreibungen im Weg von Bilanzänderungen ausgleichen konnte. Das Wahlrecht zur beliebigen Verteilung des Sonderabschreibungsvolumens ging der Klägerin durch die Inanspruchnahme im Jahr 1998 nicht verloren.

 

Hinweis

Der Steuerpflichtige darf die Bilanz auch nach ihrer Einreichung beim FA ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des EStG nicht entspricht (sog. Bilanzberichtigung, § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG). Eine Bilanzberichtigung, die grundsätzlich nur vom Steuerpflichtigen, nicht vom FA vorgenommen werden kann, liegt auch vor, wenn das FA einen unrichtigen Bilanzansatz korrigiert und der Steuerpflichtige diesen übernimmt.

Wird eine Bilanzberichtigung, d.h. die Korrektur eines unrichtigen Bilanzansatzes, durchgeführt, kann sie vom Steuerpflichtigen, soweit die Bilanzberichtigung reicht, im Weg der Ersetzung eines weder dem Grund noch der Höhe nach fehlerhaften und damit zulässigen Bilanzansatzes durch einen ebenfalls zulässigen Bilanzansatz (sog. Bilanzänderung) ausgeglichen werden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG).

Im Weg der Bilanzänderung können daher Sonderabschreibungen für begünstigte Investitionen nach § 4 FördG anderweitig auf die Jahre des Begünstigungszeitraums verteilt werden. Dabei kann der Steuerpflichtige den jährlichen Umfang der Sonderabschreibungen innerhalb des Fünfjahreszeitraums frei nach seiner Wahl bestimmen. Er kann die insgesamt zulässigen Abschreibungen gleichmäßig verteilen oder sie daher z.B. auch bereits im Erstjahr voll in Anspruch nehmen. Ändert der Steuerpflichtige die zunächst in zulässigem Umfang vorgenommene jährliche Verteilung dadurch, dass er die Höhe der ihm zustehenden Abschreibungen innerhalb des Fünfjahreszeitraums anders verteilt, handelt es sich somit um die Ersetzung eines zulässigen Bi­lanzansatzes zugunsten eines anderen, ebenfalls zulässigen Ansatzes und folglich um eine Bilanzänderung.

Das Recht zur beliebigen Verteilung der Sonderabschreibungen wird nicht dadurch „verbraucht”, dass der Steuerpflichtige sein Wahlrecht hinsichtlich der Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen für ein bestimmtes Jahr, auch ein Folgejahr, ausgeübt hat. Denn der Umfang des Abschreibungsvolumens bestimmt sich aus der Sicht des jeweiligen Bilanzstichtags, zu dem der bisherige Ansatz geändert werden soll.

Werden die Sonderabschreibungen anderweitig verteilt, ändern sich rückwirkend die bisherigen Bilanzansätze. Die jeweils geänderte Schlussbilanz ist der Gewinnermittlung der Veranlagung zugrunde zu legen. Die nunmehr fehlerhaften Ansätze in den Bilanzen der Folgejahre sind nach den Grundsätzen des Bilanzenzusammenhangs zu berichtigen.

Die Korrektur eines Wertansatzes in der Schlussbilanz, der sich auf die Höhe des Gewinns der Folgejahre auswirkt, ist ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung (§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO) für die Folgejahre, bei denen sich der Wertansatz Gewinn erhöhend oder Gewinn mindernd auswirkt. Daher können auch bereits bestandskräftige ESt-Bescheide der Folgejahre geändert werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.10.2007, III R 39/04

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