Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zahlungen, durch die die Rückerstattung eines eigengenutzten Einfamilienhauses abgewendet werden soll, sind Werbungskosten. Deshalb schließt bereits der Wortlaut des § 33 Abs. 2 letzter Satz EStG die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung aus.

Die Pauschalierung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus durch § 2 Abs. 1 der Einfamilienhaus-VO erfaßt auch Zahlungen, die geleistet wurden, um eine drohende Rückerstattung abzuwenden.

Zinsen für Darlehen, die zur Erfüllung von Rückerstattungsverpflichtungen im Zusammenhang mit dem eigengenutzten Einfamilienhaus aufgenommen wurden, dürfen nicht als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 2, § 33/2; EinfHausVO 2/2

 

Tatbestand

Der Revisionskläger (Steuerpflichtiger - Stpfl. -), ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, erwarb im Jahre 1938 das von ihm bewohnte Einfamilienhaus. Seine Praxis betrieb er nicht in diesem Hause. Nach der Währungsumstellung verlangten die Erben des jüdischen Voreigentümers die Rückerstattung des Grundstücks auf Grund des Gesetzes Nr. 59 der Britischen Militärregierung. Um die Rückgabe des Grundstücks abzuwenden, schloß der Stpfl. am 7. Oktober 1958 einen gerichtlichen Vergleich. Hierin verpflichtete er sich, auf den Kaufpreis 50.000 DM nachzuzahlen. Im Streitjahr 1958 zahlte er 30.000 DM, die Verfahrenskosten in Höhe von 2.550 DM und außerdem 745,86 DM Zinsen für ein Hypothekendarlehen über 50.000 DM. Diese Hypothek hatte er aufgenommen, um die Verpflichtungen aus dem Vergleich erfüllen zu können.

 

Entscheidungsgründe

Zu Recht lehnte es das angefochtene Urteil ab, die Zahlungen des Stpfl. zur Abwehr des Rückerstattungsanspruchs als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Eine außergewöhnliche Belastung scheidet schon deshalb aus, weil die Zahlungen der Erhaltung von Einkünften dienten und damit Werbungskosten sind (siehe § 33 Abs. 2 letzter Satz EStG): Der Stpfl. wollte durch den Vergleich mit den Erben des jüdischen Voreigentümers die Rückgabe des von ihm bewohnten Einfamilienhauses abwenden und sich dadurch die weitere Nutzung sichern. Die Nutzung eines Einfamilienhauses durch den Stpfl. selbst gehört nach § 21 Abs. 2 EStG zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Es sind zwar gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 21 Abs. 2 EStG Bedenken erhoben worden mit der Begründung, die steuerliche Erfassung des Nutzungswerts der vom Steuerpflichtigen im eigenen Haus genutzten Wohnung verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Diese Bedenken wies das BVerfG im Beschluß 1 BvR 488/57 vom 3. Dezember 1958 (BStBl 1959 I S. 68) mit dem Hinweis zurück, der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus sei vom Gesetzgeber aus Gründen der steuerlichen Gerechtigkeit der Einkommensteuer unterworfen worden. Der Gesetzgeber habe sich dabei von der überlegung leiten lassen, daß das Wohnbedürfnis allgemein sei, da durch die Wohnung im eigenen Haus Aufwendungen für eine Mietwohnung erspart würden. Da der Mietzins eine nicht abzugsfähige Ausgabe im Sinne des § 12 Abs. 1 EStG sei, habe der Gesetzgeber, der an den sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden sei, die Nutzung der Wohnung im eigenen Haus als Teil der Einkünfte behandelt. Es könne bei einem Urteil über die Verfassungsmäßigkeit unberücksichtigt bleiben, ob der Ersparnisgedanke dem System des Einkommensteuerrechts entspreche. Der § 21 Abs. 2 EStG wolle die Steuergerechtigkeit verwirklichen. Der Gesetzgeber habe die Allgemeinheit der Wohnbedürfnisse als Ausgangspunkt seiner Regelung gewählt und sei damit im Rahmen seines gesetzgeberischen Ermessens geblieben. Dieser Begründung schließt sich der Senat an.

Die vom Stpfl. geleisteten Zahlungen zur Erhaltung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch Nutzung seines eigenen Einfamilienhauses sind demnach Werbungskosten. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Stpfl. diese Werbungskosten im Jahre der Zahlung voll abziehen darf oder er sie als anschaffungsähnlichen Aufwand behandeln muß (sogenannte mittelbare Werbungskosten, siehe Verwaltungsgericht Berlin für Rückerstattungsaufwendungen bei einem Mietgrundstück, Urteil IX 370-371/51 vom 9. November 1953, EFG 1954 S. 51, bestätigt durch BFH-Urteil IV 145/54 vom 28. Juli 1955, Mitteilungen in den EFG 1955 S. 353 zum Urteil Nr. 56/1954). Die Werbungskosten sind bei der Pauschalierung der Einkünfte durch den Grundbetrag nach § 2 Abs. 2 Einfamilienhaus-VO berücksichtigt und können nicht zusätzlich zum Grundbetrag abgezogen werden. Der Senat hält die Ermächtigung zum Erlaß der Einfamilienhaus-VO in § 29 Abs. 3 EStG und ihre Ausfüllung durch die Einfamilienhaus-VO für vereinbar mit dem GG. Er schließt sich insoweit dem BFH-Urteil VI 42/64 S vom 15. Oktober 1965 (BFH 64, 345, BStBl III 1966, 106) an.

Der Stpfl. beantragt, die von ihm aufgewendeten Hypothekenzinsen entgegen § 2 Abs. 2 Einfamilienhaus-VO nach § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG als Sonderausgaben abzusetzen. Diesem Antrag kann nicht stattgegeben werden. Zinsen für Darlehen, die zum Erwerb einer Einkunftsquelle (hier des eigengenutzten Einfamilienhauses) dienen, sind Werbungskosten. Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 EStG kommt ein Abzug als Sonderausgaben nur für Aufwendungen in Betracht, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Es besteht kein Anlaß, den Sonderausgabenabzug entgegen dem Wortlaut des Gesetzes zuzulassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412204

BStBl III 1966, 646

BFHE 1966, 684

BFHE 86, 684

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