Leitsatz (amtlich)

Ein Spediteur, der die Beförderung des Gutes selbst ausführt (Selbsteintritt nach § 412 HGB), ist nicht verpflichtet, zur Aufteilung des Gesamtentgelts in die Bemessungsgrundlage für die Beförderungsteuer und für die Umsatzsteuer bei der Bestimmung des Beförderungspreises nach dem Reichskraftwagentarif Nebengebühren zu berücksichtigen, die erhoben werden können, aber nicht erhoben zu werden brauchen.

 

Normenkette

BefStG 1955 § 4; BefStDV 1955 § 16

 

Tatbestand

Der Berufungsführer und Revisionskläger (Kläger) ist Unternehmer der Lagerei, der Spedition und des Gütertransports. Er besorgt im Rahmen seines Unternehmens auch Schwertransporte mit Spezialfahrzeugen. Den Auftraggebern dieser Schwertransporte berechnet er Pauschalpreise, die zum Teil als Stundenpreis und zum Teil als Kilometerpreis vereinbart werden. Neben diesen Preisen stellt der Kläger seinen Auftraggebern die Kosten für Versicherungen, Ausnahmegenehmigungen der Verkehrsbehörden, polizeiliche Begleitungen, Ladegerätemiete, zusätzliche Wartezeiten sowie Telefongespräche in Rechnung. Der Berechnung der Beförderungsteuer 1959 hat der Kläger den Beförderungspreis in Höhe der nach dem Gewicht bemessenen Tariffracht entsprechend den Vorschriften der Kraftverkehrsordnung für den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen (KVO) und des Reichskraftwagentarifs (RKT) zugrunde gelegt; diese in den Frachtbriefen ausgewiesenen Tariffrachten sind insgesamt wesentlich niedriger als die vereinbarten Pauschalentgelte.

Der Berufungsgegner und Revisionsbeklagte (Finanzamt – FA –) setzte im Anschluß an eine Beförderungsteuerprüfung die der Beförderungsteuer unterliegenden Entgelte höher als mit den vom Kläger angemeldeten Tariffrachten an. Er anerkannte zwar, daß die eigentliche Beförderungsleistung entfalle, denn der Unternehmer von Schwertransporten mit Spezialfahrzeugen übernehme auch Verrichtungen, die außerhalb der Tätigkeit eines Frachtführers lägen. Da der Kläger nach Auffassung des FA nicht in der Lage gewesen sei, die von ihm vereinnahmten Pauschalentgelte zutreffend in Beförderungsentgelte und in Entgelte für speditionelle Leistungen aufzugliedern und damit den Buchnachweis nicht erbracht habe, schätzte das FA die der Beförderungsteuer unterliegenden Leistungen in der Weise, daß es zunächst die eindeutig umsatzsteuerpflichtigen Entgelte und die durchlaufenden Posten von den Pauschalpreisen absetzte und den dann noch verbleibenden Unterschiedsbetrag zwischen der vom Kläger angegebenen Tariffracht und den Pauschalpreisen zu 50 v. H. zur Beförderungsteuer heranzog. Auf diese Weise ergab sich für das Jahr 1959 eine Nachforderung an Beförderungsteuer in Höhe von 534,70 DM.

Der Kläger begehrte Anerkennung seiner Rechtsauffassung, daß nur die nach dem Gewicht des Beförderungsguts bemessene Tariftracht der Beförderungsteuer unterliege.

 

Entscheidungsgründe

Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg.

Mit der Rechtsbeschwerde – jetzt Revision – beantragt der Kläger sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und auf seine Berufung – jetzt Klage – den Bescheid über die Beförderungsteuernachforderung aufzuheben.

Der Kläger rügt, das Finanzgericht (FG) habe die Bedeutung des Schreibens der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr vom 17. September 1958 an das FA nicht zutreffend gewürdigt. Aus diesem Schreiben ergebe sich, daß bei Schwertransporten zu erbringende besondere Leistungen nicht Teil des Beförderungspreises seien. Diese Äußerung einer Behörde, die u. a. auch für die Abführung der gesetzlichen Beförderungsteuer Sorge zu tragen habe, müsse von den Finanzbehörden respektiert werden. Das FG habe auch die Bedeutung des Selbsteintritts durch den Spediteur verkannt. In diesem Fall müsse lediglich sichergestellt sein, daß für die Beförderung die Preisvorschriften des RKT beachtet würden. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seiner Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt, daß Entgelte für speditionelle Leistungen nicht deshalb ganz oder teilweise zur Beförderungsteuer herangezogen werden dürften, weil der reine Frachtbetrag niedriger liege als das Entgelt, das der Kunde an den Spediteur abführe. Das FG habe auch nicht beachtet, daß die Be- und Entladekosten, die bei Schwertransporten erheblich seien, nicht zum Beförderungsentgelt gehörten.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Auf die Revision wird die Vorentscheidung aufgehoben.

1. Die vom Kläger für die Schwertransporte vereinnahmten Pauschalvergütungen sind zunächst Entgelt für Spediteurleistungen. Denn der Kläger übernahm insoweit gewerbsmäßig die Versendung von Gütern (§ 407 HGB). Er bediente sich für diese Versendung aber nicht eines Frachtführers, wie es für den Spediteur nach der gesetzlichen Regelung typisch ist, sondern führte auch die Beförderungen im Rahmen seines Unternehmens durch Selbsteintritt nach § 412 HGB durch. Diese Beförderungen unterliegen, soweit sie über die Grenzen der Nahzone im Sinne des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) hinausreichen, der Beförderungsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 b BefStG). Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Beförderungsteuer ist der Preis, der für die Beförderung an den Unternehmer der Beförderungsleistung zu entrichten ist (§ 4 BefStG). Aus dieser Rechtslage folgt, daß aus dem vom Kläger für die Ausführung der Schwertransporte vereinnahmten Pauschalentgelt nur der in diesem Entgelt enthaltene Anteil für die Beförderungsleistung Bemessungsgrundlage für die Beförderungsteuer sein kann, während das auf die speditionelle Leistung entfallende Entgelt für die Beförderungsteuerfestsetzung außer Betracht bleiben muß (BFH-Entscheidung vom 16. März 1955 II 192/53 U, BFHE 60, 474, BStBl III 1955, 182).

2. Das Beförderungsentgelt ist, wie oben ausgeführt, der Preis, der an den Unternehmer für die Beförderungsleistung zu entrichten ist. Daraus ergibt sich, daß bei Beförderungsleistungen, die nur zu Festtarifen ausgeführt werden dürfen, der maßgebende Beförderungspreis durch den Tarif bestimmt wird. Nach § 22 GüKG sind im Güterfernverkehr die Beförderungsentgelte Festentgelte, soweit sich aus dem Tarif nichts anderes ergibt. Überschreitungen und Unterschreitungen des tariflichen Entgelts sind damit grundsätzlich unzulässig (vgl. § 23 GüKG).

Der für die Festsetzung der Beförderungsteuer 1959 maßgebende Tarif ergibt sich aus der KVO in der am 1. Januar 1959 geltenden Fassung durch die Verordnung TS Nr. 12/58 vom 23. Dezember 1958 (Bundesanzeiger Nr. 249 vom 31. Dezember 1958) und dem RKT in der ab 1. Januar 1959 geltenden Fassung. § 9 KVO bestimmt in Ergänzung zu den vorgenannten Vorschriften des Güterkraftverkehrsgesetzes, daß Ermäßigungen und Erhöhungen der Frachten und der Nebengebühren sowie andere Abweichungen von den Tarifen unzulässig sind, es sei denn, daß es sich um Nebengebühren handelt, die erhoben werden können, aber nicht erhoben zu werden brauchen.

3. Aus den unangefochtenen Feststellungen des FG geht hervor, daß der Kläger die Schwertransporte, für die das FA die Beförderungsteuer nachfordert, mit Spezialfahrzeugen ausgeführt hat. Der Vorentscheidung kann weiter entnommen werden, daß mit der Durchführung dieser Transporte Leerfahrten verbunden waren. Nach Ziff. XI des Nebengebührentarifs zum RKT (Teil II/5) können für die Beförderungen in Sonderfahrzeugen über die Festsätze des RKT hinausgehende besondere zusätzliche Gebühren erhoben werden. Diese Gebühren sind in ihrer Höhe weder bestimmt noch begrenzt, Außerdem sieht Ziff. XXI des Nebengebührentarifs vor, daß zwischen den am Beförderungsvertrag Beteiligten fest bestimmte Gebühren für Leerkilometer vereinbart werden können.

Nach § 16 Abs. 5 Nr. 2 BefStDV gehören zum Beförderungspreis bei der Güterbeförderung u. a. auch die Vergütungen für Leerfahrten und die Zuschläge für die Beförderung in Sonderfahrzeugen. Der Senat stimmt dem FG zwar grundsätzlich darin zu, daß § 16 BefStDV auf einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ermächtigung beruht und daß der Verordnungsgeber den ihm durch die Ermächtigung vorgegebenen Rahmen nicht überschritten hat. Er braucht jedoch für die Entscheidung des vorliegenden Falles hierzu nicht abschließend Stellung zu nehmen, denn auch die Anwendung des § 16 BefStDV auf den Streitfall hätte nicht zur Folge, daß bei der Aufteilung des vom Kläger vereinnahmten Pauschalentgelts Nebengebühren für die Beförderung in Sonderfahrzeugen und für Leerfahrten als Bemessungsgrundlage für die Beförderungsteuerfestsetzung berücksichtigt werden müßten. Zwar sind diese Nebengebühren dann in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn sie von einem Frachtführer im Einzelfall tatsächlich gefordert oder vereinbart werden. Das FG hat jedoch keine dahingehenden Feststellungen getroffen. Damit muß der Senat davon ausgehen, daß derartige Forderungen oder Vereinbarungen nicht bestanden.

Der bisher für die Beförderungsteuer zuständige II. Senat des BFH hat in dem oben unter 1. angeführten Urteil II 192/53 U mit zutreffender Begründung entschieden, daß sich durch den Selbsteintritt eines Spediteurs weder etwas an der Beförderungsleistung noch an der Besteuerungsgrundlage für die Festsetzung der Beförderungsteuer ändere. Der erkennende Senat schließt sich auch der Auffassung an, der Selbsteintritt könne nicht dazu führen, daß steuerlich etwas als Beförderungsentgelt zu behandeln ist, das tatsächlich kein Beförderungsentgelt, sondern Entgelt für speditionelle Leistungen ist. Das vom FG zur Begründung seiner Rechtsauffassung herangezogene BFH-Urteil vom 3. Oktober 1956 II 79/56 U (BFHE 63, 391, BStBl III 1956, 348) steht dem nicht entgegen. Zwar hat der damals erkennende II. Senat entschieden, daß ein Entgelt für Leerfahrten bei Personenbeförderungen Teil des Beförderungspreises sei, doch hat in diesem Fall der Unternehmer der Beförderungsleistung das Entgelt für die Leerfahrten besonders in Rechnung gestellt. Es stand damit nicht nur fest, daß Leerfahrten durchgeführt wurden, sondern auch, daß für diese Leerfahrten ein besonderes Entgelt entrichtet werden mußte. Im Entscheidungsfall fehlt es dagegen an einer Feststellung, daß für die vom Kläger durchgeführten Leerfahrten ein besonderes Entgelt vereinbart oder berechnet worden ist.

Der Senat folgt allerdings nicht der Auffassung des Klägers, daß die Finanzverwaltungsbehörden und die Steuergerichte an eine Rechtsauskunft der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr gebunden seien. Denn diese Auskunft hat keinerlei rechtsbegründende Wirkung; eine Bindung an eine derartige Auskunft ist nicht vorgesehen. Hierauf und auf die übrigen Einwendungen des Klägers gegen das FG-Urteil kommt es indessen im Hinblick auf die vorstehend dargelegte Rechtsauffassung des Senats nicht entscheidend an.

4. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausging, war seine Entscheidung aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des FG und unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung hat der Kläger das als Bemessungsgrundlage maßgebende Beförderungsentgelt für die von ihm zu leistende Beförderungsteuer zutreffend nach dem RKT ermittelt. Auf seine Klage war der Beförderungsteuerbescheid des FA für 1959, soweit Steuer nachgefordert wurde, aufzuheben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514504

BFHE 1974, 372

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