Leitsatz (amtlich)

Eine Darlehensforderung gehört zum (notwendigen) Betriebsvermögen, wenn der Empfänger mit der Darlehenssumme ein Grundstück erwerben soll, welches im Wege langfristiger Nutzungsüberlassung den betrieblichen Zwecken des Darlehensgebers zu dienen bestimmt ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 10a

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt und verpachtet Gaststätten. Seine Geschäftsräume befinden sich auf einem Grundstück, das seine Ehefrau, die Hausmaklerin ist, mit Kaufvertrag vom 22. August 1967 für 400 000 DM erwarb und zu dessen Erwerb der Kläger ihr ein Darlehen in Höhe von 241 000 DM gewährt hatte. Als Entgelt für die Darlehensgewährung wurden 6 v. H. der Mieteinnahmen vereinbart. Der Kläger, der das Darlehen aus seinem Betriebsvermögen bezahlt hatte, wies die Darlehensforderung in seiner Bilanz zum 31. Dezember 1967 aus.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) sah die Darlehensvaluta mit 241 000 DM als entnommen an, was die Nachversteuerung eines im Jahre 1964 gemäß § 10 a EStG unversteuert gebliebenen nichtentnommenen Gewinns in Höhe von 20 000 DM zur Folge hatte.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus:

Das Darlehen, das der Kläger seiner Ehefrau gewährt habe, gehöre mangels betrieblicher Veranlassung seiner Hingabe nicht zum Betriebsvermögen des Klägers. Wenn auch keine überhöhten Anforderungen an das Bestehen eines objektiven Zusammenhangs zwischen dem Betrieb und einem zum gewillkürten Betriebsvermögen gerechneten Wirtschaftsgut gestellt werden dürften (Urteil des BFH vom 28. April 1970 VI R 183/67, BFHE 99, 196, BStBl II 1970, 621), so werde doch ein Kaufmann einem Fremden kein Darlehen gewähren, damit dieser ein Grundstück kaufen und ihm - dem Darlehensgeber - alsdann das aufstehende Gebäude vermieten könne (BFH-Urteil vom 30. Juni 1966 VI 390/65, BFHE 86, 556, BStBl III 1966, 583). Im Streitfalle sprächen alle Umstände gegen einen betrieblichen Anlaß für die Darlehensgewährung. Der Kläger habe gegen die Darlehenshingabe nur einen - längstens - fünfjährigen Mietvertrag erlangt, der ihm in den Jahren 1967 bis 1969 nur Verluste eingebracht habe. Hätte er an eine eigene betriebliche Nutzung des Grundstücks gedacht, würde er es selbst erworben haben. Dabei könne indes nicht außer Betracht bleiben, daß in diesem Falle das Grundstück zur Erbmasse des Klägers gehört haben würde, der (60 Jahre alt) mit seiner Ehefrau (34 Jahre alt) in dritter Ehe verheiratet sei, aus dieser Ehe ein Kind habe, dem im Erbfalle vier Kinder des Klägers aus seinen beiden früheren Ehen gegenüberständen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, unter Aufhebung der Vorentscheidung und in Abänderung des Steuerbescheids in der Gestalt der Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer 1967 auf 55 428 DM festzusetzen. Zur Begründung führt er aus:

Das FG habe zu Unrecht im Hinblick auf den nur geringen Umfang der vom Kläger selbst genutzten Fläche des angemieteten Gebäudes den Schluß gezogen, daß die Weitervermietung der übrigen Nutzungsfläche des Grundstücks nicht der gewerblichen Tätigkeit des Klägers zugerechnet werden könne. Das FG habe nicht beachtet, daß der Kläger, der eine größere Anzahl Gaststätten besitze, die er eingerichtet und weitervermietet habe, diese über Baukostenzuschüsse und unverzinsliche, ungesicherte Mieterdarlehen finanziert habe. Die vom FG für undenkbar gehaltene Koppelung von Mietvertrag und Darlehenshingabe unter Fremden sei hier tatsächlich üblich gewesen. Daß der Kläger schließlich eine Rechtsform gewählt habe, die für den Erbfall die Interessen seiner Ehefrau wahre, dürfe ihm nicht zum Nachteil ausschlagen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Entgegen der Ansicht des FG beruhte die Hingabe der Darlehensvaluta nicht auf einer Privatentnahme. Sie stellte, wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt, einen betrieblichen Vorgang dar, so daß für eine Nachversteuerung gemäß § 10 a EStG kein Raum ist.

Der erkennende Senat hat in dem Urteil vom 12. Juni 1974 I R 212/73 (BFHE 113, 279, BStBl II 1974, 734) den schon mehrmals von der Rechtsprechung angewandten Grundsatz bestätigt, daß eine Darlehensforderung - gleich, aus welchen Mitteln das Darlehen gegeben wurde - stets dann zum notwendigen Betriebsvermögen zählt, wenn die Gewährung des Darlehens auf einem Vorgang beruht, der in den betrieblichen Bereich fällt (vgl. BFH-Urteile vom 22. Juli 1966 VI 12/65, BFHE 86, 482, BStBl III 1966, 542; vom 27. März 1974 I R 44/73, BFHE 112, 265, BStBl II 1974, 488). Dementsprechend wurde in dem Urteil I R 212/73 entschieden, daß eine Darlehensforderung zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, wenn die Gewährung des Darlehens dem Erwerb eines Betriebsgrundstücks dient. Gleiches hat zu gelten, wenn die Darlehenshingabe dazu dient, dem Darlehensnehmer den Erwerb eines Grundstücks zu ermöglichen, welches der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber langfristig für dessen betriebliche Zwecke zur Nutzung überlassen soll.

Dieser rechtlichen Beurteilung des Vorgangs steht es grundsätzlich nicht entgegen, daß der Darlehensgeber auf diese Weise vermeiden kann, das Grundstück selbst zu erwerben. Daß ein Geschäftsmann das Objekt seiner gewerblichen Betätigung nicht kauft, sondern mietet, kommt auch sonst vor. Eine andere Beurteilung wäre allerdings dann veranlaßt, wenn die Umstände die Annahme nahelegten, daß die von den Beteiligten gewählte Gestaltung in der Absicht rechtsmißbräuchlicher Steuerumgehung (§ 6 StAnpG) vereinbart worden ist. Für eine solche Annahme bietet indes der Streitfall keine Anhaltspunkte. Die vom FG angeführten privaten Gründe der Beteiligten lassen erkennen, daß offenbar ernsthafte erbrechtliche Erwägungen maßgebend waren. Diese Gründe der gewählten Konstruktion ließen den betrieblichen Charakter des mittels dieser Gestaltung Unternommenen unberührt. Bei der Würdigung der Umstände ist schließlich auch zu berücksichtigen, daß die Darlehensnehmerin, die Ehefrau des Klägers, selbst gewerblich tätig war, und zwar als Grundstücksmaklerin.

 

Fundstellen

BStBl II 1975, 573

BFHE 1975, 432

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