Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Garage, die nicht Bestandteil einer Dienstwohnung ist, kann weder als Dienstwohnung noch als Dienstgrundstück gemäß § 4 Ziff. 5 Buchst. c GrStG von der Grundsteuer freigestellt werden.

Eine im Eigentum einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft stehende Garage, die zur Unterstellung eines für die Aufgaben eines Geistlichen benötigten Kraftwagens benutzt wird, dient den grundsteuerbefreiten Zwecken der Religionsgesellschaft und ist von der Grundsteuer befreit.

 

Normenkette

GrStG § 4 Ziff. 5, § 6 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Grundsteuerbefreiung einer Garage einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft, die von einem Geistlichen zum Einstellen seines für die Zwecke der Seelsorge bestimmten Personenkraftwagens benutzt wird.

Die Bfin., eine öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft, errichtete auf einem ihr gehörenden Grundstück eine Kirche, ein Jugendheim und eine Garage. Aus bauplanerischen Gründen wurde die Garage mit dem Jugendheim verbunden. Der Bau eines Pfarrhauses wurde als nicht so vordringlich vorerst zurückgestellt. Der Geistliche bewohnt eine Wohnung auf einem Privatgrundstück, die von der Bfin. gemietet und dem Geistlichen als Teil seines Diensteinkommens überwiesen wurde. Auch die Garage wurde dem Geistlichen überwiesen. Durch eine Art- und Wertfortschreibung für das bisher unbebaute Grundstück stellte das Finanzamt einen Einheitswert lediglich für das Garagengrundstück zum 1. Januar 1957 auf 600 DM fest. Gleichzeitig setzte es einen Grundsteuermeßbetrag von 4,80 DM fest, weil es die Garage mit dem zugehörigen Grund und Boden als grundsteuerpflichtig ansah. Im übrigen wurde das Grundstück als grundsteuerfrei behandelt. Gegen die Heranziehung des Garagengrundstücks zur Grundsteuer machte die Bfin. geltend, der Geistliche benutze die Garage zum Unterstellen des Kraftwagens, den er zur Ausübung der Seelsorge in seinem ausgedehnten Seelsorgsbezirk - sechs Gemeinden - benötige. Den heutigen Anforderungen der Seelsorge könne in einem solchen Bezirk nur nachgekommen werden, wenn der Dienststelleninhaber einen Wagen benutze. Deshalb sei die Haltung eines Fahrzeugs und damit auch die Benutzung einer Garage mit der Erfüllung der dienstlichen Obliegenheiten unlösbar verbunden. Somit sei auch für die Garage die Voraussetzung einer Grundsteuerbefreiung gemäß § 4 Ziff. 5 Buchst. c GrStG gegeben. Die Grundsteuerfreiheit könne nicht dadurch verlorengehen, daß sich die Dienstwohnung des Geistlichen noch nicht auf dem Kirchengrundstück befinde. Zu erwägen sei auch, ob die Garage nicht dem für Verwaltungszwecke benutzten Grundbesitz im Sinne des § 4 Ziff. 5 Buchst. b GrStG gleichzustellen sei.

Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Die Vorinstanz führte aus, eine Befreiung nach § 4 Ziff. 5 Buchst. c GrStG komme nicht in Betracht. Soweit diese Vorschrift sich auf Dienstwohnungen beziehe, könne sie schon deshalb nicht angewendet werden, weil das Garagengrundstück kein Wohngrundstück darstelle. Die Garage sei aber auch nicht Teil eines Wohngrundstücks, weil der Geistliche in einer von dem Grundstück räumlich getrennten Mietwohnung wohne. Auch ein Dienstgrundstück im Sinne des § 4 Ziff. 5 Buchst. c GrStG liege nicht vor. Die Anwendung des § 4 Ziff. 5 Buchst. b GrStG scheitere daran, daß das Grundstück nicht den Verwaltungszwecken einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft, sondern lediglich dem Ortspfarrer zur Unterstellung seines Kraftwagens diene.

Mit der Rb. führt die Bfin. aus, das Garagengrundstück sei Bestandteil der Dienstwohnung eines Geistlichen. Die privat gemietete und dem Geistlichen als Teil seines Diensteinkommens überwiesene Wohnung sei eine Dienstwohnung im Sinne des § 4 Ziff. 5 Buchst. c GrStG, da es nicht entscheidend sei, wer Eigentümer der Wohnung sei. Die Garage, die der Bfin. gehöre, sei dem Geistlichen ebenfalls überwiesen worden. Wenn auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Wohnung und der Garage bestehe, weil beide nicht auf demselben Grundstück lägen, so sei dieser Zusammenhang infolge der räumlichen Nähe doch so eng, daß die Garage auch als Bestandteil der Dienstwohnung anzusehen sei. Die Garagenfläche sei darüber hinaus auch als Dienstgrundstück anzusehen. Schließlich sei das Garagengrundstück auch nach § 4 Ziff. 5 Buchst. b GrStG befreit, weil es sowohl zum Zweck der religiösen Unterweisung als auch für Verwaltungszwecke benutzt werde. Der Geistliche, der sechs Gemeinden zu betreuen habe, benötige einen Wagen, um die religiöse Unterweisung seiner Gemeindemitglieder und die Vorbereitung des Gottesdienstes und seines äußeren Rahmens durchführen zu können. Zu prüfen sei, ob nicht auch eine Befreiung nach § 4 Ziff. 3 Buchst. b GrStG in Betracht komme; die mit der Haltung des Kraftwagens verfolgten kirchlichen Zwecke seien nämlich gleichzeitig auch gemeinnützige Zwecke.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb., die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache von der Vorinstanz zugelassen wurde, führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Freistellung der Garage von der Grundsteuer.

I. - Eine Steuerbefreiung der Garage nach § 4 Ziff. 5 Buchst. c GrStG in der Fassung vom 10. August 1951 könnte, abgesehen von der Frage, ob die von der Bfin. gemietete und dem Geistlichen zugewiesene Wohnung überhaupt eine Dienstwohnung im Sinne dieser Vorschrift darstellt, nur in Betracht kommen, wenn die Garage Bestandteil dieser Wohnung wäre. Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, daß dies nicht der Fall ist. Ein Bestandteil der Wohnung des Geistlichen liegt bei der Garage schon deshalb nicht vor, weil das Grundstück, auf dem sich die Wohnung des Geistlichen befindet, und das Garagengrundstück zwei verschiedenen Eigentümern gehören. Deshalb erübrigt es sich auch, auf die Frage einzugehen, ob infolge der räumlichen Trennung von Wohnung und Garage eine wirtschaftliche Zusammengehörigkeit - Einheit - besteht. Der Vorinstanz ist auch darin beizupflichten, daß es sich bei dem Garagengrundstück nicht um ein "Dienstgrundstück" im Sinne des § 4 Ziff. 5 Buchst. c GrStG handelt. Im Streitfalle fehlt eine der wesentlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Dienstgrundstücks, nämlich die, daß das Grundstück zum Unterhalt des Stelleninhabers bestimmt ist. Eine Garage, die nicht Bestandteil einer Dienstwohnung ist, kann weder als Dienstwohnung noch als Dienstgrundstück gemäß § 4 Ziff. 5 Buchst. c GrStG von der Grundsteuer freigestellt werden. Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen der Bfin. sind unbegründet.

II. - Zu prüfen ist, ob sich eine Grundsteuerbefreiung aus anderen Vorschriften des GrStG ergibt. Hierfür kommen vor allem die Vorschriften des § 4 Ziff. 5 Buchst. a und b GrStG in Betracht. Danach ist befreit, Grundbesitz, der dem Gottesdienst einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft gewidmet ist, sowie Grundbesitz, der von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften für Zwecke der religiösen Unterweisung oder für ihre Verwaltungszwecke benutzt wird und entweder im Eigentum der benutzenden Körperschaft oder im Eigentum einer Körperschaft des öffentlichen Rechts steht. Das Grundsteuerrecht verlangt für eine Freistellung von der Grundsteuer, daß der Steuergegenstand für die steuerbefreiten Zwecke unmittelbar benutzt wird (ß 6 Abs. 1 GrStG). Im streitigen Steuergegenstand selbst werden keine der vorstehend aufgeführten steuerbefreiten Zwecke ausgeübt. Damit scheidet er aber nicht ohne weiteres für eine Steuerbefreiung aus; denn der Begriff "unmittelbar" ist nicht nur in seinem rein sprachlichen Sinn (ohne jedes Mittel) auszulegen. Unmittelbare Benutzung im Sinne des § 6 Abs. 1 GrStG setzt vor allem die tatsächliche Zuführung des Steuergegenstandes an den Benutzungszweck, und zwar auf dem nächsten und zweckmäßigsten Weg und eine enge Verbundenheit zwischen dem Steuergegenstand, der Person des Nutzenden und dem steuerbegünstigten Zwecke voraus. Dritte Benutzer und nichtsteuerbegünstigte, mehr oder weniger selbständige Zwischenaufgaben sind dagegen als regelmäßig steuerschädlich anzusehen. Die Rechtsprechung hat es dementsprechend als eine dem Sinn und Zweck der Grundsteuerbefreiungen widersprechende Einengung angesehen, unentbehrliche Hilfsmaßnahmen, Hilfseinrichtungen und Hilfsmittel vom Kreis der begünstigten Aufgaben auszuschließen. Deshalb hat der Bundesfinanzhof z. B. ein Alters- und Erholungsheim eines Diakonissenmutterhauses, bei dem es sich nicht um eine unmittelbare gemeinnützige Maßnahme handelte, von der Grundsteuer wegen Benutzung für gemeinnützige Zwecke nach § 4 Ziff. 3 Buchst. b GrStG freigestellt, weil ein sehr enger Zusammenhang mit den Aufgaben dieses Mutterhauses bestehe (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 74/54 S vom 22. Oktober 1954, BStBl 1954 III S. 369, Slg. Bd. 59 S. 413). Der Senat hat weiter eine von der Bundespost selbst betriebene Kantine als ein unentbehrliches Hilfsmittel angesehen, ohne die die Bundespost ihre hoheitliche Tätigkeit heute nicht mehr erfüllen könne; er hat deshalb die Kantine wegen Benutzung für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. a GrStG von der Grundsteuer freigestellt (Urteil des Bundesfinanzhofs III 379/60 U vom 11. Oktober 1963, BStBl 1963 III S. 571, Slg. Bd. 77 S. 686). Der Senat ist der Auffassung, daß der Streitfall, wenn auch nicht gleich, so doch ähnlich liegt und deshalb entsprechend zu entscheiden ist. Die Bfin. führte unbestritten aus, daß der Kraftwagen, für den die Garage benutzt wird, zur Ausübung der geistlichen und verwaltenden Tätigkeit des Pfarrers - Vorbereitung und Abhaltung des Gottesdienstes, religiöse Unterweisung der Gemeindemitglieder Religionsunterricht, Kommunionunterricht usw. - in dem ausgedehnten, sechs Gemeinden umfassenden Bezirk benötigt wird. Ohne Benutzung eines jederzeit einsatzfähigen Verkehrsmittels ist ein Geistlicher bei einem Amtsbezirk, wie er im Streitfall vorliegt, nicht in der Lage, seine Aufgaben als Geistlicher, die, wie vorstehend ausgeführt wurde, auch nach dem Grundsteuerrecht begünstigt sind, zu erfüllen. Es besteht deshalb auch hier ein enger Zusammenhang zwischen dem Steuergegenstand und den steuerbefreiten Zwecken, so daß die nach § 6 Abs. 1 GrStG geforderte Voraussetzung der unmittelbaren Benutzung für die steuerbefreiten Zwecke gegeben ist. Deshalb dient eine im Eigentum einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft stehende Garage, die zur Unterstellung eines für die Aufgaben eines Geistlichen benötigten Kraftwagens benutzt wird, den grundsteuerbefreiten Zwecken der Religionsgesellschaft und ist von der Grundsteuer befreit.

Die Sache ist spruchreif, da die Garage unbestritten den angeführten Zwecken dient.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411717

BStBl III 1965, 568

BFHE 1966, 188

BFHE 83, 188

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