Leitsatz (amtlich)

Sind die Rechte aus einem Bausparvertrag abgetreten worden, so ist eine dem Abtretenden vom FA gewährte Wohnungsbau-Prämie zurückzuzahlen, wenn der Abtretungsempfänger stirbt und dann die angesparten Beträge an eine andere Person "frei" ausgezahlt werden.

 

Normenkette

WoPG 1960 § 2 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Revisionsbeklagte schloß im Jahre 1959 mit einer Bausparkasse einen Bausparvertrag. Für das Jahr 1960 wurde ihr vom FA eine Wohnungsbau-Prämie von 400 DM bewilligt. Im September 1961 trat die Revisionsbeklagte ihre Rechte und Pflichten aus dem Bausparvertrag an ihre Mutter ab, die noch im selben Jahre schwer erkrankte und am 1. März 1963 starb. Das Sparguthaben einschließlich der Wohnungsbau-Prämie wurde an den Bruder der Revisionsbeklagten ausgezahlt, weil der Bausparvertrag durch den Tod der Mutter beendet war.

Im April 1965 forderte das FA von der Revisionsbeklagten die Wohnungsbau-Prämie 1960 zurück, weil die angesparten Mittel nicht zweckgerecht verwendet worden seien. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Auf die Klage der Revisionsbeklagten hob das FG, dessen Urteil in EFG 1967, 208 veröffentlicht ist, die Einspruchsentscheidung und den Rückforderungsbescheid auf. Es hielt zwar mit dem FA eine Abtretung der Rechte aus dem Bausparvertrag innerhalb der Sperrfrist nur unter bestimmten Voraussetzungen für unschädlich. Im Gegensatz zum FA erkannte es aber die Voraussetzungen für die Unschädlichkeit an, weil die Mutter gestorben und die unverzügliche Verwendung der Sparsumme zum Wohnungsbau nur an dieser Tatsache ohne Verschulden der Revisionsbeklagten oder ihrer Mutter gescheitert sei. § 2 Abs. 2 Satz 3 des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (WoPG), wonach beim Tod des Bausparers die Auszahlung auch vor Ablauf der Sperrfrist unschädlich sei, gelte auch für Fälle der vorliegenden Art.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.

Nach § 10 Abs. 3 WoPG 1960 gilt für den vorliegenden Fall, in dem der Bausparvertrag nach dem 31. Dezember 1958 und vor dem 9. März 1960 geschlossen ist, § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 24. Juli 1958. Nach dieser Vorschrift setzt die Gewährung der Wohnungsbau-Prämie voraus, daß "vor Ablauf von fünf Jahren seit Vertragsschluß, außer im Falle des Todes des Bausparers oder des Eintritts seiner völligen Erwerbsunfähigkeit die Bausparsumme weder ganz noch zum Teil ausgezahlt, geleistete Beiträge weder ganz noch zum Teil zurückgezahlt oder Ansprüche aus dem Bausparvertrag nicht abgetreten oder beliehen werden. Unschädlich ist jedoch die Auszahlung der Bausparsumme oder die Beleihung von Ansprüchen aus dem Bausparvertrag, wenn der Prämienberechtigte die empfangenen Beträge unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet, und die Abtretung, wenn der Erwerber die Bausparsumme oder die aufgrund der Beleihung empfangenen Beträge unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau für den Abtretenden oder dessen Angehörige im Sinne des § 10 StAnpG verwendet". Der vom FG angezogene § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG 1960 besagt nichts anderes, wenn man davon absieht, daß statt von fünf von sechs Jahren die Rede ist.

Mit dem FG ist demnach davon auszugehen, daß die Abtretung innerhalb der Sperrfrist nur ausnahmsweise unter der in § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG geforderten Voraussetzung der "unverzüglichen und unmittelbaren Verwendung zum Wohnungsbau" unschädlich ist. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so ist es, wie das FA zutreffend ausführt, unerheblich, aus welchem Grunde sie nicht erfüllt ist. Wer sein Recht aus einem Bausparvertrag innerhalb der Sperrfrist abtritt, geht dabei das Risiko ein, daß seine Begünstigung von dem weiteren Verhalten des Erwerbers (Abtretungsempfängers) abhängt. Zutreffend weist das FA auch darauf hin, daß es dem Abtretenden nichts hilft, wenn bis zur Auszahlung an den Erwerber die Sperrfrist abgelaufen ist. Bei einer Abtretung der Rechte aus dem Bausparvertrag ist die Begünstigung an die "Verwendung zum Wohnungsbau" geknüpft. Wer das damit verbundene Risiko nicht eingehen will, darf die Rechte innerhalb der Sperrfrist nicht abtreten, sondern muß warten, bis die Sperrfrist abgelaufen ist.

Der Streitfall weist die Besonderheit auf, daß die Krankheit und der Tod der Mutter es unmöglich machten, daß die Mutter die Bausparsumme zum Wohnungsbau verwandte. Mit dem FG ist zwar der Begriff "unverzüglich" als "ohne schuldhaftes Zögern" zu verstehen. Entgegen der Auffassung des FG ist aber die an den Bruder geleistete "freie" Auszahlung der Bausparsumme keine "unverzügliche" Verwendung zum Wohnungsbau. Ebensowenig greift die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG ein, wonach "im Falle des Todes des Bausparers" die angesparte Summe vor Ablauf der Sperrfrist unschädlich ausgezahlt werden kann.

Ob eine Bausparsumme "unverzüglich" zum Wohnungsbau verwendet worden ist, bedarf keiner Prüfung, wenn wie im Streitfall die Bausparsumme einwandfrei nicht für den Wohnungsbau, sondern "frei" verwendet worden ist.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG ist nur bei Tod des "Bausparers" eine andere Verwendung als zum unverzüglichen Wohnungsbau, also die "freie" Auszahlung, unschädlich, und zwar nur für die vom Bausparer angesparten Beträge. Für den Fall der Abtretung ist nicht vorgesehen, daß der Tod des "Abtretungsempfängers", also einer anderen Person als des Bausparers selbst, die "freie" Auszahlung unschädlich mache. Hier trägt vielmehr der Abtretende das Risiko, daß der Abtretungsempfänger die angesparten Mittel auch wirklich "zum Wohnungsbau" verwendet. Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Die gewährte Wohnungsbau-Prämie mußte die Revisionsbeklagte zurückzahlen, weil die angesparten Beträge nicht zum Wohnungsbau verwendet worden sind, Daß der Bruder im Jahre 1965 ein Haus erworben hat, macht die vorangegangene "freie" Auszahlung der angesparten Beträge nicht nachträglich unschädlich.

Den Rückforderungsanspruch hat das FA auch zutreffend gegen die Revisionsbeklagte gerichtet, weil die Wohnungsbau-Prämie ihr gewährt worden war. Die Klage gegen die die Rückforderung bestätigende Einspruchsentscheidung des FA war danach als unbegründet abzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl II 1968, 402

BFHE 1968, 458

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