Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung vorfinanzierter Ausfuhrerstattung, Vertrauensschutz, Nachweis der Qualitätsanforderungen

 

Leitsatz (NV)

1. Grundlage für den Anspruch auf Rückzahlung vorfinanzierter Ausfuhrerstattung für zur Erstattungslagerung abgefertigtes Butterfett war Art. 6 VO Nr. 565/80 i.V.m. Art. 33 VO Nr. 3665/87 und Art. 29 VO Nr. 2220/85.

2. Zur Anwendung des auch für das Gemeinschaftsrecht anerkannten Prinzips des Vertrauensschutzes und des im deutschen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben bei Überschreitung gesetzlich vorgeschriebener Lagerfristen infolge des Vermerks einer unzutreffenden Lagerfrist in den Abfertigungsbelegen durch die Zollstelle.

3. Zum Nachweis der Qualitätsanforderungen bei der Ausfuhr von Butterfett.

 

Normenkette

EWGV 565/80 Art. 5 Abs. 2, 6; EWGV 1214/80 Art. 1; EWGV 2220/85 Art. 29; EWGV 3665/87 Art. 13, 28, 31, 33, 47 Abs. 2; ZG § 17 Abs. 1 S. 2; AusfErstV § 3 Abs. 4, § 11 Abs. 3 S. 3, § 15 Abs. 1

 

Tatbestand

1. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ im Juni und August 1988 mit drei Belegen (1/Z 2, 1/Z 3 und 1/Z 4) Butterfett zur Erstattungslagerung mit Vorfinanzierung auf einer bis zum 31. August 1988 gültigen Vorausfestsetzungsbescheinigung mit unverbindlicher Bestimmung Ägypten (besonderer Erstattungssatz Ägypten) abfertigen. Das Zollamt (ZA) trug dabei auf den Abfertigungsbelegen als erstattungsrechtliche Lagerfrist in dem Abschnitt Vermerke der Zollstelle eine jeweils über den 31. August 1988 hinausgehende (sechs Monate betragende) Frist ein. Die Klägerin ließ die eingelagerte Ware jeweils nach dem 31. August 1988, aber innerhalb der in den Belegen eingetragenen Lieferfrist in einzelnen Partien mit Kontrollexemplaren zur Ausfuhr nach Ägypten abfertigen.

Soweit bei der Einlagerung des Butterfetts Proben genommen worden waren, blieben diese unbeanstandet. Jedoch wurden die aus den mit den Kontrollexemplaren Nr. 767 (Einlagerungspartie 1/Z 2) und Nr. 179 (Einlagerungspartie 1/Z 3) zur Ausfuhr angemeldeten Waren gezogenen Proben in Untersuchungsgutachten der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) dahin beanstandet, daß sie im Ergebnis als für den direkten menschlichen Verzehr genußuntauglich und deshalb nicht verkehrsfähig seien und daß auch eine Weiterverarbeitung... aufgrund der außerordentlich stark fehlerhaften Qualität unzulässig sei.

Ferner fertigte das ZA im September 1988 Butterfett ohne Vorfinanzierung der Ausfuhrerstattung zur Lagerung ab (Beleg 1/Z 5) und schrieb sie auf einer bis zum 30. September 1988 gültigen Vorausfestsetzungsbescheinigung ab. Auf dem Abfertigungsbeleg trug das ZA in dem Abschnitt über Vermerke der Zollstelle als erstattungsrechtliche Lagerfrist ein: 60 Tage, 29. November 1988. Innerhalb dieser Frist - aber nach dem 30. September 1988 - wurde die Partie mit dem Kontrollexemplar Nr. 18 zur Ausfuhr angemeldet. Die bei der Einlagerung der Partie gezogene Probe und Rückstellprobe wurden von der ZPLA in gleicher Weise wie die der vorgenannten Ausfuhrpartien beanstandet.

Alle Partien wurden nach Ägypten eingeführt. Von der Klägerin vorgelegte Untersuchungszeugnisse ägyptischer Untersuchungsstellen ergaben keine Beanstandung bei den eingeführten Waren.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt - HZA -) forderte mit Bescheid a)... von der Klägerin für die mit dem Beleg 1/Z 4 abgefertigten Waren einen Teil der nach den für Ägypten geltenden Sätzen vorfinanzierten Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags von 20% zurück, weil die Lagerfrist um 57 Tage überschritten worden sei. Der zurückgeforderte Teilbetrag ergab sich aus der entsprechend der Dauer der Fristüberschreitung vorgenommenen Kürzung der Ausfuhrerstattung.

Mit Bescheid b)... forderte das HZA für die mit den Belegen 1/Z 2 und 1/Z 3 zur Erstattungslagerung abgefertigten Waren insgesamt ... DM zurück. Dieser Betrag setzte sich wie folgt zusammen: Hinsichtlich der mit den Kontrollexemplaren Nrn. 767 (aus 1/Z 2) und 179 (aus 1/Z 3) aus der Erstattungslagerung abgemeldeten Teilpartien forderte das HZA die vorfinanzierte Ausfuhrerstattung vollständig zuzüglich eines Zuschlags von 20% zurück, weil die abgemeldete Ware nicht genußtauglich gewesen sei. Im übrigen forderte es für die restlichen Warenpartien - bei denen anläßlich der Auslagerung keine Proben gezogen worden waren - einen Teilbetrag der nach den für Ägypten geltenden Sätzen vorfinanzierten Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags von 20% zurück, weil die Lagerfrist um 28 bis 44 Tage überschritten worden sei. Den insoweit zurückgeforderten Teilbetrag berechnete das HZA entsprechend der wegen der Fristüberschreitung vorzunehmenden Kürzung der Ausfuhrerstattung.

Mit Bescheid c)... lehnte das HZA den Antrag der Klägerin auf Zahlung der Ausfuhrerstattung für das mit dem Beleg 1/Z 5 (ohne Vorfinanzierung) eingelagerte und mit dem Kontrollexemplar Nr. 18 zur Ausfuhr abgemeldete Butterfett wegen Genußuntauglichkeit und mangelnder Verkehrsfähigkeit der Ware ab.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die drei Bescheide erhobene Klage blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) hielt die Bescheide für rechtmäßig. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Die vom HZA erteilten Bescheide a) bis c) sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 und § 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die mit den Bescheiden a) und b) geltend gemachten Rückforderungsansprüche des HZA ergeben sich in der vom HZA berechneten - unstreitigen - Höhe aus Art. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 565/80 (VO Nr. 565/80) des Rates vom 4. März 1980 (ABlEG Nr. L 62/5) i.V.m. Art. 33 VO Nr. 3665/87 und Art. 29 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 (VO Nr. 2220/85) der Kommission vom 22. Juli 1985 (ABlEG Nr. L 205/5), weil die für das eingelagerte Butterfett nach Art. 1 VO Nr. 1214/80 geltende Lagerfrist überschritten wurde und hinsichtlich des mit den Kontrollexemplaren Nrn. 767 und 179 abgemeldeten Butterfetts nicht feststeht, daß die nach Art. 13 VO Nr. 3665/87 vorgeschriebenen Qualitätsanforderungen erfüllt waren.

a) Das FG ist im Hinblick auf die unstreitig vorliegende Überschreitung der Lagerfrist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klägerin sich weder auf ein auch gemeinschaftsrechtlich anerkanntes Prinzip des Vertrauensschutzes noch auf den im deutschen Recht entwickelten Grundsatz von Treu und Glauben berufen kann.

aa) Die Anwendung des im deutschen Recht entwickelten Grundsatzes von Treu und Glauben scheidet - unabhängig davon, ob die Tatbestandsvoraussetzungen dafür im Streifall überhaupt erfüllt wären - schon deswegen aus, weil das Gemeinschaftsrecht insoweit im Streitfall vorgeht. Zwar hat der EuGH entschieden, daß das Gemeinschaftsrecht nicht nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die für den Ausschluß einer Rückforderung auf Kriterien wie den Vertrauensschutz abstellen (EuGH-Urteile vom 5. März 1980 Rs. 265/ 78, EuGHE 1980, 617, und vom 21. September 1983 Rsn.205 bis 215/82, EuGHE 1983, 2633; vgl. auch Senatsurteil vom 5. Februar 1980 VII R 101/77, BFHE 130, 90, 94). Dabei wird der Begriff des Vertrauensschutzes in der Gemeinschaftsterminologie in einem weiteren Sinne verwandt, der auch den sich nach deutschen Rechtsgrundsätzen ergebenden Schutz des Vertrauens aufgrund von Treu und Glauben umfaßt (Senatsurteil vom 20. März 1990 VII R 92/88, BFHE 161, 207, 212). Wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts könnte jedoch der sich auf Treu und Glauben gründende Vertrauensschutz nicht über den auch im Gemeinschaftsrecht anerkannten Vertrauensschutz hinausgehen (Senatsurteile vom 4. Oktober 1983 VII R 82/80, BFHE 139, 325, 330f.; vom 18. Juli 1989 VII R 22/87, BFH/NV 1990, 336, und BFHE 161, 207, 212, jeweils m.w.N.).

bb) Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes rechtfertigt aber hier nicht, von der Rückforderung der vorfinanzierten Ausfuhrerstattung abzusehen. Wie der EuGH bereits entschieden hat (Urteil vom 26. April 1988 Rs. 316/86, EuGHE 1988, 2213, 2239f.), kann der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht gegen eine klare gemeinschaftsrechtliche Bestimmung angeführt werden. Das gemeinschaftsrechtswidrige Verhalten einer für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts zuständigen nationalen Stelle kann demnach kein berechtigtes Vertrauen des Betroffenen auf eine gemeinschaftsrechtswidrige Behandlung begründen.

Als vertrauensbegründender Tatbestand kann im Streitfall die auf ausdrückliches Nachfragen der Klägerin erteilte Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters des ZA, wie sie die Klägerin im Revisionsverfahren geltend macht, schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil die Vorentscheidung dazu keinerlei Feststellungen enthält. Das Vorbringen der Klägerin ist insoweit neu und kann daher im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden, weil der Senat an die Feststellungen des FG gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO).

Ein Vertrauensschutz kommt aber auch nicht aufgrund der Eintragungen der unzutreffenden Lagerfristen durch den Abfertigungsbeamten des ZA in Betracht. Der Senat teilt insoweit die Auffasung des FG, daß diese Eintragungen keine Festsetzung der Lagerfrist, sondern lediglich einen - unzutreffenden - Hinweis auf die gemeinschaftsrechtlich vorgegebene Frist beinhalten. Sie haben zwar dazu geführt, daß die Klägerin durch die Fristüberschreitung die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausfuhrerstattung in voller Höhe nicht eingehalten hat. Der Vertrauensschutz ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH aber auch dann zu versagen, wenn er im Zusammenhang mit einem den gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen nicht entsprechenden Verhalten des Beteiligten geltend gemacht wird. Denn auch in diesem Fall würde ein Vertrauensschutz zu einer Vorteilsgewährung führen, die dem geltenden Gemeinschaftsrecht widerspricht.

cc) Die Regelung der Lagerfrist ergibt sich aus einer klaren gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung, nämlich Art. 1 VO Nr. 1214/ 80. Diese macht es zwar erforderlich, auf andere Verordnungen zurückzugreifen. Unter Berücksichtigung der in ihr enthaltenen Verweisungen ist die Bestimmung jedoch eindeutig und unmißverständlich. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, daß ihr diese Vorschrift unbekannt war. Vielmehr hätte sie sich als sorgfältige Gewerbetreibende über die einschlägigen im ABlEG veröffentlichten Verordnungen unterrichten müssen und sich nicht darauf verlassen dürfen, daß die vom ZA irrtümlich vermerkten Lagerfristen richtig seien (vgl. EuGH-Urteile vom 12. Juli 1989 Rs. 161/ 88, EuGHE 1989, 2415, und vom 28. Juni 1990 Rs. C-80/89, EuGHE 1990, I-2659).

dd) Es kann auch keinen Unterschied machen, ob der Vertrauensschutz wie in dem vom EuGH entschiedenen Fall (EuGHE 1988, 2213) auf eine zu Unrecht anerkannte Lizenz oder - wie im vorliegenden Fall - auf eine irrtümlich im Abfertigungsbeleg eingetragene unzutreffende Frist gestützt wird. Denn bei der durch Art. 1 VO Nr. 1214/80 vorgeschriebenen Lagerfrist handelt es sich nicht um eine bloße Ordnungsfrist, sondern um eine marktordnungspolitisch motivierte Frist, deren Nichteinhaltung zumindest potentiell einen Wettbewerbsvorteil bieten kann. Insoweit sind der Streitfall und der vom EuGH entschiedene Fall durchaus vergleichbar. Denn wie die räumliche Begrenzung des Geltungsbereichs der Ausfuhrlizenz in dem vom EuGH entschiedenen Fall wirtschaftspolitisch begründet worden ist (EuGHE 1988, 2213, 2237 Tz. 13), beruht auch die Lagerfrist auf wirtschaftspolitischen Erwägungen.

b) Ferner greifen auch die Einwendungen der Klägerin dagegen nicht durch, daß das FG hinsichtlich der mit den Kontrollexemplaren Nrn. 767 und 179 ausgeführten Waren den Nachweis der von Art. 13 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 geforderten Qualität des Butterfetts nicht als gegeben erachtet hat.

aa) Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin für das Vorliegen dieser Qualitätsmerkmale die Feststellungslast trifft. Denn nach § 15 Abs. 1 der Ausfuhrerstattungsverordnung vom 17. Februar 1988 (BGBl I 1988, 155) war die Klägerin als Antragstellerin verpflichtet, die Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch darzutun und die notwendigen Beweise auch hinsichtlich der Beschaffenheit der ausgeführten Ware zu erbringen. Daraus ergibt sich, daß die Klägerin grundsätzlich die Beweislast (Feststellungslast) hinsichtlich der Beschaffenheit zu tragen hat (Senatsurteil vom 26. Juni 1990 VII R 104/87, BFHE 161, 221). Dies gilt gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 VO Nr. 3665/87 auch im Falle einer vorfinanzierten Ausfuhrerstattung. Nach Art. 28 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 sind zwar die Ergebnisse der aus Anlaß der Prüfung der Zahlungserklärung vorgenommenen Warenbeschau auch bei der aus Anlaß der Ausfuhr vorzunehmenden Festsetzung der Erstattung zu berücksichtigen. Dies bedeutet aber nicht, daß die bei der Einlagerung getroffenen Feststellungen als abschließend und endgültig zu behandeln sind. Gemäß Art. 28 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 ist eine spätere Prüfung einschließlich der Berücksichtigung der dabei getroffenen Feststellungen zulässig. Gemäß Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 565/80 müssen die Waren nach ihrer Lagerung in unverändertem Zustand ausgeführt werden. Dies bedeutet auch, daß die Waren noch den Anforderungen entsprechen müssen, die die Gewährung der Vorfinanzierung gerechtfertigt haben. Dementsprechend hat die nach Art. 28 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 vorgesehene Prüfung u.a. das Ziel festzustellen, ob diese Voraussetzung für die betreffenden Waren erfüllt ist. Ist sie nicht erfüllt, so ist diesem Umstand bei der endgültigen Festsetzung der Ausfuhrerstattung Rechnung zu tragen, soweit die Veränderung der Ware nicht nach Art. 28 Abs. 3 und 4 VO Nr. 3665/87 als unschädlich anzusehen ist. Da der unveränderte Zustand der Waren bei der Abmeldung aus dem Erstattungslager somit - grundsätzlich - Voraussetzung für die Festsetzung der Ausfuhrerstattung ist, trifft die Klägerin gemäß § 15 Ausfuhrerstattungsverordnung auch die Feststellungslast dafür, daß diese Voraussetzung erfüllt ist.

bb) Das FG ist in revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise zu dem Ergebnis gelangt, nach dem Untersuchungsergebnis der bei der Abmeldung des Butterfetts aus der Erstattungslagerung gezogenen Proben könne nicht festgestellt werden, daß das Butterfett den vorgeschriebenen Qualitätsanforderungen entspreche. Der Senat ist daher nach § 118 Abs. 2 FGO an diese Feststellungen gebunden.

Die anläßlich der Abmeldung des Butterfetts mit den Kontrollexemplaren Nrn. 767 und 179 aus der Erstattungslagerung stichprobenweise ermittelte Warenbeschaffenheit des Butterfetts ist auch für den nicht geprüften Teil der Ware anzunehmen. Dies folgt aus der Vermutungsregelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG, die nach § 11 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 3 Abs. 4 Ausfuhrerstattungsverordnung sinngemäß auch bei Abmeldung aus der Erstattungslagerung anzuwenden ist (vgl. BFHE 161, 221). Im Streitfall ergeben sich aus den Besonderheiten des Ausfuhrerstattungsrechts insoweit jedenfalls keine Einschränkungen.

Bei ihrer Würdigung der durch die deutschen Stellen gewonnenen Untersuchungsergebnisse ist die Vorinstanz zu Recht nicht auf die Frage eingegangen, ob sich der Zustand des Butterfetts während der Lagerung im Erstattungslager verändert hat. Denn darauf kam es nicht an, weil die Ausfuhrerstattung - wie bereits ausgeführt - nur dann zu gewähren war, wenn der Zustand des Butterfetts bei der Auslagerung noch unverändert dem bei der Einlagerung zugrunde gelegten Zustand entsprach.

Das FG hat entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch nicht unberücksichtigt gelassen, daß die Beimischung von Ghee-Paste gemeinschaftsrechtlich ausdrücklich erlaubt ist. Denn es hat sich in seinem Urteil mit den Auswirkungen auseinandergesetzt, die die Beimischung der Ghee-Paste zu dem Butterfett hätte haben können, und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß eine solche Beimischung jedenfalls nicht die in den Untersuchungsergebnissen beanstandete mangelnde Qualität des Butterfetts hätte verursachen können.

Auch die im Rahmen der Beweiswürdigung gewonnene Überzeugung des FG, daß die vorgelegten Untersuchungszeugnisse der ägyptischen Stellen die Zweifel an der Qualität des Butterfetts nicht ausräumen können, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Die Untersuchungsergebnisse der deutschen und ägyptischen Untersuchungsstellen widersprechen zwar einander. Es ist aber nicht zu beanstanden, daß sich das Gericht auf die von den zuständigen deutschen Stellen gewonnenen Untersuchungsergebnisse stützt. Etwas anderes würde nur gelten, wenn sich aus den ägyptischen Untersuchungszeugnissen detailliert Anhaltspunkte dafür ergeben würden, daß die von den deutschen Stellen gewonnenen Untersuchungsergebnisse nicht zutreffen können. Bei der Sachlage des Streitfalls war das FG auch nicht verpflichtet, den Sachverhalt weiter aufzuklären (§ 76 FGO). Denn es hatte keine Anhaltspunkte dafür, daß die von den deutschen Stellen ermittelten Ergebnisse unzutreffend sein könnten.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs - wie sie die Klägerin rügt - liegt im Hinblick auf die Würdigung der ägyptischen Untersuchungszeugnisse nicht vor. Denn das Recht auf Gehör ist nicht schon dann verletzt, wenn das Gericht nicht alle Überlegungen, die zu der von ihm gefundenen Beweiswürdigung geführt haben, vorher eingehend mit den Beteiligten erörtert hat (BFH-Urteil vom 2. Februar 1982 VIII R 65/80, BFHE 135, 158, 163, BStBl II 1982, 409; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 96 Anm. 32).

cc) Da somit nicht feststeht, daß das mit den Kontrollexemplaren Nrn. 767 und 179 aus der Erstattungslagerung abgemeldete Butterfett den in Art. 13 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 vorgeschriebenen Qualitätsanforderungen entsprach, hat das HZA die vorfinanzierte Ausfuhrerstattung zuzüglich des Zuschlags von 20% zu Recht zurückgefordert. Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist zwar nicht - wie das FG annimmt - Art. 33 Abs. 1 Unterabs.2 VO Nr. 3665/87 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1615/90 (VO Nr. 1615/90) der Kommission vom 15. Juni 1990 (ABlEG Nr. L 152/33) geänderten Fassung, sondern unmittelbar Art. 29 VO Nr. 2220/85. Danach ist im Falle einer Sicherheitsleistung aufgrund von Art. 6 VO Nr. 565/80 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 der Beteiligte zur Zahlung des verfallenen Betrages aufzufordern, wenn Umstände bekannt werden, aus denen sich der Verfall der Sicherheit ergibt. Der Verfall der Sicherheit ergibt sich im Streitfall im Umkehrschluß aus Art. 33 Abs. 1 und 2 VO Nr. 3665/87 (in der ursprünglichen Fassung), weil die Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausfuhrerstattung nicht erfüllt hat.

2. Rechtsfehlerfrei hat das FG auch die Verpflichtungsklage der Klägerin auf Zahlung der Ausfuhrerstattung für das mit dem Beleg 1/Z 5 eingelagerte und mit dem Kontrollexemplar Nr. 18 ausgeführte Butterfett abgewiesen, weil nicht festgestellt werden konnte, daß das Butterfett die Qualitätsanforderungen nach Art. 13 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 erfüllt hat. Die vorstehenden Ausführungen hinsichtlich der Feststellungslast, der Beschaffenheitsvermutung für die gesamte Einlagerungspartie und die Beweiswürdigung gelten sinngemäß auch in diesem Fall.

3. Da der Klage schon aus den vorstehenden Gründen der Erfolg zu versagen war, konnte das FG dahingestellt sein lassen, ob die Klägerin den Nachweis der Ankunft des Butterfetts in Ägypten nach Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 form- und fristgerecht geführt hat. Soweit das HZA der Klägerin die vorfinanzierte Ausfuhrerstattung belassen hat, ist es bei der Festsetzung der Erstattung von den für Ägypten geltenden Sätzen ausgegangen; insoweit ist die Klägerin nicht beschwert.

4. Der Senat brauchte im vorliegenden Fall keine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen, weil die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts aufgrund der angeführten Urteile des EuGH zum Vertrauensschutz nach Gemeinschaftsrecht offenkundig ist und weil hinsichtlich der Auslegung von Art. 28 VO Nr. 3665/87 nach dessen eindeutigem Wortlaut keine vernünftigen Zweifel daran bestehen können, daß bei der Abmeldung aus dem Erstattungslager festgestellte Tatsachen bei der Festsetzung der Ausfuhrerstattung zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, und Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 VII R 107/81, BFHE 145, 266). Bei der Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG aufgrund von § 11 Abs. 3 Satz 3 und § 3 Abs. 4 Ausfuhrerstattungsverordnung handelt es sich um eine zulässige Anwendung nationalen Rechts, weil insoweit noch keine harmonisierten Rechtsvorschriften auf Gemeinschaftsebene bestehen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 208

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