Leitsatz (amtlich)

1. Ist eine den Miteigentümern einer Wohnungseigentumsanlage gehörende Sammelgarage Zubehörraum zu dieser Eigentumswohnanlage, so ist auch der jeweilige Miteigentumsanteil grunderwerbsteuerrechtlich wie ein Zubehörraum zu der jeweiligen Eigentumswohnung zu behandeln.

2. Erwirbt jemand zu einer in Nordrhein-Westfalen steuerfrei erworbenen Eigentumswohnung später einen Miteigentumsanteil im Sinne der Nr. 1 hinzu, so ist auch dieser Hinzuerwerb steuerfrei, wenn der Erwerb der Eigentumswohnung nebst Anteil an der Sammelgarage steuerfrei gewesen wäre, wäre er im Zeitpunkt des Hinzuerwerbs erfolgt.

 

Normenkette

GrESWG Nordrhein-Westfalen § 1 Nr. 5

 

Tatbestand

Die Kläger kauften durch notariell beurkundeten Vertrag vom 18. September 1964 als Ersterwerber von einem Bauträger eine Eigentumswohnung. Unstreitig bestand eine Auflage der Baubehörde, die erforderlichen Einstellplätze für die Kraftfahrzeuge der Bewohner des Gebäudes zu schaffen.

Der Erwerb der Eigentumswohnung ist antragsgemäß gem. § 1 Nr. 5 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau i. d. F. vom 19. Juni 1958 -GrESWG - (Gesetz- und Verordnungsblatt 1958 S. 282 -GVBl 1958, 282-, BStBl II 1958, 105) von der Grunderwerbsteuer freigestellt worden.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 3. Dezember 1970 haben die Kläger sodann je 1/256 Bruchteil an einem 68/100 000 Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an 68 Garagen gekauft. Die Sammelgarage war ab März 1964 an die jeweiligen Benutzer vermietet.

Das beklagte FA hat den Kaufvertrag vom 3. Dezember 1970 der Grunderwerbsteuer unterworfen. Es hat es abgelehnt, für diesen Erwerb Steuerfreiheit gem. § 1 Nr. 5 GrESWG zu gewähren.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene, auf Freistellung von der Grunderwerbsteuer gerichtete Klage hat Erfolg gehabt. Das FG hat die Kläger wegen des Erwerbs ihres Anteils an der Sammelgarage von der Grunderwerbsteuer freigestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die vom FG zugelassene Revision des FA ist unbegründet. Der Erwerb je eines Anteils an der Sammelgarage (Bruchteilsmiteigentum an einem Miteigentumsanteil nebst zugehörigem Sondereigentum an der Sammelgarage) durch die Kläger ist gem. § 1 Nr. 5 GrESWG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen.

Nach dieser Vorschrift ist u. a. der erste Erwerb einer eigengenutzten Eigentumswohnung innerhalb von 12 Jahren nach der Gebrauchsabnahme von der Grunderwerbsteuer befreit. Zu einer Eigentumswohnung gehören auch die der Wohnung zugeordneten Zubehör- und Wirtschaftsräume (vgl. § 42 Abs. 4 Nr. 1 und 2 der Zweiten Berechnungsverordnung -II. BVO-). Auch eine Garage kann danach Zubehörraum zu einer Wohnung sein. Nichts anderes gilt dann, wenn der jeweilige Wohnungseigentümer nur Miteigentümer einer Sammelgarage ist und die Sammelgarage als Zubehörraum der Eigentumswohnanlage angesehen werden muß. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall, in dem für 128 Eigentumswohnungen aufgrund einer Auflage der Baubehörde 68 Garagenplätze geschaffen wurden, erfüllt. Ob die Kläger eine der 68 Garagenplätze gemietet haben, ist für die Zuordnung des Garagenmiteigentums zur Eigentumswohnung unerheblich. Es kann nichts anderes gelten als in dem vom Senat am 13. Juni 1967 entschiedenen Fall (II 16/64, BFHE 90, 75, BStBl III 1967, 765).

Die Steuerfreiheit für den Erwerb des Miteigentums an der Sammelgarage scheitert im vorliegenden Fall nicht daran, daß die Kläger die Miteigentumsanteile erst mehr als sechs Jahre nach dem Erwerb der Eigentumswohnung erworben haben. Dies folgt aus einer Auslegung des § 1 Nr. 5 GrESWG nach seinem Sinn und Zweck. Ist eine Eigentumswohnanlage erstellt worden, so kann eine Eigentumswohnung nebst Miteigentum an der zur Wohnanlage gehörigen Sammelgarage innerhalb von 12 Jahren nach der Gebrauchsabnahme steuerfrei erworben werden. Kann somit eine Eigentumswohnung nebst Garagenanteil noch gegen Ende der Erwerbsfrist steuerfrei erworben werden, so gibt es keine triftigen Gründe, den fristgerechten Hinzuerwerb eines Garagenanteils zu einer früher erworbenen Eigentumswohnung nicht von der Steuer freizustellen. Wenn auch der Erwerb des Garagenmiteigentumsanteils für sich alleine nicht unter den Begriff des Erwerbs einer Eigentumswohnung fällt, so reicht es gleichwohl für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit aus, daß der frühere Erwerb der Eigentumswohnung und der spätere Hinzuerwerb des Garagenmiteigentumsanteils zusammen als erster Erwerb einer Eigentumswohnung (nebst Garagenmiteigentumsanteil) beurteilt werden können.

Voraussetzung für die Steuerfreiheit des Erwerbs des Garagenmiteigentumsanteils ist allerdings, daß auch die Eigentumswohnung selbst im Zeitpunkt des Hinzuerwerbs noch die Voraussetzungen für einen steuerfreien Erwerb erfüllt, insbesondere also noch eine eigengenutzte steuerbegünstigte Eigentumswohnung ist. Das ist hier der Fall.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72718

BStBl II 1978, 317

BFHE 1978, 379

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