Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Diakonisse, die Einzahlungen auf einen von ihr geschlossenen Bausparvertrag aus Mitteln der Diakonissenanstalt leistet und die Rechte aus dem Sparvertrag der Diakonissenanstalt überträgt, kann für die eingezahlten Sparbeiträge keine Wohnungsbau-Prämie verlangen.

 

Normenkette

WoPG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Bfin. ist Diakonisse. Sie vereinbarte mit ihrem Mutterhaus am 28. November 1958, daß sie einen Bausparvertrag im eigenen Namen über eine Vertragssumme von 13.000 DM abschließen werde; die Sparraten von jährlich 1.600 DM sollte die Diakonissenanstalt, ein eingetragener Verein, im Namen und auf Rechnung der Bfin. zahlen; die Vertragssumme einschließlich Zinsen, Sparprämien und Bauspardarlehen sollte ausschließlich zur Finanzierung bzw. Refinanzierung von Schwesternhäusern in den Niederlassungen der Diakonissenanstalt verwendet werden.

Demgemäß schloß die Bfin. mit Wirkung vom 1. November 1958 den Bausparvertrag über 13.000 DM ab. Im Streitjahr 1958 zahlte die Diakonissenanstalt 1.600 DM ein. Als der Bausparvertrag im Jahre 1960 zuteilungsreif wurde, übertrug die Bfin. ihre Rechte aus dem Vertrag einschließlich Wohnungsbau-Prämien auf den Verein zur Sicherung dienstunfähiger Schwestern und Beamten; der Verein stellte die Gelder der Diakonissenanstalt zum Bau und zur Finanzierung von Schwesternwohnhäusern zur Verfügung. Der Verein übernahm die Verpflichtungen der Bfin. aus dem Bausparvertrag als eigene Schuld und stellte sie besonders von allen Zahlungsverpflichtungen aus der Abwicklung des Vertrages frei. Solche Vereinbarungen schloß die Anstalt noch mit mehreren anderen Diakonissen; im Bereich einer Oberfinanzdirektion wurden etwa 60 Fälle festgestellt.

Das Finanzamt lehnte den Antrag der Bfin. auf Wohnungsbau-Prämie für das Jahr 1958 ab, weil es sich um einen Bausparvertrag der Anstalt handle. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht nahm einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts an. Bausparerin sei nicht die Bfin., sondern die Anstalt, die der Bfin. die Bausparbeiträge im eigenen Interesse zur Verfügung gestellt habe. Die Bfin. habe alle Rechte aus dem Sparvertrag auf die Anstalt übertragen. Sie habe allenfalls als Treuhänderin gehandelt. In solchen Fällen sei der Treugeber prämienberechtigt, wenn er eine natürliche Person sei. Da der Verein jedoch eine juristische Person sei, könne er keine Wohnungsbau-Prämie erhalten. Im übrigen würde, da der Verein viele Sparverträge geschlossen habe, der Höchstbetrag von 400 DM weit überschritten. Trotz des gemeinnützigen Motivs und des öffentlichen Interesses am Bau von Schwesternheimen könne die Wohnungsbau-Prämie nach dem Gesetz nicht gewährt werden. Im übrigen würden solche Einrichtungen nicht über das Wohnungsbau-Prämiengesetz (WoPG), sondern auf andere Weise öffentlich gefördert. Der Verein habe diese Möglichkeiten auch in Anspruch genommen.

Mit der Rb. rügt die Bfin. unrichtige Rechtsanwendung. Es widerspreche dem klaren Inhalt der Akten, daß das Finanzgericht den Bausparvertrag der Diakonissenanstalt zugerechnet habe. Es sei auch unerheblich, daß die Bausparbeiträge im Streitjahr 1958 aus fremden Mitteln geleistet worden seien; denn bis zum 31. Dezember 1958 habe für Bausparverträge nach dem WoPG kein Kreditverbot bestanden; ein solches sei erst durch das Gesetz zur änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts vom 18. Juli 1958 mit Wirkung ab 1. Januar 1959 eingeführt worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Die Vorentscheidung ist rechtlich einwandfrei. Der Senat hat sich in der Entscheidung VI 174/63 U vom 9. Juli 1965 (BStBl 1965 III S. 522) mit einem Fall befaßt, in dem es um die Gewährung der Sparprämie an einen katholischen Ordensangehörigen ging. In dieser Entscheidung hat der Senat ausgeführt, Ordensangehörigen sei wie allen Bürgern eine Sparprämie zu gewähren, wenn sie die Einlagen aus eigenen verfügbaren Mitteln geleistet hätten und wenn sie über die Rechte aus dem Sparvertag, besonders über die angesparte Summe, frei verfügen könnten. Werden jedoch Ordensangehörigen die Mittel zum Abschluß des Sparvertrages von ihrem Orden mit der Auflage zu Verfügung gestellt, das Sparguthaben einschließlich der Sparprämien nach Ablauf der Sperrfrist an den Orden zurückzuübertragen, so hat der Ordensangehörige die Sparraten nicht aus eigenen verfügbaren Mitteln geleistet. Das Ordensmitglied handelt dann bestenfalls als uneigennütziger Treuhänder des Ordens. Die ihm überlassenen Geldmittel bleiben wirtschaftlich Mittel des Ordens. Aus demselben Grund hat übrigens der Senat bereits im Urteil VI 126/61 U vom 19. Januar 1962 (BStBl 1962 III S. 174, Slg. Bd. 74 S. 466) ausgesprochen, daß Kindern, die mit dem Geld ihres Vaters auf ihren Namen lautende Bausparverträge erfüllen, die Bausumme jedoch dem Vater überlassen müssen, keine Wohnungsbau-Prämie zusteht.

Die Bfin. hat, wie das Finanzgericht einwandfrei feststellt, im Streitjahr 1958 1.600 DM auf den Sparvertrag aus Mitteln der Anstalt eingezahlt und muß die Sparbeiträge, Zinsen, Wohnungsbauprämien und Bauspardarlehen für Zwecke der Anstalt verwenden. Demgemäß hat die Bfin. den zuteilungsreifen Bausparvertrag auf die Anstalt übertragen, die ihrerseits die Bfin. von allen Verpflichtungen gegenüber der Bausparkasse befreite. Daraus konnte das Finanzgericht folgern, daß die Beteiligten wirtschaftlich von vornherein allein die Anstalt aus dem Bausparvertrag berechtigen und verpflichten wollten, und die Bfin. die Gelder nur weiterzuleiten hatte. Das Geld, das die Anstalt der Bfin. zu Verfügung gestellt hatte, sollte in der wirtschaftlichen Verfügungsgewalt der Anstalt bleiben.

Die Bfin. beruft sich darauf, daß der Bundesfinanzhof für die steuerliche Beurteilung immer mehr der bürgerlich-rechtlichen Form und dem Parteiwillen Bedeutung beimesse. In diesem Zusammenhang sei entscheidend, daß sie selbst und nicht die Anstalt den Sparvertrag abgeschlossen habe. Die Bfin. übersieht dabei, daß es auf die Rechtsbeziehungen zwischen ihr und der Anstalt, also auf das Innenverhältnis ankommt. Fehl geht ihr Hinweis, daß auch Bausparverträge zugunsten Dritter abgeschlossen werden könnten; denn ein Vertrag zugunsten Dritter liegt hier nicht vor. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts war wirtschaftlich allein die Anstalt aus dem Vertrag berechtigt und verpflichtet; die Bfin. ist vereinbarungsgemäß und tatsächlich nur für die Anstalt nach außen hin aufgetreten.

Der Senat hat geprüft, ob man die der Bfin. überlassenen 1.600 DM als Arbeitslohn behandeln könne, aus dem die Bfin. dann die Beiträge selbst geleistet habe. Das ist indessen nicht der Fall. Die Bfin. hat selbst mehrfach betont, sie sei nicht Arbeitnehmerin ihres Mutterhauses. Das Verhältnis zwischen dem Mutterhaus und einer Diakonisse ist kein Arbeitsverhältnis, sondern ein familienähnliches Verhältnis eigener Art, das auf dem aus religiösen Gründen geleisteten Gelübde der Diakonisse gegründet ist. Der mit dem Gelübde verbundene Versorgungsanspruch der Bfin. gegen das Mutterhaus wird durch den Abschluß des Bausparvertrages nicht berührt.

Der hier gewählte Weg der Anstalt, sich Mittel zum Bau von Schwesternheimen zu beschaffen, dient zweifellos einem förderungswürdigen Zweck, ist aber nach den geltenden Recht nicht gangbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411743

BStBl III 1965, 525

BFHE 1966, 70

BFHE 83, 70

StRK, ESt WoPG:2/1/1 R 10

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