Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Frage der gleichen Gewinnbeteiligung bei der Unternehmereinheit scheidet der Gewinnvoraus eines Gesellschafters aus, wenn der Gewinnvoraus nach den Umständen des Falles lediglich das Entgelt für die Geschäftsführertätigkeit des Gesellschafters darstellt.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob zwischen der Steuerpflichtigen (Stpfl.), einer GmbH, die den Großhandel mit Lebensmitteln betreibt, und der OHG Z., einer Lebensmitteleinzelhandlung und Drogerie (künftig OHG), Unternehmereinheit besteht und ob deshalb die Lebensmittellieferungen der Stpfl. an die OHG im Jahre 1952 in Höhe von .....DM der Umsatzsteuer unterliegen. Die Stpfl. ist 1947 gegründet worden und hat pachtweise gegen eine Pachtvergütung von 3/4 v. H. des Umsatzes das Kolonialwarengroßhandelsgeschäft der OHG übernommen. In dem Pachtvertrage verpflichtete sich die OHG die benötigten Waren ausschließlich von der Stpfl. zu geschäftsüblichen Preisen und Bedingungen zu beziehen. An der Stpfl. waren im Jahre 1952 drei Gesellschafter, nämlich A. sen. und seine beiden Söhne B. und C., zu je einem Drittel beteiligt. Die Gewinnverteilung war entsprechend der Kapitalbeteiligung geregelt. Gesellschafter der OHG waren die gleichen Personen mit gleichem Stimmrecht. Hinsichtlich der Gewinnverteilung bei der OHG galt für 1952 eine mündliche Vereinbarung dahin, daß "A. sen. einen über Gehaltsaufwand zu buchenden Gewinnvoraus von 10.000 DM erhält und der verbleibende Restgewinn auf die Gesellschafter gleichheitlich verteilt wird". Geschäftsführer der Stpfl. waren die beiden Söhne, die Geschäfte der OHG führte im Jahre 1952 A. sen.

Das Finanzamt hat die von der Stpfl. geltend gemachte Unternehmereinheit abgelehnt, weil durch den dem Geschäftsführer A. sen. zustehenden Gewinnvoraus bei der OHG die Beteiligungsverhältnisse beider Gesellschaften nicht die gleichen seien. Das Finanzgericht hat auf die Sprungberufung hin Unternehmereinheit zwischen den beiden Gesellschaften anerkannt, weil der Gewinnvoraus für A. sen. eine Gehaltszahlung sei, die den Geschäftsführergehaltszahlungen an die beiden Söhne bei der GmbH entspreche, und weil eine einheitliche Willensbildung bei beiden Gesellschaften trotz der Sonderregelung für die Gewinnverteilung bei der OHG gegeben sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der erkennende Senat hat unter III des Grundsatzurteils V 162/52 S vom 8. Februar 1955 (BStBl 1955 III S. 113, Slg. Bd. 60 S. 294) ausgeführt, daß "Beteiligung" das gesamte Verhältnis des Gesellschafters zur Gesellschaft und zu den Gesellschaftern bedeutet und deshalb nicht nur das Verhältnis der Einlagen der einzelnen Gesellschafter, sondern auch das Verhältnis der Anteile am Gewinn umfaßt. Deshalb muß bei Annahme einer Unternehmereinheit auch die Gewinnbeteiligung der Gesellschafter bei allen in Frage kommenden Gesellschaften die gleiche sein. Dieser Auffassung liegt der Gedanke zugrunde, daß die Höhe der Gewinnbeteiligung ebenso wie die Höhe der Kapitalanteile Ausdruck der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Gesellschafters innerhalb der Gesellschaft und gegenüber den Gesellschaftern ist. Dieser Gedanke kann aber nicht zum Tragen kommen, wenn ein Teil des auf einen Gesellschafter entfallenden Gewinns tatsächlich eine Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit des Gesellschafters darstellt. Hier bringt der Gewinnvoraus nicht eine stärkere gesellschaftsrechtliche Stellung des Gesellschafters gegenüber den anderen Gesellschaftern zum Ausdruck, sondern ist Entgelt für die Tätigkeit als Geschäftsführer. Allerdings hat der geschäftsführende Gesellschafter grundsätzlich keinen Anspruch auf eine besondere Vergütung. Es ist aber anerkanntes Recht, daß ihm im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluß der Gesellschafter eine Entschädigung für seine Geschäftsführung, sei es durch höhere Gewinnbeteiligung oder auf andere Weise, gewährt werden kann. Für die Frage der gleichen Gewinnbeteiligung bei der Unternehmereinheit, die ihrem Wesen nach das entscheidende Gewicht auf die gesellschaftsrechtlicher Stellung des einzelnen Gesellschafters legt, kann es aber keinen Unterschied ausmachen, ob die Vergütung im Wege des Gewinnvoraus oder vor Ermittlung des Gewinnes als Gehaltszahlung erfolgt, wenn nur im übrigen die Gewinnverteilung als maßgebendes Gesellschaftsrecht statutarisch festgelegt ist. Dies ist aber hier nach den Feststellungen der Vorinstanz der Fall. Es kann auch nicht anerkannt werden, daß durch die von den Beteiligten getroffene Regelung der Entschädigung des Geschäftsführers die einheitliche Willensbildung bei den Gesellschaften gestört werden könnte. Unter einheitlicher Willensbildung ist der bei allen Gesellschaften bestehende gleiche Einfluß auf die Willensbildung des einzelnen Betriebes zu verstehen, der durch das hierzu berufene Organ, die Gesellschafterversammlung, ausgeübt wird (vgl. das oben erwähnte Urteil des Bundesfinanzhofs V 162/52 S). Da bei beiden Gesellschaften im Streitfalle die gleichen Gesellschafter mit gleichem Stimmrecht beteiligt sind, ist die einheitliche Willensbildung tatsächlich gewährleistet. Der Senat hätte deshalb keine Bedenken, der Entscheidung der Vorinstanz im Ergebnis zuzustimmen, wenn diese nicht aus einem anderen Grunde aufzuheben wäre.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. das oben erwähnte Urteil des Bundesfinanzhofs V 162/52 S vom 8. Februar 1955, ferner Urteil V 66/57 U vom 23. April 1959, BStBl 1959 III S. 256) ist bei Prüfung der Frage, ob Unternehmereinheit vorliegt, stets auch zu prüfen, ob zwischen den Gesellschaften ein Verhältnis der Nebenordnung oder der Unterordnung = Abhängigkeit im Sinne der Organschaft besteht. Unternehmereinheit kann nicht angenommen werden, wenn das Verhältnis zwischen den Gesellschaften ein solches der Abhängigkeit im Sinne der Organschaft ist. Da das Finanzgericht eine solche Prüfung unterlassen hat und die Sache daher erst noch weiterer Klärung bedarf, muß die Entscheidung aus diesem Grunde aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung und zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

BStBl III 1959, 377

BFHE 1960, 311

BFHE 69, 311

StRK, UStG:2/1 R 46

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