Leitsatz (amtlich)

Es ist ermessensmißbräuchlich, wenn das FA auf der Abgabe des Fragebogens für die Bewertung von Mineralund Heilquellen zum 1. Januar 1963 besteht, obwohl schon nach dem Wortlaut des § 23 BewG in der Fassung vor dem BewG 1965 die Voraussetzungen für die vom FA beabsichtigte Nachfeststellung des Einheitswerts auf diesen Stichtag nicht vorlagen.

 

Normenkette

AO § 166; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 21; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 22; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 23; BewDV § 43

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Natron-Lithion-Quelle. Für diese Quelle ermittelte das FA auf einzelne Stichtage Teilwerte. Zum 1. Januar 1960 stellte das FA einen Einheitswert fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, der vom FA als unbegründet zurückgewiesen wurde. Über die dagegen eingelegte Berufung (Klage) war nach den Feststellungen des FG zur Zeit des Ergehens des FG-Urteils im vorliegenden Rechtsstreit noch nicht entschieden.

Das FA sandte am 18. August 1965 an die Klägerin einen Fragebogen zur Bewertung der Quelle auf den 1. Januar 1963, dessen Ausfüllung die Klägerin durch Schreiben vom 16. September 1965 ablehnte. Auf eine erneute Aufforderung des FA vom 27. Oktober 1965 lehnte die Klägerin die Abgabe durch Schreiben vom 29. Oktober 1965 wiederum ab. Mit Schreiben vom 4. November 1965 bat sie, das Schreiben vom 29. Oktober 1965 als Beschwerde aufzufassen. Die OFD erließ daraufhin am 21. Januar 1966 eine Beschwerdeentscheidung, mit der sie die Beschwerde als unbegründet zurückwies. Gegen diese Beschwerdeentscheidung erhob die Klägerin Klage auf Unterlassung der Aufforderung zur Abgabe des Fragebogens. Die Klage hatte Erfolg. Das FG hob die Verfügung vom 27. Oktober 1965 und die Beschwerdeentscheidung auf. Das FG ist der Auffassung, daß die Aufforderung zur Abgabe des Fragebogens für die Bewertung der Quelle zum 1. Januar 1963 ermessensfehlerhaft sei, weil dieser Fragebogen auf neuen Richtlinien beruhe, die das FA erst nach Anordnung einer neuen Hauptfeststellung für die Einheitswerte der Gewerbeberechtigungen anwenden könne.

Mit der Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt: Es stehe fest, daß das Nutzungsrecht der Quelle ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut sei, das der Besteuerung zu unterwerfen sei. Deshalb sei die Klägerin verpflichtet, dem FA die für die Ermittlung der steuerlichen Bewertung bedeutsamen Tatsachen mitzuteilen. Darüber hinaus werde auch die Auffassung des FG abgelehnt, daß die Richtlinien vom 30. April 1965, die dem angeforderten Fragebogen zugrunde lägen, nur eine Fortsetzung der Richtlinien vom 25. Oktober 1962 darstellten und deshalb wie diese mit § 1 Abs. 2 BewDV a. F. unvereinbar seien.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Der Senat hat in dem Urteil III 225/65 vom 18. Oktober 1968 (BFH 94, 142, BStBl II 1969, 63) entschieden, daß auf einen nach dem 1. Januar 1935 liegenden Stichtag für eine bereits am 1. Januar 1935 bestehende Quelle kein Einheitswert im Wege der Nachfeststellung nach § 23 BewG in der vor dem BewG 1965 geltenden Fassung festgestellt werden könne, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorlägen. Es sei weder eine wirtschaftliche Einheit oder Untereinheit neu gegründet worden noch sei für eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit oder Untereinheit der Grund für eine Steuerbefreiung fortgefallen. Der Senat hat dabei zum Ausdruck gebracht, daß eine solche Nachfeststellung auch nicht in eine nachgeholte Hauptfeststellung umgedeutet werden könne, wenn dabei nach dem Urteil des BFH III 301/59 S vom 13. Januar 1961 (BFH 72, 323, BStBl III 1961, 122) die tatsächlichen Verhältnisse und die Wertverhältnisse vom Nachfeststellungszeitpunkt zugrunde gelegt worden seien. Wie sich aus dem Fragebogen für die Bewertung von Mineral- und Heilquellen zum 1. Januar 1963, dessen Ausfüllung und Einreichung durch die Klägerin das FA verlangt, eindeutig ergibt, war darin auf die tatsächlichen Verhältnisse vom 1. Januar 1963 abgestellt, so daß es sich also auch im vorliegenden Falle nicht um die Nachholung der unterbliebenen Hauptfeststellung handeln kann. Der Senat hat im Urteil III 225/65 (a. a. O.) weiterhin zum Ausdruck gebracht, daß auch eine Umdeutung der Nachfeststellung in eine Wertfortschreibung zum Zwecke der Fehlerbeseitigung nicht möglich sei. Denn eine Fortschreibung setze schon begrifflich einen bereits vorhandenen Einheitswertbescheid voraus, der durch den Fortschreibungsbescheid geändert werden solle. Außerdem würde es sich um eine sogenannte Kollektivfortschreibung handeln, die nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BFH-Urteil III 116/50 S vom 7. Mai 1951, BFH 55, 301, BStBl III 1951, 116) unzulässig sei. Diese Auffassung hat der Senat in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil III R 70/68 vom heutigen Tage bestätigt. Daraus folgt, daß die vom FA beabsichtigte Einheitswertfeststellung für die Quelle der Klägerin rechtlich unzulässig war. Das hätte auch das FA erkennen können und müssen. Denn es lag schon nach dem Wortlaut des § 23 BewG klar und eindeutig auf der Hand, daß die in dieser Vorschrift für eine Nachfeststellung geforderten Voraussetzungen hier nicht gegeben waren. Wenn das FA trotzdem der Auffassung war, es könne auf den 1. Januar 1963 die Einheitswertfeststellung vornehmen, so hätte es die Möglichkeit gehabt, eine Klärung dieser Rechtsfrage dadurch herbeizuführen, daß es zunächst die Höhe des Einheitswerts schätzte. Es war jedoch nach Auffassung des Senats ermessensmißbräuchlich, wenn das FA bei der nach dem Gesetzeswortlaut eindeutigen Rechtslage auf der Abgabe der Erklärung, deren Ausfüllung der Steuerpflichtigen nach ihrer glaubwürdigen Angabe einen erheblichen Arbeitsaufwand bereitet hätte, bestand. Im Streitfall kommt noch hinzu, daß wegen dieser Rechtsfrage bereits hinsichtlich der vom FA für die Quelle der Klägerin zum 1. Januar 1960 vorgenommenen Einheitswertfeststellung die Klage beim FG anhängig war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68919

BStBl II 1970, 301

BFHE 1970, 200

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