Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberaterhaftung bei Beratung entgegen der im Beratungszeitpunkt aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung und Verwaltungsübung auch bei späterer Rechtsprechungsänderung. Verjährungsbeginn

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der steuerliche Berater hat seine Beratung an einer dem Mandanten günstigen höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich auch dann auszurichten, wenn sie im Schrifttum bekämpft wird und nicht auszuschließen ist, daß sie sich in Zukunft ändert.

2. Hat der steuerliche Berater eine rechtliche Gestaltung empfohlen, die eine steuerliche Mehrbelastung bewirkt hat, welche bei Beachtung der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung infolge der darauf beruhenden ständigen Praxis der Finanzbehörden nicht eingetreten wäre, ist ein dem Berater zuzurechnender Schaden auch dann zu bejahen, wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung sich später ändert und auf der Grundlage der neuen Auffassung der erteilte Rat nicht fehlerhaft gewesen wäre.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Beratung hinsichtlich einer Ausschöpfung steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten für Bodenschätze im Zusammenhang mit der Geprägetheorie.

2. Auch ein Feststellungs-(Grundlagen-)Bescheid des Finanzamts ist wegen der von ihm ausgehenden Bindungswirkung (vgl. § 171 Abs. 10 AO) geeignet, die Verjährungsfrist für die Haftung nach § 68 StBerG in Lauf zu setzen.

 

Normenkette

BGB §§ 675, 249; StBerG §§ 33, 68

 

Verfahrensgang

OLG Celle (Urteil vom 01.07.1992; Aktenzeichen 3 U 191/91)

LG Göttingen (Urteil vom 02.05.1991; Aktenzeichen 2 O 78/88)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.09.2000; Aktenzeichen IX ZR 6/99)

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die in einer Sozietät verbundenen beklagten Steuerberater – der Erstbeklagte ist zugleich Rechtsanwalt – wegen falscher steuerlicher Beratung auf Schadensersatz in Anspruch.

Im Jahre 1975 erfuhr der Kläger, daß auf einem Teil des von ihm bewirtschafteten, ihm zu Miteigentum gehörenden Landgutes Bodenmaterial lagere, welches für den Bau eines nahen Autobahn-Teilstücks verwendbar sei. Der Kläger wollte dieses Bodenvorkommen in Zusammenarbeit mit seinem Informanten, dem Kaufmann B., nutzen. Im Frühjahr 1977 unterrichtete der Kläger davon den Erstbeklagten – der in der Folgezeit allein für ihn tätig wurde – und bat um steuerliche Beratung. Dabei ging es von Anfang an wesentlich darum, bei fortschreitendem Bodenabbau die steuerliche Anerkennung von Abschreibungen für Substanzverringerungen (AfS) gemäß § 7 Abs. 6 EStG zu sichern.

Im Laufe des Jahres 1979 riet der Erstbeklagte zur Gründung einer OHG, die mit Vertrag vom 4. Juli 1980 – rückwirkend auf den 1. Juli 1979 – vereinbart und anschließend im Handelsregister eingetragen wurde. In diese Gesellschaft brachte der Kläger den Besitz und das Ausbeutungsrecht am Grund und Boden ein. Schon am 14. März 1979 hatte B. auf einen von ihm im Februar 1978 gestellten Antrag die Abgrabungsgenehmigung durch das Regierungspräsidium erhalten. Am 20. August 1979 hatten der Kläger und B. mit der Arbeitsgemeinschaft A 33 eine Vereinbarung über die Nutzung der besagten Flächen im Umfang der Abgrabungsgenehmigung geschlossen. In den folgenden Jahren wurde das Bodenvorkommen teilweise abgebaut.

Mit Bescheid vom 4. August 1982 lehnte das Finanzamt die Durchführung einer gesonderten Gewinnfeststellung mit der Begründung ab, die Einkünfte der OHG seien als solche aus Vermietung und Verpachtung anzusehen. Nachdem es diesen Bescheid im anschließenden finanzgerichtlichen Verfahren aufgehoben hatte, erließ das Finanzamt am 21. September 1983 einen Bescheid zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. AfS wurden darin wiederum nicht anerkannt. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Mit Urteil vom 23. September 1986 bestätigte das Finanzgericht die Auffassung der Finanzverwaltung. Die klageabweisende Entscheidung wurde rechtskräftig.

Am 20. November 1986 vereinbarten die Parteien die Beendigung des Mandatsverhältnisses. Der neue Steuerberater veranlaßte, daß Mitte des Jahres 1987 die Gesellschaftsform in eine GmbH & Co. KG geändert wurde. Aufgrund einer im Jahre 1988 durchgeführten Betriebsprüfung behandelt das Finanzamt nunmehr die Gesellschaft mit Wirkung vom 1. Januar 1984 als Gewerbebetrieb und berücksichtigt AfS aus der Abgrabung.

Frühestens um die Jahreswende 1986/87 beauftragte der Kläger Rechtsanwälte mit der Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber den Beklagten. Mit der ihnen am 12. Februar 1988 zugestellten Klage verlangt er Schadensersatz, weil die Einkünfte der Gesellschaft in den Jahren 1979 bis 1983 steuerlich als solche aus Vermietung und Verpachtung behandelt und infolgedessen keine AfS anerkannt wurden. Er ist der Auffassung, der Beklagte zu 1) habe es versäumt, ihm die Errichtung einer GmbH & Co. KG mit B. zu empfehlen. Der Kläger meint, eine solche Gesellschaft wäre als Gewerbebetrieb eingestuft worden und hätte ab 1979 AfS geltend machen können. Die Beklagten, die eine Pflichtverletzung leugnen und einen Schaden bestreiten, berufen sich auch auf Verjährung.

Die – im Berufungsrechtszug noch in Höhe von 200.000 DM aufrechterhaltene – Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in dieser Höhe weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.

1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Erstbeklagte habe den Kläger nicht fehlerhaft beraten. Nach der damals geltenden Regelung (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1979) seien OHG und GmbH & Co. KG gleichgestellt gewesen. Eine OHG habe sich schneller und kostengünstiger verwirklichen lassen. Die Gesellschaft habe nur Vermögensverwaltung betrieben. Sie habe lediglich das Ausbeuterecht an dem Grundstück einem Dritten zur Nutzung überlassen. Die Entgelte daraus seien Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Die Gesellschaft wäre daher richtigerweise auch dann nicht als Gewerbebetrieb anerkannt worden, wenn sie in der Form einer GmbH & Co. KG geführt worden wäre. Dies sei durch die Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 25. Juni 1984 (BFHE 141, 405), mit der er die „Gepräge”-Rechtsprechung aufgegeben habe, klargestellt worden. Die durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 (BGBl I 1985, 2436) später bewirkte gesetzliche Verankerung der „Gepräge”-Rechtsprechung habe auf die Beurteilung des hier streitigen Zeitraums keinen Einfluß mehr.

2. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Inhalt des vom Kläger erteilten Auftrags war die Beratung in allen steuerlichen Fragen, die mit der beabsichtigten Nutzung des Bodenvorkommens zusammenhingen. Dazu gehörte insbesondere die Aufgabe, dem Kläger – sofern steuerrechtlich möglich – eine Gestaltung seiner geschäftlichen Beziehung zu B. zu empfehlen, bei der er den Bodenschatz als notwendiges Betriebsvermögen in einen Gewerbebetrieb einlegen und auf diese Weise entsprechend dem Bodenabbau AfS (§ 7 Abs. 6 EStG) in Anspruch nehmen konnte. Dabei hatte der Beklagte kraft des erhaltenen Auftrags den Kläger umfassend steuerlich zu beraten, ihm insbesondere den relativ sichersten Weg aufzuzeigen und ihn möglichst vor Schaden zu bewahren (BGH, Urt. v. 24. September 1986 – IVa ZR 236/84, ZIP 1986, 1468, 1470 f; v. 25. Februar 1987 – IVa ZR 162/85, WM 1987, 721, 723; v. 7. Mai 1992 – IX ZR 151/91, NJW-RR 1992, 1110, 1112; v. 3. Dezember 1992 – IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1140). Infolgedessen mußte der Erstbeklagte dem Kläger die Rechtsform empfehlen, die am besten geeignet war, die gewünschte steuerliche Rechtsfolge zu bewirken. Mit der Errichtung einer GmbH & Co. KG wären die mit einer OHG insoweit verbundenen Risiken – die sich im Streitfall zum Nachteil des Klägers ausgewirkt haben – vermieden worden.

a) Die Inanspruchnahme von AfS gemäß § 7 Abs. 6 EStG setzt die Unterhaltung eines Gewerbebetriebes voraus. Zwar gehören nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1979 zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG, einer KG und einer anderen Personengesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist. Jedoch begründete die Vorschrift insoweit nur eine Vermutung, die durch den Nachweis, daß kein Handelsgewerbe betrieben wird, widerlegt werden konnte (BFHE 67, 492; 80, 154, 159; 108, 383, 386). Beschränkte sich die Tätigkeit der Gesellschaft darauf, einem Dritten die Ausbeutung von Bodenschätzen zu gestatten, verneinte die Rechtsprechung in der Regel einen Gewerbebetrieb; die Einkünfte wurden als solche aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) behandelt (BFHE 97, 542; 104, 553; 111, 43). Mit entsprechender Begründung hat das Finanzamt auch im Streitfall Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit nicht anerkannt.

Demgegenüber sah die finanzgerichtliche Rechtsprechung im Zeitpunkt der Beratung sowohl für die Gewerbe- als auch für die Einkommensteuer Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen einer Personengesellschaft immer als gewerbliches Unternehmen an, wenn an der Gesellschaft neben natürlichen Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, die der Personengesellschaft ihr Gepräge gibt und ihre Tätigkeit entscheidend bestimmt. Das wurde bei einer GmbH & Co. KG, bei der die GmbH der einzige persönlich haftende und geschäftsführende Gesellschafter ist, ohne Ausnahme bejaht (BFHE 84, 471; 106, 331; 118, 559, 561; Zusammenfassung der Rechtsprechung in BFHE 141, 405, 424). Nach dieser Rechtsprechung wären daher die Einkünfte der Jahre 1979 bis 1983 bei Gründung einer GmbH & Co. KG als solche aus gewerblicher Tätigkeit zu behandeln gewesen.

b) An dieser den Interessen seines Mandanten günstigen Rechtsprechung hätte der Erstbeklagte seine Beratung ausrichten müssen. Daß diese Auffassung des Bundesfinanzhofs im Schrifttum sehr umstritten war und mit der Entscheidung des Großen Senats vom 25. Juni 1984 (BFHE 141, 405, 423 ff) später aufgehoben wurde, entlastet den Beklagten zu 1) nicht. Der Steuerberater hat aufgrund seiner Verpflichtung, die Interessen des Mandanten bestmöglich zu wahren, die sich aus einem bestimmten Verhalten der Finanzbehörde für diesen ergebenden günstigen Rechtsfolgen sogar dann zu beachten, wenn es mit einer höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in Einklang steht (Senatsurt. v. 7. Mai 1992 – IX ZR 151/91, NJW-RR 1992, 1110, 1112). Erst recht muß er daher seine Beratung an eine den steuerlichen Absichten des Mandanten entgegenkommende höchstrichterliche Rechtsprechung auch dann anpassen, wenn diese in der Literatur bekämpft wird. Dies folgt aus seiner Aufgabe, den zur Durchsetzung der Interessen des Mandanten günstigsten zulässigen Weg zu wählen.

Für die Beurteilung, ob der Steuerberater diesen Anforderungen gerecht geworden ist, kommt es, wenn zu den einschlägigen Rechtsfragen eine höchstrichterliche Rechtsprechung besteht, in der Regel allein auf die Rechtslage an, die sich infolge dieser Rechtsprechung im Zeitpunkt der Beratung ergibt. Ist diese Rechtsprechung für das von dem Mandanten angestrebte steuerliche Ergebnis günstig, gilt das in besonderem Maße. Als es darum ging, eine Gesellschaft zu gründen, bestand eine jahrelange höchstrichterliche Rechtsprechung, die Einkünfte einer GmbH & Co. KG immer als gewerblich im Sinne des Einkommensteuergesetzes behandelte. Das hätte den Beklagten zu 1) veranlassen müssen, diese Gesellschaftsform zu empfehlen. Der Jahre später vollzogene Wandel der Rechtsprechung hat auf die Beurteilung, ob die Beratung pflichtwidrig war, keinen Einfluß mehr; denn der Beklagte hat zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Errichtung der Gesellschaft den Rat versäumt, der geeignet war, dem Kläger ohne Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen später nicht mehr entziehbare steuerliche Vorteile zu sichern. Es kommt daher insoweit nicht darauf an, ob aus heutiger Sicht die ursprüngliche „Gepräge”-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs rechtsirrig erscheint und daher bei fehlerfreier Gesetzesauslegung schon 1979 eine GmbH & Co. KG nur unter denselben Voraussetzungen wie eine OHG als Gewerbebetrieb hätte anerkannt werden dürfen.

Es spielt auch keine Rolle, ob sich im Jahre 1979 die später vollzogene Änderung der Rechtsprechung bereits andeutete. Da dem Kläger im Streitfall durch die Gründung einer GmbH & Co. KG – unabhängig vom Fortbestand der damals geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung – im Vergleich zu den steuerlichen Vorteilen keine wesentlichen Nachteile drohten und im übrigen die gewählte Gesellschaftsform jederzeit wieder hätte geändert werden können, hat der Beklagte zu 1) durch die Empfehlung, eine OHG zu gründen, für den Kläger ein unnötiges Risiko geschaffen und damit seinen vertraglichen Pflichten aus dem erteilten Mandat zuwidergehandelt. Das geschah auch schuldhaft, weil er die damalige höchstrichterliche Rechtsprechung zur gewerblichen Tätigkeit einer GmbH & Co. KG hätte kennen und deren Bedeutung für das vom Kläger angestrebte steuerliche Ziel hätte beachten müssen.

II.

1. Das Berufungsgericht meint weiter, eine eventuelle Pflichtverletzung des Erstbeklagten sei jedenfalls für den behaupteten Schaden nicht ursächlich geworden. Zur Begründung hat es ausgeführt:

a) Der Kläger habe nicht dargetan, daß es ihm gelungen wäre, 1977 oder 1979 eine GmbH & Co. KG zu gründen. Selbst der Errichtung einer OHG seien monatelange Verhandlungen vorausgegangen.

b) Davon abgesehen seien AfS auch deshalb vom Finanzgericht zu Recht versagt worden, weil die Gesellschaft keine Anschaffungskosten gehabt habe. Das Bodenvorkommen sei nicht im Privatbereich des Klägers, sondern nur im Zusammenwirken der mit B. gebildeten Gemeinschaft als Wirtschaftsgut konkretisiert worden.

2. Diese Gründe tragen die Klageabweisung ebenfalls nicht. Die Pflichtverletzung des Erstbeklagten hatte zur Folge, daß dem Kläger AfS in der Zeit bis 1983 versagt wurden.

a) Die Revision beanstandet die Begründung des Berufungsgerichts, der Kläger habe nicht dargetan, daß B. der Errichtung einer GmbH & Co. KG zugestimmt hätte, zu Recht als verfahrensfehlerhaft. Die Beklagten haben in den Tatsacheninstanzen nicht bestritten, daß eine Gründung der GmbH & Co. KG statt einer OHG möglich gewesen wäre. Sie haben sich lediglich gegen die Behauptung des Klägers gewehrt, sie hätten schon 1977 eine entsprechende Gesellschaftsform empfehlen müssen, und vorgetragen, die für eine entsprechende Beratung erforderliche Information habe der Beklagte zu 1) erst im Laufe des Jahres 1979 erhalten. Unter Hinweis auf die Dauer der Verhandlungen über den OHG-Vertrag haben sie zudem bestritten, daß der Kläger und B. sich noch im Jahre 1979 über die Gründung einer GmbH & Co. KG einig geworden wären. Im Jahre 1980 hätte daher unstreitig eine GmbH & Co. KG errichtet werden können. Für eine Gründung bereits im Jahre 1979 im Falle sachgerechter Beratung durch den Beklagten zu 1) hat der Kläger Beweis angetreten.

b) Die Annahme, das Finanzamt hätte selbst bei Bildung einer GmbH & Co. KG AfS gemäß § 7 Abs. 6 EStG nicht anerkannt, ist rechtlich nicht haltbar.

aa) Allerdings folgt aus den Vorschriften der §§ 7 Abs. 1 und 6 EStG, 11 d EStDV 1965, daß AfS bei Wirtschaftsgütern, für die keine Anschaffungskosten entstanden sind, nicht geltend gemacht werden können. Nach dem Zweck der genannten Vorschriften soll nicht der beim Abbau entstehende Wertverlust ausgeglichen, sondern der Aufwand für den Erwerb eines Wirtschaftsguts auf den Zeitraum seiner Nutzung verteilt werden (BFHE 124, 450, 453; 128, 226, 228; 154, 358, 361). Gemäß § 11 d Abs. 2 EStDV sind daher bei Bodenschätzen, die der Steuerpflichtige auf einem ihm gehörenden Grundstück entdeckt hat, AfS nicht zulässig. Als Anschaffungskosten gelten jedoch die Werte, zu denen die Wirtschaftsgüter im Falle einer Einlage in eine gewerblich tätige Gesellschaft anzusetzen sind (BFHE 124, 501, 503; 140, 270, 271 f; 150, 534, 536). Eine solche Einlage bejaht die höchstrichterliche Rechtsprechung, wenn der Bodenschatz im Privatvermögen entdeckt und erst hernach in ein gewerbliches Unternehmen eingebracht worden ist (BFHE 124, 501, 503; 150, 534, 536 f).

bb) Bodenschätze stellen steuerrechtlich kein besonderes, vom Grund und Boden getrenntes Wirtschaftsgut dar, solange der Eigentümer den Bodenschatz nicht selbst nutzt oder durch einen anderen nutzen läßt. Das Bodenvorkommen wird erst dann ein Wirtschaftsgut im einkommensteuerrechtlichen Sinne, wenn der Eigentümer darüber verfügt, indem er es zu verwerten beginnt. Das ist der Fall, sobald der Bodenschatz in den Verkehr gebracht wird, d. h. mit seiner Aufschließung begonnen wird oder mit ihr zu rechnen ist (BFHE 137, 32, 35; 150, 534, 536). Wird der Bodenschatz nicht in die Gesellschaft eingebracht, entsteht er vielmehr originär im gewerblichen Bereich, können keine (fiktiven) Anschaffungskosten nach § 7 Abs. 6 EStG abgeschrieben werden (BFHE 128, 226, 229; 154, 358, 362).

cc) Im Streitfall ist der Bodenschatz im Privateigentum des Klägers greifbar geworden. Die Grundstücke, in denen sich das zum Abbau geeignete Bodenvorkommen befand, gehörten zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen des Klägers. Da für den Abbau eine behördliche Genehmigung erforderlich war, entstand der Bodenschatz als Wirtschaftsgut erst, sobald er aufgrund der erteilten Genehmigung in Verkehr gebracht werden durfte (BFH BStBl II 1990, 317, 319). Zu diesem Zeitpunkt (14. März 1979) befand sich der Bodenschatz noch im rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum des Klägers. Daß nicht er selbst, sondern B. im Einvernehmen mit ihm die Genehmigung beantragt und erhalten hatte, ändert – entgegen der Ansicht des Finanzgerichts Münster im Urteil vom 23. September 1986 – nichts an der Entstehung des Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Klägers. Nach den von den Parteien nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen war der Bodenschatz im Zeitpunkt der Genehmigung noch nicht dem Gewerbebetrieb übertragen; denn zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger das Verfügungsrecht über das Bodenvorkommen. Außerdem war die Art und Weise der Beteiligung von B., insbesondere die Frage, ob mit ihm zusammen eine Gesellschaft gegründet wurde, nicht geklärt. Die Überführung in einen gewerblichen Betrieb hing daher noch von einer Entscheidung des Klägers ab. Die spätere Überleitung des Wirtschaftsgutes in das Gesellschaftsvermögen ist daher nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen ein Unternehmer Grundstücke für gewerbliche Zwecke erworben und sogleich in der Bilanz des Unternehmens ausgewiesen hat (vgl. BFHE 124, 501, 503 f; 128, 226, 229; 137, 32, 35; 150, 534, 537 f). Demzufolge hat die Finanzverwaltung nach Anerkennung der Gesellschaft als Gewerbebetrieb insoweit niemals Einwendungen erhoben und die beantragten AfS ab 1984 ohne Einschränkung gewährt.

c) Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, ihm sei durch die Versagung der AfS für die Jahre 1979 bis 1983 ein wirtschaftlicher Nachteil in Höhe von über 500.000 DM entstanden. Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht getroffen, so daß von diesem Vorbringen in der Revisionsinstanz auszugehen ist. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der erlittenen Verluste.

Bei der Beurteilung, ob dem Kläger aus fehlerhafter Beratung ein Schaden entstanden ist, hat das für den Regreßprozeß zuständige Gericht grundsätzlich nicht darauf abzustellen, wie die zuständige Verwaltungsbehörde oder das damals angerufene Gericht ohne die Pflichtverletzung tatsächlich entschieden hätte, sondern aufgrund der gesamten Sach- und Rechtslage selbständig darüber zu befinden, wie das betreffende Verfahren ohne den dem Berater zur Last fallenden Fehler richtigerweise hätte ausgehen müssen (BGHZ 36, 144, 154; 72, 328, 330; 79, 223, 225 f; BGH, Urt. v. 2. Juli 1987 – IX ZR 94/86, NJW 1987, 3255; v. 24. März 1988 – IX ZR 114/87, NJW 1988, 3013, 3015). Wesentlich für diese Rechtsprechung ist vor allem die Erwägung, daß es bei wertender Betrachtungsweise nicht als Schaden im Rechtssinne angesehen werden kann, wenn sich im Haftungsprozeß herausstellt, daß die Partei im Vorprozeß objektiv zu Recht unterlegen war (Senatsurt. v. 2. Juli 1987 aaO).

Trotzdem braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden, ob zum damaligen Zeitpunkt die „Gepräge”-Rechtsprechung (BFHE 84, 471; 106, 331; 118, 559, 561) das Gesetz zutreffend auslegte oder der seit dem Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 25. Juni 1984 (BFHE 141, 405, 424 ff) – bis zum Inkrafttreten von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG in der Fassung des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 (BGBl I 1985, 2436) – vertretenen Auffassung zu folgen ist, die die GmbH & Co. KG grundsätzlich nur unter denselben Voraussetzungen wie eine OHG als Gewerbebetrieb ansieht. Der vorbezeichnete Grundsatz der selbständigen Rechtsprüfung durch das Regreßgericht erfährt dann eine Ausnahme, wenn der Verwaltungsbehörde ein Ermessensspielraum zustand oder eine Bindung aufgrund allgemeiner Verwaltungsübung eingetreten war. In solchen Fällen ist die mutmaßliche Behördenentscheidung festzustellen (BGHZ 79, 223, 226 ff; BGH, Urt. v. 23. Februar 1959 – III ZR 77/58, NJW 1959, 1125, 1126; v. 6. Februar 1991 – VIII ZR 26/90, WM 1991, 765). Nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung darf die Finanzbehörde nicht willkürlich in Einzelfällen, die von einer ergangenen Verwaltungsanweisung gedeckt sind, deren Anwendung ablehnen (vgl. dazu BFHE 105, 458, 459; 126, 217, 219; Tipke/Kruse, AO/FGO 14. Aufl. § 4 AO Rdnr. 32 ff, vor § 204 AO Rdnr. 31; Klein/Orlopp, AO 4. Aufl. § 4 Anm. 5 e). Aus einer solchen ständigen Verwaltungsübung erwächst ein rechtlich geschütztes Vertrauen des Steuerpflichtigen, das auch bei Beurteilung der Frage, ob er durch das Verhalten des Beraters geschädigt wurde, zu beachten ist (vgl. BGHZ 79, 223, 230 f; BGH, Urt. v. 6. Februar 1991 aaO S. 768). Das wirkt sich hier zugunsten des Klägers aus.

Unstreitig hatte – nachdem der Bundesfinanzhof in einem Beschluß vom 10. November 1977 (BStBl II 1978, 15) erstmals Zweifel hatte anklingen lassen, ob eine Personengesellschaft im Falle einer GmbH & Co. KG generell als Gewerbebetrieb anzusehen sei – die Oberfinanzdirektion Münster durch Rundverfügung vom 30. Mai 1979 angeordnet, daß bis zu einer abschließenden Entscheidung die „Gepräge”-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in solchen Fällen weiter anzuwenden sei. Danach ist nicht zweifelhaft, daß die Finanzbehörde bei Errichtung einer GmbH & Co. KG einen Gewerbebetrieb bejaht und infolgedessen AfS nach § 7 Abs. 6 EStG nicht beanstandet hätte. Die Gründung einer Gesellschaft bedeutete, entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung, keinen Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsformen im Sinne des § 42 AO. Davon ist auch das Finanzamt bereits im Einspruchsverfahren gegen den Feststellungsbescheid vom 4. August 1982 und seither ständig ausgegangen. Folglich wäre es nicht mehr zu einem Prozeß vor dem Finanzgericht gekommen.

III.

1. Schließlich meint das Berufungsgericht, der Klageanspruch sei verjährt. Die dreijährige Frist des § 68 StBerG habe mit der Gründung der OHG am 4. Juli 1980 begonnen. Der Schaden sei mit der rechtlichen Bindung an den Tatbestand, der den behaupteten steuerlichen Nachteil herbeigeführt habe, eingetreten. Damit sei ein eventueller Sekundäranspruch spätestens seit dem 3. Juli 1986 verjährt.

2. Dagegen wendet sich die Revision ebenfalls mit Erfolg.

a) Der Beklagte zu 1) hat den Kläger hinsichtlich der zu wählenden Gesellschaftsform unzureichend beraten. Auch in Fällen mangelhafter Gestaltungsberatung beginnt die Verjährung grundsätzlich frühestens mit Zugang des Steuerbescheides, wenn ein solcher ergehen muß, um die steuerlichen Folgen des Gestaltungsgeschäfts zu regeln (Senatsurt. v. 2. Juli 1992 – IX ZR 268/91, NJW 1992, 2766, 2767 z. V. in BGHZ 119, 69 bestimmt; v. 3. Dezember 1992 – IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1141; v. 10. Dezember 1992 – IX ZR 54/92, NJW 1993, 1137, 1138). Der Fehler des Beklagten wäre folgenlos geblieben, wenn die Finanzbehörde auch die OHG als Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG anerkannt hätte. Erst durch den Erlaß des Steuerbescheides, der die Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung behandelte und demzufolge AfS nach § 7 Abs. 6 EStG versagte, wirkte sich die Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) für den Kläger nachteilig aus. Der Schaden des Klägers war daher frühestens mit Zugang des negativen Gewinnfeststellungsbescheids vom 4. August 1982 eingetreten.

Auch ein Feststellungs-(Grundlagen-)Bescheid des Finanzamts ist wegen der von ihm ausgehenden Bindungswirkung (vgl. § 171 Abs. 10 AO) geeignet, die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen (Senatsurt. v. 2. Juli 1992 aaO S. 2768). Da der Feststellungsbescheid die für den Eintritt eines Schadens maßgebliche Frage – ob die gegründete OHG als Gewerbebetrieb anzusehen war – zum Nachteil des Klägers entschied, bildet er im Streitfall den zutreffenden Anknüpfungspunkt für den Beginn der Verjährung.

b) Ob der Lauf der Verjährungsfrist schon mit Zugang des Bescheides vom 4. August 1982 oder – wegen dessen Aufhebung im anschließenden finanzgerichtlichen Verfahren – erst aufgrund des am 21. Dezember 1983 ergangenen einheitlichen Feststellungsbescheids begann, braucht der Senat nicht zu entscheiden; denn in jedem Falle kann der Kläger verlangen, so gestellt zu werden, als wäre die Verjährung des Primäranspruchs nicht eingetreten (sogenannter Sekundäranspruch).

Aufgrund des Erlasses der Feststellungsbescheide sowie der Bearbeitung der dagegen gerichteten Rechtsbehelfsverfahren konnte der Erstbeklagte erkennen, daß der Rat, eine OHG zu gründen, fehlerhaft war. Damit hatte er zu einem Zeitpunkt, als das Mandat noch bestand, Veranlassung, den Kläger über seine Haftung und die maßgeblichen Verjährungsvorschriften zu belehren (vgl. BGHZ 83, 17, 21 ff; 114, 150, 157). Diese Belehrungspflicht blieb bestehen; denn der Kläger hat vor Ablauf der Primärverjährung keinen Rechtsrat in Anspruch genommen. Selbst dann, wenn die Primärverjährung erst mit Zugang des 1983 erlassenen Feststellungsbescheids einsetzte, war sie spätestens Ende September 1986 abgelaufen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger noch keinen Anwalt mit der Vertretung seiner Interessen gegenüber dem Beklagten beauftragt. Der Sekundäranspruch war noch nicht verjährt, als die Klage am 12. Februar 1988 zugestellt wurde.

c) Die Betriebsprüfung sowie die daraufhin in den ersten Monaten des Jahres 1985 ergangenen geänderten Steuerbescheide sind für den Lauf der Verjährungsfrist nicht von Bedeutung. Der aufgrund einer fehlerhaften Gestaltungsberatung entstandene wirtschaftliche Nachteil ist verjährungsrechtlich als ein Ganzes anzusehen, so daß grundsätzlich mit Eintritt des ersten Schadens eine einheitliche Verjährungsfrist zu laufen beginnt (Senatsurt. v. 3. Dezember 1992 – IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1141 m.w.N.). Im übrigen haben die Beklagten nicht dargetan, daß die Betriebsprüfung eine Erhöhung des hier geltend gemachten Schadens zur Folge hatte (vgl. BGHZ 114, 150).

IV.

Ist ein Ersatzanspruch des Klägers gegen den Erstbeklagten wegen fehlerhafter Steuerberatung begründet, haftet die Zweitbeklagte für diesen Schaden als Gesamtschuldnerin (§ 421 BGB).

Wer einen einer Sozietät angehörenden Steuerberater beauftragt, schließt den Vertrag – nicht anders als bei Einschaltung eines Anwalts – im Zweifel mit allen in der Sozietät verbundenen Steuerberatern und Rechtsanwälten (BGHZ 83, 328). Umstände, die im Streitfall auf einen davon abweichenden Willen des Klägers hindeuten, sind nicht vorgetragen. Daß beide Beklagte Steuerberater sind, nur der Erstbeklagte aber daneben gleichzeitig Rechtsanwalt ist, schließt ein Vertragsverhältnis des Klägers mit der Sozietät nicht aus. Die unterschiedliche berufliche Qualifikation der einzelnen Mitglieder der Sozietät hat lediglich zur Folge, daß eine gesamtschuldnerische Verpflichtung nur entstehen kann, soweit jeder die generellen rechtlichen und fachlichen Voraussetzungen zur Bearbeitung des erhaltenen Auftrags erfüllt. Daher konnte dem Kläger gegenüber allein im Bereich der Steuerberatung eine Mithaftung der Zweitbeklagten begründet werden. Da der Fehler, aus dem der Kläger seinen Ersatzanspruch herleitet, die steuerberatende Tätigkeit betrifft, hat die Beklagte zu 2) für den daraus entstandenen Schaden als Gesamtschuldner einzustehen.

V.

Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO).

Da die behauptete Schadenssumme den Klagebetrag übersteigt, wird der Kläger in der neuen Verhandlung zunächst angeben müssen, in welcher Reihenfolge er die Nachteile aus den Jahren 1979 bis 1983 geltend machen oder wie er sie auf die Klagesumme verteilen will. Ohne diese Klarstellung genügt die Klage nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 8. Dezember 1989 – V ZR 174/88, NJW 1990, 2068, 2069 m.w.N.).

Soweit der Kläger Schaden aus dem Jahre 1979 ersetzt verlangt, wird das Berufungsgericht zu klären haben, wann für den Beklagten zu 1) erstmals Veranlassung bestand, die Errichtung einer GmbH & Co. KG zu empfehlen, und ob bei rechtzeitiger Beratung eine solche Gesellschaft noch im Jahre 1979 gegründet worden wäre.

 

Fundstellen

BB 1993, 1682

NJW 1993, 2799

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