Leitsatz (amtlich)

Bei der Beförderung von Gütern im Sammelgutverkehr ist der Berechnung der Steuer für die Beförderung des einzelnen Gutes der auf dieses Gut entfallende Teil des tarifmäßigen Entgelts für die Sammelsendung auch dann zugrunde zu legen, wenn der Spediteur das Sammelgut mit eigenen Fahrzeugen kraft Selbsteintritts (§ 412 HGB) befördert. Ist allerdings zwischen einem die Beförderung als Frachtführer ausführenden Spediteur und dem Versender des Gutes kein Speditionsvertrag, sondern ein Frachtvertrag abgeschlossen worden, so ist der Steuer das tarifmäßige Entgelt zugrunde zu legen, das für die Beförderung des Gutes als Einzelsendung zu entrichten ist.

 

Normenkette

BefStG § 1 Abs. 2 Ziff. 3, § 5 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) betreibt unter anderem das Speditionsgeschäft als bestellter Abfertigungsspediteur und die Güterbeförderung im Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen als Frachtführer. Soweit sie als Frachtführer durch Selbsteintritt Stückgüter im Sammelgutverkehr befördert hat, hat sie nach Angabe des Finanzamts ihren Auftraggebern (Versendern) den Stückgutsatz in Rechnung gestellt, jedoch die Beförderungsteuer für diese Beförderungen nach dem gegenüber dem Stückgutsatz niedrigeren Tarif für Sammelgut berechnet und abgeführt. Das Finanzamt sieht den Unterschiedsbetrag zwischen dem den Auftraggebern in Rechnung gestellten Betrag und dem der Besteuerung zugrunde gelegten Betrag als ebenfalls der Beförderungsteuer -- und nicht als der Umsatzsteuer -- unterliegend an, da die Bfin. die Frachtentgelte für die Beförderungen im Sammelgutverkehr nicht getrennt von den Einnahmen aus der Spedition gebucht habe. Es bezieht sich dabei auf ein Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 27. Februar 1950 an die Arbeitsgemeinschaft Güterfernverkehr des Vereinigten Wirtschaftsgebietes e. V., wonach vom Absendespediteur im Falle des Selbsteintritts als Voraussetzung für die Behandlung des Unterschiedsbetrages als Speditionsentgelt verlangt werden müsse, daß er das Entgelt für die Sammelladungsbeförderung in seinen Büchern als Güterfernverkehrseinnahme besonders, das heißt getrennt von seinen Einnahmen aus der Spedition buche. Dementsprechend stellte das Finanzamt zunächst vorläufig den Unterschiedsbetrag für die Beförderungen der genannten Art in der Zeit vom 1. April 1950 bis 30. Juni 1951 auf 180 000 DM fest und setzte hieraus die Steuer vorläufig auf 11 775,60 DM fest. Den gegen die Steuerfestsetzung eingelegten Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Auch die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt.

Zunächst ist in tatsächlicher Hinsicht zu bemerken, daß nach den Akten nicht eindeutig feststeht, ob die Bfin. in den sämtlichen in Betracht kommenden Fällen für ihre Leistung ihren Auftraggebern (Versendern) einen der Höhe nach dem Stückgutsatz entsprechenden Betrag in Rechnung gestellt hat, wie die Vorinstanzen zum Ausdruck gebracht haben. Die Vermutung spricht dafür, daß die Bfin. mindestens in einem Teil der Fälle ihren Auftraggebern den sogenannten Kundensatz in Rechnung gestellt hat. Dieser Satz, der seiner Höhe nach unter der Fracht für die Beförderung des Gutes als Einzelsendung liegt, war in der Zeit, in der die in Betracht kommenden Beförderungen getätigt worden sind, den am Bahn- und Kraftwagen-Sammelladungsverkehr beteiligten Spediteuren im innerdeutschen Verkehr zwingend vorgeschrieben durch § 9 der "Anordnung PR Nr. 148/48 über Vergütungen im Spediteur-Sammelladungsverkehr mit Eisenbahn und Kraftwagen" vom 29. Dezember 1948 (Mitteilungsblatt der Verwaltung für Wirtschaft 1949 Teil. II S. 16), an deren Stelle später die zur Zeit noch in Geltung befindliche Verordnung PR Nr. 73/51 über Vergütungen im Spediteur-Sammelgutverkehr mit Eisenbahn und Kraftwagen vom 26. Oktober 1951 (Verkehrsblatt 1951 S. 381) getreten ist. Es ist nicht anzunehmen, daß die Bfin., die in ihren Ausführungen zur Begründung der Rb. den "Kundensatz" mehrfach erwähnt, nur einen solchen Sammelgutverkehr durchgeführt hat, der nicht unter die Anordnung PR Nr. 148/48 fällt. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, inwieweit die Bfin. ihren Auftraggebern einen der Höhe nach dem Stückgutsatz entsprechenden Betrag und inwieweit sie den Kundensatz in Rechnung gestellt hat, weil die Entscheidung in beiden Fällen die gleiche ist.

Das Beförderungsteuergesetz (BefStG) unterwirft Beförderungen der Steuer (§ 1 BefStG). Dementsprechend ist im § 5 Abs. 1 a. a. O. bei Beförderungen im öffentlichen Verkehr die Berechnung der Beförderungsteuer von dem Preise vorgeschrieben, der für die Beförderung an den Betriebsunternehmer zu entrichten ist, also bei der Güterfernbeförderung die Berechnung der Steuer von dem Entgelt, das auf Grund des Frachtvertrages für die Fortbewegung des Gutes vom Absendeort zum inländischen Bestimmungsort bzw. zur Inlandsgrenze zu bezahlen ist. Das Beförderungsentgelt im Güterfernverkehr ist bindend für den Frachtführer und seinen Auftraggeber vorgeschrieben (§ 14 Abs. 2 und Abs. 3 des Güterfernverkehrsgesetzes -- GFG --, jetzt §§ 22, 23 des Güterkraftverkehrsgesetzes -- GüKG --, vgl. auch § 9 der Kraftverkehrsordnung für den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen -- KVO --). Gleichgültig ist dabei, ob der Versender selbst mit einem Frachtführer den Frachtvertrag abschließt oder ob er mit der Besorgung der Beförderung des Gutes einen Spediteur (§ 407 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs -- HGB --) beauftragt und das Gut dann auf Grund eines zwischen dem Spediteur und dem Frachtführer geschlossenen Frachtvertrages vom Frachtführer befördert wird. Entgelt für die Beförderung des Gutes im Sinne des § 5 BefStG ist auch im letztgenannten Falle das tarifmäßige Entgelt, das der Spediteur als frachtbriefmäßiger Absender des Gutes für Rechnung des Versenders, mit dem er den Speditionsvertrag abgeschlossen hat, an den Frachtführer entrichten muß. Der Mehrbetrag, den der Spediteur seinerseits dem Versender in Rechnung stellt, ist kein Entgelt für die Beförderung des Gutes, sondern ein Entgelt für die speditionelle Leistung und für sonstige Leistungen. Diese Leistungen unterliegen nicht der Beförderungsteuer; der Mehrbetrag kann also nicht die Beförderungsteuerberechnungsgrundlage bilden. Dabei ist unerheblich, ob das Gut als Einzelsendung oder zwecks Ausnutzung einer günstigeren Frachtberechnung als Sammelgut und damit verbilligt befördert wird, ferner ob der Spediteur dem Versender den sogenannten Kundensatz oder einen höheren Betrag, zum Beispiel einen der Höhe nach dem Stückgutsatz entsprechenden Betrag in Rechnung stellt. Der Kundensatz regelt die Vergütung, die der Versender dem Spediteur für die Besorgung der Beförderung im Sammelgutverkehr zu entrichten hat. Er enthält unter anderem die anteilige Fracht, ist aber als solcher kein Beförderungstarif. Zwar hat nach § 413 Abs. 2 HGB der Spediteur in den Fällen, in denen er die Versendung des Gutes zusammen mit den Gütern anderer Versender auf Grund eines für seine Rechnung über eine Sammelladung geschlossenen Frachtvertrages bewirkt, ausschließlich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers, wobei der Spediteur "eine den Umständen nach angemessene Fracht, höchstens aber die für die Beförderung des einzelnen Gutes gewöhnliche Fracht verlangen" kann. Doch ändert diese Vorschrift nichts an der steuerlich beachtlichen Tatsache, daß der Spediteur auch im Sammelgutverkehr, selbst wenn er dabei hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten handelsrechtlich nur als Frachtführer gilt, eine Speditionstätigkeit ausübt. Auch das Finanzgericht zieht aus der Vorschrift des § 413 Abs. 2 HGB nicht die Folgerung, daß im Sammelgutverkehr die Beförderungsteuer in jedem Fall unter Zugrundelegung des Betrages zu berechnen ist, den der Spediteur dem Versender in Rechnung stellt.

Führt nun der Spediteur durch Selbsteintritt die Beförderung des Gutes als Frachtführer selbst aus, was er nach § 412 HGB kann, sofern nicht ein anderes bestimmt ist, so liegt kein Grund für eine anderweitige Beurteilung vor. Durch den Selbsteintritt ändert sich weder etwas hinsichtlich der Beförderungsleistung, die der Steuer unterliegt, noch hinsichtlich der Besteuerungsgrundlage. Dem entspricht auch die Auffassung, die vom Bundesminister der Finanzen in dem erwähnten Schreiben vom 27. Februar 1950 -- zu dieser Zeit wurde, wie auch aus dem Schreiben zu entnehmen ist, die Beförderungsteuer noch von den Ländern verwaltet -- wiedergegeben ist und die sich auf den Fall des Selbsteintritts des Spediteurs beim Sammelladungsverkehr bezieht. Allerdings ist in diesem Schreiben, das lediglich eine Rechtsauffassung wiedergeben und entgegen der Annahme des Finanzamts keineswegs eine Bestimmung nach § 6 Abs. 4 BefStG treffen will, weiter gesagt, Voraussetzung für die angegebene beförderungsteuerliche Behandlung sei, daß der Absendespediteur im Fall des Selbsteintritts das Entgelt für eine Sammelladungsbeförderung in seinen Büchern getrennt von seinen Einnahmen aus der Spedition bucht. Dem kann ohne weiteres nicht gefolgt werden. Das Beförderungsteuerrecht enthält keine Vorschrift dahingehend, daß in einem solchen Fall steuerlich etwas als Beförderungsentgelt zu behandeln ist, was tatsächlich kein Beförderungsentgelt ist. Der Hinweis des Finanzgerichts auf die Vorschrift des § 413 HGB geht fehl. Wie bereits gesagt, ändert diese Vorschrift nichts an der steuerlich beachtlichen Tatsache, daß der Spediteur auch im Sammelgutverkehr eine Speditionstätigkeit ausübt, die nicht der Beförderungsteuer unterliegt. Auch kann der Ansicht des Finanzgerichts nicht beigepflichtet werden, daß die Bedeutung des § 21 GFG darin liege, dem Spediteur die Möglichkeit zu geben, die sich aus § 413 HGB ergebende Rechtslage, nämlich Vorliegen eines Frachtführerverhältnisses, "teilweise auf ein Speditionsgeschäft zurückzuschrauben", daß also die dem § 21 GFG entsprechende Buchung der Entgelte für den Unternehmer erst das Speditionsgeschäft begründe. Dem § 21 GFG kommt in dieser Beziehung keine rechtsbegründende Bedeutung zu. Die steuerliche Folge einer Nichtbeachtung dieser Vorschrift besteht in der Möglichkeit der schätzungsweisen Feststellung der Beförderungsentgelte, so wie das für den Fall der Verletzung von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten im § 217 der Reichsabgabenordnung (AO) vorgesehen ist. Auch der vergleichsweise Hinweis des Finanzgerichts auf das Umsatzsteuergesetz (UStG) ist nicht stichhaltig. Dort ist als Voraussetzung für die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferungen (§ 4 Ziff. 3 UStG) und für die Steuerermäßigung bei Lieferungen im Großhandel (§ 7 Abs. 3 UStG) der buchmäßige Nachweis im Gesetz besonders vorgeschrieben. Hiernach kann auch keine Rede davon sein, daß das erwähnte Schreiben des Bundesministers der Finanzen einen Milderungserlaß darstelle, dessen Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt seien.

Die vorstehende Beurteilung bezieht sich allerdings nur auf den Fall, daß zwischen dem Versender und dem zugleich das Frachtgeschäft betreibenden Spediteur ein Speditionsvertrag abgeschlossen worden ist. Haben beide keinen Speditionsvertrag, sondern einen Frachtvertrag abgeschlossen, was Tatfrage ist (vgl. hierzu Hein-Eichhoff-Pukall-Krien, GüKG § 21 Anm. 9), so ist kein Raum mehr für eine Beförderung des Gutes im Sammelgutverkehr. In diesem Falle wäre der Berechnung der Steuer das tarifmäßige Entgelt zugrunde zu legen, das für die Beförderung des Gutes als Einzelsendung zu entrichten ist.

Hiernach war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Es wäre außer der Frage der Schätzung noch zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit unter die Steuerfestsetzung fallende Beförderungen auf Grund eines Frachtvertrages durchgeführt worden sind. Die Sache war daher zur nochmaligen Prüfung und gegebenenfalls schätzungsweisen Feststellung der Steuerberechnungsgrundlage zurückzuverweisen, und zwar unter Aufhebung auch der Einspruchsentscheidung zweckmäßig an das Finanzamt.

Bei der vom Finanzamt erneut vorzunehmenden Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes wäre folgendes zu beachten: Der Umstand, daß ein Rechtsvorgang, wenn er nicht der Beförderungsteuer unterliegt, dann auch nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Ziff. 9 UStG fällt und er damit der Umsatzsteuer unterliegt, ändert nichts daran, daß das von der Bfin. erstrebte Ziel die Aufhebung der ganzen Beförderungsteuerfestsetzung ist. Als Streitgegenstand kann nur das gelten, was bezüglich der Steuer, über die unmittelbar zu entscheiden ist, erstrebt wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408148

BStBl III 1955, 182

BFHE 1955, 474

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