Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein Lohnsteuerpflichtiger wegen der als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Beiträge auf Grund eines Bausparvertrags die Eintragung eines steuerfreien Betrags in seine Lohnsteuerkarte beantragt, so hat er sich für die Geltendmachung als Sonderausgaben entschieden. Damit entfällt für alle Beiträge dieses Jahres die Möglichkeit, Wohnungsbauprämien zu verlangen. Die Entscheidung des Steuerpflichtigen ist unwiderruflich und unteilbar.

 

Normenkette

WoPG §§ 8, 2/4

 

Tatbestand

Dem Beschwerdeführer (Bf.) ist auf seinen Antrag ein steuerfreier Betrag wegen erhöhter Sonderausgaben in die Lohnsteuerkarte 1955 eingetragen worden. Die geltend gemachten Sonderausgaben umfassen einen Betrag von 540 DM (monatlich 45 DM) für Beiträge auf Grund eines am 21. Dezember 1954 mit einer Bausparkasse abgeschlossenen Bausparvertrags.

Im Februar 1956 stellte der Bf. den Antrag, ihm wegen der an die Bausparkasse im Jahre 1955 gezahlten Beiträge von 1.600 DM Wohnungsbauprämie zu gewähren. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, wobei es den Bf. darauf hinwies, daß er das ihm wegen dieser Beiträge zustehende Wahlrecht zwischen Sonderausgaben oder Wohnungsbauprämie mit der Stellung des Antrags auf Eintragung eines steuerfreien Betrags in die Lohnsteuerkarte schon ausgeübt habe und daß er daran gebunden sei, daß es ihm aber freistehe, den bisher nicht geltend gemachten Unterschiedsbetrag von (1.640 - 540 =) 1.100 DM bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer für 1955 geltend zu machen. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.

Mit seiner Rechtsbeschwerde wehrt sich der Bf. gegen die Ablehnung seines Antrags auf Gewährung von Wohnungsbauprämie. Er ist der Auffassung, die Bindung an die einmal getroffene Wahl gelte nur für eine nach Ablauf des Kalenderjahres getroffene Wahl. Weil die Eintragungen in die Lohnsteuerkarte nur vorläufigen Charakter hätten, sei auch die Wahl, die bei der Stellung eines Antrags auf Vornahme einer solchen Eintragung getroffen worden sei, nur vorläufig. Anderenfalls seien die Lohnsteuerpflichtigen gegenüber den veranlagten Steuerpflichtigen benachteiligt, weil diese ihren Antrag erst bei Abgabe der Steuererklärung, also nach Ablauf des Veranlagungszeitraums zu stellen brauchen. Eine derartige Benachteiligung widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

Der Bf. konnte die Beiträge, die er 1955 auf Grund seines Bausparvertrags mit der Bausparkasse leistete, nach § 10 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgaben und nach § 2 Abs. 1 des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (WoPG) als prämienbegünstigte Aufwendungen geltend machen. Es war jedoch für ein Kalenderjahr nur entweder die Berücksichtigung als Sonderausgaben oder aber die Berücksichtigung als prämienbegünstigte Aufwendungen möglich. Der Bf. hatte nach § 8 Abs. 1 WoPG das Wahlrecht. Eine änderung der einmal getroffenen Wahl war nach § 8 Abs. 2 WoPG nicht zulässig.

Der Bf. hat mit der Stellung des Antrags, ihm wegen der 1955 an die Bausparkasse zu leistenden Beiträge einen steuerfreien Betrag in die Lohnsteuerkarte 1955 einzutragen, die Geltendmachung als Sonderausgaben gewählt. An diese Wahl ist er, wie das Finanzgericht ohne Rechtsirrtum festgestellt hat, gebunden.

Dem Bf. ist zuzugeben, daß die Eintragungen von steuerfreien Beträgen in die Lohnsteuerkarte insofern nur vorläufigen Charakter haben, als das Finanzamt für den Fall der Veranlagung des Lohnsteuerpflichtigen an die in der Eintragung liegende Anerkennung nicht gebunden ist. Dies besagt aber nicht, daß auch die von dem Lohnsteuerpflichtigen (und Prämienberechtigten) getroffene Wahl nur vorläufig sei. Die oben erwähnte Regelung des § 8 Abs. 2 WoPG, die die änderung der einmal getroffenen Wahl ausschließt, steht nach ihrem Sinn und Zweck einer solchen Vorläufigkeit entgegen. überdies darf nicht übersehen werden, daß auch die Eintragung eines steuerfreien Betrags, wenngleich ihr nur die voraussichtlich erwachsenden Aufwendungen zugrunde gelegt werden, doch der richtigen - und damit in der Regel endgültigen - Erfassung des Lohnsteuerpflichtigen dienen soll. Keinesfalls hat das Eintragungsverfahren den Sinn, dem Lohnsteuerpflichtigen die Möglichkeit zu geben, seine Erfassung durch die Geltendmachung von Aufwendungen zu vereiteln oder hinauszuschieben, von denen er noch gar nicht weiß, ob sie anfallen oder - wie im Streitfalle - ob er sie wirklich als Sonderausgaben geltend machen will.

Ob der Bf. sich über die Frage, was für ihn günstiger war, geirrt hat oder sich über die Folgen des Antrags, hier also der Endgültigkeit der darin liegenden Entscheidung, nicht im klaren war, ist unerheblich. Auch wenn es der Fall gewesen wäre, berechtigte ihn das nicht zur Anfechtung seiner Erklärung. Ob auch bei Erklärungen der vorliegenden Art eine Anfechtung, wie das Finanzgericht meint, schlechthin ausgeschlossen ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls liegt im Irrtum im Motiv wie auch im Irrtum über die Folgen kein Anfechtungsgrund. Der Bf. wollte die Eintragung eines steuerfreien Betrags, und dies besagte auch seine Erklärung. Im übrigen ist auf dem von ihm unterschriebenen Antragsformular deutlich darauf hingewiesen, daß zwar zwischen der Geltendmachung als Sonderausgaben und der Beanspruchung von Prämien auf Grund des WoPG gewählt werden, daß aber die für ein Kalenderjahr getroffene Wahl - und dies ist fett gedruckt - nicht geändert werden kann.

Die Endgültigkeit der Wahl wird im Streitfall auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Bf. nur wegen der Beiträge von 540 DM die Eintragung eines steuerfreien Betrags beantragt hat, während seine tatsächlichen Leistungen dann höher waren. Daß der Antrag nur wegen jenes Betrags gestellt war, erklärt sich aus dem Zeitpunkt der Antragstellung, zu welchem der Bf. nur mit den "voraussichtlich" zu zahlenden Beiträgen von monatlich 45 DM, nicht aber bereits mit den freiwillig erbrachten Mehrleistungen rechnen konnte. Nach § 8 Abs. 2 WoPG kann die Wahl nur einheitlich für alle Aufwendungen ein und desselben Kalenderjahres ausgeübt werden. Ob der Bf. dies wollte oder wußte, ist aus den bereits zur Endgültigkeit der Wahl ausgeführten Gründen unerheblich. Auch hierauf, also auf die Einheitlichkeit der Wahl ist in dem Antragsformular hingewiesen.

Zu Unrecht meint der Bf., daß die Endgültigkeit der Wahl, soweit diese im Lohnsteuerverfahren ausgeübt werde, zu einer ungleichmäßigen Behandlung der Lohnsteuerpflichtigen gegenüber den veranlagten Steuerpflichtigen führe und demgemäß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) verstoße. Die Unteilbarkeit und Unwiderruflichkeit der Wahl ist sinnvoll. Daß klare Verhältnisse geschaffen werden, liegt nicht nur im Interesse der Verwaltung, sondern auch der Steuerpflichtigen selbst. Diese haben, weil die Wahl erst nach Ablauf des betroffenen Kalenderjahres ausgeübt zu werden braucht, genügend Zeit und vor allem die Möglichkeit, die Auswirkung der Wahl in dem einen oder anderen Sinne unter Berücksichtigung bekannter (feststehender) Größen abzuwägen. Dies gilt für die Lohnsteuerpflichtigen ebenso wie für die veranlagten Steuerpflichtigen. Der Lohnsteuerpflichtige ist nicht dazu gezwungen, seine Wahl bereits im Laufe des Kalenderjahres zu treffen. Wie der veranlagte Steuerpflichtige, so kann auch der Lohnsteuerpflichtige das Ende des Kalenderjahres abwarten, um sich entweder bei Antrag auf Vornahme des Lohnsteuerjahresausgleichs oder, wenn er veranlagt wird, bei der Abgabe der Steuererklärung zu entscheiden. Daß sich zwischen der Behandlung von Lohnsteuerpflichtigen und veranlagten Steuerpflichtigen gewisse Verschiedenheiten ergeben, liegt in der Natur der Sache. Hier wie dort ergeben sich Lagen, in denen sich die eine Regelung für den Betroffenen günstig, die andere wieder ungünstig auswirkt. Man kann nicht Ungleichmäßigkeit der Behandlung damit begründen, daß man aus einer Regelung eine ganz bestimmte Situation herausgreift. Im übrigen ist, wie der Bundesfinanzhof wiederholt entschieden hat (vgl. dazu insbesondere das Urteil des erkennenden Senats VI 20/58 U vom 28. Februar 1958, Bundessteuerblatt 1958 III S. 196, Slg. Bd. 66 S. 512) und auch das Finanzgericht ausgeführt hat, nicht schlechthin jede Ungleichmäßigkeit der Behandlung ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ein derartiger Verstoß ist vielmehr nur dann gegeben, wenn der Gesetzgeber willkürlich vorgegangen ist, das heißt sachlich einleuchtende Gründe für die vom Gesetz vorgenommene Rechtsabgrenzung schlechterdings nicht zu erkennen sind. Von einem willkürlichen Vorgehen aber kann, wenn der Gesetzgeber die einmal ausgeübte Wahl zwischen Sonderausgaben und Prämien als unabänderbar bezeichnet und für Lohnsteuerpflichtige keine Sonderregelung getroffen hat, keine Rede sein.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409189

BStBl III 1959, 24

BFHE 1959, 67

BFHE 68, 67

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