Leitsatz (amtlich)

Eine Genehmigung zum Güterfernverkehr hat über den letzten Tag ihrer Gültigkeitsdauer hinaus keine Wirkung. Kann eine Anschlußgenehmigung nicht erteilt werden, weil der Unternehmer die gesetzlichen Voraussetzungen des § 10 GüKG nicht erfüllt, so sind spätere Güterbeförderungen nicht genehmigter Güterfernverkehr. Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer, solange das Prüfungsverfahren nach § 10 GüKG anhängig ist, die Güterbeförderungen in der Erwartung ausführt, die Anschlußgenehmigung werde ihm erteilt werden.

 

Normenkette

GüKG §§ 12, 10; BefStG § 11 Abs. 1/2/b

 

Streitjahr(e)

1958, 1959

 

Tatbestand

Der Revisionskläger (Steuerpflichtige - Stpfl. -) war Fuhrunternehmer. Der zuständige Regierungspräsident hatte ihm am 1. November 1950 unter der Ordnungsnummer NS 217 ha die Genehmigung für den allgemeinen Güterfernverkehr erteilt. Die Genehmigung galt bis zum 31. Oktober 1958. Sie wurde mehrfach auf ein anderes Fahrzeug umgeschrieben und galt zuletzt für einen LKW "Magirus" mit dem amtlichen Kennzeichen A 256 und dem Standort K. Dieses Fahrzeug hat der Stpfl. am 7. Februar 1959 mit Wirkung ab 9. Februar 1959 abgemeldet.

Am 23. August 1958 stellte der Stpfl. bei dem Regierungspräsidenten den Antrag, ihm für den LKW mit Kennzeichen A 256 die Genehmigung für den allgemeinen Güterfernverkehr wieder zu erteilen. Unter den Anlagen zu diesem Antrag befand sich eine Bescheinigung des Finanzamts H als Beförderungsteuerstelle der Oberfinanzdirektion (OFD) - FA - vom 16. August 1958, wonach gegen eine Erneuerung der Genehmigung in beförderungsteuerlicher Hinsicht keine Bedenken bestanden.

Der Regierungspräsident bestätigte dem Stpfl. mit Schreiben vom 26. August 1958 den Eingang seines Antrages und bat um eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des für die allgemeinen Steuern zuständigen FA. Das für den Wohnsitz K zuständige FA R hat die Unbedenklichkeitsbescheinigung am 28. Oktober 1958 erteilt.

Mit Schreiben vom 29. August 1958 hatte der Regierungspräsident den Antrag des Stpfl. bereits den anhörungsberechtigten Stellen (ß 14 Abs. 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes - GüKG -) zugeleitet. Diese äußerten zum Teil Bedenken gegen die Wiedererteilung der Genehmigung; der zuständige Polizei-Abschnitt wies darauf hin, daß der Stpfl. seinen Wohn- und Betriebssitz von K nach B verlegt habe. Der Regierungspräsident bat den Stpfl. am 11. November 1958, und auf eine widersprüchliche Antwort des Stpfl. hin erneut am 9. Januar 1959, seinen wahren Wohn- und Betriebssitz anzugeben. Außerdem stellte der Regierungspräsident in K weitere Ermittlungen an. Nach dem feststand, daß der Stpfl. die wegen der ungünstigen Lage K' s angestrebte Zuzugsgenehmigung nach B nicht bekommen konnte und zunächst in K bleiben würde, teilte der Regierungspräsident dem Stpfl. am 14. Januar 1959 mit, er sei bereit, die Genehmigung Nr. NS 217 ha (rot) mit einer Geltungsdauer von acht Jahren wieder zu erteilen. Der Stpfl. möge im Laufe der nächsten Woche neben anderen Unterlagen das amtliche Gutachten für das einzusetzende Fahrzeug vorlegen. Mit Schreiben vom 7. Februar 1959 beantragte der Stpfl., die Konzession vorläufig ruhen zu lassen. Wegen eines Motorschadens, den er nicht beheben lassen wolle, könne er das amtliche Gutachten nicht vorliegen. Er wolle ein anderes Fahrzeug beschaffen, wozu längere Vorverhandlungen nötig seien.

Der Regierungspräsident erklärte sich am 23. Februar 1959 auch bereit, die Konzession bis zu einer Dauer von sechs Monaten ruhen zu lassen und schrieb u. a.: "Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich über die Konzession anderweitig verfügen werde, wenn Sie mir nicht bis zum Ablauf der sechsmonatigen Frist den Erwerb eines Kfz nachweisen können oder aber den Nachweis erbringen, daß innerhalb weiterer drei Monate ein Ersatzfahrzeug beschafft wird." Gleichzeitig wies der Regierungspräsident den zuständigen Polizeiabschnitt an, die ungültige Konzession Nr. NS 217 ha einzuziehen.

Am 10. Juni 1959 teilte der Stpfl. dem Regierungspräsidenten mit, er sei nicht in der Lage, ein Fahrzeug zu beschaffen und bitte, ihm die Konzession zur Verfügung zu halten. Sobald er einen Wagen habe, werde er erneut die Wiedererteilung der Konzession erbitten. Diesen Antrag wies der Regierungspräsident am 19. Juni 1959 zurück und wiederholte, unter welchen Bedingungen eine Konzession reserviert werden könne.

Am 14. September 1959 lehnte der Regierungspräsident den Antrag auf Wiedererteilung der am 31. Oktober 1958 durch Zeitablauf erloschenen Genehmigung Nr. NS 217 ha (rot) für den allgemeinen Güterfernverkehr auf Grund § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und Abs. 3 GüKG ab. Diese Ablehnung begründete er ausführlich und versah sie mit einer Rechtsmittelbelehrung. Der Stpfl. hat ein Rechtsmittel nicht eingelegt.

Das FA betrachtete daraufhin Beförderungen, die der Stpfl. nach dem 1. November 1958 mit dem LKW A 256 ausgeführt hatte, als Beförderungen im nicht genehmigten Güterfernverkehr und berechnete die auf sie entfallende Beförderungsteuer gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 b BefStG 1955. Das FA berichtigte dementsprechend die Beförderungsteuervorauszahlungen und forderte 8.803 DM für die Monate November und Dezember 1958 nach und 1.295 DM für Januar 1959. Der Steuerberechnung lagen die von der Straßenverkehrsgenossenschaft und von der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr auf Grund der Angaben des Stpfl. ermittelten Frachten zugrunde. Über den Umfang der zu besteuernden Beförderungsleistungen besteht auch kein Streit. Gegen die Steuerfestsetzungen für 1958 und 1959 legte der Stpfl. mit der Behauptung Einspruch ein, daß ihm die Anschlußkonzession am 14. Januar 1959 erteilt worden sei. Es sei nicht seine Schuld, daß dies so spät geschehen sei. Das FA R habe ihm nicht rechtzeitig die Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt. Außerdem, führte er aus, sei es für ihn eine unbillige Härte, die erhöhte Beförderungsteuer bezahlen zu müssen. Der Einspruch und die Berufung hatten keinen Erfolg.

Mit der Rb. trägt der Stpfl. unter Bezug auf sein früheres Vorbringen vor: Er habe die Genehmigung rechtzeitig beantragt und die Transporte in der Erwartung durchgeführt, die Anschlußkonzession zu erhalten. Tatsächlich habe der Regierungspräsident eine neue Genehmigung bereits ausgefertigt und nicht, wie das FA behaupte, abgelehnt, eine neue Genehmigung zu erteilen. Die Verfügung des Regierungspräsidenten sei verzögert worden, weil das FA R ihm die Unbedenklichkeitsbescheinigung ungewöhnlich lange vorenthalten habe. Das FA R habe ihm nämlich eine Kürzung der Umsatzsteuer zu Unrecht zunächst versagt. Darauf, und das sei der Hauptpunkt seiner Rb., sei das Finanzgericht (FG) nicht eingegangen.

Somit habe er es nicht zu vertreten, daß sich die Anschlußkonzession verzögert habe und schließlich ausgeblieben sei. Er berufe sich außerdem auf das Eingeständnis des FA, daß es in Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger die Verlängerung seiner Genehmigung rechtzeitig beantragt habe, die Verlängerung selbst aber durch falsche Sachbehandlung einer Verwaltungsbehörde erst einige Zeit nach dem Ablauf der ursprünglichen Genehmigung erteilt sei, von dem Besteuerungssatz für den ungenehmigten Güterfernverkehr abgesehen habe. Es entspreche nicht dem Verfassungsgrundsatz gleichmäßiger Rechtsbehandlung, ihn von dieser Vergünstigung auszuschließen. Es sei für eine Billigkeitsprüfung ein lediglich formales Element, daß der Regierungspräsident dem Stpfl. die Genehmigung nicht mehr ausgehändigt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die seit dem 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnde zulässige Rb. ist unbegründet.

Beförderungen im nicht genehmigten Güterfernverkehr unterliegen der Beförderungsteuer nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 b BefStG. Das FG hat zu Recht festgestellt, daß die Beförderungen, die der Stpfl. mit dem LKW "Magirus", Kennzeichen A 256, im November und Dezember 1958 sowie im Januar 1959 ausgeführt hat, ungenehmigten Güterfernverkehr, darstellen. Die Genehmigung zum allgemeinen Güterfernverkehr, die der Regierungspräsident den Stpfl. bis zum 31. Oktober 1958 erteilt hatte, hat über diesen Zeitpunkt hinaus keine Wirkung (ß 12 GüKG). Eine Anschlußgenehmigung ist nicht erteilt worden. Dem Stpfl. ist am 14. Januar 1959 lediglich eine Genehmigung in Aussicht gestellt worden, falls er die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle (ß 10 GüKG). Der Stpfl. hat dem Regierungspräsidenten selbst am 7. Februar 1959 und 10. Juni 1959 mitgeteilt, daß er nicht über einen LKW in einwandfreiem technischen Zustand (ß 10 Abs. 1 Nr. 3 GüKG) verfüge, woraufhin der Regierungspräsident den Antrag auf Erteilung einer neuen Konzession ablehnen mußte. Das FG hat ebenfalls ohne Rechtsirrtum festgestellt, daß es für die Entscheidung, ob genehmigter oder nicht genehmigter Güterfernverkehr vorliege, auf die Gründe, deretwegen die Erteilung einer neuen Genehmigung unterblieben ist, nicht ankomme.

Die Frage, ob ein Steuererlaß nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AO gerechtfertigt ist, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Die Ausführungen des FG unterliegen auch insoweit keinen Bedenken, und der Stpfl. vermißt zu Unrecht ein Eingehen des FG auf seine Darlegungen betreffend die Unbedenklichkeitsbescheinigung des FA R. Außerdem sind diese Darlegungen unrichtig. Die Akten des Regierungspräsidenten, die auch das FG beigezogen hatte, ergeben eindeutig, daß die Genehmigung nur deshalb nicht neu erteilt werden konnte, weil der Stpfl. weder über ein technisch einwandfreies Kraftfahrzeug verfügte noch eines innerhalb von neun Monaten beschaffen konnte. Der Umstand, daß das FA R die Unbedenklichkeitsbescheinigung erst am 28. Oktober 1958 erteilte, hatte keinen Einfluß auf den Ablauf der Prüfung des Regierungspräsidenten, ob die Genehmigungsvoraussetzungen vorlagen.

Ganz abgesehen davon ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß der Stpfl. zu einem früheren Termin das amtliche Gutachten über ein technisch einwandfreies Kraftfahrzeug hätte beibringen können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425804

BFHE 86, 476

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