Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Versicherung des GmbH-Geschäftsführers bei Anmeldung zum Handelsregister. Konkrete Benennung einzelner Straftatbestände

 

Leitsatz (amtlich)

Die vom Geschäftsführer in der Anmeldung zum Handelsregister gem. § 8 Abs. 3 GmbHG abgegebene Versicherung, er sei "noch nie, weder im Inland noch im Ausland, wegen einer Straftat verurteilt worden", genügt den gesetzlichen Anforderungen. Es ist weder erforderlich, die in § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG genannten Straftatbestände noch die in Rede stehenden vergleichbaren Bestimmungen des ausländischen Rechts in der Versicherung im Einzelnen aufzuführen.

 

Normenkette

HGB § 13e Abs. 3, § 13g Abs. 2; GmbHG § 8 Abs. 3, § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3; FGG a.F. § 28 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Beschluss vom 05.02.2010; Aktenzeichen 11 Wx 118/09)

LG Mannheim (Beschluss vom 16.11.2009; Aktenzeichen 21 T 15/09)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des LG Mannheim vom 16.11.2009 und die Verfügungen des AG Mannheim vom 11.5.2009 und 18.5.2009 aufgehoben.

Das AG Mannheim - Registergericht - wird angewiesen, über den Antrag der Beteiligten über die Eintragung der Errichtung der Zweigniederlassung Karlsruhe/Baden in das Handelsregister vom 7.4.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

 

Gründe

Rz. 1

I. Die Beteiligte, eine im Handelsregister des Kantons Basel-Stadt eingetragene Schweizer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, meldete am 8.5.2009 bei dem zuständigen Registergericht eine Zweigniederlassung mit Sitz in Karlsruhe zur Eintragung ins Handelsregister an. Der Geschäftsführer der Beteiligten versicherte in der notariell beglaubigten Anmeldung für sich:

"a) Ich bin noch nie, weder im Inland noch im Ausland, wegen einer Straftat verurteilt worden. ... d) Über meine unbeschränkte Auskunftspflicht ggü. dem Gericht wurde ich vom beglaubigenden Notar belehrt."

Rz. 2

Das Registergericht hat diese Versicherung nicht für ausreichend gehalten, weil nach seiner Ansicht in der Eignungsversicherung gem. §§ 13e Abs. 3, 13g Abs. 2 HGB i.V.m. §§ 8 Abs. 3, 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG die dort genannten Straftatbestände zu nennen und einzeln zu verneinen seien. Die Beschwerde der Beteiligten vom 1.10.2009, welche sich gegen entsprechend begründete Zwischenverfügungen des Registergerichts vom 11.5.2009 und 18.5.2009 richtete, hat das LG Mannheim mit Beschluss vom 16.11.2009 zurückgewiesen.

Rz. 3

Das OLG möchte auf die dagegen von der Beteiligten eingelegte weitere Beschwerde den Beschluss des LG sowie die Verfügungen des Registergerichts aufheben, sieht sich hieran aber durch den Beschluss des OLG München vom 27.4.2009 (31 Wx 42/09, GmbHR 2009, 831) gehindert und hat die Sache daher dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.

Rz. 4

II. Die Voraussetzungen für die Vorlage gem. § 28 Abs. 2 FGG a.F. sind gegeben. Das OLG München hat in dem angeführten Beschluss die Ansicht vertreten, bei Anmeldung eines Liquidators gem. §§ 67 Abs. 3 Satz 1, 66 Abs. 4, 6 Abs. 2 Satz 2 GmbHG reiche die Versicherung nicht aus, der Liquidator sei "nicht wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten verurteilt worden". Von dieser obergerichtlichen Rechtsprechung, die - wie das vorlegende OLG zutreffend ausführt - die gleiche Rechtsfrage betrifft, würde das vorlegende OLG mit seiner beabsichtigten Entscheidung abweichen.

Rz. 5

III. Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende weitere Beschwerde der Beteiligten ist begründet. Sie führt - unter Aufhebung der die Ablehnung der Eintragung der inländischen Zweigniederlassung der Beteiligten zu Unrecht (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG a.F., § 546 Abs. 1 ZPO) bestätigenden Beschwerdeentscheidung des LG - zur Anweisung an das AG, über den Antrag der Beteiligten über die Eintragung der Errichtung der Zweigniederlassung Karlsruhe/Baden in das Handelsregister vom 7.4.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Rz. 6

Das Registergericht hat mit seinen Zwischenverfügungen vom 11.5.2009 und 18.5.2009 die begehrte Eintragung der Zweigniederlassung zu Unrecht davon abhängig gemacht, dass der Geschäftsführer der Beteiligten in der die in § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG genannten Straftatbestände zu nennen und einzeln zu verneinen habe.

Rz. 7

1. Gemäß § 13e Abs. 2 HGB ist die Errichtung einer Zweigniederlassung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz im Ausland zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. In der Anmeldung sind die Personen anzugeben, die befugt sind, als ständiger Vertreter für die Tätigkeit der Zweigniederlassung die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift gilt für die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft in Bezug auf die Zweigniederlassung § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 GmbHG entsprechend. Gemäß § 13g Abs. 2 HGB ist auf die Anmeldung die Vorschrift des § 8 Abs. 3 GmbHG anzuwenden, wonach die Geschäftsführer in der Anmeldung zu versichern haben, dass keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 GmbHG entgegenstehen. Danach wiederum kann Geschäftsführer nicht sein, wer innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten - des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung), - nach den §§ 283 bis 283d StGB (Insolvenzstraftaten), - der falschen Angaben nach § 82 GmbHG oder § 399 AktG, - der unrichtigen Darstellung nach § 400 des AktG, § 331 HGB, § 313 des UmwG oder § 17 des Publizitätsgesetzes oder - nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a StGB zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist. Dies gilt entsprechend bei einer Verurteilung im Ausland wegen einer Tat, die mit den genannten Taten vergleichbar ist.

Rz. 8

2. Die vom Geschäftsführer der Beteiligten in der Anmeldung abgegebene Versicherung, er sei "noch nie, weder im Inland noch im Ausland, wegen einer Straftat verurteilt worden", genügt diesen gesetzlichen Anforderungen. Es ist weder erforderlich, die in § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG genannten Straftatbestände noch die in Rede stehenden vergleichbaren Bestimmungen des ausländischen Rechts in der Versicherung im Einzelnen aufzuführen.

Rz. 9

a) Der Wortlaut des § 8 Abs. 3 GmbHG verlangt die ausdrückliche Benennung der einzelnen Straftatbestände des Katalogs gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG in der Versicherung des Geschäftsführers nicht. Auch der Sinn und Zweck dieser Vorschrift gebieten dies nicht. Die Vorschrift dient der Erleichterung des Anmeldungs- und Prüfverfahrens. Mit der Einführung der Versicherung gem. § 8 Abs. 3 GmbHG wollte der Gesetzgeber verhindern, dass das Registergericht zur Überprüfung der Umstände, die gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 GmbHG einer Stellung als Geschäftsführer entgegenstehen, selbst Auskunft aus dem Zentralregister einholen muss. Die Versicherung des Geschäftsführers hat mithin den Zweck, dem Registergericht auf schnelle und einfache Art diejenigen Informationen zu vermitteln, die es sich ansonsten - unter erhöhtem Verwaltungsaufwand - durch ein Auskunftsersuchen gem. § 41 Abs. 1 Nr. 1 BZRG selbst verschaffen müsste (BT-Drucks. 8/1347, S. 34). Eine Versicherung, in der ein Geschäftsführer - wie hier - weitergehend erklärt, er sei "noch nie, weder im Inland noch im Ausland, wegen einer Straftat verurteilt worden", beinhaltet selbstverständlich die Information, dass er (auch) nicht wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat im Sinne des Katalogs des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG bzw. einer vergleichbaren Auslandstat verurteilt wurde. Damit hat das Registergericht die für die Eintragungsentscheidung erforderliche tatsächliche Information erhalten, der Gesetzeszweck ist vollständig erreicht.

Rz. 10

b) Soweit im Anschluss an die herrschende Meinung, wonach die Erklärung des Geschäftsführers i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG jedes einzelne Bestellungshindernis aufführen und dessen Fehlen versichern müsse (vgl. auch BayObLGZ 1981, 396, 398 f.; BayObLG DB 1983, 2408 f.; H. Winter/Veil in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 8 Rz. 26; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 8 Rz. 16; Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 8 Rz. 17; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 17. Aufl., § 8 Rz. 16; Schmidt-Leithoff in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl., § 8 Rz. 23; Michalski/Heyder, GmbHG § 8 Rz. 36; Wicke, GmbHG § 8 Rz. 15; BeckOK GmbHG/C. Jaeger, Stand 15.10.2009 § 8 Rz. 19; Schaal in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 176. Aufl., § 8 GmbHG Rz. 5; Sudhoff/Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, 1992 S. 34; MünchHdbGesR III/Riemenschneider/Freitag 3. Aufl., § 8 Rz. 11; Karsten, GmbH-Recht § 1 Rz. 75), vertreten wird, dass auch die Straftatbestände, die ein Bestellungshindernis bilden können, im Einzelnen aufgeführt werden müssen (OLG München, Beschl. vom 27.4.2009 - 31 Wx 42/09, NZG 2009, 717; vgl. auch Wachter, GmbHR 2009, 785, 786 f.; Leitzen, GmbHR 2009, 1289, 1291; Kilian, Notar 2010, 13, 19) folgt dem der Senat nicht (ebenso Tebben, RNotZ 2008, 441, 449; Keidel/Krafka/Willer, Registerrecht 8. Aufl. Rz. 956 Fn. 4; vgl. auch Groß, Rpfleger 1982, 151 f.).

Rz. 11

Begründet wird diese Auffassung damit, dass die Versicherung nur dann die Grundlage für die Prüfung des Registergerichts darstellen könne, wenn aufgrund ihres Inhalts mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden könne, ob dem Erklärenden die Bestellungshindernisse im Einzelnen bekannt seien (OLG München, a.a.O.). Der Versicherung wird also eine doppelte Funktion zugewiesen: Sie soll dem Registergericht nicht nur die für die Eintragungsentscheidung notwendigen Informationen übermitteln, sondern auch erkennen lassen, dass dem Erklärenden Inhalt und Umfang seiner Erklärungspflicht bewusst sind.

Rz. 12

Dies entspricht nicht der Systematik und dem Zweck des Gesetzes. Wie ausgeführt, dient die Versicherung dazu, dem Registergericht die zur Prüfung von Bestellungshindernissen erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, um eine ansonsten erforderlich werdende eigene Recherche überflüssig zu machen. Ob die Versicherung richtig und vollständig ist, ist eine davon zu trennende Frage. Dies wird nach dem Willen des Gesetzgebers systematisch zum einen dadurch sichergestellt, dass der Geschäftsführer einer strafrechtlichen Verantwortung (§ 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) unterworfen ist (vgl. BT-Drucks. 8/1347, S. 34). Zum anderen ist der Erklärende gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG über seine unbeschränkte Auskunftspflicht vom Gericht oder den in Satz 2 dieser Vorschrift genannten rechtskundigen Personen zu belehren, was er wiederum zu versichern hat. Eventuell verbleibende Unklarheiten über Umfang und Bedeutung der zu versichernden Umstände, etwa zu der Frage, ob eine Auslandstat i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG "vergleichbar" ist, hat der Geschäftsführer zur Vermeidung von Haftungsrisiken vor Abgabe der Versicherung durch Inanspruchnahme rechtlicher Beratung zu klären. Insoweit gilt für die Versicherung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG nichts anderes als etwa für die - nicht selten von der Klärung schwieriger rechtlicher Vorfragen abhängenden - Versicherungen gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 GmbHG.

Rz. 13

Nicht überzeugend ist es deshalb, wenn die Pflicht zur Benennung der einzelnen Katalogstraftatbestände damit begründet wird, einem juristischen Laien sei möglicherweise nicht bewusst, dass nicht nur solche Straftaten die Bestellung als Geschäftsführer hindern, die im Strafgesetzbuch geregelt seien, sondern auch Straftatbestände, die im Handels- und Gesellschaftsrecht geregelt sind (OLG München, a.a.O.). Gerade der juristische Laie wird nicht zwischen dem gesetzlichen Regelungsort des Straftatbestandes differenzieren und so zu einem Rechtsirrtum gelangen. Er wird allerdings tatsächlich wissen, ob er überhaupt jemals wegen einer Straftat verurteilt worden ist oder ob dies - wie hier versichert - niemals geschehen ist.

Rz. 14

Die GmbH ist zudem inkonsequent, wenn sie hinsichtlich der ebenfalls zur Inhabilität des Geschäftsführers führenden Bestrafung wegen einer vergleichbaren Straftat im Ausland nicht dieselben formellen - allerdings praktisch nicht erfüllbaren - Anforderungen stellt.

 

Fundstellen

BB 2010, 2203

DB 2010, 1521

DStR 2010, 1582

WPg 2010, 900

NWB 2010, 2200

EBE/BGH 2010, 218

GmbH-StB 2010, 225

EWiR 2010, 533

FGPrax 2010, 246

MittBayNot 2010, 404

NZG 2010, 829

StuB 2010, 644

WM 2010, 1368

ZAP 2010, 740

ZIP 2010, 1337

ZIP 2010, 5

DNotZ 2010, 930

MDR 2010, 939

Rpfleger 2010, 513

GmbHR 2010, 812

NJW-Spezial 2010, 495

NWB direkt 2010, 749

NotBZ 2010, 406

StBW 2010, 664

StX 2010, 527

ZBB 2010, 314

GmbH-Stpr. 2010, 303

Rafa-Z 2010, 11

V&S 2010, 11

ZCG 2010, 239

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