Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Kostenentscheidungen des Finanzamts, durch die dem Steuerpflichtigen trotz erfolgreichen Einspruchs die Kosten des Einspruchsverfahrens gemäß § 307 Abs. 3 AO wegen verspäteten Vorbringens auferlegt werden, sind keine "reinen Ermessensakte" im Sinne des Gutachtens des Bundesfinanzhofs Gr.S. D 1/51 S vom 17. April 1951 (BStBl 1951 III S. 107 ff., Slg. Bd. 55 S. 277). Auch gegen derartige Kostenentscheidungen ist - ohne vorherige Beschwerde nach § 237 AO - unmittelbar die Berufung gegeben.

Wird ein auf Schätzung der Einkünfte beruhender Bescheid im Einspruchsverfahren gemäß § 94 Abs. 2 AO unter Zugrundelegung der in diesem Verfahren vom Steuerpflichtigen nachgereichten Steuererklärung berichtigt, so sind die Voraussetzungen für eine Kostenauferlegung nach § 307 Abs. 3 AO nur insoweit gegeben, als sich die Schätzung in vertretbaren Grenzen gehalten hat.

 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4; AO §§ 217, 307 Abs. 3, § 252

 

Tatbestand

Der inzwischen verstorbene Steuerpflichtige (Stpfl.) - es ist Nachlaßverwaltung angeordnet - betrieb einen Kiosk mit Tabakwaren und Getränken. Seine Umsätze und seine Einkünfte daraus betrugen in den Jahren 1950 bis 1954:

----- Umsatz ----- Gewinn ------ DM ---------- DM 1950 27.803,00 -- 2.073,00 -- (7 1/2 v. H. des Umsatzes) 1951 37.664,00 -- 2.237,00 -- (6 v. H. des Umsatzes) 1952 45.635,00 -- 2.249,00 -- (5 v. H. des Umsatzes) 1953 52.404,00 -- 4.859,00 -- (9 v. H. des Umsatzes) 1954 55.000,00 -- 2.691,00 -- (5 v. H. des Umsatzes).Da der Stpfl. seiner Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für 1954 trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachkam, schätzte das Finanzamt seine gewerblichen Einkünfte nach einem Reingewinnsatz von 23 v. H. und ermittelte sie auf 23 v. H. des Umsatzes in Höhe von 55.000 DM = 12.650 DM. Im Einspruchsverfahren ging schließlich die Einkommensteuererklärung am 11. März 1958 ein. Das Finanzamt berichtigte durch Bescheid vom 18. März 1958 die ursprüngliche Veranlagung auf der Grundlage des nunmehr erklärten Gewinns in Höhe von 2.691 DM und erledigte auf diese Weise den Einspruch in der Hauptsache gemäß § 94 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO). Zur Kostenfrage entschied es durch Vermerk im Berichtigungsbescheid: "Die Rechtsmittelkosten werden Ihnen auferlegt, 307 III AO". Dieser Bescheid ging am 18. März 1958 als einfacher Brief zur Post. Im Juni 1958 erhielt der Stpfl. einen Kostenfestsetzungsbescheid, durch den seine Kostenschuld für das Einspruchsverfahren auf 90,85 DM festgesetzt wurde. Dieser Bescheid ging am 9. Juni 1958 als einfacher Brief zur Post. Mit Schreiben vom 13. Juni 1958 - eingegangen am 18. Juni 1958 - legte der Stpfl. gegen den Kostenfestsetzungsbescheid "Erinnerung" mit der Begründung ein, daß sein Einspruch im endgültigen Ergebnis vollen Erfolg gehabt habe und daß die Voraussetzungen des § 307 Abs. 3 AO für eine Kostenauferlegung nicht gegeben seien, da das Finanzamt ihn "nach Willkür" geschätzt habe.

Das Finanzamt wies die "Erinnerung" durch Entscheidung vom 11. Juli 1958 zurück, weil sich der Stpfl. nach seinem Vorbringen nicht durch die Kostenberechnung des Finanzamts beschwert fühle, sondern durch dessen Kostenentscheidung, die indessen schon vor der Kostenfestsetzung rechtskräftig gewesen sei, da gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel eingelegt worden sei. Gegen diese Entscheidung des Finanzamts vom 11. Juli 1958 wandte sich der Stpfl. mit einer am 1. August 1958 eingelegten Berufung.

Das Finanzgericht hob die auf die "Erinnerung" ergangene Entscheidung des Finanzamts vom 11. Juli 1958 auf und verwies die Sache im übrigen an das Finanzamt zurück. Es begründet seine Entscheidung wie folgt: Nach dem Inhalt des Schreibens des Stpfl. vom 13. Juni 1950 sei davon auszugehen, daß er sich ungeachtet seiner Rechtsmittelbezeichnung "Erinnerung" nicht gegen die Kostenfestsetzung, sondern lediglich gegen die auf § 307 Abs. 3 AO gestützte Kostenentscheidung des Finanzamts wenden wolle. In dieser Hinsicht fehle es aber an einer für die Anrufung des Gerichts erforderlichen Voraussetzung. Kostenentscheidungen, die nach § 307 Abs. 3 AO ergingen, seien "reine Ermessensakte" des Finanzamts im Sinne des Gutachtens des Bundesfinanzhofs Gr.S. D 1/51 S vom 17. April 1951 (BStBl 1951 III S. 107 ff., Slg. Bd. 55 S. 277). Gegen derartige reine Ermessensakte sei zwar nach dem genannten Gutachten der erweiterte Rechtsweg gemäß Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) gegeben. Voraussetzung hierfür aber sei nach dem Gutachten, daß zunächst die Oberfinanzdirektion als Beschwerdeinstanz entschieden habe. Das Schreiben vom 13. Juni 1958 sei daher als Beschwerde im Sinne des § 237 AO aufzufassen und vom Finanzamt, wenn dieses nicht abhelfen wolle, der Oberfinanzdirektion zur Entscheidung vorzulegen. Erst wenn diese entschieden habe, könne das Finanzgericht angerufen werden.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts, die das Finanzgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen hat (§ 286 Abs. 1 AO). Er macht geltend: Das Schreiben vom 13. Juni 1958 sei als Einspruch gegen die vom Finanzamt im Abhilfebescheid vom 18. März 1958 getroffene Kostenentscheidung aufzufassen. Dieser Einspruch sei verspätet eingelegt worden. Er sei deshalb im Ergebnis mit Recht ohne Erfolg geblieben. Da nach dem Urteil des erkennenden Senats IV 554/53 U vom 28. Januar 1954 (BStBl 1954 III S. 90, Slg. Bd. 58 S. 470) gegen Kostenentscheidungen das Berufungsverfahren gegeben sei, hätte das Finanzgericht die Sache nicht an das Finanzamt zurückverweisen dürfen, sondern selbst entscheiden müssen. Im übrigen seien dem Stpfl. die Kosten des Einspruchsverfahrens zu Recht auferlegt worden. Die Schätzung sei erst vorgenommen worden, nachdem der Stpfl. trotz Aufforderung, Androhung und Festsetzung eines Erzwingungsgeldes seiner Steuererklärungspflicht nicht nachgekommen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie die Sache an das Finanzamt zurückverweist. Der Senat ist in der Lage, selbst zu entscheiden (§ 296 Abs. 3 AO) und dahin zu erkennen, daß die Kosten des Einspruchsverfahrens dem Stpfl. nur zu 2/5, im übrigen dem Land aufzuerlegen sind; und zwar aus folgenden Erwägungen:

Der Bescheid vom 18. März 1958 ist - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - ordnungsgemäß bekanntgegeben worden (§ 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes). Nach der unbestrittenen Darlegung des Vorstehers sind Bescheide und Verfügungen stets dem Stpfl. selbst und nicht seinem Vertreter bekanntgegeben worden, so daß ein Ermessensfehlgebrauch im Sinne der Entscheidung des Bundesfinanzhofs II 239/53 U vom 11. August 1954 (BStBl 1954 III S. 327, Slg. Bd. 59 S. 305) nicht deshalb in Betracht kommt, weil der Bescheid an den Stpfl. selbst und nicht an seinen Vertreter ging. Durch den Bescheid vom 18. März 1958 war der gegen den ursprünglichen, auf Schätzung beruhenden Einkommensteuerbescheid eingelegte Einspruch gemäß § 259 Abs. 2 Satz 2 AO in Verbindung mit § 94 Absätze 1 und 2 AO in der Hauptsache erledigt, so daß es insoweit einer formellen Einspruchsentscheidung nicht mehr bedurfte. Da der Stpfl. seinen Einspruch nach Erledigung der Hauptsache weder zurückgenommen hat noch das Finanzamt die übernahme der Kosten des Einspruchsverfahrens erklärt hat, war eine besondere Entscheidung über die Kosten des Einspruchsverfahrens erforderlich, wie sich aus den §§ 94 Abs. 2, 318 Abs. 3 AO ergibt. Diese Kostenentscheidung ist nach Erledigung der Hauptsache eine dem Finanzamt als Rechtsmittelinstanz (Einspruchsinstanz) verbleibende Restentscheidung im Einspruchsverfahren. Das Finanzamt hat diese Entscheidung im Abhilfebescheid (§ 94 Abs. 2 AO) in vereinfachter Form unter Hinweis auf § 307 Abs. 3 AO getroffen. Dies wird als ausreichend anzuerkennen sein, obwohl es zweckmäßig gewesen wäre, wenn das Finanzamt seine Kostenentscheidung begründet und dadurch für den Stpfl. ersichtlich gemacht hätte, aus welchen Gründen ihn die Kosten des Einspruchs treffen sollten, obwohl der Einspruch Erfolg hatte.

Die Frage der selbständigen Anfechtung von Kostenentscheidungen, d. h. ihre Anfechtung ohne Zusammenhang mit der Hauptsache, ist umstritten. Der erkennende Senat hat die Frage in seiner Entscheidung IV 554/53 U vom 28. Januar 1954 (a. a. O.) bejaht und ausgeführt, "es würde ... rechtsstaatlichen Denken widersprechen, wenn ein Kostenentscheid, falls die Kosten allein streitig sind, überhaupt unangreifbar sein sollte". Der VI und der III. Senat des Bundesfinanzhofs haben in übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs die selbständige Anfechtbarkeit von Kostenentscheidungen jedenfalls für die Fälle anerkannt, in denen nach Erledigung der Hauptsache noch eine Kostenentscheidung getroffen werden muß, die eine Prüfung der Rechtslage in der Sache selbst erfordert (Urteile des Bundesfinanzhofs VI 112/55 U vom 1. Februar 1957, BStBl 1957 III S. 90, Slg. Bd. 64 S. 237; III 20/1958 U vom 16. Januar 1959, BStBl 1959 III S. 119). Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da der Stpfl. die Kostenentscheidung nicht wegen Fehlgebrauchs des Ermessens im Sinne des § 307 Abs. 3 AO, sondern ausschließlich wegen willkürlicher Schätzung und damit wegen unrichtiger Anwendung des § 217 AO angreift. Schließlich ist der Rechtsweg aber auch gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gegeben, da es sich bei der Kostenentscheidung des Finanzamts um einen Akt der öffentlichen Gewalt im Sinne dieses Artikels handelt.

Kostenentscheidungen, die im Einspruchsverfahren ergehen, sind - darin ist der Vorinstanz zuzustimmen - ebenso wie die in diesem Verfahren zur Hauptsache ergehenden Entscheidungen Verwaltungsakte und damit Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs II 195/56 U vom 18. September 1957, BStBl 1957 III S. 423, Slg. Bd. 65 S. 495). Sie sind jedoch keine "reinen Ermessensakte" im Sinne des Gutachtens des Bundesfinanzhofs Gr.S. D 1/51 S (a. a. O.), und zwar - entgegen der von der Vorinstanz vertretenen Auffassung - auch dann nicht, wenn eine Ermessensentscheidung nach § 307 Abs. 3 AO zu treffen ist. Es gilt hier das gleiche, was in dem genannten Gutachten des Großen Senats unter Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs IV 44/50 S vom 2. Februar 1951 (BStBl 1951 III S. 55, Slg. Bd. 55 S. 141) und IV 81/50 S vom 23. Februar 1951 (BStBl 1951 III S. 77, Slg. Bd. 55 S. 204) für die Fälle ausgeführt ist, in denen im Rahmen einer Veranlagung von der veranlagenden Behörde Ermessensentscheidungen zu treffen sind. Zwischen diesen Ermessensentscheidungen und den reinen Ermessensakten besteht ein grundlegender Unterschied insofern, als die Veranlagung anders als die reinen Ermessensakte grundsätzlich von dem gesetzlich festgelegten Steuertatbestand auszugehen und nur in Sonderfällen zu - in die Steuerfestsetzung eingeschalteten - Ermessensfragen Stellung zu nehmen hat (vgl. Abschn. 6 des Gutachtens des Bundesfinanzhofs Gr. S. D 1/51 S). Auch die Kostenentscheidungen knüpfen grundsätzlich an gesetzlich fest umrissene Tatbestände an, wie sie beispielsweise in § 307 Abs. 1 Satz 1 und § 309 AO enthalten sind. Es gibt deshalb auch hier wie im Veranlagungsverfahren gegen die im Einspruchsverfahren ergehenden Entscheidungen unmittelbar die Berufung an das Finanzgericht (§§ 229, 263 AO). Es besteht kein Grund, im Falle der Kostenentscheidung nach § 307 Abs. 3 AO den Rechtsweg unter anderen Voraussetzungen als sonst zuzulassen, d. h. die Berufung davon abhängig zu machen, daß zuvor der Weg der Beschwerde im Sinne des § 237 AO beschritten worden ist. Abgesehen davon ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, daß im vorliegenden Falle - wie schon dargelegt - nicht Ermessensverletzung, sondern Verletzung des § 217 AO durch willkürliche Schätzung geltend gemacht wird. Die Vorinstanz beruft sich auch zu Unrecht auf Berger, "Der Steuerprozeß" S. 538. Dort ist nicht ausgeführt, daß Entscheidungen im Sinne des § 307 AO "reine Ermessensakte" im Sinne des Gutachtens des Großen Senats sind. Auf Seite 582 a. a. O. ist vielmehr dargelegt, daß gegen alle Kostenentscheidungen der Verwaltungsbehörde unmittelbar die Berufung gegeben ist.

Diese Berufung ist in dem Schreiben des Stpfl. vom 13. Juni 1958 zu sehen. Nach § 249 Absätze 1 und 2 AO kommt es für die verfahrensrechtliche Bedeutung und Tragweite einer Rechtsmittelschrift ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung darauf an, was der Stpfl. nach der in ihr zum Ausdruck gebrachten Beschwer mit ihr erreichen will. In dieser Hinsicht hat die Vorinstanz zutreffend den Zweck des als "Erinnerung" bezeichneten Schreibens vom 13. Juni 1958 allein in der Aufhebung der Kostenentscheidung des Finanzamts, d. h. in der Kostenfreistellung durch Verneinung der Kostenpflicht, gesehen. Das Schreiben ist demgemäß als - allerdings verspätete - Berufung gegen die im Einspruchsverfahren nach Erledigung der Hauptsache zum Kostenpunkt getroffene Entscheidung anzusehen. Ihre verspätete Einlegung ist - zumal bei dem Alter des Stpfl. im Zeitpunkt der Berufungseinlegung - im Hinblick auf die unzulängliche Art und Weise, in der die Kostenentscheidung ergangen ist, entschuldbar, so daß die Voraussetzungen der Nachsichtgewährung nach den §§ 86, 87 AO gegeben sind, wie auch der Senat in der bereits genannten Entscheidung IV 554/53 U, auf die Bezug genommen wird, mit eingehender Begründung dargelegt hat. Diese Beurteilung der Sachlage entspricht auch dem wohlverstandenen Interesse des Stpfl., sein Ziel auf dem einfachsten und zweckmäßigsten Wege zu erreichen; denn eine änderung der Kostenentscheidung verpflichtet das Finanzamt zu einer entsprechenden änderung der unanfechtbar gewordenen Kostenfestsetzung nach § 93 AO, gegen deren Versagung die Beschwerde nach § 237 AO und gegebenenfalls gemäß Art. 19 Abs. 4 GG der Rechtsweg gegeben wäre. Hiernach ergibt sich:

Die vom Finanzamt gemäß § 233 Abs. 3 AO erlassene Entscheidung vom 11. Juli 1958 entbehrt der rechtlichen Grundlage, da das vom Stpfl. als Erinnerung bezeichnete Schreiben vom 13. Juni 1958 als Berufung gegen die vom Finanzamt erlassene Kostenentscheidung vom 18. März 1958 anzusehen und zu behandeln ist. Die Vorinstanz hat die Entscheidung vom 11. Juli 1958 auf die dagegen vom Stpfl. am 1. August 1958 eingelegte und nach Art. 19 Abs. 4 GG auch zulässige Berufung - vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs II 218/53 S vom 17. Februar 1954 (BStBl 1954 III S. 117, Slg. Bd. 58 S. 540) - mit Recht ersatzlos aufgehoben.

über die Berufung gegen die Kostenentscheidung des Finanzamts hätte von der Vorinstanz sachlich entschieden werden müssen. Der Senat sieht von einer Zurückverweisung an das Finanzgericht ab, da er in der Lage ist, selbst gemäß § 296 Abs. 3 AO zu entscheiden.

Der Stpfl. hat die Schätzung des Finanzamts dem Grunde nach durch sein Verhalten verschuldet. Der Sachverhalt liegt hier anders als in dem Falle der Entscheidung des Senats IV 203/57 U vom 23. Oktober 1958 (BStBl 1959 III S. 10). Bei Schätzungen dieser Art kann das Finanzamt so schätzen, daß eine Fehlschätzung nach Möglichkeit zu Lasten des Stpfl. und nicht des Finanzamts geht. In dieser Hinsicht hätte die Hälfte des angewandten Reingewinnsatzes von 23 v. H. genügt. Der weitere, darüber hinausgehende Satz von 11 1/2 v. H. ist auch unter dem dargelegten Gesichtspunkt nicht vertretbar. Da die gegen die Schätzung erhobenen Einwendungen insoweit berechtigt sind, kann nicht anerkennt werden, daß die Berichtigung dieses Teils der Schätzung auf der Tatsache der nachträglich eingereichten Einkommensteuererklärung beruht, so daß insoweit die Voraussetzungen für eine Kostenauferlegung nach § 307 Abs. 3 AO zu verneinen sind; denn die Schätzung wäre auf das nach den gegebenen Verhältnissen vertretbare Maß auch dann zurückzuführen gewesen, wenn sich der Stpfl. lediglich gegen ihre Höhe ohne gleichzeitige Nachreichung der Einkommensteuererklärung gewandt haben würde.

Bei Anwendung eines Reingewinnsatzes von 11 1/2 v. H. würde sich für das Einspruchsverfahren statt eines Streitwerts von 3.068 DM nur ein Streitwert von 864 DM ergeben haben. Die Verfahrenskosten nach einem Streitwert von 864 DM betragen 37,95 DM. Dem Senat erschien daher eine Kostenverteilung in der Weise angemessen, daß der Stpfl. die Kosten des Einspruchsverfahrens nur zu 2/3 zu tragen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409388

BStBl III 1959, 308

BFHE 1960, 121

BFHE 69, 121

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