Entscheidungsstichwort (Thema)

Infolge Insolvenzeröffnung unterbrochener Rechtsstreit. Aufnahme des Rechtsstreits über angemeldete Insolvenzforderung. Grundstücksveräußerung an Dritten. Verjährung des Übereignungsanspruchs. Herausgabeanspruch des Gläubigers bei vollzogener Auflassung

 

Leitsatz (amtlich)

a) Lässt der Erbe die Insolvenzforderung gegen den Nachlass unbestritten, kann der unterbrochene Rechtsstreit gegen ihn nicht aufgenommen werden.

b) Veräußert der Schuldner nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Übereignung das Grundstück an einen Dritten, so kann der Gläubiger den Erlös (jedenfalls) dann herausfordern, wenn der Schuldner zum Veräußerungszeitpunkt die ihm obliegenden Erfüllungshandlungen (Auflassung, Bewilligung der Grundbuchumschreibung) bereits vorgenommen hatte.

 

Normenkette

ZPO § 240; InsO § 87; BGB §§ 194, 281 a.F., § 285

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 28.11.2000; Aktenzeichen 3 U 140/99)

LG Lübeck

 

Tenor

Die von dem Kläger erklärte Aufnahme des durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass des H. -J. H. B. unterbrochenen Rechtsstreits wird auf seine Kosten zurückgewiesen, soweit sie gegenüber dem Beklagten zu 1) erfolgt ist.

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen OLG in Schleswig v. 28.11.2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Aus Anlass ihrer Ehescheidung schlossen die Eltern des Klägers am 21.10.1958 einen Vergleich zur Regelung ihrer Vermögensverhältnisse. Zur Erfüllung dieses Vergleichs bot der Vater des Klägers dessen Mutter mit notariell beurkundeter Erklärung vom gleichen Tag an, ihr eine noch zu vermessende Teilfläche eines landwirtschaftlichen Grundstücks zu übereignen. Für den Fall der Annahme des Angebots, die erst nach vorheriger Erbeinsetzung zumindest eines der drei gemeinschaftlichen Kinder durch die Mutter des Klägers zulässig sein sollte, wurde diese von ihrem geschiedenen Ehemann unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB bevollmächtigt, die Auflassung zu erklären und entgegenzunehmen. Mit notariell beurkundeten Erklärungen v. 29.11.1958 setzte die Mutter des Klägers ihre drei Kinder zu gleichen Teilen als Erben ein und nahm sodann das Vertragsangebot an. Am 23.4.1961 ließ sie das zwischenzeitlich vermessene, in ihrem Besitz befindliche Grundstück in notarieller Form an sich selbst auf und bewilligte die Eintragung des Eigentumsübergangs in das Grundbuch. Hierzu kam es in der Folgezeit allerdings nicht. Im Jahr 1989 veräußerte der Vater des Klägers das Grundstück zum Preis von 180.000 DM (= 92.032,54 EUR) an die Gemeinde H. -U. , die am 13.2.1990 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde. Die Mutter des Klägers verstarb am 14.8.1996. Der Kläger ist ihr alleiniger Erbe.

Ursprünglich hat der Kläger seinen Vater auf Herausgabe des durch die Grundstücksveräußerung erzielten Erlöses in Anspruch genommen. Dieser hat die Einrede der Verjährung erhoben. Weiterhin hat er behauptet, er habe mit seiner geschiedenen Ehefrau nachträglich vereinbart, dass ihr lediglich ein Recht zur Nutzung des in seinem Eigentum verbleibenden Grundstücks zustehen solle. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nach Einlegung der Revision durch den Kläger ist dessen Vater am 9.5.2001 verstorben. Über den Nachlass ist am 18.11.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter hat die vom Kläger zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldete Klageforderung bestritten. Nach Aufnahme des Verfahrens begehrt der Kläger gegenüber dem Insolvenzverwalter - dem Beklagten zu 2) - die Feststellung der im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderung. Außerdem beantragt der Kläger, den Beklagten zu 1) - den alleinigen Erben seines Vaters - zur Zahlung von 92.032,54 EUR nebst Zinsen mit der Einschränkung zu verurteilen, dass die Zwangsvollstreckung erst nach Beendigung des Insolvenzverfahrens beginnen darf. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

A.

Die von dem Kläger erklärte Aufnahme des durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass des ursprünglichen Beklagten gem. § 240 S. 1 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits ist nur gegenüber dem Beklagten zu 2), nicht jedoch gegenüber dem Beklagten zu 1) wirksam.

Gemäß § 240 S. 1 ZPO bestimmen sich die Voraussetzungen, unter denen ein infolge Insolvenzeröffnung unterbrochener Rechtsstreit aufgenommen werden kann, nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften. Nach § 87 InsO können Insolvenzgläubiger, im Gegensatz zu Aus- und Absonderungsberechtigten sowie Massegläubigern (§ 86 Abs. 1 InsO), ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren, also durch Anmeldung zur Insolvenztabelle gem. §§ 174 ff. InsO (vgl. BGH, Urt. v. 23.12.1953 - VI ZR 1/52, LM Nr. 5 zu § 146 KO; Breuer in MünchKomm/InsO, § 87 Rz. 5 [17]), verfolgen. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die angemeldete Insolvenzforderung anhängig, dann kann er nur dann aufgenommen werden, wenn die Forderung vom Insolvenzverwalter oder einem anderen Insolvenzgläubiger (§§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 2 InsO) oder wenn sie vom Schuldner (§ 184 InsO) bestritten worden ist. Diesen Beschränkungen unterliegt auch die Aufnahme des vorliegenden Rechtsstreits. Insbesondere betrifft er nicht etwa deshalb die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO), weil der Kläger den von ihm verfolgten Zahlungsanspruch auf § 281 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (a.F.) stützt. Der nach dieser Bestimmung herauszugebende Ersatzwert fällt nicht unmittelbar in das Vermögen des Gläubigers; der Schuldner ist lediglich schuldrechtlich zur Herausgabe oder Abtretung verpflichtet (BGH, Urt. v. 21.12.1961 - III ZR 162/60, NJW 1962, 587 [588]; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 281 Rz. 35). § 281 Abs. 1 BGB a.F. begründet daher in der Insolvenz des Schuldners kein Recht zur Aussonderung oder Ersatzaussonderung gem. §§ 47, 48 InsO (vgl. RGZ 94, 20 [22 f.]; Kuhn/Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 48 Rz. 21). Vielmehr kann der Ersatzanspruch, wenn er - wie hier - keine Masseforderung gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO darstellt, nur als Insolvenzforderung (§§ 38, 39 InsO) geltend gemacht werden (Ganter in MünchKomm/InsO, § 47 Rz. 347; Emmerich in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 281 Rz. 23).

Ausweislich des von dem Kläger vorgelegten Auszugs aus der Insolvenztabelle ist die von ihm verfolgte Forderung im Nachlassinsolvenzverfahren angemeldet, geprüft und vom Insolvenzverwalter bestritten worden. Damit war es Aufgabe des Klägers, die Feststellung der Forderung durch Aufnahme des anhängigen Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter zu betreiben (§ 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO), wobei der ursprüngliche Leistungsantrag in einen Antrag auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle zu ändern war. Eine derartige Anpassung des Antrags an die veränderte Sachlage ist, wie hier geschehen, auch in der Revisionsinstanz zulässig (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.1953 - VI ZR 203/52, LM Nr. 4 zu § 146 KO; Urt. v. 23.12.1953 - VI ZR 1/52, LM Nr. 5 zu § 146 KO; Urt. v. 18.2.1965 - II ZR 205/61, WM 1965, 626; Urt. v. 11.11.1979 - I ZR 13/78, WM 1980, 164; Schumacher in MünchKomm/InsO, § 180 Rz. 23).

Dagegen hat der Beklagte zu 1), der als Erbe des ursprünglichen Beklagten Schuldner des Nachlassinsolvenzverfahrens ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.5.1969 - V ZR 86/68, NJW 1969, 1349; Siegmann, Rpfleger 2001, 260, m.w.N.), die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung nicht bestritten. Ihm gegenüber war der Kläger daher gem. § 184 InsO zu einer Aufnahme des Rechtsstreits nicht befugt. Bereits unter Geltung von § 12 KO, an dessen Stelle § 87 InsO getreten ist, konnte ein Konkursgläubiger den gem. § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreit nur dann abweichend von § 144 Abs. 2 KO gegen den nicht widersprechenden Gemeinschuldner aufnehmen, wenn er hinsichtlich der betreffenden Forderung auf eine Teilnahme am Konkursverfahren verzichtete (RGZ 29, 73 [74]; BGHZ 25, 395 [396 f.]; BGH v. 24.10.1978 - VI ZR 67/77, BGHZ 72, 234 f.; Urt. v. 28.3.1996 - IX ZR 77/95, GmbHR 1996, 462 = MDR 1996, 1288 = NJW 1996, 2035 f.; Kuhn/Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 144 Rz. 7). § 87 InsO schließt selbst diese eingeschränkte Möglichkeit einer persönlichen Inanspruchnahme des Insolvenzschuldners aus. Wie sich aus der gegenüber § 12 KO geänderten Fassung der Vorschrift ergibt, die nicht mehr nur "Forderungen auf Sicherstellung oder Befriedigung aus der Konkursmasse" erfasst, kann der Insolvenzschuldner während des Insolvenzverfahrens für Insolvenzforderungen nur noch nach Maßgabe der Vorschriften der Insolvenzordnung in Anspruch genommen werden, also nur dann, wenn er der angemeldeten Forderung widersprochen hat (Begründung zu § 98 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, 137; Blersch in Breutigam/Blersch/Goetsch, Insolvenzrecht, § 87 Rz. 1 [2, 5]; Eickmann in Heidelberger Komm./InsO, § 87 Rz. 4 [8]; Hess in Hess/Weis/Wienberg, InsO, § 87 Rz. 8; Kübler/Prütting/Lüke, InsO, § 87 Rz. 2 [6]; Breuer in MünchKomm/InsO, § 87 Rz. 17; Pape/Uhlenbruck, Insolvenzrecht, Rz. 575; Wittkowski in Nerlich/Römermann, InsO, § 87 Rz. 5; einschränkend: Schumacher in MünchKomm/InsO, § 184 Rz. 6 f.).

Die von dem Kläger erklärte Aufnahme des Rechtsstreits ist deshalb zurückzuweisen, soweit sie gegenüber dem Beklagten zu 1) erfolgt ist. Außerdem sind dem Kläger die durch die unberechtigte Aufnahme verursachten Kosten aufzuerlegen (vgl. Feiber in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 239 Rz. 32; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 239 Rz. 27; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 239 Rz. 7, § 240 Rz. 8).

B.

Soweit der Kläger den Rechtsstreit wirksam aufgenommen hat, ist die Revision begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, der mit der Klage geltend gemachte Anspruch stehe dem Kläger weder aus eigenem noch aus übergegangenem Recht seiner Mutter zu. Durch den zwischen seinen Eltern im Jahr 1958 geschlossenen Vertrag habe der Kläger kein eigenes Leistungsrecht erworben. Ansprüche seiner Mutter gem. §§ 280, 281 BGB a.F., die gem. § 1922 Abs. 1 BGB auf den Kläger als Erben hätten übergehen können, seien nicht entstanden. Denn bei Eintritt der Unmöglichkeit durch die im Jahr 1989 erfolgte Veräußerung des Grundstücks sei der Übereignungsanspruch seiner Mutter bereits verjährt gewesen.

Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

II.

1. Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, der Vater des Klägers sei auf Grund der von ihm und der Mutter des Klägers im Jahr 1958 abgegebenen notariellen Vertragserklärungen verpflichtet gewesen, dieser das hier in Rede stehende Grundstück zu übereignen (§§ 305, 313 S. 1 BGB a.F.).

Das von dem Vater des Klägers abgegebene Vertragsangebot war zwar an die Bedingung geknüpft, dass die Mutter des Klägers zumindest eines der drei gemeinschaftlichen Kinder als Erben einsetzte. Eine entsprechende Verpflichtung, die gem. § 2302 BGB zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrags geführt hätte, ist die Mutter des Klägers jedoch nicht eingegangen. Vielmehr hat sie noch vor Annahme des Vertragsangebots eine letztwillige Verfügung zu Gunsten ihrer drei Kinder getroffen und damit die Voraussetzungen für das Zustandekommen des Vertrags geschaffen. Der Fortbestand dieser letztwilligen Verfügung mag zwar Geschäftsgrundlage des die Übereignungsverpflichtung begründenden Vertrags gewesen sein, deren Wegfall sich nach § 242 BGB auf den Vertragsinhalt hätte auswirken können. Hierdurch wurde die von § 2302 BGB geschützte Testierfreiheit der Mutter des Klägers jedoch nicht eingeschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 9.2.1977 - IV ZR 201/75, NJW 1977, 950; s.a. BGH, Urt. v. 17.9.1971 - V ZR 177/69, LM Nr. 1 zu § 533 BGB).

Die von dem Vater des Klägers übernommene Verpflichtung zur Übereignung des Grundstücks wäre allerdings wieder entfallen, wenn - wie von ihm behauptet - die Vertragsparteien nachträglich vereinbart hätten, er solle Eigentümer des Grundstücks bleiben und seiner geschiedenen Ehefrau lediglich die Grundstücksnutzung überlassen. Eine solche Vereinbarung hätte der in § 313 S. 1 BGB a.F. bestimmten Form nicht bedurft, da die Mutter des Klägers noch kein Anwartschaftsrecht in Bezug auf das Grundstückseigentum erworben hatte. Weder war zu ihren Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen worden noch hatte sie einen Antrag auf Umschreibung des Eigentums gestellt. Solange die Rechtsposition des Erwerbers aber noch nicht gesichert ist, kann die Aufhebung der den Veräußerer treffenden Übereignungsverpflichtung formfrei erfolgen (BGH v. 30.4.1982 - V ZR 104/81, BGHZ 83, 395 [398 f.]). Ob die vom ursprünglich beklagten Vater des Klägers behauptete Abrede tatsächlich getroffen wurde, hat das Berufungsgericht offen gelassen. Revisionsrechtlich ist deshalb davon auszugehen, dass eine die Übereignungsverpflichtung beseitigende Vereinbarung zwischen den Eltern des Klägers nicht zu Stande gekommen ist.

2. a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist dem Vater des Klägers die Erfüllung seiner Eigentumsverschaffungspflicht durch die im Jahr 1989 erfolgte Veräußerung des Grundstücks an die Gemeinde H. -U. unmöglich geworden. Dies hatte nach der gemäß Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB anwendbaren Vorschrift des § 281 Abs. 1 BGB a.F. zur Folge, dass die Mutter des Klägers die Herausgabe des von ihrem geschiedenen Ehemann vereinnahmten Kaufpreises i.H.v. 180.000 DM verlangen konnte. Einen Ersatz für den geschuldeten Gegenstand, den der Schuldner infolge des seine Leistung unmöglich machenden Umstands erlangt hat, stellt nämlich nach allgemeiner Auffassung auch das rechtsgeschäftliche Surrogat dar, also der Erlös, den der Schuldner durch die Veräußerung des geschuldeten Gegenstands erzielt (BGHZ 46, 260 [264]; BGH v. 11.10.1979 - VII ZR 285/78, BGHZ 75, 203 [206] = MDR 1980, 221; Emmerich in MünchKomm/BGB, § 281 Rz. 16; Staudinger/Löwisch, BGB, 2001, § 281 Rz. 31). Mit dem Tod seiner Mutter ist der Ersatzanspruch gem. § 1922 Abs. 1 BGB auf den Kläger als deren alleinigen Erben übergegangen.

b) Der Anspruch aus § 281 Abs. 1 BGB a.F. ist auch nicht verjährt. Ebenso wie der ursprüngliche Anspruch auf Übereignung des Grundstücks (vgl. BGH, Urt. v. 11.2.1958 - VIII ZR 34/57, DB 1958, 307; Urt. v. 10.2.1988, IVa ZR 249/86, MDR 1988, 652 = NJW-RR 1988, 902 [904]; Emmerich in MünchKomm/BGB, § 281 Rz. 28; Staudinger/Löwisch, BGB, 2001, § 281 Rz. 42) unterlag auch der Anspruch auf Herausgabe des von dem Vater des Klägers erzielten Veräußerungserlöses der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren (§ 195 BGB a.F.). Der Lauf der Verjährungsfrist begann mit dem Eintritt der Unmöglichkeit im Jahr 1989 (§ 198 S. 1 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB) und wurde durch die im Jahr 1998 erfolgte Klageerhebung unterbrochen (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.). Mit Beginn des 1.1.2002 ist die Verjährung gehemmt (Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es für den Anspruch aus § 281 Abs. 1 BGB a.F. jedenfalls in der hier vorliegenden Fallgestaltung ohne Belang, dass die für den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aus dem im Jahr 1958 geschlossen Vertrag geltende dreißigjährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen war, als die primär geschuldete Leistung im Jahr 1989 unmöglich wurde.

§ 281 Abs. 1 BGB a.F. will Vermögenswerte, die im Laufe wirtschaftlicher Vorgänge Personen zugeflossen sind, denen sie nach den maßgebenden Beziehungen zu anderen Personen nicht zukommen, denjenigen zuführen, denen sie gebühren. Die Vorschrift soll daher aus Erwägungen der Billigkeit und mit Rücksicht auf den vermuteten Parteiwillen eine unrichtig gewordene tatsächliche Verteilung der Vermögenswerte ausgleichen (RGZ 120, 297 [299 f.]; RGZ 138, 45 [48]; BGH, Urt. v. 4.3.1955 - V ZR 56/54, VersR 1955, 225 [226]; BGH, Urt. v. 10.2.1988 - IVa ZR 249/86, MDR 1988, 652 = NJW-RR 1988, 902 [903]; Erman/Battes, BGB, 10. Aufl., § 281 Rz. 1; Emmerich in MünchKomm/BGB, § 281 Rz. 2; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 281 Rz. 2). Dieser Regelungszweck legt es nahe, dem Gläubiger einen Anspruch auf den Ersatzwert zu versagen, wenn er den ursprünglichen Erfüllungsanspruch wegen dessen Verjährung nicht mehr hätte durchsetzen können (vgl. Küpper, VIZ 2000, 195 [197]). Ist der Schuldner berechtigt, die ihm obliegende Leistungshandlung dauerhaft zu verweigern (§§ 194 Abs. 1, 222 Abs. 1 BGB a.F.), dann darf er im Verhältnis zum Gläubiger über den Leistungsgegenstand nach seinem Belieben verfügen. Zwar steht es ihm frei, dessen fortbestehenden Anspruch trotz eingetretener Verjährung zu erfüllen (§ 222 Abs. 2 BGB a.F.). Er kann den Leistungsgegenstand jedoch auch behalten oder ihn an einen Dritten veräußern, ohne sich dem Gläubiger gegenüber einer vertraglichen Pflichtverletzung schuldig zu machen. Dies spricht dafür, nach Vollendung der Verjährung im Verhältnis der Vertragsparteien untereinander sowohl den primär geschuldeten Gegenstand als auch den an dessen Stelle getretenen Ersatzwert als dem Schuldner gebührend anzusehen.

Etwas Anderes gilt jedoch dann, wenn bei erfolgsbezogenen Schuldverhältnissen die Leistung, d.h. der Eintritt des Leistungserfolgs, unmöglich wird, nachdem der Schuldner die ihm obliegende Leistungshandlung bereits vollständig vorgenommen hat (zur Ambivalenz des Leistungsbegriffs vgl. Kramer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 241 Rz. 7). In diesem Fall werden die rechtlichen Beziehungen der am Schuldverhältnis Beteiligten durch den Ablauf der für den ursprünglichen Erfüllungsanspruch geltenden Verjährungsfrist nicht berührt. Kann der Gläubiger vom Schuldner ein - weiteres - Tätigwerden nicht verlangen, dann fehlt es insoweit an einem Anspruch, der gem. § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung unterliegen könnte. Hat der Schuldner das zur Herbeiführung des Leistungserfolgs seinerseits erforderliche getan, dann kann er den Rechtserwerb des Gläubigers nicht mehr durch die Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechts gem. § 222 Abs. 1 BGB a.F., § 214 Abs. 1 BGB verhindern. Vielmehr trifft ihn gem. § 242 BGB die - auch nach Vertragserfüllung fortbestehende - vertragliche Nebenpflicht, alles zu unterlassen, was die Erreichung des Vertragszwecks und den Eintritt des Leistungserfolgs gefährden oder beeinträchtigen könnte (BGHZ 16, 4 [10]; BGH, Urt. v. 19.10.1977 - VIII ZR 42/76, NJW 1978, 260; Urt. v. 13.3.1996 - VIII ZR 99/94, NJW-RR 1996, 949 [950]; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 242 Rz. 29, § 280 Rz. 7). Ist der Schuldner somit nach Vornahme der Leistungshandlung nicht mehr dazu berechtigt, den Eintritt des Leistungserfolgs zu verhindern, dann gebührt der Leistungsgegenstand im Verhältnis der Vertragsparteien untereinander dem Gläubiger. Einen vom Schuldner nunmehr an Stelle des primär geschuldeten Gegenstands erlangten Ersatzwert kann der Gläubiger deshalb gem. § 281 Abs. 1 BGB a.F. herausverlangen.

Im vorliegenden Fall hatte der Vater des Klägers bei Eintritt der Unmöglichkeit die ihm obliegende Leistungshandlung bereits vorgenommen, so dass der Eintritt des Leistungserfolgs ausschließlich vom Willen der Mutter des Klägers abhing. Zur Erfüllung der Verpflichtung, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen, hat der Schuldner grundsätzlich alle Handlungen vorzunehmen, die für die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch erforderlich sind. Dies umfasst insbesondere die Mitwirkung bei der Auflassung (§ 20 GBO), die mangels gegenteiliger Anhaltspunkte zugleich die Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) enthält (BayObLG Rpfleger 1975, 26 [27]; OLG Köln MittRhNotK 1997, 325 [327]; Demharter, GBO, 24. Aufl., § 20 Rz. 2; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 433 Rz. 136). Darüber hinaus hat der Schuldner sämtliche grundbuchrechtlichen Eintragungshindernisse, etwa seine fehlende Voreintragung (§ 39 Abs. 1 GBO), zu beseitigen. Die Eintragung selbst gehört dagegen nicht zu den geschuldeten Leistungshandlungen, da sie eine behördliche Tätigkeit ist, die der Schuldner aus Rechtsgründen nicht besorgen kann (RGZ 118, 100 [102]; BGH, Urt. v. 18.6.1971 - V ZR 45/69, LM Nr. 25 zu § 157 [D] BGB; H.P. Westermann in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 433 Rz. 56; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 433 Rz. 136 f.; Staudinger/Köhler, BGB, 1995, § 433 Rz. 98). Indem der Vater des Klägers, vertreten durch dessen Mutter, die Auflassung formgerecht erklärt hat, hat er das zur Leistung seinerseits erforderliche getan. Da Eintragungshindernisse nicht vorlagen, war die Mutter des Klägers im Stande, durch Einreichung der Auflassung und des ihre Auflassungsvollmacht enthaltenden notariellen Vertragsangebots beim Grundbuchamt (§ 29 GBO) die Eigentumsumschreibung mit Erfolg zu beantragen. Hieran änderte sich durch den Ablauf der für den vertraglichen Übereignungsanspruch geltenden Verjährungsfrist nichts. Im Verhältnis der Eltern des Klägers untereinander gebührte das Grundstückseigentum nach wie vor dessen Mutter. Diese konnte daher auch den an die Stelle des Grundstückseigentums getretenen Veräußerungserlös gem. § 281 Abs. 1 BGB a.F. herausverlangen.

3. Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 7 EGZPO). Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 S. 1 ZPO a.F.), damit die bislang unterbliebenen Feststellungen zum behaupteten Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung nachgeholt werden können.

 

Fundstellen

BGHR 2005, 215

NJW-RR 2005, 241

WM 2004, 2443

WuB 2005, 217

WuB 2005, 255

MDR 2005, 382

ZErb 2005, 232

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