Leitsatz (amtlich)

War der Antrag einer personenbezogenen Kapitalgesellschaft, wie eine Kapitalgesellschaft i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 KStG besteuert zu werden, nicht in der Steuererklärung gestellt, mußte er auf andere Weise fristgerecht und eindeutig beim Finanzamt angebracht werden.

 

Normenkette

KStG § 19 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist die Gesamtrechtsnachfolgerin einer GmbH, an deren Stammkapital ausschließlich natürliche Personen beteiligt waren. Für 1970 erklärte die GmbH ein Einkommen von 34 280 DM und offene Ausschüttungen von 25 000 DM. In der Körperschaftsteuererklärung war der für personenbezogene Kapitalgesellschaften bestimmte Abschn. F, hier insbesondere die Zeile 118 - Stellung eines für fünf Jahre unwiderruflichen Antrags nach § 19 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 KStG - nicht ausgefüllt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) wandte daher bei der Veranlagung der GmbH zur Körperschaftsteuer 1970 die Steuersätze für personenbezogene Gesellschaften nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 KStG an.

Die GmbH legte gegen diese Veranlagung Einspruch ein, mit dem sie - neben der Berücksichtigung anderer Einwendungen - begehrte, wie eine Kapitalgesellschaft nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 KStG besteuert zu werden. Zur Begründung führte sie aus, sie habe den Antrag nach § 19 Abs. 4 KStG in den Anlagen zur Körperschaftsteuererklärung 1970, nämlich in den Bilanzunterlagen (Anlage 2, Gewerbesteuer- und Körperschaftsteuerrückstellung 1970) durch Berechnung der Rückstellung gestellt. Dort heißt es:

Körperschaftsteuerlicher Ertrag 34 284,27 DM

Ausschüttung 25 000 DM,

davon 15 % 3 750 DM

verbleibender Gewinn vor

Rückstellung 9 284 DM, davon 51 % 4 730 DM

8 480 DM

Körperschaftsteuerrückstellung 8 500 DM

Der Einspruch hatte insoweit keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der durch Gerichtsbeschluß zugelassenen Revision. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sie führt aus, die Berechnung der Körperschaftsteuerrückstellung in den Erläuterungen des Jahresabschlusses 1970, der Teil der Körperschaftsteuererklärung für 1970 gewesen sei, stelle einen formgerechten und wirksamen Antrag nach § 19 Abs. 4 KStG dar, zumal sogar die Prozentsätze für eine Besteuerung nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 KStG genannt seien. Nach dem rechtskräftigen Urteil des FG Düsseldorf, Senate in Köln, vom 26. Januar 1968 VII 141/67 K (Entscheidungen der Finanzgerichte 1968 S. 376 - EFG 1968, 376 -) genüge es, wenn sich der Antrag aus dem der Körperschaftsteuererklärung beigefügten Jahresabschlußbericht ergebe. Es reiche für die Antragstellung aus, wenn dort der in § 19 Abs. 1 Nr. 1 KStG genannte ermäßigte Steuersatz von 15 % für berücksichtigungsfähige Ausschüttungen genannt sei. Bei Zweifeln hinsichtlich der Antragstellung hätte das FA gemäß §§ 204, 205 der Reichsabgabenordnung (AO) den Sachverhalt von Amts wegen erforschen und gegebenenfalls bei der Klägerin zurückfragen müssen. Es beständen auch Bedenken, ob die Auffassung zutreffe, daß in § 19 Abs. 4 KStG rechtswirksam eine Ausschlußfrist für die Antragstellung bestimmt sei.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Körperschaftsteuer 1970 auf 8 584 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Die GmbH hat den Antrag, gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 KStG wie eine Publikumsgesellschaft besteuert zu werden, nicht rechtzeitig gestellt (§ 19 Abs. 4 KStG).

1. Nach § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG ist der Antrag einer personenbezogenen Kapitalgesellschaft, wie eine Publikumsgesellschaft besteuert zu werden, schriftlich und unwiderruflich innerhalb der Frist zur Abgabe der Steuererklärung für das Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) zu stellen, für das der Antrag erstmals gelten soll. Diese gesetzliche Fristbestimmung ist, wie der erkennende Senat in der Entscheidung vom 9. April 1975 I R 241/73 (BFHE 115, 384, BStBl II 1975, 587) ausgeführt hat, wirksam. Die Zweifelsfragen, die diese Vorschrift aufgibt, lassen sich mit den herkömmlichen Mitteln der Auslegung beantworten. Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 21. März 1978 2 BvR 584/75 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Körperschaftsteuergesetz, § 19, Rechtsspruch 70; Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1978 S. 252) ist die Fristbestimmung des § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist unter der Frist zur Abgabe der Steuererklärung i. S. des § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG die allgemeine oder im Einzelfall verlängerte Frist zur Abgabe der Steuererklärungen zu verstehen. Auch diese Auffassung ist in den Urteilen I R 241/73 und vom 9. April 1975 I R 164/72 (BFHE 115, 372, BStBl II 1975, 589) näher begründet und erläutert worden. Dort ist auch ausgeführt, daß die Antragsfrist des § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG eine Ausschlußfrist ist. Nach Ablauf der Antragsfrist ist ein Steuerpflichtiger mit einem diesbezüglichen Antrag ausgeschlossen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Januar 1967 178/65 (BFHE 87, 529, BStBl III 1967, 208) kann die Steuererklärung, die diesen Antrag nicht enthält, nicht wegen Irrtums (§ 119 BGB) mit der Wirkung angefochten werden, daß der Antrag als rechtzeitig gestellt gelte.

2. Im Streitfall hat die GmbH den Antrag, wie eine Publikumsgesellschaft besteuert zu werden, nicht innerhalb der für sie geltenden Steuererklärungsfrist gestellt. Ein diesbezüglicher Antrag ergibt sich erst aus der Begründung des Einspruchs gegen den unter dem 26. September 1972 erlassenen Körperschaftsteuerbescheid 1970. Dieser Antrag ist lange nach Ablauf der Steuererklärungsfrist beim FA eingegangen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus der in Anlage 2 zum Jahresabschluß dargestellten Berechnung der Körperschaftsteuerrückstellung für 1970, die zusammen mit der Körperschaftsteuererklärung 1970 und den übrigen Unterlagen dem FA eingereicht worden ist, nicht entnommen werden, daß der die GmbH auch in Steuersachen vertretende Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -, § 103 AO) einen Antrag gemäß § 19 Abs. 4 KStG auf Besteuerung nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 KStG wirksam gestellt hat. Die gegebene Erläuterung in der Anlage 2 sagt unmittelbar nur etwas darüber aus, nach welchen Grundsätzen und aufgrund welcher zahlenmäßigen Grundlagen die den Handelsbilanzgewinn mindernde Rückstellung für Körperschaftsteuer berechnet worden ist. Der den Jahresabschluß aufstellende Geschäftsführer bzw. die von ihm hiermit beauftragte Hilfsperson haben zwar die Körperschaftsteuerrückstellung unter Anwendung der Tarifvorschriften, wie sie nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 KStG für Publikumsgesellschaften gelten, berechnet. Auch wenn der Jahresabschluß einschließlich der so errechneten Körperschaftsteuerrückstellung später gemäß § 46 Nr. 1, § 48 GmbHG durch sämtliche Gesellschafter genehmigt worden ist, besagt das noch nichts für eine diesbezügliche Antragstellung nach § 19 Abs. 4 KStG. Werden die in dem Formular für die Abgabe der Körperschaftsteuererklärung gestellten Fragen hinsichtlich eine Antragstellung nicht ausgefüllt, muß der Antrag auf andere Weise beim FA eindeutig und fristgerecht gestellt werden. Wegen der rechtsändernden Wirkung dieses Antrags und der unwiderruflichen Bindung der Kapitalgesellschaft für fünf aufeinanderfolgende Kalenderjahre müssen klare Verhältnisse vorliegen. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob es - so das Urteil des FG Düsseldorf, Senate in Köln, VII 141/67 K - für eine wirksame Antragstellung genügt, daß sich die Ausübung des Tarifwahlrechts eindeutig aus dem der Körperschaftsteuererklärung beigefügten Jahresabschlußbericht ergibt.

3. Die Klägerin überspannt die Aufklärungs- und Prüfungspflicht des FA (§§ 204, 205 AO), wenn sie meint, das FA hätte sich erkundigen müssen, ob die GmbH einen Antrag nach § 19 Abs. 4 KStG habe stellen wollen. Das FA ist seiner Ermittlungspflicht dadurch nachgekommen, daß es der GmbH einen Steuererklärungsvordruck übersandt hat, der die Frage, ob ein diesbezüglicher Antrag gestellt werde, enthielt.

 

Fundstellen

BStBl II 1979, 389

BFHE 1979, 177

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