Leitsatz (amtlich)

1. Vermietet der Inhaber eines Reisebüros Räume an Kunden seines Unternehmens, so rechnet die Vermietungstätigkeit zum Betrieb des Reisebüros.

2. Eine dem Inhaber eines Reisebüros gehörende Eigentumswohnung, die dazu bestimmt ist, an Kunden vermietet zu werden (1.), gehört zum notwendigen Betriebsvermögen des Reisebürounternehmens.

2. Eine Anzahlung für eine dem Betrieb eines Reisebüros dienende Eigentumswohnung (2.) gehört ihrerseits zum notwendigen Betriebsvermögen. Der Ausfall der Forderung mindert deshalb den Gewinn aus dem Reisebürounternehmen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb seit 1953 ein Reisebüro. Im Juni 1966 schloß er mit dem Kaufmann H einen notariellen Vertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung, die noch zu erstellen war. Noch im Juni 1966 überwies der Kläger einen Betrag von 50 000 DM - der vereinbarte Kaufpreis sollte 73 000 DM betragen - an H. Auf dem Bankbeleg vermerkte eine Angestellte des Klägers "Entnahme H". Der Kläger strich später das Wort "H" aus und versah diese Streichung mit seinem Namen und fügte hinzu: "f. H., Eigentumswohnung". Eine Angestellte des Steuerbevollmächtigten des Klägers, welche die Bücher führte, buchte die 50 000 DM als Privatentnahme.

Noch im Jahre 1966 geriet H in finanzielle Schwierigkeiten. Anfang des Jahres 1967 erwirkte der Kläger die Eintragung einer Sicherungshypothek auf einem Grundstück des H. Die Eintragung wurde unter der Privatanschrift des Klägers betrieben. Bei der Anfertigung des Jahresabschlusses 1966 im Sommer 1968 buchte der Vertreter des Klägers eine Forderung gegen H in Höhe von 50 000 DM ein. Beim Jahresabschluß 1967, der im Juni 1969 erstellt wurde, nahm er eine Teilwertabschreibung um 45 000 DM auf 5 000 DM vor, nachdem die Sicherungshypothek bei der Versteigerung ausgefallen war.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) erkannte die Teilwertabschreibung bei der Einkommensteuerveranlagung 1967 nicht an. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage vertrat der Kläger die Auffassung, die Eigentumswohnung sei notwendiges Betriebsvermögen seines Reiseunternehmens gewesen. Jedenfalls habe er sie in das Betriebsvermögen übernommen. Die Ausbuchung des Betrages von 50 000 DM als Entnahme beruhe auf einem Irrtum. Er, der Kläger, habe sich über den Begriff der Entnahme geirrt. Entnahmen für private Zwecke habe er nämlich stets als "Privatentnahmen" bezeichnet. Die geplante Wohnung hätte als Ferienwohnung an Kunden des Reisebüros vermietet werden sollen.

Das FG wies die Klage ab, da die Forderungen gegen H weder zum notwendigen noch zum gewillkürten Betriebsvermögen gehört habe. Die geplante Eigentumswohnung hätte ihrer Art und Zweckbestimmung nach nicht eine so enge, objektive Beziehung zum Betrieb des Klägers erhalten, daß sie nur als Betriebsvermögen hätte behandelt werden können. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, die künftige Eigentumswohnung durch Vermittlung seines eigenen Reisebüros privat zu vermieten. Zwar hätte der Kläger die Eigentumswohnung und damit auch schon die Anzahlung als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln können. Dieses Wahlrecht habe er jedoch vor dem 31. Dezember 1966 nicht im Sinne einer betrieblichen Behandlung ausgeübt. Es sei nicht glaubhaft, daß sich der Kläger nach 13jähriger Unternehmererfahrung über einen so geläufigen Begriff wie den der Entnahme derart geirrt habe. Dabei sei zu beachten, daß sich eine Behandlung der Eigentumswohnung als Betriebsvermögen für den Kläger auch ungünstig hätte auswirken können. Die Möglichkeit einer Manipulation durch den Kläger, je nachdem, ob der Erwerb sich als günstig oder ungünstig erwiese, könne nicht ausgeschlossen werden.

In seiner Revision beantragt der Kläger die Aufhebung der Vorentscheidung und die Berücksichtigung des Verlustes, der durch die Zahlungsunfähigkeit des H entstanden sei. Das FG habe rechtsirrig angenommen, daß eine Vermietung der Ferienwohnung durch Vermittlung seines Reisebüros auch privat hätte erfolgen können. Eine Ferienwohnung, die auf diese Art vermietet werde, sei schon für sich allein ein Gewerbebetrieb. Unerheblich sei, ob dieser Betrieb allein oder eingegliedert in einen anderen Gewerbebetrieb unterhalten werde. Da das FG aufgrund der Behandlung der Vorgänge in der Buchhaltung eine Eingliederung in den Betrieb des Reisebüros verneint habe, wäre ein getrennter Gewerbebetrieb - Vermietung von Ferienwohnungen - anzunehmen. Für diesen Gewerbebetrieb hätte die Ferienwohnung notwendiges Betriebsvermögen gebildet. Da der Betrieb nicht erst mit seiner Eröffnung, sondern schon durch die auf Eröffnung gerichtete Tätigkeit entstanden sei, müsse die Hingabe der Anzahlung für die Ferienwohnung als Beginn der gewerblichen Tätigkeit betrachtet werden.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

1. Der Vorentscheidung kann nicht darin beigetreten werden, daß die Anzahlung auf die Eigentumswohnung schon deshalb nicht zur Bildung eines Wirtschaftsguts des notwendigen Betriebsvermögens geführt habe, weil der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, die künftige Eigentumswohnung durch Vermittlung seines eigenen Reisebüros privat zu vermieten, so daß es an der erforderlichen engen objektiven Beziehung zu dem Betrieb des Reisebüros gefehlt hätte.

a) Die Entscheidung hängt vom Begriff der Betriebseinnahme ab. Es kommt darauf an, ob die Einnahmen aus der Vermietung Betriebseinnahmen gewesen wären. Betriebseinnahmen sind alle Einnahmen, die durch den Betrieb veranlaßt sind, wobei mittelbare Veranlassung genügt (vgl. Urteile des BFH vom 21. November 1963 IV 345/61 S, BFHE 78, 475, BStBl III 1964, 183; vom 13. Dezember 1973 I R 136/72, BFHE 111, 108, BStBl II 1974, 210). Betriebliche Veranlassung liegt zumindest dann vor, wenn der Anlaß zum Zufluß der Einnahmen in den Rahmen des Betriebs fällt. Liegt sie vor, so fließen die Einnahmen im Rahmen des Betriebs zu (vgl. Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 46e und 46 p-q zu § 4 EStG, S. 212 17 und 212 28). Betrieblich veranlaßt sind nicht nur Einnahmen aus den Geschäften, die den Hauptgegenstand des Betriebes ausmachen, sondern auch solche aus Neben- und Hilfsgeschäften.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Inhaber eines Reisebüros Räume an Kunden seines Unternehmens vermietet. Wegen des engen Zusammenhangs zwischen dem Reisebürobetrieb und der Vermietung ist es ausgeschlossen, die Vermietung als Privattätigkeit des Inhabers zu behandeln. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - das Reisebüro auch die Vermietung für Privatbesitzer von Eigentumswohnungen vermittelt. Denn wenn der Inhaber des Reisebüros selbst Kunden zur Unterbringung übernimmt, wird die Vermietung zum Neben- oder Hilfsgeschäft des Reisebürobetriebs.

b) Wirtschaftsgüter, die unmittelbar und ausschließlich oder fast ausschließlich der Erzielung von Betriebseinnahmen dienen, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen. Diese Voraussetzung kann auch bei einem Einfamilienhaus erfüllt sein, soweit neben der eigenbetrieblichen Nutzung eine private Benutzung (für eigene Wohnzwecke) völlig in den Hintergrund tritt (vgl. BFH-Urteil vom 19. Dezember 1972 VIII R 65/70, BFHE 109, 18, BStBl II 1973, 477). Gleiches muß für eine Eigentumswohnung gelten. Nach ständiger Rechtsprechung scheidet eine Behandlung von Gebäuden und Gebäudeteilen als Betriebsvermögen nur dann und insoweit aus, als die private Benutzung nicht von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 1967 VI 290/65, BFHE 90, 10, BStBl III 1967, 752; VIII R 65/70; siehe auch EStR 1972 Abschn. 14 Abs. 2 und 4). Dieser Gesichtspunkt trifft nicht nur für die Fälle eines räumlichen Nebeneinander betrieblicher und privater Nutzung zu. Er hat Bedeutung auch für Fälle einer zeitlichen Aufeinanderfolge betrieblicher und privater Nutzung. Demnach sind geringfügige Unterbrechungen der betrieblichen Verwendung durch private Nutzung (zu privaten Wohnzwecken) auf die Zurechnung zum Betriebsvermögen ohne Einfluß. Unter diesen Voraussetzungen gehört eine Eigentumswohnung des Inhabers eines Reisebüros, die im wesentlichen dazu bestimmt ist, an Kunden vermietet zu werden, zum notwendigen Betriebsvermögen des Reisebürounternehmens. Da die Vermietung ein Neben- oder ein Hilfsgeschäft des Reisebüros ist, kann sie nicht, wie der Kläger meint, Gegenstand eines gesonderten Gewerbebetriebs mit eigenem Betriebsvermögen sein.

c) Anzahlungen auf Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gehören ihrerseits zum (notwendigen) Betriebsvermögen. Wegen der bilanzmäßigen Behandlung der sich aus einer solchen Anzahlung ergebenden Forderung verweist der Senat auf sein Urteil vom 17. Januar 1973 I R 17/70 (BFHE 108, 329, BStBl II 1973, 487). Die Forderung gehört indessen auch dann zum Betriebsvermögen, wenn sie entgegen den handels- und steuerrechtlichen Vorschriften nicht in der Buchführung und in der Bilanz ausgewiesen ist. Die Forderung ist in diesem Falle, da sich die unrichtige Behandlung steuerlich noch nicht ausgewirkt hatte, unter Durchbrechung des Bilanzenzusammenhanges in die Anfangsbilanz des Jahres einzusetzen, für welches die Einkommensteuerveranlagung frühestens berichtigt werden kann. Der Ausfall der Forderung führt dann zu einem Verlust, der durch Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG) zu berücksichtigen ist.

Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die vorstehend dargelegten Vorausetzungen der vom Kläger geltend gemachten Teilwertabschreibung auf das Wirtschaftsgut "Anzahlung" sämtlich erfüllt sind. Das FG wird deshalb die hierzu, vor allem hinsichtlich des Umfangs der geplanten betrieblichen und privaten Nutzung der Wohnung erforderlichen weiteren Feststellungen zu treffen und die Sache erneut rechtlich zu würdigen haben.

2. Sollte das FG bei seiner Prüfung wiederum zu dem Ergebnis gelangen, daß die Forderung des Klägers nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des Reisebürounternehmens gehörte, so könnte - und darin stimmt der Senat dem FG zu - das Vorliegen gewillkürten Betriebsvermögens nicht angenommen werden. Der Kläger hat durch die Behandlung der Anzahlung in seiner Buchführung klar zum Ausdruck gebracht, daß er den Vorgang als Privatgeschäft betrachtet wissen wollte. Als später die Forderung eingebucht wurde, war sie bereits als weitgehend entwertet erkannt. Eine Einlage zu diesem Zeitpunkt wäre steuerlich schon deshalb nicht mehr anzuerkennen, weil sie nur noch dem Zwecke hätte dienen können, einen außerhalb des Betriebes entstandenen oder zu befürchtenden Verlust in die betriebliche Sphäre zu verlagern (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 5. Dezember 1963 IV 121/63 U, BFHE 78, 337, BStBl III 1964, 132).

 

Fundstellen

Haufe-Index 70914

BStBl II 1974, 488

BFHE 1974, 265

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