Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Baracken, die keine feste Verbindung mit dem Grund und Boden haben, sind keine Gebäude.

 

Normenkette

BewG § 50 Abs. 1, § 68/1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob zwei der Beschwerdegegnerin (Bgin.) gehörige auf ihrem Betriebsgrundstück aufgestellte Baracken in die wirtschaftliche Untereinheit des Betriebsgrundstücks einzubeziehen sind. Das Finanzamt hat dies bei der Fortschreibung des Einheitswerts auf den 1. Januar 1948 getan. Hiergegen wendet sich die Bgin. mit der Begründung, daß die zerlegbaren Baracken nur lose auf dem Grund und Boden aufgestellt und daher keine Gebäude im Sinne des § 50 Abs. I des Bewertungsgesetzes (BewG) seien. Der Steuerausschuß hat sich in der Einspruchsentscheidung auf den Standpunkt der Bgin. gestellt. Die vom Vorsteher des Finanzamts eingelegte Berufung wurde vom Finanzgericht zurückgewiesen. In der Berufungsinstanz hat eine örtliche Besichtigung stattgefunden. Dem Aktenvermerk über das Ergebnis der Besichtigung ist folgendes zu entnehmen: Es handelt sich um eine Büro- und eine Wohnungsbaracke. Beide Baracken sind alte Wehrmachtsbaracken, ungepflegt und verwahrlost. Das Holz ist an den mit dem Erdreich in Verbindung stehenden Pfählen angefault. Die Bürobaracke liegt teilweise auf dem Fundament eines im Kriege zerstörten Gebäudes. Jedoch ist dieses Fundament sehr viel kleiner als die Grundfläche der Baracke. Im übrigen ist die Baracke mit dem Fundament nicht verbunden, sondern lose aufgesetzt. Beide Baracken ruhen auf Balken, die lose auf einzelne Ziegelsteine gelegt sind. Die Ziegelsteine sind nicht durch eine Zement- oder Mörtelschicht mit dem Boden verbunden, sondern nur in den Boden gelegt. An der Bürobaracke befindet sich ein Anbau mit massivem Fundament und zwei massiven Wänden, die von einem im Kriege zerstörten Gebäude übrig geblieben sind. Die beiden übrigen Wände sind aus Holz ausgeführt. In diesem Anbau befindet sich eine Zentralheizung und die Schornsteinanlage der Bürobaracke. An die Wohnbaracke ist gleichfalls eine massive Schornsteinanlage angebaut. Beide Baracken sind mit sämtlichen Installationen versehen. Die Leitungen sind jedoch größtenteils nicht mit den Wänden verbunden, sondern liegen stellenweise frei im Raum. Das Finanzgericht hat die Gebäudeeigenschaft der Baracken verneint, weil die feste Verbindung mit dem Grund und Boden fehle. Die feste Verbindung einer Baracke mit dem Erdboden könne nur durch fest im Boden ruhendes Mauerwerk hergestellt werden, an das die Baracke durch eiserne Klammern und Schrauben oder in ähnlicher Weise derart befestigt worden sei, daß sie nicht ohne weiteres entfernt werden könne. Es sei unwesentlich, daß die eine der beiden Baracken der Bgin. mit einem Teil ihrer Grundfläche auf dem noch vorhandenen Fundament eines frühreren Gebäudes ruhe, da sie jedenfalls mit dem Fundament in keiner Weise befestigt sei. Auch durch die Versorgungsleitungen würde keine feste Verbindung hergestellt. Schließlich bilde der räumliche Zusammenhang der Baracke mit noch bestehen gebliebenen massiven Resten früherer Gebäude keine fest Verbindung mit dem Erdboden, weil die Baracke dadurch nur mittelbar, nämlich über die Horizontale, mit dem Grund und Boden verbunden würde. Ein Bauwerk könne aber nur vertikal fest mit dem Grund und Boden verbunden werden. Dies sei ohne eigenes Fundament nicht denkbar. Auch im Grundstücksverkehr würden nur lose auf dem Erdboden aufliegende Baracken nicht als Bestandteil des Grund und Bodens angesehen. Darauf, ob nach Verwaltungsrichtlinien von 1943 (sogenannte Brandenburger Verfügung) Holzbaracken, ausgenommen Baubuden und Baubaracken, zum Grundvermögen zu rechnen seien, ohne Rücksicht darauf, ob sie mehr oder weniger fest mit dem Grund und Boden verbunden seien, komme es nicht an.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts rügt unrichtige Rechtsanwendung. Im übrigen sei die Verwendung des bisherigen Gebäudebegriffs bei der Entwicklung des Barackenbauwesens nicht mehr zeitgemäß.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. kann nicht zum Erfolg führen.

Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs ist ein Gebäude ein Bauwerk, das durch räumliche Umfriedung Personen und Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Eintritt von Menschen gestattet und von einiger Beständigkeit ist (Urteil des Reichsfinanzhofs III 212/39 vom 10. Oktober 1940, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1941 S. 205). Gemäß § 50 Abs. 1 BewG gehört zu einem Grundstück der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile, insbesondere der Gebäude und des Zubehörs. Das Gebäude muß mit dem Grund und Boden fest verbunden sein (vgl. das oben angeführte Urteil vom 10. Oktober 1940, ferner Urteil des Reichsfinanzhofs III 299/39 vom 7. November 1940, RStBl. 1941 S. 206). In dem Urteil III A 1295/30 vom 30. Juli 1931 (RStBl.) 1931 S. 840), das einen Zeitungskiosk betraf, hat der Reichsfinanzhof die Gebäudeeigenschaft wegen des vorhandenen Fundaments bejaht und dabei ausgesprochen, daß es auf die Tiefe des Fundaments nicht entscheidend ankomme. Schließlich hat der Bundesfinanzhof in dem Urteil II 250/51 U vom 9. April 1952 Bundessteuerblatt 1952 III S. 137) ausgesprochen, daß bei leichten Holzbaracken auf Zementsockel eine feste Verbindung der Baracke mit dem Grund und Boden gegeben sei. Es besteht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen, auch nicht im Hinblick auf die Anfang 1948 bestehenden Verhältnisse im Barackenbauwesen. Das Finanzgericht hat im Streitfall das Vorhandensein einer festen Verbindung der Baracken mit dem Erdboden verneint. Dem ist im Ergebnis beizutreten. Es ist allerdings nicht unbedenklich, wenn das Finanzgericht meint, daß die feste Verbindung nur durch im Boden ruhendes Mauerwerk hergestellt werden könne, an das die Baracke durch eiserne Klammern, Schrauben oder in ähnlicher Weise befestigt sein müsse. Diese Auffassung erscheint zu eng. Eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden könnte in besonderen Fällen z. B. wohl auch durch eingerammte Holzpfähle hergestellt werden. Ebenso ist zweifelhaft, ob ein Bauwerk nur in der Vertikale wirklich fest mit dem Grund und Boden verbunden werden kann, eine Verbindung mit Mauern oder Mauerteilen, die ihrerseits wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens sind, jedoch niemals zu einer festen Verbindung des betreffenden Bauwerks mit dem Erdboden führt. Die Frage kann indessen auf sich beruhen. Denn darin ist dem Finanzgericht jedenfalls beizustimmen, daß die im Streitfall in Betracht kommenden Baracken keine ausreichende Verbindung mit dem Grund und Boden aufweisen. Weder das Auflegen eines Teils der einen Baracke auf ein altes Gebäudefundament ohne jede Befestigung an dieses noch die Anlehnung an einen geringfügigen stehengebliebenen Gebäuderest stellt eine feste Verbindung der Baracken mit dem Grund und Boden dar. Eine solche Verbindung wird auch nicht durch die Versorgungsleitungen geschaffen, die ohne Schwierigkeiten gelöst werden können, zumal die Leitungen nach Feststellung des Finanzgerichts größtenteils nicht mit den Wänden verbunden sind, sondern frei im Raum liegen. Wenn das Finanzgericht hiernach zu dem Ergebnis gelangt ist, daß nach der Verkehrsanschauung derartige auf dem Erdboden lose aufliegende Baracken nicht als Bestandteile des Grund und Bodens, sondern als bewegliche Gegenstände anzusehen sind, so ist diese Feststellung für den Bundesfinanzhof bindend. Auch das Bestehen der vom Finanzamt angeführten Verwaltungs-Richtlinien rechtfertigt keine andere Entscheidung. Hiernach konnte die Rb. keinen Erfolg haben. Wenn die Baracken somit auch nicht als Bestandteile (Gebäude) des Betriebsgrundstücks anzusehen und bei der wirtschaftlichen Untereinheit des Betriebsgrundstücks anzusetzen sind, so kommt doch ihre Erfassung als bewegliche Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Bgin. in Betracht (ß 50 Abs. 1 Satz 2, § 56 Abs. 1 Ziff. 7 BewG).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 309 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407653

BStBl III 1953, 156

BFHE 1954, 397

BFHE 57, 397

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