Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschreibungen bei Anteilsübertragungen unter Eheleuten

 

Leitsatz (NV)

1. Die Übertragung eines Miteigentumsanteils von einem Ehegatten auf den anderen bei einem ihnen gemeinsam gehörenden Bauwerk stellt solange keine Anschaffung i. S. von § 7 b EStG dar, als die Eheleute die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen. Denn solange ist der Anteil kein selbständiges Objekt. Ein solcher Hinzuerwerb eines Anteils fällt nicht unter den erhöhte Absetzungen ausschließenden Tatbestand des § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 EStG. Der nach dem Hinzuerwerb des zweiten Anteils Alleineigentümer gewordene Ehegatte erhält erhöhte Absetzungen nach Maßgabe der bisherigen Bemessungsgrundlage der Eheleute.

2. Der die Miteigentumshälfte hinzuerwerbende Ehegatte kann AfA nach § 7 Abs. 4 EStG beanspruchen, soweit seine Anschaffungskosten ein Halb der Höchstbemessungsgrundlage nach § 7 b Abs. 1 Satz 3 EStG übersteigen. Eine dem § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 EStG entsprechende Vorschrift fehlt bei den AfA nach § 7 EStG. Zu den Anschaffungskosten zählt auch die Übernahme grundpfandrechtlich gesicherter Schulden.

 

Normenkette

EStG 1980 § 7 Abs. 4, §§ 7b, 26 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die im Jahre 1975 geschlossene Ehe der Kläger und Revisionsbeklagten zu 1. und 2. (Kläger) wurde im Streitjahr 1982 geschieden, nachdem sie sich im selben Jahr getrennt hatten. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) veranlagte sie für das Jahr 1982 zusammen zur Einkommensteuer.

Die Kläger hatten im Jahre 1978 ein unbebautes Grundstück als Miteigentümer je zur Hälfte erworben. Darauf errichteten sie ein Einfamilienhaus mit Herstellungskosten von insgesamt 202 808 DM. Davon entfielen 186 858 DM auf die Zeit bis 1980 und 15 950 DM auf die Jahre 1981 und 1982. Die Kläger vermieteten das Einfamilienhaus im Jahre 1979. Die Klägerin übertrug ihren Miteigentumsanteil im Jahre 1981 auf den Kläger gegen Übernahme der alleinigen Schuldnerschaft für grundpfandrechtlich gesicherte Schulden von 215 000 DM und Zahlung von 30 000 DM.

In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger für das Einfamilienhaus Absetzungen von 10 957 DM geltend, die er wie folgt berechnete:

Erhöhte Absetzungen nach § 7 b des Einkommen-

steuer gesetzes (EStG) von 5 v. H. von 150 000 DM 7 500 DM

Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 EStG

von 2 v. H. von (202 808 DM150 000 DM)= 52 808 DM 1 057 DM

AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H. der Anschaffungs-

kosten des 1981 hinzu erworbenen Anteils:

215 000 DM : 2 + 30 000 DM17 500 DM (Anteil für-

Grund und Boden) = 120 000 DM 2 400 DM.

10 957 DM.

Das FA berechnete in seiner Einkommensteuerveranlagung der Kläger die Absetzungen mit 6 838 DM:

Erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG auf den ursprüng-

lichen Anteil des Klägers = 5 v. H. von 75 000 DM 3 750 DM

AfA nach § 7 Abs. 4 EStG v. 2 v.H. von 186 858 DM : 2

= 93 429 DM 75 000 DM = 18 429 DM 369 DM

AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H. auf nachträgliche

Herstellungskosten von 15 950 DM 319 DM

AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H. der Anschaffungs-

kosten für den vom Kläger 1981 hinzuerwor benen Anteil

von 120 000 DM 2 400 DM

6 838 DM.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrten die Kläger, die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG statt mit 3 750 DM mit 7 500 DM zu bemessen.

Das Finanzgericht (FG) gab ihrer Klage antragsgemäß statt und gewährte ihnen erhöhte Absetzungen nach Maßgabe der für ein Einfamilienhaus geltenden Höchstbemessungsgrundlage von 150 000 DM. Für die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG sei eine Änderung der Eigentumsverhältnisse an einem Bauwerk unter Eheleuten unbeachtlich, solange diese die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllten. Währenddessen gelte ein den Eheleuten gemeinsam gehörendes Bauwerk nach § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG als einheitliches Objekt.

Aufgrund des Urteils des FG ergaben sich folgende Absetzungen:

Erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG von 5 v. H.

von 150 000 DM 7 500 DM

AfA nach § 7 Abs. 4 EStG v. 2 v.H. von 186 858 DM : 2

= 93 429 DM - 75 000 DM = 18 429 DM 369 DM

AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H. der nachträglichen

Herstellungskosten von 15 950 DM 319 DM

AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H. der Anschaffungs-

kosten für den 1981 hinzuerworbenen Anteil

von 120 000 DM 2 400 DM

10 588 DM.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 7 Abs. 4 und des § 7 b EStG. Ein Ehegatte, der während einer intakten Ehe von dem anderen Ehegatten dessen Miteigentumsanteil übertragen erhalte, könne - entgegen der Auffassung des FG - keine erhöhten Absetzungen für den hinzuerworbenen Anteil beanspruchen. Dem stehe § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 EStG entgegen, der eine Doppelabschreibung verhindern solle. Gegenteiliges lasse sich auch nicht aus § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG herleiten. Mit dieser Vorschrift solle lediglich ein Objektverbrauch infolge Anteilsübertragungen unter Eheleuten bei intakter Ehe vermieden werden. Im übrigen sei der Standpunkt des FG inkonsequent, wenn es für die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG eine Änderung der Eigentumsverhältnisse während intakter Ehe für unbeachtlich halte, trotzdem aber dem Kläger Absetzungen nach § 7 Abs. 4 EStG für den hinzuerworbenen Anteil zubillige.

Das FA beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung des erkennenden Senats in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG hat dem Kläger rechtsfehlerfrei erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG für das Einfamilienhaus von 5 v. H. der Höchstbemessungsgrundlage von 150 000 DM = 7 500 DM zuerkannt. Der Kläger kann die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG für das Streitjahr 1982 aufgrund der Herstellungskosten von 202 808 DM für das Einfamilienhaus beanspruchen. Begünstigtes Objekt im Sinne von § 7 b EStG ist für ihn nach wie vor das Einfamilienhaus und nicht etwa - nach dem Hinzuerwerb des Anteils seiner Ehefrau - nur sein ursprünglicher Anteil, wie das FA mit seiner Revision meint.

Änderungen der Eigentumsverhältnisse von Ehegatten an einem begünstigten Bauwerk im Sinne von § 7 b EStG sind für die erhöhten Absetzungen solange unbeachtlich, als die Eheleute - wie die Kläger bei der Anteilsübertragung des Jahres 1981 - die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen. Solche Eheleute können erhöhte Absetzungen für insgesamt zwei Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen, Ausbauten oder Erweiterungen nach § 7 b Abs. 5 Satz 2 EStG in Anspruch nehmen. Gehört in einem solchen Fall ein Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder eine Eigentumswohnung den beiden Eheleuten gemeinsam, so ist das begünstigte Objekt nach § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG das Einfamilienhaus, das Zweifamilienhaus oder die Eigentumswohnung, nicht aber ein Miteigentumsanteil eines Ehegatten hieran. Ein Miteigentumsanteil eines Ehegatten ist danach erst dann als selbständiges Objekt zu behandeln, wenn bei den Eheleuten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG entfallen sind.

Daraus hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 7. Oktober 1986 IX R 78/82 (BFH / NV 1987, 236) gefolgert, daß die Übertragung eines Miteigentumsanteils von einem Ehegatten auf den anderen bei einem ihnen gemeinsam gehörenden Bauwerk kein Anschaffungsgeschäft im Sinne von § 7 b EStG darstellt, solange sie die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen. Denn der Anteil stellt dann kein selbständiges Objekt dar. Ein solcher Hinzuerwerb eines Anteils kann infolgedessen auch nicht unter den erhöhte Absetzungen ausschließenden Tatbestand des § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 EStG fallen, wie das FA meint. Der Ehegatte, der nach dem Hinzuerwerb des zweiten Anteils nunmehr Alleineigentümer ist, erhält erhöhte Absetzungen nach Maßgabe der bisherigen Bemessungsgrundlage der Eheleute.

2. Die Revision des FA ist jedoch insoweit teilweise begründet, als das FG neben den erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG auf das Einfamilienhaus dem Kläger auch die - vom FA gewährten - AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H. der Anschaffungskosten für den im Jahre 1981 von der Klägerin hinzuerworbenen Miteigentumsanteil vollständig belassen hat. Das angefochtene Urteil war aufzuheben, weil es insoweit § 7 b und § 7 Abs. 4 EStG verletzt. Dem Kläger stehen AfA nach § 7 b Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 4 EStG - neben den erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG - nur auf den ein Halb von 150 000 DM übersteigenden Teil seiner Anschaffungskosten für die hinzuerworbene Miteigentumshälfte zu.

Der Kläger hat mit der zweiten Miteigentumshälfte einen Anteil an einem Gebäude im Sinne von § 7 Abs. 4 EStG unter Aufwendung von Anschaffungskosten erworben. Änderungen der Eigentumsverhältnisse unter Eheleuten sind nach den obigen Ausführungen zu 1. nur für die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG solange gemäß § 7 b Abs. 6 Satz 2 EStG unbeachtlich, als die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen. Nur erhöhte Absetzungen werden bei Erwerbsfällen unter Eheleuten durch § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 EStG ausgeschlossen. Entsprechende Vorschriften fehlen bei den AfA nach § 7 EStG.

Die Anschaffungskosten des Klägers für die zweite Miteigentumshälfte betrugen unstreitig 120 000 DM. Dazu gehört neben den vom Kläger an die Klägerin gezahlten 30 000 DM ein Halb der grundpfandrechtlich gesicherten Schulden von 215 000 DM, für die der Kläger die alleinige Schuldnerschaft übernommen hat. Die Summe von 30 000 DM und 107 500 DM = 137 500 DM vermindert sich um den Anteil für Grund und Boden von 17 500 DM auf 120 000 DM. § 7 Abs. 4 EStG kann jedoch nur auf die 45 000 DM angewendet werden, um die die Anschaffungskosten des Klägers für die zweite Miteigentumshälfte ein Halb von 150 000 DM = 75 000 DM übersteigen. Denn soweit der Kläger erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG für das Einfamilienhaus beantragt und zugesprochen erhalten hat, stehen ihm nicht daneben für die Anschaffung eines Miteigentumsanteils an demselben Einfamilienhaus zusätzlich auch noch AfA nach § 7 Abs. 4 EStG zu. Wählt ein Steuerpflichtiger erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG, so sind insoweit daneben AfA nach § 7 Abs. 4 und 5 EStG gemäß § 7 b Abs. 1 Satz 1 EStG ausgeschlossen.

3. Die Sache ist spruchreif. Nach den vorstehenden Ausführungen ist der Klage teilweise stattzugeben. Dem Kläger stehen als Absetzungen anstelle der vom FA zuerkannten 6 838 DM insgesamt 9 088 DM nach folgender Berechung zu:

Erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG von 5 v. H.

von 150 000 DM 7 500 DM

AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H. auf die 75 000 DM

übersteigenden, hälftigen ursprünglichen Herstellungskosten

von 93 429 DM = 18 429 DM 369 DM

AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H. der nachträglichen

Herstellungskosten von 15 950 DM 319 DM

AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 2 v. H. auf die 75 000 DM

übersteigenden Anschaffungs kosten von 120 000 DM für

die 1981 angeschaffte zweite Miteigentumshälfte 2 v. H.

von 45 000 DM 900 DM.

9 088 DM.

Aufgrund dessen war die Einkommensteuer 1982 wie folgt festzusetzen:

Zu versteuerndes Einkommen laut Einspruchsentscheidung 40 560 DM

./. zusätzliche Absetzungen9 088 DM - 6 838 DM = 2 250 DM

38 310 DM

Einkommensteuer laut Splittingtabelle 6 576 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416224

BFH/NV 1989, 777

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